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Der
Schutz von Anlagen und Bauten („Objekten"), deren Zerstörung
signifikante Auswirkungen auf Leben, Umwelt oder Gesellschaft haben
würde, gegen Einwirkungen von aussen, sowohl natur- und zivilisationsbedingt
als auch durch böswillige Angriffe, wie der vom 11. September
2001 in New York, ist oft nicht mehr ausreichend. Gegenstand des
Patentes ist eine zusätzliche Abdeckung (Überspannung) der
Objekte durch haubenähnlich angebrachte Netze, typisch
aus Stahlseil, die einem denkbaren Angriff als erstes (Primärschild)
entgegen gestellt werden. Die verschiedenen Bauformen der Netze
(siehe 1 bis 4) bieten eine wirtschaftliche
und effektive Nachrüstung für Objekte, wie beispielsweise diejenigen
Kernkraftwerke an, die bisher unzureichend gegen äussere
Einwirkungen geschützt waren; auch bei Neubauten können
die Netze ggf wirtschaftlich in das Schutzkonzept integriert werden.
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(A)
Der kerntechnische Teil von Kernkraftwerken, der Reaktor und seine
radioaktiven Kreisläufe (hier als beispielhaftes Objekt
betrachtet), werden in der Regel in kugelförmigen oder
zylinderförmigen Gebäuden (mit gewölbtem
Deckel) untergebracht. Diese Gebäude aus armiertem Beton
(Stahlbeton) mit einer inneren Stahlauskleidung, im Fachjargon „Containment"
(auch Sicherheitshülle) genannt, sind für Flugreisende
und Piloten zum äusseren Erkennungsmerkmal und Orientierungspunkt
geworden. Das Containment gewährt in der Regel den Einschluss
von inneren Leckagen wie auch einen gewissen Schutz gegen äussere
Einwirkungen. Allerdings sieht man vielen dieser Kugeln und Zylinder
von aussen nicht an, dass sie nur ca. 1 m dick sind (z. B. in Deutschland
bis ca. 1970, in Frankreich und USA bei fast allen Kernkraftwerken).
Im Einzugsgebiet sowjetischer Lieferungen gibt es auch Kernkraftwerke,
deren kerntechnischer Teil bis in die achtziger Jahre in rechteckigen
Beton-Gebäuden ähnlicher Wandstärke untergebracht
wurde und oft nur über eine eingeschränkte Containment-Funktion
im obigen Sinne verfügen. Bei wenigen Produktionsanlagen
extrem gefährlicher Chemikalien, wie z. B. Epichlorhydrin, wurde
ebenfalls das Containment-Konzept angewendet, aber fast ausschliesslich
gegen innere Störfälle.
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Mitte
der siebziger Jahre setzte sich in Schweden und Deutschland der
sogenannte „Vollschutz” für Kernkraftwerke
durch; er besteht aus einer Stahlbetonkugel von ca. 2,5 m Stärke.
In Deutschland war der Hauptanlass des Vollschutzes die Verkehrsdichte
von Militärmaschinen im damaligen NATO-Frontstaat Westdeutschland,
bei einer relativ hohe Absturzwahrscheinlichkeit, insbesondere für
den vom Schönwetterjäger zum tieffliegenden Bomber
umgerüsteten Starfighter-G (über 100 Abstürze).
Die Kriterien der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien
(IAEO) für einen Vollschutz wurden erreicht und ab diesem
Zeitpunkt umgesetzt. Hinzu kam die Sorge, dass im Umfeld der Baader-Meinhof
Bewegung auch terroristische Angriffe mit kleinen (geschulterten)
Raketen denkbar wurden. Basierend auf einem Fundus internationaler
Erfahrungen zur Widerstandsfähigkeit von armiertem Beton,
wurden Qualifizierungs-Versuche grossen Massstabs durchgeführt,
u. a. in Idaho Falls, USA und einem Steinbruch in der Nähe
von Karlruhe. Die Ergebnisse waren erstaunlich, nämlich,
dass der Vollschutz von ca. 2,5 m nicht nur eine schnell-fliegende
(auch Überschall) Militärmaschine abhalten würde, sondern
auch einen langsam (im Landeanflug) fliegenden Jumbojet, sowie die
Explosion einer Gaswolke, die beispielsweise im Gefolge des Lecks
eines Flüssiggastankschiffes auf dem Rhein entstehen könnte. Kleine
bis mittlere Raketen wurden auch verkraftet.
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Der
in Schweden und Deutschland konzipierte und später (ab
ca. 1984) auch in der Sowjetunion geplante Vollschutz ist noch dadurch
gekennzeichnet, dass in der Regel eine Dichtungsschicht aus Stahl
nicht auf der Innenseite des Betons anliegt sondern hinter einem
Inspektionsspalt von typisch ca. einem Meter Breite, frei-stehend
aus Stahl von wenigen cm Stärke aufgebaut ist. Das hat
zur Folge, dass auf der Innenseite abblätternde Betonbrocken diese
Hülle in der Regel nur einbeulen und vorraussichtlich nicht
undicht machen und dass einlaufender Brennstoff im Spalt abgeleitet
und ggf automatisch gelöscht werden kann. Ein weiteres
durchweg (mit oder ohne Vollschutz) eingehaltenes Merkmal der Containments
ist, dass Durchdringungen, wie zum Beispiel die Dampfleitung zur
Turbine, mit strategisch platzierten und geschützten Doppelabsperrungen
(in der Regel innen und aussen) versehen sind, sodass eine Verletzung
der Funktion Dichtheit des Containments auf diesem Pfad sehr unwahrscheinlich
wird. Für die Mehrzahl der derzeit in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke,
die bisher nicht über diesen Vollschutz verfügen,
sowie für weitere ähnlich sensitive Objekte, will
die Erfindung Abhilfe schaffen.
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(B)
Es ist hinreichend bekannt, dass Eisen nicht nur eines der weitverbreitesten
und preiswertesten Metalle auf diesem Globus ist, sondern auch dass
der daraus herstellbare Stahl teilweise erstaunliche Eigenschaften
besitzt, darunter eine hohe Elastizität und darüber
hinaus, im plastischen Bereich, eine Bruchdehnung von bis zu 50%.
Schon früh machten sich Menschen diese Eigenschaften mit
zunehmenden Kenntnissen über den Stahl in vielfältiger
Weise zu Nutze. Eine moderne Anwendungen gegen Unfallgefahren sind
die für jedermann sichtbaren, intakten oder bereits verformten
Leitplanken an Strassen und Autobahnen.
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Der
steigende Bedarf an europaweiten Vernetzungen von Verkehr, Kommunikation
und Energieversorgung führte ab etwa 1960 zu zusätzlichen Überquerungen
unwirtlicher, oft von Steinschlag und Lawinen bedrohter Hochgebirgsrouten.
Stahlnetze kamen als preiswerter und flexibler Schutz zum Einsatz.
Mit Hilfe von Verbindungselementen mit einstellbarer Rutschfestigkeit
(an den Knotenpunkten) und Nachgibigkeit (durch Reserveschlaufen)
an Knoten und Enden wurden gemäss Patent
DE000002639520A1 der
Schweizer Kabelwerke vom 10.3.1977 neue Optimierungsmöglichkeiten
für die Dämpfung und Lastverteilung in Stahlnetzen
geschaffen, die hier in der Folge mit „Heirli Elementen" bezeichnet
werden. Solche zweidimensionalen Netze wurden und werden bis heute
(nach Ablauf des Patentes) von vielen Herstellern gegen Einwirkungen von
abstürzenden Felsen (verschiedener Grössen) und ähnlichen
Belastungen mit Erfolg eingesetzt. Allerdings werden nach wie vor
auch Netze mit sehr einfachen Knotenpunkt-Fixierungen, eher im Sinne einer
Konfigurations-Stabilisierung (Erhalt der Maschenweite) installiert,
die je nach Stützweite und Drahtseiltyp ebenfalls effektiv
sein können.
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Die
beantragte Vorrichtung macht sich die Erfahrungen (A) und (B), sowie
weitere einschlägige Erkenntnisse aus dem Stand der Technik
zu Nutze, um bei den vielen Kernkraftwerken ohne Vollschutz sowie
anderen Industrieanlagen oder Kontrollzentren (Vitalstellen der
Gesellschaft) zusätzlichen Herausforderungen des Schutzes
zu begegnen. Letztere bestehen insbesondere in der dichter werdenden
zivilen und/oder militärischen Luftfahrt, dem Klimawechsel sowie
hochaktuell im Terrorismus. Ausserdem sind mit steigender Bevölkerungsdichte
und der Aufstellung von zusätzlichen Anlagen in bestehenden
Industrieparks im, wenn auch unwahrscheinlichen Störfall,
ggf. „Domino-Effekte" (siehe EU Directive 96/82/EC, genannt
SEVESO-II) auf sensitive Nachbaranlagen zu berücksichtigen.
Auch stellt das Aufeinander-Zu-Wachsen von Wohngebieten und Industrieansiedlungen
erhöhte Schutzanforderungen an letztere. Schliesslich gibt
es heutzutage insgesamt mehr zivilisations- und naturbedingte Ereignisse,
die mit einer Wahrscheinlichkeit von > 10 -4 pro Jahr und Anlage angesetzt werden
müssen und daher in der Regel Schutzmassnahmen erfordern.
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Erfindungsgemäss
wird ein vollständiger, haubenähnlicher (drei-dimensionaler),
allseitiger Schutz gegen anfliegende Projektile (Primärschild) mit
gestützten Seilstrukturen erreicht. Bin typisches Netz
(siehe Querschnitt in 1) hat eine Spannweite zwischen
den Stützen (3) von 40 m, eine Maschenweite von
50 cm und eine vieladrig gedrillte Seilstärke von 30 mm
in Stahl (1). Die Seile sind an den Knotenpunkten und/oder
Enden mit Rutschelementen (2) verbunden. Hinzu kommen eine
Aufständerung (3) aus geeigneten Baustoffen wie
Stahl oder Beton, justierbare Spannvorrichtungen (4) und
einige wenige Messelemente (5) (für Spannung,
Dehnung oder Auslenkung) für die Spann-Seile in Bodennähe,
zugänglich und im überwachten Sicherheitsbereich
der zu schützenden Anlage. Die Seile sind im elastischen Bereich
leicht gespannt, um das Durchhängen gering zu halten; die
Stützen sind auf Knicklast ausgelegt. Im Belastungsfall
werden die Seile des Netzes im elastisch/plastischen Bereich gedehnt
(z. B. bis zur halben Bruchdehnung für den Auslegungsfall).
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Der
Primärschild gilt als Ergänzung zum ursprünglichen
oder geplanten Basisschutz „sensitiver" Einrichtungen (Sekundärschutz).
Primär- und Sekundärschild sollen im Zusammenwirken
dem sogenannten Vollschutz so nahe wie möglich kommen. Dies
wird dadurch erreicht, dass im Fall eines Einschlags ein Abstand
von einigen Meter zwischen Unterkante des Aufschlagtrichters im
Netz und dem Basisschutz (8) verbleibt. Im typischen Fall
beträgt die durchschnittliche radiale Dehnung des Netzes
20% (siehe 1, gestrichelte Linie), von 50%
an der Aufschlagstelle bis 5% am Rand, wo die Seile an den Stützen
befestigt sind oder über diese zum Bodenanker gleiten.
Auch die Seiten der Haube können durch weitere Vernetzung
(Vermaschung) von oben nach unten verstärkt werden, um
seitlich anfliegende Objekte aufzuhalten. In der Regel stehen aber
auch weniger sensitive Nebengebäude im denkbaren Anflug-Weg,
sodass zumindest die unteren Bereiche netzfrei bleiben können
und den Zugang zum Schutzobjekt erleichtern.
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Die
mechanischen Energien, die durch die aufgezeigten Verformungen eines
typischen Stahlnetzes absorbiert werden können, sind enorm:
beispielweise die eines Flugzeugs von 80 to Gewicht mit einer Anfluggeschwindigkeit
von 200 km/h. Andererseits können Detonationswellen leicht
an den Seilen vorbeiströmen. Der Sekundärschutz
(8), den sie dann beaufschlagen, ist in der Regel allerdings
auch gerundet und somit wellen-abweisend. Entscheidend ist jedoch
für solche Fälle der Abstand zwischen dem Auslösungspunkt
der Detonation und dem Sekundärschild, da die Abschwächung
der Druckwelle in etwa mit dem umgekehrten Quotienten der Abstände
anzusetzen ist. Leichte Raketen mit kleinen Sprengsätzen
werden daher mit aller Wahrscheinlichkeit bereits an einer unwesentlich
gedehnten, oberen Netzposition (siehe 1) detonieren
und somit nach einem Abstand von 8 m eine Abschwächung
um den Faktor 5 bis 10 erfahren. Für schwere Raketen mit
grossen Sprengsätzen wären allerdings zusätzliche
Massnahmen erforderlich, wie Übernetze und/oder Dämpfungsplatten,
wenn überhaupt noch ein wirksamer Schutz möglich
ist.
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Die
erfindungsgemäss gestützten Haubennetze zum Schutz
gegen äussere Einwirkungen werden erheblich niedrigere
Baukosten erfordern als eine (zusätzliche) Betonhülle
von mindestens 2,5 m Stärke und deren Fundamente. Im obigen
Beispiel würden ca. 430 to Stahl verbaut, was mit ca. 400
m3 Fundamenten einer Bausumme von ca. 4 Mio EURO entsprechen würde.
Die Netze bestehen in der Regel aus geflochtenen (gedrillten) Stahlseilen,
in Ausnahmefällen auch aus Materialien ähnlicher
Dehnung, Witterungsbeständigkeit und Resistenz gegen Insekten-
und Moos-Befall, wie z. B. geflochtene Seile aus Perlon. Die gewählten
Seile sind sehr biegefähig, wie dies bei Transporten und
Seilbahnen immer wieder nachgewiesen wird; punktuelle Belastungen
können im Netz an die Nachbarschaft verteilt werden. Die
beantragten Netze erbringen somit in innovativer und überschaubarer
Weise eine wesentliche Schutzerweiterung, die einem Vollschutz gegen
Flugobjekte äquivalent ist und zwar für Anlagen,
wie:
- – die weltweit bisher ca. 300
Kernkraftwerke, die nicht über einen Vollschutz verfügen,
aber deren Lebensdauer teilweise erheblich ausgedeht wurde oder
noch werden wird,
- – Chemie- und Biologie-Anlagen, die bei Beschädigung
zu einem „Domino-Effekt" auf Nachbaranlagen und/oder zu
Gesundheits-Auswirkungen über den Anlagenrand hinaus führen
können,
- – militärische und zivile Schaltzentralen,
deren Funktion im Not- oder Kriegsfall essentiell ist, und
- – Schutzbauten für Betriebspersonal oder die
Zivilbevölkerung
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Flugkörper
aus den heftiger und häufiger werdenden naturbedingten
Ereignissen, wie Orkanen und Tornados, sind weitgehend mit abgedeckt. Den
Schutz gegen zivilisationsbedingte Gaswolken können die
durchlässigen Netze allerdings nicht mitliefern; hier sind
jedoch Standorte weg von schiffbaren Gewässern, Tanklagern
und Pipelines kaum gefährdet. Raketen mit kleinen und mittleren
Sprenköpfen können auch abgehalten werden, ggf.
mit Zusatzmassnahmen. Sekundäre Effekte infolge Trümmer und
brennbaren Flüssigkeiten, zwischen dem Primär-
und Sekundärschild können wirksam mit Methoden
der Ableitung, Abhaltung, Dispersion, Niederschlagung und Löschung
begrenzt werden, die insbesondere in der Chemieindustrie gut entwickelt
und wirksam sind. Diese können im Bedarfsfall in den Sekundärschild
integriert werden. Als Nebeneffekt ergeben die Netze automatisch
(ohne dafür ausgelegt zu sein) auch eine gewisse Schutzwirkung
von innen nach aussen, d. h. für den sehr unwahrscheinlichen Fall,
dass der Sekundärschild der Anlage einem internen Störfall
nicht standhält und dass per Explosion gefährliche
Teile weggeschleudert werden (wie beim KKW Chernobyl).
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 000002639520
A1 [0006]