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Technisches Gebiet
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Die
Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zum lokalen Abtrag von
menschlichem oder tierischem Knochenmaterial mittels eines Abtragewerkzeuges,
das kontrolliert kraftbeaufschlagt gegen einen Bereich des abzutragenden
Knochenmaterials führbar
ist.
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Stand der Technik
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Zur
Durchführung
chirurgischer Eingriffe in menschliche oder tierische, von Knochenmaterial
zumindest teilweise umgebenden Hohlräume, wie es beispielsweise
in der Neuro-, Hals-Nasen-Ohren- oder Mund-Kiefer- Gesichtschirurgie
ständige
Praxis ist, bedarf es zumeist einer operativen Extraktion eines
den Hohlraum lokal umgebenden Knochenbereiches. Beispielsweise bedarf
es einer lokalen Öffnung des
Schädelknochens,
der das Gehirn umgibt, um neurochirurgische Eingriffe an bestimmten
Gehirnbereichen vornehmen zu können.
Je nach Art des chirurgischen Eingriffes unterscheidet man zwischen
einer so genannten osteoplastischen Trepanation, bei der zur Schaffung
eines Operationskanals ein Knochenstück, beispielsweise in Form
eines Knochenplattenstückes,
herausgetrennt wird, das bei Abschluss des chirurgischen Eingriffes
in die Öffnung wieder
eingesetzt wird, und einer so genannten osteoklastischen Trepanation,
bei der die entstandene Öffnung
innerhalb des Knochenbereiches abschließend mit Weichgewebe oder einem
Implantat verschlossen wird.
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Abhängig von
der Art der Trepanation und der benötigten Größe des Zugangs bzw. des Operationskanals
sind eine oder mehrere Bohrungen durch das verglichen zum Weichgewebe
harte Knochengewebe vorzunehmen. Handelt es sich jedoch um Eingriffe
am Innenohr, wie beispielsweise zur Implantation von Im-Ohr-Hörgeräten, wird
nicht nur ein vollständiger
Durchbruch durch den Schädelknochen benötigt, sondern
zusätzlich
eine Kavität
an der Knochenoberfläche,
die später
als Implantatlager dient. In allen Fällen gilt es jedoch entscheidend
darauf zu achten, dass in Knochenabtragerichtung dem Knochen unmittelbar
benachbarte Weichgewebebereiche, wie beispielsweise die an der Innenseite
des Schädelknochens
anliegende weiche Hirnhaut (Dura mater), nicht verletzt werden,
um Gewebsschädigungen,
insbesondere neurologische Schäden,
auszuschließen.
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Mit
der auch heutzutage weit verbreiteten Praxis manuell geführter Bohr-
bzw. Fräswerkzeuge zum
gezielten lokalen Knochenabtrag obliegt es vorwiegend der Verantwortung
sowie der Erfahrung des auszuführenden
Arztes, den Bohr- bzw. Fräsvorgang am
Knochenbereich rechtzeitig abzusetzen, um irreparable Gewebsschädigungen
zu vermeiden. Eine weit verbreitete Operationstechnik zur Eröffnung eines
Operationskanals durch einen Knochenbereich hindurch sieht die Verwendung
kugelförmiger
oder zylindrischer Bohrer vor, die elektrisch oder pneumatisch angetrieben
sind und vom Chirurg zur Einbringung kleiner Öffnungen handgeführt werden,
die jeweils an den Ecken bzw. an markanten Peripheriepunkten, die
das Operationsfeld aufspannen, auf den Knochen zum lokalen Knochenabtrag
vorsichtig mit dosierter Kraftbeaufschlagung aufgesetzt werden. Nach
Fertigstellung der jeweiligen Eckbohrungen wird die Dura mater mit
geeigneten Instrumenten, so genannten Raspatorien, von der Schädelinnenseite vorsichtig
abgelöst,
wobei in den sich dabei bildenden Zwischenraum zwischen Hirnhaut
und Schädelinnenseite
eine Drahtsäge
nach Gigli eingeführt wird,
um das Operationsfeld vollständig
zu öffnen.
Alternativ stehen auch elektrisch oder pneumatisch betriebene, besonders
ausgeformte Bohrer zur Verfügung,
die geeignete Schutzmechanismen zum Schutz der Hirnhaut vorsehen.
Mit Hilfe sogenannter Elevatorien kann letztlich die lokal abgelöste Knochenplatte
vom übrigen
Knochenbereich abgetrennt werden.
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Eine
alternative Praxis besteht darin, die komplette Peripherie einer
abzutrennenden Knochenplatte bzw. eines zu extrahierenden Knochenstücks mit
einem elektrisch oder pneumatisch betriebenen Bohrer zu fräsen, wobei
zum Schutz der Dura mater ein letzter, ca. 1 mm starker Knochensteg
stehen gelassen wird, um einen unmittelbaren Kontakt des Bohr- bzw.
Fräswerkzeuges
zur Hirnhaut zu vermeiden. Die endgültige Durchtrennung und damit
Separation der Knochenplatte vom übrigen Knochenbereich erfolgt
mit manuellen Werkzeugen, so dass hierbei in unveränderter
Weise auf die Erfahrung des behandelnden Arztes zurückgegriffen
werden muß. Jedoch
bietet diese Vorgehensweise die Möglichkeit, den ersten Bohr-
bzw. Frässchritt
mit einem robotischen Assistenzsystem durchzuführen, wie es beispielsweise
aus einem Artikel von Engelhardt, M.; Bast, P.; Jeblink,
N.; Lauer, W.; Popovic, A.; Eufinger, H.; Scholz, M.; Christmann,
A.; Harders, A.; Radermacher, K.; Schmieder, K.: „Analysis
of Surgical Management of Calvarial Tumours and First Results of
a Newly Designed Robotic Trepanation System", min – Minimally Invasive Neurosurgery,
April 2006, Jahrgang 49, Heft 02, Seite 98ff, zu entnehmen
ist.
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Mit
Hilfe so genannter externer Navigationssysteme ist es möglich, durch
Erfassung der Position des Patienten sowie des im Einsatz befindlichen
Abtragewerkzeuges den Chirurgen bei der Anwendung des Abtragewerkzeuges
sowie bei der Abschätzung der
verbleibenden Knochendicke zu unterstützen. Dies erfordert jedoch
eine umfangreiche präoperative
Planung mit einer vollen Schädel-Computertomographieaufnahme
des Patienten sowie eine zeitaufwendige Registrierung von Patient
und Instrumenten während
der Operation. Hinzu kommt, dass die Ortserfassung aller die Führung des
Abtragewerkzeuges bestimmenden Anlagenkomponenten einen systembedingten
Fehler aufweist, der bis zu einem Millimeter betragen kann, eine
Größenordnung,
die für
eine punktgenaue Abschaltung bei Erreichen des Abtragewerkzeuges
in einen Abstand von genau der Fehlergröße zur Dura mater als zu ungenau
anzusehen ist.
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In
der
DE 103 53 700
A1 ist ein intelligentes, automatisch gesteuertes Werkzeug
zum Fräsen
von Knochen beschrieben, bei dem durch seitliche Stützräder ausgerichtet,
die Bewegung relativ zum abzutragenden Knochen gesteuert wird. In
Verbindung mit einem Navigationssystem und präoperativer Planung kann die
Fräsbahn überwacht
und, falls notwendig, durch gezieltes Abbremsen oder Antreiben der
Räder korrigiert
werden.
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In
einem Beitrag von Maassen, M. M.; Mathan, D.; Stallkamp,
J.; Schäfer,
A.; Damann, F.; Schwaderer, E.; Zenner, H. P.: „Laserbasierte Qualitätssicherung
für die
robotergestützte
Fräsabtragung an
der Schädelbasis", HNO, 2006, Heft
54, Seite 105ff., ist ein robotisches Assistenzsystem mit
integrierter Navigation und redundanten Sensoren für Eingriffe
am Schädel
beschrieben, mit dem es insbesondere möglich ist, Eingriffe am seitlichen
Schädelbasisbereich
vorzunehmen, speziell für
das Fräsen des
Implantatlagers für
implantierbare Im-Ohr-Hörgeräte. Für die Anwendung
des in dieser Druckschrift beschriebenen Assistenzsystems bedarf
es jedoch, neben einer kostenintensiven Anschaffung, der Bereitstellung
umfassender Daten des Patienten sowie Planungsdaten für den durchzuführenden
chirurgischen Eingriff.
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Schließlich sei
auf ein Abtragewerkzeug hingewiesen, das speziell für chirurgische
Eingriffe bei Säuglingen
konzipiert ist und in Form eines handgehaltenen Stanzwerkzeuges
mit einer kreisförmigen Schnittfläche von
6 bis 7,5 mm ausgebildet ist. Das spezielle Stanzwerkzeug macht
sich zu nutze, dass der Schädelknochen
bei Neugeborenen und Säuglingen
relativ weich und dünn
ausgebildet ist, so dass die Trennkraft zum lokalen Durchtrennen
von verhältnismäßig weichen
Knochenbereichen von der Hand des Chirurgen aufgebracht und entsprechend
kontrolliert werden kann. Weitere Einzelheiten können dem Artikel von Morota, N.;
Sakamoto, K.; Kobayashi, N.: "Skull
punch for craniotomy in neonates and infants", Child's Nervous System, Juni 1989; Heft 5, Seite
190ff., entnommen werden.
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Schließlich sei
auf die Möglichkeit
der Durchtrennung von Knochengewebe mit Hilfe von Laserlichtquellen
verwiesen, die durch entsprechende Wellenlängen- und Lichtintensitätswahl Knochengewebe
lokal zu ablatieren vermögen.
Eine mit der Lichtablation verbundene Problematik betrifft die sehr genaue
Dosierung der Laserleistung, um schließlich im Falle eines Knochendurchbruches
die Dura mater sowie das empfindliche Nervengewebe nicht irreparabel
zu schädigen.
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Somit
ist festzuhalten, dass bei sämtlichen bislang
bekannten Verfahren und Vorrichtungen zur Durchführung sogenannter Trepanationen
das Problem besteht, dass im Falle eines zumeist unbeabsichtigten
Durchbruches durch das entsprechende Knochengewebe die darunter
liegende Weichgewebeschicht verletzt wird. Im Falle der Durchtrennung der
Schädeldecke
betrifft dies die Hirnhaut bzw. Dura mater. Die Verantwortung, dies
zu verhindern, liegt nach wie vor einzig und allein beim operierenden Arzt.
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Darstellung der Erfindung
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum lokalen
Abtrag von menschlichen oder tierischen Knochenmaterial mittels
eines Abtragewerkzeuges, das kontrolliert kraftbeaufschlagt gegen
einen Bereich des abzutragenden Knochenmaterials führbar ist,
derart anzugeben, dass es für
einen behandelnden Arzt leichter wird, den Knochenabtragevorgang
quantitativ zu erfassen, um die Gefahr zu minimieren, gegebenenfalls
durch Unachtsamkeit unmittelbar unterhalb des abzutragenden Knochenmaterials
befindliches Weichgewebe mit dem Abtragewerkzeug irreparabel zu
schädigen.
Die hierfür
erforderlichen Maßnahmen
sollen möglichst
kostenreduziert realisierbar sein und den Einsatz moderner Navigationssysteme
entbehrlich machen. Mit Hilfe der lösungsgemäßen Vorrichtung soll die Durchführung von
Trepanationen vereinfacht und die hierfür erforderliche OP-Zeit verkürzt werden, so
dass letztlich auch die Belastung des behandelnden Arztes zur Schonung
seines Konzentrationsvermögens
reduziert wird.
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Die
Lösung
der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben.
Den erfindungsgemäßen Gedanken
vorteilhaft weiterbildende Merkmale sind Gegenstand der Unteransprüche sowie
der weiteren Beschreibung, insbesondere unter Bezugnahme auf das
gezeigte und dargestellte Ausführungsbeispiel,
zu entnehmen.
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Lösungsgemäß zeichnet
sich eine Vorrichtung zum lokalen Abtrag von menschlichen und tierischen
Knochenmaterial mittels eines Abtragewerkzeuges, das kontrolliert
kraftbeaufschlagt gegen einen Bereich des abzutragenden Knochenmaterials führbar ist,
dadurch aus, dass das Abtragewerkzeug mittels einer Werkzeugaktivierung
aus einem passiven Zustand, in dem das Abtragewerkzeug keinen Knochenabtrag
vornimmt, in einen aktiven Zustand, in dem das Abtragewerkzeug einen
Knochenabtrag vornimmt, und umgekehrt überführbar ist. Die Werkzeugaktivierung
sollte vorzugsweise abrupt und ohne Zeitverzögerung erfolgen, so dass ein
Umschalten zwischen dem aktiven und passiven Zustand möglichst
instantan erfolgen kann. Ferner ist eine impulsartig gegen das Knochenmaterial,
repetierend schlagende Kontur im Bereich des abzutragenden Knochenmaterials
vorgesehen, die aufgrund des schlagenden Inkontakttretens mit dem
Knochenmaterial intermittierend, d.h. wiederkehrende Impulse auf bzw.
in den Knochen zu übertragen
in der Lage ist. Je nach Konsistenz, Dichte und Härte des
Knochens vermögen
die auf den Knochen einwirkenden Impulse akustische Schallsignale
innerhalb des Knochens freizusetzen. Die seitens des Knochenmaterials
abgegebene Impulsantwort wird mit Hilfe einer geeignet gewählten Sensoreinheit
erfaßt,
die vorzugsweise einen Kraftsensor, einen Beschleunigungssensor und/oder
einen akustischen Schallsensor, beispielsweise in Form eines Mikrofons,
umfaßt.
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Schließlich ist
eine Auswerte- und Steuereinheit vorgesehen, die die sensorisch
erfaßte
Impulsantwort auswertet und unter Zugrundelegung eines Abbruchkriteriums
ein Signal erzeugt, dass die Werkzeugaktivierung zur abrupten Überführung des Abtragewerkzeuges
in den passiven Zustand veranlaßt.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
ist das Abtragewerkzeug als Oberflächenfräs- oder Bohrwerkzeug ausgebildet und weist
eine dem abzutragenden Knochenmaterial zugewandte, mit einer Fräs- oder
Bohrkontur versehene Stirnseite auf, die kraftbeaufschlagt in das
Knochenmaterial manuell oder roboter-unterstützt geführt wird. Proximalseits zum
Abtragewerkzeug ist dieses mit einer Rotationseinheit verbunden,
die das Abtragewerkzeug im sogenannten aktiven Zustand in eine spanabhebende Rotationsbewegung
versetzt. Alternativ ist es ebenso möglich, das Abtragewerkzeug
in eine oszillierende Rotationsbewegung, d.h. in eine Rotationsbewegung mit
ständig
wechselnder Drehrichtung zu versetzen. Je nach Ausbildung der stirnseitig
am Abtragewerkzeug vorgesehenen Bohr- oder Fräskontur wird bei in Kontakttreten
des Abtragewerkzeuges mit dem Knochenmaterial das Knochenmaterial
rotatorisch spanabhebend oder oszillierend schadend abgetragen.
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Zur
Beurteilung des Abtragevorganges und letztlich zum Schutz des unterhalb
des abzutragenden Knochenmaterials befindlichen Weichgewebes gegenüber einer
irreparablen Schädigung
durch unbeabsichtigtes in Kontakttreten des Abtragewerkzeuges mit
diesen Gewebebereichen unmittelbar nach Durchbruch durch den abzutragenden
Knochenbereich, überragt
ein schwingend gelagerter Stößel die Stirnseite
des Abtragewerkzeuges und übt
impulsartige Schläge
lokal auf den abzutragenden Knochenbereich aus. Im einfachsten Fall
wird allein das Schwingungsverhalten des Stößels detektiert, wobei das
Abtragewerkzeug solange im aktiven Zustand gehalten wird, solange
der Stößel mit
hartem Knochenmaterial in Kontakt tritt. Tritt der Fall ein, dass
die Knochenmaterialwand in Vorschubrichtung des Abtragewerkzeuges
soweit ausgedünnt
ist, dass der Stößel durch
seinen Eigenimpuls die Knochenwand durchbricht, so ändert sich
schlagartig sein Schwingungsverhalten, zumal der Stößel nun
auf nachgiebiges Gewebematerial trifft, wodurch die Impulsantwort detektierbar
unterschiedlich ausfällt.
Sobald dies der Fall ist, wird das Abtragewerkzeug abrupt stillgesetzt und
die Vorschubbewegung des Abtragewerkzeuges gestoppt, noch bevor
das Abtragewerkzeug distalseits mit weichem und somit verletzlichen
Gewebebereichen in Berührung
kommt.
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Wie
die weiteren Ausführungen
unter Bezugnahme auf die Ausführungsbeispiele
zeigen werden, sieht ein Ausführungsbeispiel
vor, das Abtragewerkzeug in Form einer Hohlwelle auszubilden, die
einen Hohlkanal umschließt,
längs dem
eine linear ausgebildete Stößelstange
linear beweglich gleitend gelagert ist, deren distales Ende stumpf
und abgerundet ist und die Stirnseite des Abtragewerkzeuges im Zuge
der ausführbaren
Schwingungen zumindest kurzzeitig überragt. Das proximale Ende
der Stößelstange
ist mit einem geeigneten Schlagwerk verbunden, gleichsam jenem einer
Schlagbohrmaschine, wobei die Auslenkungsamplitude sowie Auslenkungsfrequenz
geeignet vorgebbar sind.
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Alternativ
oder in Kombination mit der Detektion des Schwingungsverhaltens
des Stößels, das mittels
eines mit dem Stößel in Wirkverbindung
stehenden Kraft- oder Beschleunigungssenor erfassbar ist, eignet
sich gleichsam zur Detektion und Überwachung des Abtragevorganges
ein externer Schwingungsaufnehmer, wie z. B. ein akustischer Schallsensor,
der das schallakustische Schwingungsverhalten des Knochenmaterials
durch den Impulseintrag vermittels des Stößels zu erfassen vermag. Nähert sich
das Abtragewerkzeug der in Vorschubrichtung unteren Knochengrenze,
so ändert
sich gleichsam das von dem Knochenmaterial abgegebene Schwingungs-
bzw. Schallbild, das mit einem geeignet vorgesehenen akustischen
Schallwandler detektierbar ist. Der als Mikrofon ausgebildete Schallwandler
kann entweder an der Vorrichtung selbst oder unmittelbar am Knochenmaterial
vorgesehen sein, das dem Abtragewerkzeug möglichst nächstliegend ist.
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Eine
alternative Ausbildungsform der lösungsgemäßen Vorrichtung sieht die Ausbildung
des Abtragewerkzeuges ohne den vorstehend beschriebenen schwingend
gelagerten Stößel vor,
vielmehr ist in diesem Fall das Abtragewerkzeug stirnseitig mit einer
gegenüber
der stirnseitigen Fräs-
oder Bohrkontur erhabenen Kontur versehen, die in Vorschubrichtung
des Abtragewerkzeuges der Fräs-
oder Bohrkontur vorgelagert ist. Das Abtragewerkzeug in dieser Ausführungsvariante
erfährt
neben der Rotationbewegung in Längsrichtung
zum Abtragewerkzeug orientierte oszillierende Auslenkungen, gleichsam
dem Bohrwerkzeug einer Schlagbohrmaschine, so dass das gesamte Abtragewerkzeug
impulsartig repetierend gegen den abzutragenden Knochenmaterialbereich
ausgelenkt wird. Auch in diesem Fall wird das Schwingungsverhalten
des Abtragewerkzeuges und/oder das akustische Schallbild, das seitens
des Knochenmaterials abgegeben wird, sensorisch erfasst und dient
zur quantitativen Erfassung der abzutragenden Restdicke des Knochenmaterials.
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Schließlich sieht
eine weitere Ausgestaltungsform der lösungsgemäßen Vorrichtung die Verwendung
eines das Knochenmaterial ablativ abtragenden Lasers vor, bei der
die Vorrichtung eine das Laserlicht emittierende Lichtaustrittsfläche aufweist, die
von einem mit einem Schlagwerk verbundenen Stößel zumindest zeitweise aufgrund
seiner schwingenden Lagerung überragt
wird. Hierbei tritt der Stößel gleichfalls
wie in den vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispielen in Stoßkontakt
mit dem abzutragenden Knochenmaterial, wobei auch in diesem Fall
ein Kraftsensor, ein Beschleunigungssensor und/oder ein Schallsensor
die sich ändernden Schwingungseigenschaften
des Stößels respektive die
Schallantwort des Knochenmaterials zu erfassen vermögen.
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Die
lösungsgemäße Vorrichtung
ist vorzugsweise als manuell bedienbare Einheit, beispielsweise als
Handgerät
ausgebildet, in der das Abtragewerkzeug nebst das das Abtragewerkzeug
bzw. den Stößel in lineare
Schwingungen versetzende Schlagwerk, die Werkzeugaktivierung, beispielsweise
in Form einer Rotationseinheit, sowie die Auswerte- und Steuereinheit
enthalten sind. Ferner ist auch die Sensoreinheit an der manuellen
Bedienereinheit untergebracht sowie gegebenenfalls eine Signaleinheit, die
den Operateur das Erreichen des Abbruchkriteriums akustisch, optisch
und/oder taktil wahrnehmbar anzeigt. Im Falle einer Kombination
des lösungsgemäß ausgebildeten
Handgerätes
mit einer Robotereinheit kann die lösungsgemäße Vorrichtung am Manipulatorendarm
eines Chirurgieroboters angeflanscht werden, der die Vorschubgeschwindigkeit kontrolliert.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
sieht das Abtragewerkzeug, vorzugsweise im stirnseitigen Bereich
am Ort der die Stirnseite überragenden
Kontur, eine Austrittsöffnung
für Spülflüssigkeit
vor, mit der durch den spanenden Abtragevorgang sich vom Knochenmaterialbereich
ablösende Knochenspäne weggespült werden
können. Überdies
verhilft eine aktive Spülung
des Abtragebereiches im Moment des Knochendurchbruches einer distalseitigen,
durch den Flüssigkeitsdruck
bedingten Beabstandung des Weichgewebes vom Abtragewerkzeug.
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Die
lösungsgemäße Vorrichtung
ermöglicht somit
auf einfache und sichere Weise beispielsweise die Durchführung einer
Kraniotomie, d.h. einer lokalen Durchbrechung des Schädelknochens
für die Schaffung
eines Operationskanals, durch den neurochirurgische Eingriffe möglich werden,
die selbsttätige
Ablösung
der Hirnhaut vom Knochengewebe sowie deren Verdrängung aus dem Arbeitsbereich
des Abtragewerkzeuges. Weiterhin erkennt die lösungsgemäße Vorrichtung selbstständig den
Durchbruch durch das Knochengewebe und beendet daraufhin den Knochenabtragevorgang.
Die empfindliche Hirnhaut wird vor unbeabsichtigten Verletzungen
durch den Eingriff geschützt
und der Vorgang der Trepanation, d.h. der tatsächlichen Durchbrechung des
Knochenmaterials, kann gezielt und gesteuert durchgeführt werden.
Mit Hilfe der lösungsgemäßen Vorrichtung
ist eine gegenüber
konventionellen Operationstechniken hohe Zeitersparnis verbunden,
sowohl vor, während
als auch nach dem Eingriff, zumal die lokale Durchbrechung des Knochenmaterials
auf eine schonende Weise durchgeführt werden kann, so dass Rekonvaleszenzzeiten
verkürzt
werden. Auch kann die Planung vor der Operation erheblich vereinfacht
und verkürzt
werden, da zeitaufwendige Vermessungen der Knochendicke mittels
Röntgenaufnahmen
oder Computertomografie vollkommen entfallen können. Die lösungsgemäße Vorrichtung kann einerseits
als manuell bedienbares Handgerät
als auch als Endgerät
an einem robotischen Assistenzsystem eingesetzt werden. Insbesondere
in der Kombination mit derartigen Systemen ermöglicht die lösungsgemäße Vorrichtung
den Bau von Assistenzsystemen mit sehr viel geringerer Komplexität, die ohne
weitere Planung direkt auf das Operationsfeld aufgesetzt werden
können.
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Kurze Beschreibung der Erfindung
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Die
Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand
von Ausführungsbeispielen
unter Bezugnahme auf die Zeichnungen exemplarisch beschrieben. Es
zeigen:
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1a schematischer
Aufbau der lösungsgemäßen Vorrichtung
und
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1b Situation
unmittelbar nach dem Knochendurchbruch.
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Wege zur Ausführung der Erfindung, gewerbliche Verwendbarkeit
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In 1a sind
sämtliche
Komponenten einer lösungsgemäß ausgebildeten
Vorrichtung schematisiert dargestellt.
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Das
neuartige Trepanationswerkzeug verfügt im Wesentlichen über zwei
Funktionselemente, die den Gewebeabtrag herbeiführen. Der vorwiegende Gewebeabtrag
erfolgt durch das Fräswerkzeug 4. Es
wird durch die Rotationsantriebseinheit 3 in eine Drehbewegung
versetzt. Der Abtrag des Knochengewebes 7 erfolgt spanabhebend
durch mehrere Schneiden an der Stirnseite des Werkzeugs. Die Schneidengeometrie
ist angelehnt an bestehende chirurgische Instrumente.
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Alternativ
wird das Werkzeug 4 durch die Rotationseinheit 3 in
eine oszillierende Bewegung versetzt. Der Gewebeabtrag erfolgt schabend
durch mehrere Doppelschneiden an der Stirnseite des Werkzeugs. Durch
die ständige Änderung
der Drehrichtung wird verhindert, dass sich im Falle eines Durchbruchs
durch das Knochengewebe 7 die Hirnhaut 8 in das
Werkzeug hineingezogen und dadurch verletzt wird.
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Das
Werkzeug 4 ist als Hohlwelle ausgeführt. In ihrem Inneren befindet
sich ein Stößel 5 mit einer
stumpfen Spitze, die aus dem Werkzeug heraus ragt. Durch das als
Linearantrieb ausgebildete Schlagwerk 1 wird der Stößel in eine
Schwingung in Vortriebsrichtung versetzt. Aufgrund der stumpfen Spitze
wirkt die Stoßbewegung nur
auf das harte, relativ spröde
Knochengewebe 7; das darunter liegende Weichgewebe 8 wird
nicht angegriffen.
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Der
Stößel ist
zusätzlich
mit einem Sensorelement 2 ausgestattet, das die auftretenden
Stoßkräfte erfasst.
Die gemessenen Kraftwerte werden in einer Steuereinheit 9 verarbeitet
und auf das unterschreiten einer festgelegten Minimalkraft, sprunghafte
Veränderungen
der auftretenden Stoßkräfte oder ähnliche
Charakteristika untersucht. Wird anhand dieser Messdaten ein Durchbruch
durch das Knochengewebe erkannt, wird die Rotations- sowie die Vorschubbewegung
gestoppt bzw. der ausführende Arzt
gewarnt.
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Eine
Vereinfachung des Systems vereint den Stößel 5 und das Rotationswerkzeug 4 in
einem einzigen Werkzeug nach dem Prinzip eines Schlagbohrers. Auch
dieses Werkzeug ist mit einer stumpfen Spitze im Zentrum des Bohrers
sowie einem Sensorelement zur Durchbrucherkennung versehen.
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Zusätzlich kann
Frequenz und Amplitude des Stößels 5 oder
auch die Rotationsgeschwindigkeit des Werkzeugs 4 moduliert
werden. Dadurch werden vorbestimmte Schwingungsmuster- bzw. Signaturen
in das Knochengewebe induziert. Abhängig von der verbleibenden
Knochenrestdicke ändert
sich die Schwingungsantwort des Systems. Das Sensorelement 2 erfasst
diese Schwingungsantwort und leitet sie weiter an eine Recheneinheit.
Mittels entsprechend trainierten Algorithmen, z.B. neuronalen Netzen
oder statistischen Methoden mit einer entsprechenden Vergleichsmenge,
kann daraus die Dicke des Knochenmaterials ermittelt und die Vorschubbewegung
rechtzeitig gestoppt bzw. der ausführende Arzt gewarnt werden.
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Optional
kann innerhalb des Stößels 5 ein Kanal
vorgesehen werden, in dem Spülflüssigkeit
unter Druck zur Abtragsstelle gefördert wird. Um eine gleichmäßige Spülung der
Abtragsstelle zu erreichen, sind mehrere Austrittsöffnungen 6 über den Umfang
des Stößels nahe
der Spitze verteilt. Dadurch werden Späne aus dem Bohrloch gefördert. Zusätzlich bildet
sich im Fall des Durchbruchs durch das Knochengewebe 7 ein
Wasserpolster zwischen Werkzeug und Dura mater 8. Dadurch
wird die Dura mater von dem darüber
liegenden Knochengewebe gelöst und
aus dem Arbeitsbereich des Werkzeugs verdrängt; dies dient als zusätzlicher
Schutz.
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Das
vorliegende Werkzeug kann sowohl in Handgehaltenen chirurgischen
Instrumenten als auch in robotischen Assistenzsystemen angewendet werden.
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In 1b ist
die Situation unmittelbar nach dem Knochendurchbruch gezeigt. Der
Stößel 5 durchbricht
das harte Knochenmaterial 7 und stößt auf Weichgewebe 8,
wodurch dieses leicht ausgelenkt wird, ohne dabei Schaden zu nehmen,
zumal der Stößel über ein
abgerundetes Stößelende
verfügt.
Es liegt auf der Hand, dass sich in diesem Fall das Schwingnungsverhalten
des schwingend angetriebenen Stößels ändert, das
mit der Sensoreinheit 2 sofort detektierbar ist. In diesem
Fall wird sowohl die Rotationseinheit 3 als auch das Schlagwerk 3 abrupt
stillgesetzt. Neben Kraft- und
Beschleunigungssensor, die das Schwingungsverhalten des Stößels detektieren,
kann auch ein Mikrophon 10 vorgesehen sein, das das sich ändernde
schallakustische Verhalten des Knochens 7 zu erfassen vermag.
Das Mikrophon 10 kann sowohl am Handgerät selbst an einer geeigneten
Stelle, als auch unmittelbar am Knochen platziert werden (siehe
strichliertes Kästchen.)
Die Sensorsignale aller Sensoren werden zur Auswertung der Auswerte-
und Steuereinheit 9 zugeführt.
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- 1
- Schlagwerk
- 2
- Sensoreinheit
- 3
- Rotationseinheit
- 4
- Abtragewerkzeug
- 5
- Stößel
- 6
- Spülkanal
- 7
- Knochengewebe,
Knochenmaterial
- 8
- Hirnhaut
- 9
- Auswerte-
und Steuereinheit
- 10
- Mikrophon