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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Verbessern des Fahrzeugverhaltens
bei einem Lenkaktuatorausfall eines Fahrzeug-Lenksystem, das unabhängig vom
Fahrer einen Lenkwinkel zum Kompensieren eines Störgiermoments
erzeugt, welches durch asymmetrisch auftretende Bremskräfte auftreten
kann
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Bei
Bremsungen auf inhomogenen Fahrbahnen (d.h. Fahrbahnen mit unterschiedlichen
Reibwerten auf der linken bzw. rechten Fahrzeugseite) treten aufgrund
der unterschiedlichen Reibwerte (rechts – links) asymmetrische Bremskräfte auf.
Aus diesen asymmetrischen Bremskräften resultiert ein Giermoment
um die Fahrzeughochachse, welches das Fahrzeug in eine Gierbewegung
in Richtung der Straßenseite
mit dem höheren
Reibwert versetzt. In 1 ist ein
Fahrzeug 9 auf einer derartigen inhomogenen Fahrbahn dargestellt.
Dabei ist die Hochreibwertseite mit 10, die Niedrigreibwertseite
mit 11, das Störgiermoment
mit 12 und die asymmetrischen Bremskräfte mit 13 bezeichnet.
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Fahrzeuge
ohne das elektronische Bremssystem ABS werden in solchen Fahrsituationen
instabil, da beim Blockieren der Räder die Seitenführungskraft
der Reifen verloren geht. Das durch die asymmetrischen Bremskräfte 13 entstandene
Giermoment 12 versetzt das Fahrzeug dabei in schnelle Drehbewegungen
um die Fahrzeughochachse zur Hochreibwertseite 10 hin.
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Bei
Fahrzeugen mit dem elektronischen Bremssystem ABS wird bei Bremsungen
in diesen kritischen Situationen das Drehen um die Hochachse des
Fahrzeugs verhindert, da durch die Vermeidung blockierender Räder die
Seitenführungskraft
der Räder
erhalten bleibt. Das Giermoment um die Fahrzeughochachse, resultierend
aus den asymmetrischen Bremskräften,
wird dadurch aber nicht kompensiert, sondern der Fahrer muss dies
durch Gegenlenken ausgleichen.
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Hierzu
ist es aus der
DE 40
38 079 A1 bekannt, das bei einer ABS Regelung in einer μ-Splitt Fahrsituation
auftretende Giermoment zumindest teilweise dadurch zu kompensieren,
dass ein von der Differenz der getrennt eingeregelten Bremsdrücke abhängiger Kompensations-Lenkwinkel
eingestellt bzw. dem vom Fahrer vorgegebenen Lenkwinkel überlagert
wird. Der autonome Kompensations-Lenkwinkel (automatisches Gegenlenken)
verbessert die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs bei Bremsungen auf
inhomogenen Fahrbahnen. Dazu ist ein aktives Lenksystem notwendig,
d.h. ein Lenksystem, mit dem sich aktiv und unabhängig von
der Fahrervorgabe ein zusätzlicher
Lenkwinkel an den Rädern
erzeugen lässt.
Dies ist beispielsweise mit einem Steer-by-Wire Lenksystem oder
einer Überlagerungslenkung
möglich.
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Während bei
erstgenannten bekanntermaßen
der Lenkwinkel vollständig
von einem geeigneten sogenannten Aktuator (z.B. einem Stellmotor oder
dgl.), der hierzu von einer elektronischen Steuereinheit auch unter
Berücksichtigung
der Vorgaben des Fahrzeug-Fahrers geeignet angesteuert wird bzw.
eingestellt wird, wird bei der letztgenannten Überlagerungslenkung der vom
Fahrer vorgegebene Lenkwinkel zwar noch direkt mechanisch an die
lenkbaren Fahrzeug-Räder
weitergeleitet, jedoch kann diesem Lenkwinkel ein zusätzlicher
Lenkwinkel (additiv) überlagert
werden. Dieser Überlagerungs-Lenkwinkel
kann beispielsweise in einem geeigneten Überlagerungsgetriebe mittels
eines von einer elektronischen Steuereinheit geeignet angesteuerten
Aktuators aufgebracht werden.
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Wird
nun eine der geschilderten Störungskompensationen,
wie die Giermomentenkompensation beim Bremsen auf inhomogenen Fahrbahnen (μ–split)
oder eine Lastwechselkompensation mit einem aktiven Lenksystem durchgeführt, welches
mittels einer Steuereinheit den tatsächlichen Lenkwinkel der lenkbaren
Fahrzeug-Räder
hierfür
geeignet verändert,
so kann es zumindest theoretisch dazu kommen, dass der besagte Aktuator
dieses Lenksystems einen Lenkwinkel an den lenkbaren Rädern einstellt und
danach auf Grund eines irgendwie gearteten Fehlers abschalten muss,
ohne dass dieser eingestellte Winkel wieder zurückgestellt werden kann. Dies
kann insbesondere bei den genannten Überlagerungs-Lenkungen auftreten,
da diese zumeist nicht (mehrfach) redundant ausgelegt werden, nachdem bei
diesen die Anforderungen bezüglich
der Systemsicherheit aufgrund der stets vorhandenen direkten mechanischen
Verbindung zwischen den lenkbaren Rädern und dem Lenkrad des Fahrers
geringer sind als bei den reinen steer-by-wire-Systemen, bei denen eine derartige
mechanische Verbindung überhaupt
nicht vorliegt.
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In
der weiteren Beschreibung lediglich auf ein Überlagerungs-Lenksystem Bezug
nehmend, dadurch jedoch die vorliegende Erfindung nicht auf ein derartiges
Lenksystem beschränkend,
könnte
ein Ausfall dieses Lenksystems zur Folge haben, dass beim Bremsen
auf einer μ-split-Fahrbahn
ein Lenkwinkel bzw. Überlagerungs-Winkel
an den lenkbaren Rädern
eingestellt wird, um das aus diesem "μ-split-Bremsvorgang" resultierende Störgiermoment
zu kompensieren, wodurch das Fahrzeug zunächst richtungsstabil verzögert wird.
Beim einem Ausfall des Überlagerungs-Lenksystems,
z.B. des Aktuators selbst, bleibt nun dieser einmal eingestellte Überlagerungs-Winkel an den gelenkten
Rädern
bestehen. Ändern
sich daraufhin die Reibwertverhältnisse
zwischen der Fahrtahn und den Rädern
oder wird die genannte μ-split-Bremsung
abgebrochen oder unterbrochen, so wird der Fahrer aufgrund dieses
für ihn
plötzlich
auftretenden Lenkwinkeloffset zwischen Lenkrad und Rädern überrascht
und er muss diesen Lenkwinkeloffset ausgleichen um die Spur zu halten.
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Grundsätzlich kann
der Fahrer zwar hierauf reagieren, nachdem das Lenksystem weiterhin
Lenkeingriffe des Fahrers an den lenkbaren Rädern zulässt und umsetzt. Jedoch wird
der Fahrer verunsichert sein, weshalb er denn nun plötzlich die
Lenkung betätigen
bzw. das Lenkrad verdrehen muss, um die gewünschte und bereits durch eine
entsprechende Lenkradstellung vorgegebene Fahrtrichtung beizubehalten.
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Aus
der
EP 1 388 472 A1 ist
ein Betriebsverfahren für
ein Lenksystem eines mehrspurigen Fahrzeugs bekannt, das unabhängig von
einem vom Fahrzeug-Fahrer mit seiner Lenkhandhabe vorgegebenen Lenkwinkel
mittels eines Aktuators einen Lenkeinschlag zur Kompensation eines
Störgiermomentes
erzeugen kann, das durch unterschiedliche Längskräfte an den Rädern der
beiden Fahrzeugseiten, insbesondere einen μ-split-Bremsvorgang, hervorgerufenen wurde.
Das Fahrzeug ist mit einem Bremssystem oder einem Antriebssystem
ausgerüstet,
mit dem durch ein gezieltes Anlegen einer Längskraft an das oder die Fahrzeug-Räder zumindest
einer Fahrzeug-Seite ebenfalls ein auf das Fahrzeug einwirkendes
Giermoment erzeugbar ist.
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Dabei
sollen im Falle eines Ausfalls des Aktuators nach Einleitung eines
ein Störgiermoment kompensierenden
Lenkeinschlages, der bei ausgefallenem Aktuator erhalten bleibt,
die folgenden Schritte aufeinanderfolgend durchgeführt werden:
- 1) es wird das durch den Aktuator vor seinem
Ausfall aufgrund des initiierten Lenkeinschlags erzeugte sog. Aktuator-Giermoment
berechnet,
- 2) es wird ein auf das Fahrzeug einwirkendes und dieses Aktuator-Giermoment
kompensierendes Gegen-Giermoment durch selbsttätiges Aufbringen einer asymmetrischen
Rad-Längskraft
erzeugt
- 3) das Gegen-Giermoment wird geeignet langsam abgebaut, um dem
Fahrer zu ermöglichen,
das dann aufgrund des noch vorliegenden Lenkeinschlages auftretende
Giermoment durch einen mit seiner Lenkhandhabe erzeugten Lenkeinschlag auszugleichen.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu schaffen,
das die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs beim Übergang von inhomogenen Fahrbahnen
auf Hochreibwert und/oder beim Beenden des Bremsvorgangs verbessert,
wenn ein eingeregelter Lenkwinkel nicht mehr zurückgenommen werden kann.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe dadurch gelöst,
dass beim Beenden des Bremsvorgangs bei eingestelltem Lenkwinkel
und erkanntem Lenkaktuatorausfall der Bremsdruck an mindestens einem
Rad mit einem verringerten Bremsdruckgradienten abgebaut wird. Dabei
wird der Bremsdruck an dem Rad, an welchem bisher der höhere Bremsdruck angelegen
hat langsamer abgebaut als vom Fahrer per Bremspedal vorgegeben
und somit entfallen die asymmetrischen Bremskräfte und somit das Stör giermoment
um die Fahrzeughochachse auch nur langsam. Durch diese Maßnahme wird
dem Fahrer Gelegenheit gegeben, den durch den Lenkaktuatorausfall sich
einstellenden Lenkwinkeloffset über
eine Betätigung
des Lenkrads auszugleichen. Dabei wird der Bremsdruckabbau an der
Vorderachse derart gesteuert, dass die Druckschere (Druckdifferenz)
an der Vorderachse zwischen dem Rad auf der Hoch- und Niedrigreibwertseite
nur langsam abgebaut wird. Dies führt dazu, dass sich das aus
den asymmetrischen Bremskräften
resultierte Störgiermoment
auch nur langsam abbaut und dem Fahrer ausreichend Zeit zum Gegenlenken
bleibt (Lenkwinkelbegrenzung). Durch diese Maßnahme, Lenkwinkelbegrenzung
an der Vorderachse reagiert das Fahrzeug nicht mehr unmittelbar
auf den Fahrerwunsch die Bremsung zu beenden, sondern durch den
langsameren Druckabbau am Hochreibwertrad bzw. am Hochbremsdruckrad
wird die Dauer der Bremsung leicht verlängert. Dies ist dennoch als
Vorteil anzusehen, da ein Fahrer sein Fahrzeug in der oben beschriebenen
Situation nur sehr schwer stabilisieren kann, wenn er schnell genug
und genau richtig dosiert den fehlerhaften Lenkwinkel ausgleicht.
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Erfindungsgemäß wird diese
Aufgabe weiterhin dadurch gelöst,
dass beim Wegfall des Störgiermomentes
bei eingestelltem Lenkwinkel und erkanntem Lenkaktuatorausfall der
Bremsdruck an mindestens einem Rad mit einem verringerten Bremsdruckgradienten
aufgebaut wird, wenn ein Reibwertübergang zu Hochreibwert stattfindet
und erkannt ist.
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Unter
verringerten Bremsdruckgradienten werden Gradienten verstanden,
die unterhalb der üblichen
Bremsdruckgradienten liegen, mittels denen Bremsdruck in einer Radbremse
aufgebaut wird, wenn kein Lenkwinkeloffset vorliegt. Dabei können die
Bremsdruckgradienten in einem weiten Band in Abhängig keit von fahrdynamischen
Größen oder
in Abhängigkeit
von empirisch oder in einem Modell ermittelten Werten adaptiert
werden.
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Weiterhin
wird darauf hingewiesen, dass der Begriff des "Lenkaktuators" in einem Fahrzeug-Lenksystem äußerst allgemein
zu verstehen ist, d.h. mit diesem Begriff ist in seiner Gesamtheit
ein Lenksystem oder ein Bestandteil desselben zu verstehen, das
oder der durch einen Lenkeingriff lenkbare Fahrzeug-Räder derart
einschlägt,
dass ein irgendwie geartetes, auf das Fahrzeug einwirkendes Störgiermoment
durch diesen Lenk-Einschlag kompensiert, d.h. aufgehoben werden
kann. Unter dem Lenkaktuator kann also bspw. ein geeigneter Stellmotor,
aber auch ein Getriebe oder eine Ansteuerung für diese bzw. allgemein für ein entsprechendes
Lenkungselement verstanden werden. Ferner ist selbstverständlich erforderlich,
dass zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens
dieser Lenkaktuator (bzw. allg. dieses zur Kompensation von Störgiermomenten vorgesehene
Lenksystem) auf seine Funktionstüchtigkeit
hin überwacht
wird, d.h. bevorzugt eine geeignete elektronische Steuereinheit
muss einen Ausfall dieses besagten Lenksystems bzw. des genannten Lenkaktuators
selbstverständlich
erst einmal feststellen, ehe das erfindungsgemäße Verfahren in Gang gesetzt
werden kann.
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Beim Übergang
von den inhomogenen Reibwertbedingungen zu homogenen Reibwertbedingungen
(z.B. von μ-split
zu Hochreibwert) wird der Bremsdruckaufbau an der Vorderachse derart
gesteuert, dass die Druckschere (Druckdifferenz) an der Vorderachse
zwischen dem Rad auf der Hoch- und Niedrigreibwertseite durch den
Druckaufbau am Rad mit dem niedrigeren Bremsdruck nur langsam abgebaut
wird. Dies führt
dazu, dass sich das Störgiermoment
aus den bisher asymmetrischen Brems kräften nur langsam abbaut und
dem Fahrer ausreichend Zeit zum Ausgleichen des eingefrorenen Zusatzlenkwinkels
des Aktuators mittels Gegenlenken bleibt (Lenkwinkelbegrenzung).
Gleichzeitig wird die Hinterachse derart unterbremst, dass an beiden
Rädern
nur der Bremsdruck des Rades auf der Niedrigreibwertseite zugelassen
wird (SelectLow). Dadurch steht an der Hinterachse immer ausreichend
Seitenführungspotential
zur Verfügung
und das Fahrzeug ist durch Lenkeingriffe (Gegenlenken) für den Fahrer leicht
zu stabilisieren. Durch diese beiden Maßnahmen, Lenkwinkelbegrenzung
an der Vorderachse und SelectLow an der Hinterachse, wird zwar Bremsleistung
verschenkt, da das Reibwertpotential der Hochreibwertseite nicht
ideal ausgenutzt wird. Dies resultiert in einem verlängerten
Bremsweg, der dennoch als Vorteil anzusehen ist, gegenüber einem Fahrzeug
ohne diese Begrenzung, welches instabil werden kann.
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Dabei
werden die Druckaufbau- und Druckabbaugradienten geschwindigkeitsabhängig so
adaptiert, dass bei hoher Geschwindigkeit kleine Gradienten und
bei kleiner Geschwindigkeit größere Gradienten
zugelassen werden. Vorteilhaft werden die Druckaufbau- und Druckabbaugradienten
in Abhängigkeit
vom Fahrzustand bestimmt und querbeschleunigungs-, gierraten- und/oder
schwimmwinkelabhängig
adaptiert.
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Zur
Vermeidung von Stabilitätseinbußen auf der
einen und zur Erhöhung
der Komfortwirkung auf der anderen Seite, werden bei hoher Querdynamik, wie
großer
Querbeschleunigung, großer
Gierrate und/oder großem
Schwimmwinkel, kleinere Gradienten und bei weniger querdynamischem
Fahrzustand größere Gradienten
zugelassen.
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Im
Folgenden werden zwei Ausführungsvarianten
beschrieben, bei denen eine Unterstützung des Fahrers in der Handhabung
seines Fahrzeugs bei Ausfall des Lenkaktuators erfolgt. Dabei wird
von der in 1 dargestellten
und vorstehen bereits beschriebenen Situation ausgegangen. Während einer μ-Split Bremsung tritt
durch die asymmetrisch wirkenden Bremskräfte ein Störgiermoment 12 auf
und der Fahrer kann durch automatisches Gegenlenken unterstützt werden.
Dabei wird ein bei einer Bremsregelung in einer μ-Split Fahrsituation auftretendes
Giermoment zumindest teilweise dadurch kompensiert, dass ein von
der Differenz der getrennt eingeregelten Bremsdrücke abhängiger Kompensations-Lenkwinkel
eingestellt bzw. dem vom Fahrer vorgegebenen Lenkwinkel überlagert
wird. Der autonome Kompensations-Lenkwinkel (automatisches Gegenlenken) verbessert
die Beherrschbarkeit des Fahrzeugs bei Bremsungen auf inhomogenen
Fahrbahnen. Der autonome Kompensations-Lenkwinkel wird mittels eines
aktiven Lenksystems eingestellt, d.h. einem Lenksystem mit dem sich
aktiv und unabhängig
von der Fahrervorgabe ein zusätzlicher
Lenkwinkel an den Rädern
erzeugen lässt.
Dies ist beispielsweise mit einer Überlagerungslenkung oder einem Steer-by-Wire
Lenksystem möglich.
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Wenn
das automatische Gegenlenken mit einer Überlagerungslenkung stattfindet,
so bleibt beim Lenkaktuatorausfall der Überlagerungslenkung der zuletzt
am Rad eingestellte Lenkwinkel bestehen und kann nicht mehr zurückgenommen
werden. (Überlagerungslenkung
ist fail-silent)
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für eine μ-Split Bremsung
mit automatischem Gegenlenken ist nun folgende:
• Der Lenkwinkel-Regler
lenkt bei auftretendem Störgiermoment
automatisch gegen
- • Die Überlagerungslenkung
fällt aus
und somit bleibt am Rad der zuletzt von dem Regler angeforderte
Lenkwinkel bestehen
- • Nun
erfolgt ein Übergang
von μ-Split
Bedingungen zu Hochreibwert und/oder der Fahrer beendet seinen Bremsvorgang,
d.h. die Störung
(Störgiermoment)
fällt weg.
Da der zuletzt vom aktiven Lenksystem/Überlagerungslenkung eingeregelte Lenkwinkel
nicht mehr zurückgenommen
werden kann, wird der Fahrer durch den Wegfall des Störgiermoments
mit einem für
ihn plötzlich
auftretenden Lenkwinkeloffset zwischen Lenkrad und Rädern überrascht
und er muss diesen Lenkwinkeloffset ausgleichen um die Spur zu halten. Durch
den Überraschungseffekt
für den
Fahrer droht das Fahrzeug instabil zu werden, falls der Fahrer nicht
schnell genug und genau richtig dosiert reagiert.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird von einem Bremssystem ausgegangen, wie es zum Beispiel Grundlage
jeder Fahrstabilitätsregelung (ESP
Regelung) ist und das die radindividuelle Ansteuerung der Radbremsen
ermöglicht.
Der Lenkaktuatorausfall muss hierbei vom Aktuator (intelligentes Stellglied)
selbst erkannt werden und schnellstmöglich dem Regelsystem, welches
den Aktuator zur Fahrzeugstabilisierung ansteuert, übermittelt
werden, so dass dieses gegebenenfalls Gegenmaßnahmen zum Ausgleich und zur
Unterstützung
des Fahrers einleiten kann.
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1. Fahrer beendet Bremsvorgang:
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Durch
das Ende des Bremsvorgangs entfallen die asymmetrischen Bremskräfte und
somit auch das Störgiermoment.
Um den Fahrer durch den Ausfall der Überlagerungslenkung und den
somit immer noch anstehenden Lenkwinkel am Rad nicht zu überfordern,
wird der Bremsdruck am Rad auf der Hochreibwertseite nicht (wie
vom Fahrer per Bremspedal und Druck im Tandem-Hauptzylinder (THZ-Druck) vorgegeben)
schlagartig sondern nur langsam abgebaut, damit auch die asymmetrischen
Bremskräfte und
das Störgiermoment
nur langsam entfallen und der Fahrer mehr Zeit hat, um den Lenkwinkeloffset auszugleichen.
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2. Übergang von μ-Split zu
Hochreibwert:
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Durch
den Übergang
von μ-Split
zu Hochreibwert wird am Rad, welches bisher auf Niedrigreibwert
einen kleinen Bremsdruck hatte der Bremsdruck sehr schnell aufgebaut
und somit entfallen die asymmetrischen Bremskräfte und das Störgiermoment. Um
den Fahrer durch den Ausfall der Überlagerungslenkung und den
somit immer noch anstehenden Lenkwinkel am Rad nicht zu überfordern,
wird der Bremsdruck am Rad auf der bisherigen Niedrigreibwertseite
nur langsam aufgebaut, damit auch die asymmetrischen Bremskräfte und
das Störgiermoment
nur langsam entfallen und der Fahrer mehr Zeit hat, um den Lenkwinkeloffset
auszugleichen.
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Der
Druckabbau- bzw. Druckaufbaugradient kann hierbei abhängig von
der Fahrgeschwindigkeit und/oder dem fahrdynamischen Zustand des
Fahrzeugs (ermittelt aus Querbeschleunigung, Gierrate und/oder Schwimmwinkel)
unterschiedlich begrenzt werden.
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Hierbei
können
bei kleiner Fahrgeschwindigkeit größere Druckänderungsgradienten erlaubt
werden, da sich das Fahrzeug im unteren Geschwindigkeitsbereich
querdynamisch sehr unkritisch verhält. Da das Fahrzeug mit zunehmender
Fahrgeschwindigkeit immer mehr von seiner Stabilitätsreserve
einbüßt, können bei
hoher Fahrgeschwindigkeit die Druckabbau- bzw. Druckaufbaugradienten stärker begrenzt
werden (kleinere Druckabbau- bzw. Druckaufbaugradienten).
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Auch
während
hochdynamischer Fahrsituationen, welche anhand großer Querbeschleunigungen,
Gierraten und/oder Schwimmwinkel erkannt werden können (auch
beispielweise in Form eines Dynamikindex, welcher mittels einer
Gewichtungsfunktion aus diesen Größen ermittelt werden kann), wird
der Druckabbau- bzw.
Druckaufbaugradient stärker
begrenzt. Ist das aktuelle Manöver
in welchem sich der Lenkaktuatorausfall ereignet hingegen nahezu
stationär,
so werden die Druckabbau- bzw. Druckaufbaugradienten nicht so stark
begrenzt, wie bei hochdynamischen Fahrmanövern. Eine Begrenzung der maximal
zulässigen
Druckabbau- bzw. Druckaufbaugradienten ist zur Unterstützung des Fahrers
aber immer notwenig.
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Ist
der Bremsdruck im ersten Beispiel vollständig ab- und im zweiten Beispiel
vollständig
aufgebaut, so ist nach dieser vollendeten Kompensation auch der
von der Störungskompensation,
d.h. vom Lenkaktuator oder dgl. eingestellte Rad-Lenkwinkel wieder durch den Fahrer kompensiert,
wodurch keine Gefahr einer plötzlichen
Kursänderung
mehr besteht. Lediglich das Lenkrad des Fahrers befindet sich nach Durchführung der
Bremsdrucksteuerung des erfindungsgemäßen Verfahrens bei Geradeausfahrt
des Fahrzeugs in einer von der Mittelstellung (d.h.dem Lenkwinkel
0°) abweichenden
Stellung, nachdem der vom Lenkaktuator erzeugte und von diesem nicht rückgängig gemachte
Lenkeinschlag eben seitens des Fahrers mit seinem Lenkrad zurückgestellt
werden musste. Vorteilhafterweise wird jedoch der Fahrer gerade
durch diese von der Mittelstellung abweichende Stellung des Lenkrads
darauf hingewiesen, dass ein Fehler im Lenksystem aufgetreten ist.
Weitere Hinweise bzw. Warnungen, die auf akustischem und/oder optischen
Wege erfolgen können
können im übrigen von
einer die geschilderten Verfahrensschritte steuernden elektronischen Überwachungseinheit
ausgegeben werden.
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Bislang
wurde ausgeführt,
dass ein Bremsdruckauf- bzw. abbau an einem bestimmten Rad der Vorderachse
mit einem bestimmten Bremsdruckgradienten erfolgen soll. Grundsätzlich kann
jedoch eine jeweils gewünschte
Verzögerung
des Wegfallens des Störgiermoments
auch durch eine entsprechende Maßnahme an anderen Rädern der
Fahrzeugachsen vorgenommen oder unterstützend ausgeführt werden.
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Wenngleich
das soweit beschriebene Verfahren innerhalb einer relativ kurzen
Zeitspanne durchgeführt
und somit abgeschlossen werden kann, so ist doch nicht auszuschließen, dass
sich während dieser
soweit beschriebenen Verfahrensschritte irgendwelche Randbedingungen ändern, die
ihrerseits das tatsächlich
auf das Fahrzeug einwirkende Giermoment beeinflussen. Beispielsweise
kann der Fahrkurs des Fahrzeugs plötzlich durch angreifenden Seitenwind
abgefälscht
werden oder. es wird neuerlich ein Abschnitt einer μ-Split-Fahrbahn
befahren. Um auch derartige Störeinflüsse zu berücksichtigen,
ist vorgesehen, dass im jeweils durch diese Störeinflüsse betroffenen Bremsdruckauf-
oder -abbau durch geeignete Veränderung
der Druckgradienten ausgeglichen werden.
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Es
sind bereits Fahrzeug-Lenksysteme bekannt, die den Fahrer in der
Betätigung
des Lenkrades unterstützen,
indem sie dem Fahrer über
ein variables Lenkmoment einen Hinweis über die Lenkrichtung geben.
Ist ein Fahrzeug, in dem das erfindungs gemäße Verfahren durchgeführt wird,
mit einem derartigen Lenksystem ausgestattet, so kann im Sinne einer
vorteilhaften Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens der Fahrer bei
der Kompensation des durch den zuvor vom Lenkaktuator oder dgl.
aufgebrachten Lenkeinschlags derart unterstützt werden, dass er beim Erzeugen
eines dementsprechenden Lenkeinschlags durch ein derartiges die
Lenkung des Fahrers einstellendes System zumindest teilweise unterstützt werden.