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Die Erfindung betrifft eine steuerbare Einrichtung aus mehreren Einzelspeicherzellen auf Hydrogelbasis zur definierten Stoffabgabe, -aufnahme, -speicherung und/oder -prozessierung von Medien, insbesondere von Wirkstoffen in flüssiger und/oder Partikelform.
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US 5,797,898 ,
US 6,123,861 ,
US 6,527,762 ,
US 6,491,666 ,
US 6,551,838 und
US 2004/0106914 A1 offenbaren Einrichtungen zur definierten Wirkstoffabgabe, welche aus Arrays mit mehreren Speicherzellen definierter Speicherkapazität bestehen, die jeweils mit einer Abdeckung bzw. Kappe versehen sind. Ein gesteuerter Freisetzungsprozess wird durch die Zerstörung der Kappe oder die Veränderung ihrer Permeabilität bzw. der Diffusionseigenschaften erreicht.
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Nach
US 6,491,666 können entweder passive oder aktive Reservoir-Abdeckungen eingesetzt werden. Passive Kappen bestehen aus Materialien, welche die Wirkstoffe durch materialtypische Diffusion über eine bestimmte Zeit abgeben. Aktive Verschlüsse bestehen aus Werkstoffen, die durch Einwirkung elektrischer, mechanischer oder thermischer Energie zerstört werden.
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US 6,123,861 beschreibt eine Einrichtung mit einer als Anode fungierenden Verschlusskappe aus einem leitfähigem Material. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes verändert sie entweder ihre Diffusions- oder Löslichkeitseigenschaften, was zum Freisetzen des Wirkstoffes aus der Speicherzelle führt.
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In
US 5,797,898 besteht die Abdeckung aus einer Metallschicht, die ebenfalls als Anode fungiert. Wird eine elektrische Spannung zwischen dieser Elektrode und der Katode angelegt, zersetzt sich die Anode durch Oxidation.
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Bei
US 6,527,762 erfolgt die Zerstörung der Abdeckungen durch eine mechanische Beanspruchung, die durch thermisch induzierte Expansion, Änderungen des Aggregatzustandes oder eine thermische Reaktion des Kappenmaterials bzw. der Speicherzelle verursacht wird.
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In
US 6,551,838 verfügt die Einrichtung über eine Abdeckung oder Barriere, die durch bestimmte chemische Reaktionen zerstört oder durchlässig wird.
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Die in
US2004/0106914 A1 beschriebene Abgabeeinrichtung besitzt Abdeckungen, die durch expandierende Materialien nach dem Prinzip der osmotischen Pumpe (F. Theeuwes, J. Pharm. Sci. 64 (1975), 1987) zerstört werden. Bei dieser Einrichtung kommen u. a. quellbare Gele zum Einsatz. Bei diesen Gelen wird allerdings nur die Eigenschaft ausgenutzt, in Gegenwart ihres Quellmittels das Volumen durch Quellmittelaufnahme zu erhöhen, was zur Zerstörung der Abdeckung führt. Das diskontinuierliche Volumenphasenübergangsverhalten der sogenannten smarten Hydrogele wird nicht verwendet.
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Nachteilig an den bisher beschriebenen Anordnungen ist die nur einmalige Verwendbarkeit infolge der Kappenzerstörung, der komplizierte Aufbau und die daraus resultierende eingeschränkte Miniaturisierbarkeit sowie die zum Teil relativ geringe Abgabegeschwindigkeit.
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CA 2367698 liefert für magnetisch modifizierte Biomoleküle eine mehrfach verwendbare Abgabeeinrichtung. Durch individuell adressierbare mikroelektromagnetische Einheiten können diese Biomoleküle durch Kontrolle des magnetischen Feldes an den Einheiten angelagert bzw. abgegeben werden.
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Die Beschränkung auf magnetisierte Moleküle schränkt allerdings ihr Anwendungsfeld erheblich ein.
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US 2003/078314 A1 ,
US 2003/124525 A1 ,
US 2004/033546 A1 und
US 2003/228637 A1 nutzen Hydrogele als arrayförmig angeordnete Trägermaterialien von Probanden. Sie verfügen jedoch nicht über steuerbare Abgabemechanismen.
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Zum Lösen der genannten Probleme sind smarte Hydrogele von besonderem Interesse, da sie die Festkörpereffektträger mit der größten nutzbaren Volumenänderung sind und zudem eine herausragende Miniaturisierbarkeit besitzen.
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Smarte Hydrogele sind Polymernetzwerke, die bei Einwirkung bestimmter Umgebungsgrößen einen diskontinuierlichen Volumenphasenübergang durchführen. Sie ändern dabei ihr Volumen vom gequollenen zum entquollenen Zustand um bis zu 90% unter Abgabe des Quellmittels. Dieser Vorgang ist reversibel und reproduzierbar. Einwirkende Umgebungsgrößen können die Temperatur, elektrische Feldgrößen, Licht, pH-Wert sowie Stoff- und Ionenkonzentrationen sein.
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Aus
DE 101 57 317 A1 und A. Richter et al., J. Microelectromech. Syst. 12 (2003) 5, 748–753 ist ein Grundelement eines Mikrofluidikprozessors in Form elektronisch steuerbarer Mikroventile auf Basis smarter Hydrogele bekannt. Der Ventilsitz besteht aus einem temperatursensitiven Hydrogel mit lower critical solution temperature (LCST)-Charakteristik, d. h., es ist bei niedrigen Temperaturen gequollen und entquillt bei Überschreiten einer sogenannten Phasenübergangstemperatur. Im Normalfall verschließt das Ventil den Strömungsquerschnitt. Unterhalb des Ventilsitzes befindet sich eine Heizstruktur. Wird diese aktiviert, entquillt das Hydrogel bei Überschreiten der Phasenübergangstemperatur und gibt den durchströmbaren Querschnitt frei.
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Ein ähnliches Prinzip wird in
DE 10226746 A1 zum Realisieren taktiler Anzeigeeinheiten verwendet. Hier sind Hydrogelaktoren in einer Matrix angeordnet, wobei jeder Aktor einen taktilen Bildpunkt darstellt. Im gequollenen Zustand liefern sie die Information „fühlbar”, im entquollenen Zustand sind sie „nicht fühlbar”. Die Pixelsteuerung erfolgt durch elektronikkompatible Schnittstellen über Heizstrukturen oder Licht bzw. andere Strahlung, welche ebenfalls eine Hydrogelerwärmung verursacht.
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Einen nahezu identischen Grundaufbau wie
DE 10226746 A1 besitzt eine in
US 2004/0053334 A1 beschriebene Einrichtung zum Binden von Zellen oder Molekülen an der Oberfläche eines temperatursensitiven Hydrogels. Diese besteht aus einem Array von Heizelementen, welche unterhalb einer Schicht aus temperatursensitiven Hydrogelen angeordnet sind. Im gequollenen Zustand lagern sich Zellen oder Moleküle an der Oberfläche an bzw. werden an dieser gebunden. Wird das Hydrogel durch Betätigen entsprechender Heizelemente partiell durch überschreiten der Phasenübergangstemperatur zum entquellen angeregt, verändert sich die Zell- bzw. Molekülhaftung an der Oberfläche, so dass diese sich an den beheizten Stellen ablösen. Nachteilig an
US 2004/0053334 A1 ist, dass nur Substanzen, die sich an der Oberfläche von Hydrogelen anlagern können, manipuliert werden können. Zudem werden die Speichereigenschaften der Hydrogele infolge ihrer Volumenquellung nicht ausgenutzt.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein mehrfach verwendbares System mit steuerbarer Abgabe- und/oder Aufnahme-Charakteristik (Zeit und Menge) zu entwickeln, welches über mehrere einzeln steuerbare Speicherzellen verfügt, einfach aufgebaut, leicht in komplexe Systeme integrierbar sowie elektronisch ansteuerbar ist, eine Leistungsaufnahme im mW-Bereich und zudem minimale Ansprechzeiten im Subsekunden- bis Sekunden -Bereich besitzt.
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Erfindungsgemäß geschieht dies dadurch, dass die Speicherzellen mit quellfähigen Polymernetzwerken mit Volumenphasenübergangsverhalten, den smarten Hydrogelen, versehen sind. Die smarten Hydrogele fungieren als Speichermedium der zumeist flüssigen oder gelösten Wirkstoffe oder Materialien. Die einzelnen Speicherzellen verfügen weiterhin über Schnittstellen zum übergeordneten System, mit denen der Quellungsgrad bzw. die Haftungseigenschaften der smarten Hydrogele durch geringfügige Variationen bestimmter Umgebungsgrößen definiert in allen Positionen zwischen vollständig gequollen und vollständig entquollen gesteuert oder geregelt werden können.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Ansprüchen 2 bis 17 angegeben.
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Ein steuerbares Mikro-Array auf Hydrogelbasis zur definierten Stoffabgabe und/oder -aufnahme besteht prinzipiell aus mehreren voneinander unabhängigen Speicherzellen, die das abzugebende oder aufzunehmende Medium speichern können. In einem besonderen Fall kann das erfindungsgemäße System auch aus einer einzigen Speicherzelle bestehen.
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Die Speicherzellen selbst bestehen aus smarten Hydrogelen, welche das Medium durch Quellung aufnehmen und durch Entquellung abgeben können. In diesem Fall fungiert das Medium als Quellmittel.
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Die Speicherung insbesondere gelöster oder partikelförmiger Medien kann auch durch Änderung der Porengröße erfolgen. Bei dem Quellprozess weiten sich die Poren des Hydrogels auf, so dass sich in den Poren Partikel einlagern können. Wird das Hydrogel zur Entquellung angeregt, ziehen sich die Poren zusammen und treiben die Partikel aus.
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Zum Steuern des Quellungsgrades smarter Hydrogele über Umgebungsgrößen dienen bevorzugt physikalische Größen, die einfach durch elektronische bzw. elektrische Mittel erzeugt werden können und Volumenphasenübergänge in quellfähigen Polymernetzwerken auslösen. Sehr einfach elektrisch erzeugbare Steuergrößen sind elektrische und magnetische Feldgrößen, Licht und Temperatur. Elektrische und magnetische Feldgrößen sowie Licht sind derzeit relativ schwierig zum Steuern des Quellungsgrades smarter Hydrogele verwendbar, da die Hydrogel-Effekte zum Teil nur eingeschränkt reversibel und langsam sind. Temperatursensitive Hydrogele lassen sich hingegen schnell, reversibel und reproduzierbar in ihrem Quellverhalten beeinflussen. Besser beeinflussbar sind smarte Hydrogele durch die Temperatur. Eine elektronisch-thermische Schnittstelle kann z. B. aus einer Heizstruktur aus einem Widerstandsmaterial bestehen, wobei die über dem Widerstand abfallende Verlustleistung die Heizleistung ist. Temperatursensitive Hydrogele mit Lower Critical Solution Temperature (LCST)-Charakteristik sind bei niedrigen Temperaturen, z. B. Raumtemperatur, gequollen. Um das gespeicherte Medium abzugeben, muss das Hydrogel der Speicherzelle über seine Phasenübergangstemperatur erwärmt werden. Dann entquillt das Gel und gibt das als Quellmittel fungierende Medium ab. Da jeder Temperatur genau ein Quellungsgrad des Hydrogels zugeordnet ist, lassen sich auch beliebige Zwischenzustände anfahren. Um ein inverses Speicherverhalten bei gleichem Aufbau erreichen zu können, ist ein Polymernetzwerk mit Upper Critical Solution Temperature(UCST)-Charakteristik einzusetzen. Dieses ist bei hohen Temperaturen gequollen und entquillt bei Unterschreiten seiner Phasenübergangstemperatur.
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Die benötigte thermische Energie kann auch auf anderen Wegen erzeugt werden. So kann Licht absorbiert und in Wärme umgesetzt werden. Im Regelfall absorbiert das Hydrogel genug Licht, um über die Phasenübergangstemperatur erwärmt werden zu können. Der Wirkungsgrad der Licht-Wärmeumwandlung kann durch den Einsatz spezieller Materialien in und am Hydrogel verbessert werden, insbesondere durch Materialien mit einem hohen Lichtabsorptionsgrad, die wegen der geringen Lichtreflexion meist dunkel gefärbt sind.
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Es bietet sich auch der Einsatz von Wärmestrahlung an.
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Es sind weiterhin Anwendungsfälle denkbar, bei denen die Speicherzellen automatisch Stoffe aufnehmen oder abgeben können. Ihr Quellungsgrad bzw. Speicherzustand wird dann durch Zustandsgrößen des Prozesses direkt gesteuert. Als steuernde Größen können z. B. der pH-Wert und andere Innenkonzentrationen, die Ionenstärke und Stoffkonzentrationen, wie Konzentrationen organischer Lösungsmittel, biologischer und pharmazeutischer Wirkstoffe, insbesondere Enzyme und Proteine, dienen. Vorteilhaft können die Hydrogele der einzelnen Speicherzellen hinsichtlich ihres Phasenübergangsverhaltens verschieden sein. Eine pH-sensitive Speichermatrix kann z. B. jeweils über eine bestimmte Anzahl von Zellen verfügen, die bei pH 5,1, pH, 5,2, pH 5.3, pH 5,4 usw. ihren Inhalt freisetzen bzw. diesen aufnehmen.
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Derartige automatische Speicherzellen-Arrays können auch in Kombination mit elektronischen Schnittstellen ausgeführt sein.
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Die Speicherzellen des Arrays können mit verschiedenen Prozeduren beladen werden. Eine einfache Möglichkeit besteht darin, den gesamten Array-Aufbau im entquollenen Zustand in ein entsprechendes Wirkstoffreservoir zu tauchen. Es ist ebenfalls möglich, dass der Wirkstoff dem Array direkt durch den Prozesskreislauf zugeführt wird. Durch Quellen der einzelnen Hydrogelspeicher wird der Wirkstoff aufgenommen. Eine Beladung mit unterschiedlichen Wirkstoffen kann durch Pipettierung oder ähnliches erfolgen. Diese Beladungsprozesse Linden über die Vorderseite des Arrays statt. Die Beladungsöffnung ist gleich der Abgabeöffnung.
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Die Beladung kann auch durch spezielle Öffnungen z. B. auf der Hinterseite der Speicherzellen erfolgen. Die Abgabe erfolgt dann über die dem Prozess zugewandte Öffnung. In diesem Fall ist es möglich, dass die hydrogelbeladenen Speicherzellen auch eine Ventilfunktion erfüllen. Im gequollenen Zustand ist der Ventilsitz bzw. die Speicherzelle vollständig mit Hydrogel ausgefüllt und blockiert den durchströmbaren Querschnitt. Im entquollenen Zustand ist der durchströmbare Querschnitt freigegeben.
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Das Speichervermögen einer Zelle ist nicht nur von ihrer geometrischen Dimension, sondern auch vom Speichervermögen des eingesetzten Hydrogels abhängig. Hydrogele können prinzipiell mehr als das Hundertfache ihres Trockenvolumens an Quellmittel speichern. Aufgrund von Limitationen in der mechanischen Festigkeit werden bei smarten Hydrogele in technischen Anwendungen meist Speichervermögen bis zum zehn- oder zwanzigfachen ihres Trockenvolumens genutzt. Beim Quellen nehmen sie nicht nur das Quellmittel auf, sondern auch die darin gelösten Stoffe, in gewissem Umfang auch ungelöste Stoffe, sofern sie nicht zu groß sind, um das Hydrogel zu penetrieren. Die Eindringeigenschaften solcher Stoffe lassen sich in gewissen Grenzen durch die Porosität des Hydrogels einstellen.
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Ein scheinbarer Nachteil des Mikro-Arrays ist der direkte Kontakt des Hydrogels mit dem Prozessmedium, welches insbesondere in Medien mit Pharmaka oder der Biotechnologie problematisch erscheint. Hydrogele sind jedoch „normale” Kunststoffe, besitzen im allgemeinen eine hohe chemische Beständigkeit und können biokompatibel ausgeführt sein. Diese Eigenschaften sind durch die Wahl der Ausgangsstoffe, die Art und Qualität der Synthesen beeinflussbar.
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Durch die große nutzbare Volumenänderung sind Speichereinheiten auf Basis smarter Hydrogele hochgradig miniaturisierbar. Der Miniaturisierungsgrad wird im wesentlichen von der Strukturierungstechnologie des Aktors bestimmt. Derzeit lassen sich mit einer im späteren ausführlich beschriebenen Photovernetzungstechnologie minimale Aktorabmessungen von 4 bis 10 μm Strukturbreite bei 0,5 ... 30 μm Trocken-Strukturhöhe und minimalen Strukturabständen von 4 bis 20 μm reproduzierbar herstellen.
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Miniaturisierbare Speicher-Arrays sind Grundelemente für mehrere Schlüsselfunktionen der Mikrofluidik. Bevorzugte Anwendungsgebiete sind in der chemischen und biochemischen Analytik und Verfahrenstechnik, Mikroreaktorik, Medizintechnik, Zell-Biologie und der Wirkstoffentwicklung zu sehen, wobei diese Aufzählung nicht vollständig ist und vielfältige andere Anwendungsfelder vorstellbar sind.
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Insbesondere sind solche Applikationen interessant, wo drastische Volumen- und Zeitersparnis als Faktoren der Kostenreduktion und/oder Funktionssicherung eine Rolle spielen. In der kombinatorischen Chemie, der Biotechnologie und beim Screening generiert der Bedarf an Chemikalien und biologischen Reagenzien ¾ der Prozesskosten. Weitere Kosten entstehen durch einen hohen manuellen Aufwand bei der Probenpräparation und Untersuchungsdurchführung. Viele der Probleme können schon durch Miniaturisierung und Parallelisierung der Probenhandhabung gelöst werden. Diese Problematik ist z. B. für „Lab an a Chip”-Konzeptionen relevant. Solche Konzeptionen werden mit den Methoden der Mikrosystemtechnologie realisiert. Da das hier vorgeschlagene Mikro-Array-Prinzip nahezu ideal kompatibel zur Mikrosystemtechnik ist, liegt die Verwendbarkeit für „Lab an a Chip”-Konzeptionen sehr nahe.
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Darüber hinaus erfordern viele Anwendungen das Dosieren von Stoffen auf kleinstem Raum, zum richtigen Zeitpunkt, über den richtigen Zeitraum, am richtigen Ort und in der richtigen Menge. Ein bedeutendes Anwendungsfeld der erfindungsgemäßen Einrichtungen sind deshalb Mikroreaktoren. Sie liefern die Voraussetzung zum exakten Dosieren von Reagenzien direkt im Prozess. Insbesondere das bisher nahezu ungelöste Problem des pharmakokinetischen Nachstellens von in vivo-Bedingungen bei der Zellanalyse mit in vitro-Methoden kann mit den erfindungsgemäßen Einrichtungen gelöst werden, da mit den Mikroarrays entsprechende Mikroumgebungen realisert und die Wirkstoffe in über in vivo-adequate Zeiträume an den richtigen Orten sowie in den richtigen Mengen abgegeben werden können.
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Sie können weiterhin in Mikroskopie-Prozessoren Verwendung finden, indem die Wirkung bestimmter Quantitäten und Arten bzw. Qualitäten von Wirkstoffen auf einen Probanden, z. B. eine lebende Zelle oder Proteine, sehr genau beobachtet werden kann. Präparations-, Screening-, und Sequentierprozesse in der Genomik und Proteomik können deutlich vereinfacht werden. In der Immunologie und Allergologie sind stellvertretend für andere medizinische Anwendungen sowohl neue Testmethoden und -einrichtungen als auch neue Therapieeinrichtungen realisierbar.
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Ein anderer Anwendungsaspekt der Mikro-Arrays ist die Zellzüchtung, -pflege und -prozessierung. Hier können Zellkulturen auf engstem Raum definierten Umgebungs, -ernährungs, -wirkstoff- und Wachstums- bzw. Lebensbedingungen ausgesetzt werden.
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Die Mikroarrays können neben dem Abgabe- und Speicherprozess auch Medien aus einem Prozess aufnehmen. Die Probenentnahme über die Arrays kann sehr vorteilhaft sein, da bestimmte Quantitäten zu einem definierten Zeitpunkt an einem definierten Ort erfolgen kann. Dieser Betriebsmodus kann neben der Probenentnahme auch zum Aufkonzentrieren bzw. Separieren bestimmter Stoffe genutzt werden. Einen Überblick über mögliche Anwendungsgebiete von Mikroarrays bietet z. B. Q. Xu, K. S. Lam, Protein and Chemical Mikroarrays – Powerful Tools for Proteomics, J. Biomedicine Biotechnology 2003:5 (2003), 257–266.
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Die Erfindung soll an einigen Ausführungsbeispielen näher erläutert werden.
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Die pharmakokinetische Wirkung eines Medikaments oder die Wirkung von Enzymen bzw. Proteinen auf Zellen oder Zellkulturen lässt sich oft ausschließlich in-vitro untersuchen. Um dennoch Schlüsse auf das in-vivo-Verhalten des Wirkstoff-Proband-Systems gewinnen zu können, müssen diese Bedingungen in einem entsprechenden Mikroambiente sehr gut simuliert werden, was die Möglichkeit voraussetzt, die Wirkstoffe in einer entsprechenden Konzentration, direkt am Probanden und über einen definierten Zeitraum dosieren zu können.
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Eine supensierte Zelllösung befindet sich in der Reaktorkammer. Das steuerbare Array ist ebenfalls in den Reaktor integriert, so dass eine örtliche nähe des Probanden und der Abgabeeinheit gegeben ist. Nun wird der Wirkstoff durch die Ausschüttung einer entsprechenden Anzahl von Speicherzellen in der geforderten Menge zugeführt. Die Konzentration des Wirkstoffes lässt sich durch weiteres Ausschütten von Speicherzellen nach Bedarf erhöhen. Wird der Wirkstoff im Untersuchungszeitraum verbraucht, kann er durch Aktivieren weiterer Speichereinheiten nachreguliert werden.
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Kommen adhärente Probanden zum Einsatz, empfiehlt sich der Einsatz von Hydrogelarrays, bei denen die einzelnen Speicherzellen zumindest teilweise mit einem Haftmedium versehen sind. Dies kann z. B. ein Agarose-Gel sein, welches auf das aktiv wirkende smarte Hydrogel der Speicherzelle aufgebracht wurde. Diese Beschichtung kann zudem permeabel ausgeführt sein. Die anhaftenden Probanden können nun durch Aktivierung der Speicherzelle dem Wirkstoff ausgesetzt werden. Hier empfiehlt sich der Einsatz einer geregelten Speicherzelle mit integriertem Temperatursensor, um den Wirkstoff auch über längere Zeiträume kontrolliert abgeben zu können. An zwei Beispielen der Allergologie bzw. Immunologie soll gezeigt werden, dass die erfindungsgemäße Einrichtung sowohl diagnostisch und therapeutisch einsetzbar ist.
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Sind die Speicherzellen mit verschiedenen Allergenen, also Stoffen, welche Allergien hervorrufen können, beladen und wird die Einrichtung in Kontakt mit einem Patienten gebracht, so wird er an der Kontaktstelle ein entsprechendes Reaktionsmuster zeigen, dessen Auswertung Aufschluss über seine Allergien bringt.
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Zur Immunisierung des Patienten gegenüber den entsprechenden Allergenen können die entsprechenden Wirkstoffe über einen therapeutisch sinnvollen Zeitraum in einer therapeutisch sinnvollen Menge an den Patienten oder Probanden abgegeben werden. Durch eine solche Therapie ist das Schockrisiko und andere Belastungen des Patienten infolge der Wirkstoffeinwirkung drastisch verringerbar.
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Ein automatisch wirkendes Speicherarray kann z. B. zum Einsatz kommen, um Wirkstoffe bei Variation bestimmter Umgebungsgrößen selbsttätig abzugeben oder aufzunehmen. Besitzt ein solches Array beispielsweise pH-sensitive Speicherzellen mit jeweils unterschiedlichem Phasenübergangs-pH-Wert, so werden nur jene aktiviert, die beim aktuellen pH-Wert ihre Phasenübergangskonditionen besitzen. Eine derartige Einrichtung ist besonders zum automatischen Konstanthalten bestimmter Prozessgrößen geeignet.
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In den zugehörigen Zeichnungen zeigen:
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1 den prinzipiellen Aufbau eines Mikro-Arrays auf Basis temperatursensitiver smarter Hydrogele mit LCST-Charakteristik, die durch Formgießen hergestellt werden,
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1a die Konfiguration einer einzelnen Speicherzelle im beladenen Zustand,
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1b die Konfiguration einer einzelnen Speicherzelle im entladenen Zustand,
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2 das Volumenphasenübergangsverhalten temperatursensitiver smarter Hydrogele,
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3 den prinzipiellen Aufbau eines Mikro-Arrays auf Basis photostrukturierbarer temperatursensitiver smarter Hydrogele mit freistehenden Speicher-Dots,
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4 eine weitere Variante des Aufbaus eines Mikro-Arrays aus Partikeln temperatursensitiver smarter Hydrogele und mit separater Beladungsmöglichkeit,
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5 eine Einzelspeicherzelle mit passiver Beschichtung, die als Diffusionsbarriere oder Haftmedium für adhärente Untersuchungsobjekte dient
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6 das Abgabeverhalten einer Einzelspeicherzelle auf Basis des temperatursensitiven Hydrogels PNIPAAm in Abhängigkeit von der applizierten Heizleistung.
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Anhand von 1 soll zunächst ein mögliches Fertigungsverfahren und dann die Wirkungsweise sowie Anwendungsbeispiele der erfindungsgemäßen Mikro-Arrays vorgestellt werden. Die Grundelemente sind als Zwei-Komponenten-Verbunde konzipiert und bestehen aus dem Speicherzellenträger (2) und einem Ansteuerlayer (3).
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Bei einem möglichen Fertigungsverfahren werden zunächst auf der Vorderseite des Ansteuerlayers (3), welcher aus Weichglas D263 (550 μm Dicke, Berliner Glas AG) besteht, Gold-Leiterzüge (5) und Platin-Heizelemente (4) (jeweils 100 nm Dicke, Widerstand der Heizelemente (4) ca. 50 Ω, Widerstand der Leiterzüge (5) im mΩ-Bereich, Haftvermittlerschicht 10 nm Titan) mit einer photolithographischen Platin-Dünnfilm-Technologie (Malz & Schmidt MSBA-400SP) erzeugt und anschließend mit Siliziumdioxid passiviert (800 nm Dicke, PECVD-Verfahren mit Plasmalab 80+ CVD, Oxford Technologies). Die elektrische Verbindung mit der Ansteuerelektronik kann durch Bonden realisiert werden. Der Ansteuerlayer (3) kann zum Erreichen einer verbesserten mechanischen Stabilität noch auf einen Support aufgebracht werden. Er kann auch aus Gründen der verbesserten Wärmeisolation der einzelnen Heizstrukturen untereinander mit Wärmewiderständen in Form von Schlitzen, entsprechenden Materialkombinationen, Materialverdünnungen usw. versehen sein.
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Der Speicherzellenträger (2) ist mit einer Polydimethylsiloxan-(PDMS, Sylgard 184, Dow Chemicals)Master-Abformtechnologie erzeugbar. Geometrien photolithographisch in 4''-Siliziumwafern erzeugt (n-Si, <100> orientiert, 525 μm dick, einseitig poliert, nasschemisch geätzt in KOH) und diese anschließend mit ca. 10 nm dicker Teflon durch Sputtern (Plasmalab 80+, Oxford Technologies) beschichtet. Die Abformung der PDMS-Strukturen erfolgte durch Nutzung einer aus Teflon bestehenden Abformeinrichtung. Diese besteht aus zwei Teilen. Das untere Teil positioniert den Ansteuerlayer (3), auf den das PDMS aufgebracht werden soll. Der obere Teil enthält den Abformmaster. Beide sind durch Führungen passgenau aufeinander abgestimmt. Das PDMS wird auf den Ansteuerlayer (3) aufgebracht, dann wird das Abformmaster aufgesetzt und die ganze Anordnung ca. eine Stunde bei 100°C temperiert. Nach Entfernung der Master liegen die PDMS-Positivstrukturen vor.
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In die einzelnen Speicherzellen kann nun das Hydrogel (1) eingebracht werden. Zuvor kann der Speicherzellenträger noch speziell behandelt werden, um die Haftung des Hydrogels in den Speicherzellen zu gewährleisten. PDMS kann mit Plasmaätzen präpariert werden, bei siliziumhaltigen Materialien empfiehlt sich z. B. 1,1,1,3,3,3-Hexamethyldisilazan (HMDS). Die Erzeugung der Hydrogelstrukturen kann durch Formgießen erfolgen. Dies wird am Beispiel von Poly(N-Isopropylacrylamid) (PNIPAAm) beschrieben.
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PNIPAAm wird radikalisch in Lösung mit dem Vernetzer N,N'-Methylen-Bisacrylamid (BIS) polymerisiert. Die Reaktion wird durch Kaliumperoxiddisulfat (KPS) und N,N,N',N'-Tetramethyl-Ethylendiamin (TEMED) initiiert bzw. beschleunigt. Durch Umkristallisieren in einer n-Hexan-Lösung wird das Monomer N-Isopropylacrylamid NIPAAm gereinigt. NIPAAm und BIS (BIS-Anteil (1 ... 10) mol%; BIS 2 = 2 mol%) werden anschließend in deionisiertem Wasser mit einer Monomerkonzentration von 0,53 mol/l gelöst. Die Polymerisation wird durch Zugabe von 0,3 mol% KPS und TEMED nach Stickstoffspülung initiiert. Die bei Raumtemperatur ablaufende und ca. 12 h dauernde Vernetzungsreaktion erfolgt durch zweckmäßiges Abfüllen in die einzelnen Speicherzellen des Speicherzellenträgers (2)(siehe auch A. Richter et al., J. Microelectromech. Syst. 12 (2003) 5, 748–753).
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Die Funktionsweise der Mikro-Arrays zur gesteuerten Abgabe oder Aufnahme von Wirkstoffen lässt sich anhand
1a und
1b sowie
2 erklären. Eine Einzelzelle wird mit einem Wirkstoff durch das Quellen des Hydrogels in dieser Substanz beladen. Die Befüllung kann durch direkten Kontakt des entquollenen Hydrogels mit dem Prozessmedium oder durch separate Beladung, z. B. durch Pipettierung, bei Raumtemperatur erfolgen. Nach Erreichen des Quellungsgleichgewichtes ist die Zelle vollständig beladen und besitzt die in
1a gezeigte Konfiguration. Das effektive Beladungsvolumen v
eff einer Einzelzelle errechnet sich zu:
(v
SZT – geometrisches Volumen einer Einzelzelle, Q
entq – Volumenquellungsgrad des Hydrogels im entquollenen Zustand, Q
geq – Volumenquellungsgrad des Hydrogels im gequollenen Zustand).
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Für das Beispiel PNIPAAm beträgt nach 2 Qentq (T = 35°C) = 2,2 und Qgeq (T = 20°C) = 14,4. Das effektive Beladungsvolumen einer Einzelzelle beträgt damit veff = 0,847 vEZ. Besitzt jede Einzelzelle eine Geometrie von Höhe × Breite × Tiefe = (1 × 1 × 0,5) mm3, so beträgt das effektive Beladungsvolumen einer Speicherzelle 0,4235 mm3.
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Zum Ausschütten der Einzelzelle wird das Hydrogel durch Aktivieren des Heizmäanders (4) über seine Phasenübergangstemperatur erwärmt. Diese beträgt für PNIPAAm 32,8°C. Nun entquillt das Hydrogel und gibt den bis dahin gespeicherten Wirkstoff in das Prozessmedium ab (1b). Befinden sich die Öffnungen des Arrays unten, so wird dieser Prozess durch die Schwerkraft unterstützt.
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Soll nicht der gesamte gespeicherte Wirkstoff aus einer Einzelzelle abgegeben werden, so ist es möglich, das Hydrogel der Speicherzelle nur kurzzeitig über seine Phasenübergangstemperatur bzw. mit einer Temperatur in der Region der Phasenübergangstemperatur zu beheizen. Um diesen Vorgang kontrollieren zu können, empfiehlt sich die Implementierung eines Temperatursensors in den Speicherzellenaufbau. Eine mögliche Anordnung und Ausführung des Temperatursensors ist in A. Richter et al., J. Microelectromech. Syst. 12 (2003) 5, 748–753 für hydrogelbasiertes Mikroventil beschrieben.
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Die Lage der Phasenübergangs- bzw. Schalttemperatur von PNIPAAm-Hydrogelen ist an die Prozesstemperatur anpassbar. Durch Copolymerisation und Variation der Syntheseparameter kann die Lage der Phasenübergangstemperatur in einem Bereich von +5°C und etwa 60°C eingestellt werden. Diese Möglichkeiten bestehen auch für andere Polymernetzwerksysteme.
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Ähnlich gute Phasenübergangs-Eigenschaften mit LCST-Charakteristik besitzt z. B. das in 2 gezeigte Poly(Methylvinylether) (PVME). Die Lage der Phasenübergangstemperatur dieses Hydrogels liegt bei etwa 37°C. Ein mögliches Syntheseverfahren von PVME ist in K.-F. Arndt, T. Schmidt, H. Menge, Poly (vinyl methyl ether) Hydrogel Formed by High Energy Radiation, Macromol. Symp. 164 (2001) 313–322 beschrieben.
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Weitere Vertreter mit LCST-Charakteristik basieren z. B. auf Hydroxypropylcellulose (B. Kabra, S. H. Gehrke, R. Spontak, Microporous Responsive HPC Gels 1. Synthesis and Microstructure, Macromolecules 31(1998), 2166–2173).
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2 zeigt neben den beiden Vertretern mit LCST-Verhaltenscharakteristik noch das durch Copolymerisation von Hydroxyethyl Methacrylat (HEMA) und Acetoacetoxyethyl Methacrylat(AAEM) hergestellte Hydrogel HEMA/AAEN mit UCST-Verhalten, dessen Synthese in V. Boyko et al., Preparation and characterization of acetaacetoxyethyl methacrylate-based gels, Macromol. Chem. Phys. 204 (2003), 2031–2039 beschrieben ist. Das dargestellte Verhalten tritt in einer 60 wt%:40 wt% Ethanol/Wasser auf und zeigt eine Phasenübergangstemperatur von 31,5°C.
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Anhand von 3 wird demonstriert, dass durch Nutzung photostruktierbarer Hydrogele auf den Speicherzellenträger verzichtet werden kann.
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Der Ansteuerlayer (3), bestehend z. B. aus Silizium oder Siliziumdioxid, wird mit Leiterzugstrukturen (5) und Heizstrukturen (4) in der bei 1 geschilderten Weise versehen. Nach Passivierung des Ansteuerlayers (3) und Behandlung mit dem Haftvermittler HMDS wird z. B. bei bestimmten photovernetzbaren N-Isopropylacrylamid (NIPAAm) -basierten Polymeren die polymere Lösung in definierter Menge aufgebracht, dann mit Spin Coating gleichmäßig verteilt, die gewünschte Schichtdicke eingestellt und anschließend getrocknet. Die Lösung kann neben den polymeren Ausgangsstoffen und den Lösungsmitteln noch ca. 4 wt% des Photoinitiators Thioxanthon (THX) enthalten, welche eine verbesserte UV-Vernetzung bei Licht-Wellenlängen größer 300 nm ermöglicht.
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Die Strukturierung der erhaltenen Schicht erfolgt durch UV-Bestrahlung (z. B. mit einer 400 W-Hg-Lampe der Wellenlänge zwischen (360 und 450) nm) unter Nutzung von Masken. Als Resultat liegt eine Positivstruktur vernetzter und frei stehender Speicher-Dots vor, die z. B. mit einem Ethanol-Wasser-Gemisch entwickelt wird, wobei das unvernetzte Polymer ausgewaschen wird und nur die belichteten Dots erhalten bleiben, da bei einer Belichtung mit UV-Licht photochemisch über eine [2 + 2]-Cycloaddition Netzknoten in den belichteten, getrockneten Schichten aufgebaut werden.
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Zur Synthese dieser Gele werden an das NIPAAm bzw. dessen Copolymeren Chromophore verschiedener Art angebunden. So ist ein Copolymer auf Basis von NIPAAm und Dimethylmaleinimid-Chromophoren P(NIPAAm co DMIAAm) nutzbar. Die Copolymerisation erfolgt als freie radikalische Polymerisation von NIPAAm und 2-(Dimethylmaleinimid)-N-Ethyl-Acrylamid (DMIAAm) unter Einsatz des Initiators Azobis(Isobutyronitril) (AIBN) bei einer Temperatur von 70°C unter Stickstoffatmosphäre. Das gereinigte Polymer liegt nach Fällung und Rückfällung in Tetrahydrofuran und Diethylether vor.
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Das Auflösungsvermögen der Strukturierung ist eine Funktion der Belichtungszeit und der Schichtdicke. Eine geringe Bestrahlung bewirkt stark quellbare Hydrogelstrukturen, die einerseits ungenügende Hafteigenschaften auf dem Substrat und andererseits eine verminderte Konturgenauigkeit besitzen. Typische Belichtungszeiten mit guten Resultaten liegen im Bereich von (10–60) min, wobei unter Umständen ähnliche Ergebnisse schon bei 200 s erzielbar sind. Das Auflösevermögen liegt derzeit für Schichtdicken von ca. 1 μm bei 4 μm Strukturabstand (Line Spacing) und 4 μm Strukturbreite (Line Width), für Schichten der Dicke 10 μm bei 20 μm Strukturabstand und 30 μm Strukturbreite. Weitere Verbesserungen sind möglich.
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Das effektive Beladungsvolumen v
eff eines hydrogel-basierten Speicher-Dots errechnet sich zu:
(v
Dot, geq – geometrisches Volumen eines Speicherdots im gequollenen Zustand, Q
entq – Volumenquellungsgrad des Hydrogels im entquollenen Zustand, Q
geq – Volumenquellungsgrad des Hydrogels im gequollenen Zustand).
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Die Funktionsweise des Mikro-Arrays nach 3 entspricht der in 1 geschilderten.
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4 zeigt einen möglichen Aufbau einer Einzelzelle mit separater Beladungsmöglichkeit. Die im Speicherzellenträger (2) befindliche Zelle ist durch zwei perforierte Abdeckungen (8), z. B. aus Silizium mit geätzter Gitterstruktur, verschlossen. Auf oder an einer Abdeckung (8) ist die Heizstruktur (4) platziert. In der Speicherzelle können Hydrogelpartikel definierter Größe, die durch Sichtung des Hydrogelgranulats mit Prüfsieben erreichbar ist, eingebracht werden. Die Beladung der Speicherzelle kann durch die obere Öffnung, z. B. über nicht dargestellte Anschlussstutzen, erfolgen. Die Abgabe des Wirkstoffes erfolgt unter Zuhilfenahme der Schwerkraft nach unten.
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In 5 ist eine Einzelspeicherzelle mit einer passiven Beschichtung (9) dargestellt. Eine derartige Abdeckung kann zwei Funktionen erfüllen.
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Sie kommt als Diffusionsbarriere zum Einsatz, wenn nicht gewährleistet werden kann, dass das als Speicher fungierende Hydrogel den Wirkstoff vollständig und ohne ungewollte Abgabe bzw. Aufnahme speichert. Durch Selbstdiffusionsprozesse kann es unter Umständen bei Kontakt mit flüssigen Medien zum Eindiffundieren weiterer Stoffe kommen. Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass Teile des ursprünglich gespeicherten Mediums durch derartige Selbstdiffusion aus dem Hydrogel ungewollt freigesetzt werden. Die Diffusions- bzw. Quellmittelbarrieren sind im einfachsten Fall Hydrogelschichten mit anderen Diffusions- oder Vernetzungseigenschaften (z. B. höhere Vernetzungsdichte), aber auch Folienmaterialien sind denkbar.
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Bei adhärenten Probanden bildet die Abdeckung (9) ein Substrat, an der sie sich anlagern können. Auch beim Volumenphasenübergang des Speicherzellenhydrogels (1) ändert die Beschichtung (9) nicht ihre Haftungs- oder Substrateigenschaften, da sie aus einem Material besteht, welches kein Phasenübergangsverhalten aufweist. Für lebende Zellen, Pilze, Bakterien u. ä. kann dies z. B. ein Agarose-Gel sein. Ein steuerbares Array mit einer derartigen Beschichtung ist besonders vorteilhaft für die parallele Untersuchung vieler gleicher Probanden unter jeweils unterschiedlichen Bedingungen. Jede Einzelspeicherzelle kann dabei als Einzelmikroreaktor mit unterschiedlichen Wirkstoffen, unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen und unterschiedlichen Einwirkzeiten betrieben werden. Die Beschichtung (9) kann permeabel für den Wirkstoff ausgeführt sein, es ist aber ebenso möglich, nur einen Teil der Speicherzelle mit der Beschichtung abzudecken, so dass der Wirkstoff dennoch gut abgegeben werden kann.
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Das zeitliche Abgabeverhalten des Mikro-Arrays wird neben konstruktiven Parametern maßgeblich durch den Betriebsparameter Heizleistung bestimmt. 6 zeigt den Einfluss der Heizleistung auf die Abgabezeit einer PNIPAAm-bestückten Einzelzelle der Abmessung (500 × 500 × 200) μm3. Ab einer Heizleistung von etwa 275 mW gibt sie in weniger als 1 s den gespeicherten Wirkstoff vollständig ab.
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Die Phasenübergangstemperatur temperatursensitiver smarter Hydrogele kann durch Bestandteile des Prozessmediums beeinflusst werden. Im Regelfall kommt es zu einer Absenkung. Diesem Umstand kann man durch entsprechende Wahl der stofflichen Basis des Aktormaterials Rechnung tragen.
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Konstruktive Parameter, die das zeitliche Abgabeverhalten Verhalten des Arrays bestimmen, sind u. a. die Gröle der Einzelzellen, das verwendete Material und die Wärmekapazität der zu beheizenden Anordnung. Prinzipiell gilt: das für den Schaltvorgang aufzuheizende Gesamtvolumen ist möglichst gering zu halten.
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Der zeitliche Beladungsprozess einer Einzelzelle wird maßgeblich durch die Diffusionseigenschaften des eingesetzten Hydrogels bestimmt. Die zeitabhängige Volumenzunahme einer Einzelspeicherzelle berechnet sich zu
mit V
0 – Hydrogelvolumen im entquollenen Zustand, V
∞,max – Hydrogelvolumen im gequollen Endzustand, D
coop – kooperativer Diffusionskoeffizient, d
0 – kleinste charakteristische Geldimension (Höhe).
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Bezugszeichenliste
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- 1, 1a, 1b
- Hydrogelstruktur
- 2
- Speicherzellenträger
- 3
- Ansteuerlayer
- 4
- Heizmäander/Heizstruktur
- 5
- Leiterzüge
- 6
- Wirkstoff
- 7
- Hydrogel-basierter Speicher-Dot
- 8
- Perforierte bzw. permeable Abdeckung
- 9
- Passive Beschichtung als Diffusionsbarriere oder Haftmedium