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Für die Einleitung
von Abwasser in öffentliche
Abwasseranlagen besteht die gesetzliche Forderung, Schadstoffe durch
produktions- und abwassertechnische Maßnahmen auf ein Minimum zu
begrenzen. Es ist sicherzustellen, daß die Anlagen in ihrem Bestand
und ihrer bestimmungsgemäßen Funktion
nicht beeinträchtigt
und dass das in ihnen beschäftigte
Personal gesundheitlich nicht gefährdet werden. Darüber hinaus
darf die Abwasserreinigung nicht über Gebühr erschwert sein, und es dürfen keine
belästigenden
Gerüche
auftreten. Eine Hauptaufgabe der Abwassertechniker ist deshalb,
Abwasser in aeroben, d.h. frischen und sauerstoffreichen Zustand
dem Klärprozeß zuzuführen. Geht
Abwasser in den anaeroben, d.h. sauerstofffreien Zustand über, können aus
einem zunächst
völlig
harmlosen Abwasser neue Probleme, sog. Sulfidprobleme entstehen. (Zement-Merkblatt
Tiefbau -Sulfide in Abwasseranlagen- 1999)
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Der
allgemein rückläufige Wasserverbrauch und
der damit verbundene geringere Abwasseranfall mit hohen Aufenthaltszeiten
in den Leitungssystemen verstärkt
zunehmend diese neuen Sulfidprobleme.
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Sulfid
im Abwasser begünstigt
die Entstehung und das Entweichen von Schwefelwasserstoff. Dabei
werden in anaeroben Teilen der Abwasserleitungen Schwefelverbindungen
durch sulfatreduzierende Mikroorganismen zu Schwefelwasserstoff
abgebaut. Anaerobe Teilstrecken kommen in Druckleitungen, aber auch
in tieferen Zonen von Biofilmen vor, wie sie überall in flüssigkeitsbenetzten
Teilen des Systems nachgewiesen werden können. Der von den Mikroorganismen
gebildete Schwefelwasserstoff wird durch die Verwirbelungen in die
Kanalatmosphäre
emittiert, z.B. an Übergängen von
Druckleitungen zu Freispiegelleitungen oder auch in Abwasserbehandlungsanlagen.
Bei unzureichender Belüftung dieser
Bereiche reichert sich der Schwefelwasserstoff an den im Gasraum
liegenden Wandungen an, wo es durch Luftsauerstoff zu elementarem
Schwefel oxidiert. Elementarer Schwefel dient dann verschiedenen
Organismen der Gattung Thiobacillus als Substrat. Die biochemischen
Aktivitäten
führen
zur Bildung von Schwefelsäure.
Dadurch sinkt der pH-Wert an der Innenoberfläche der Abwasserleitung bis
auf 1,0 ab, der Rohrwerkstoff wird somit einem extrem starken Säureangriff
ausgesetzt. Dieser Vorgang wird als biogene Schwefelsäurekorrosion
bezeichnet. Des weiteren verursacht Schwefelwasserstoff:
- – Geruchsbelastigung
in Wohngebieten,
- – Gefährdung der
Arbeitssicherheit des Betriebspersonals,
- – Probleme
bei der Abwasserreinigung.
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Zur
Beeinflussung der Korrosionswirkung wurden bisher überwiegend
bauliche Maß nahmen vorgeschlagen,
die insbesondere durch Veränderung von
Zement- bzw. Betonrezepturen die Korrosionsfestigkeit der betreffenden
Bauelemente verbessern sollte. Ebenfalls wurden zahlreiche Lösungen zur Auskleidung
der betreffenden Bauelemente mit Kunststoffen vorgeschlagen. In
folgenden Veröffentlichungen
wird der Stand der Technik dokumentiert:
- (1)
(Vincke, Elke; Van Wanseele, Ellen; Monteny, Joke; Beeldens, Anne;
De Belie, Nele; Waerwe, Luc, Van Gemert, Dionys; Verstraete, Willy,
Fakultät
der landwirtschaftlichen und angewandten biologischen Wissenschaften,
des Labors von Mikrobenökologie u.
des Technologie, Gentuniversität,
Gent, 9000 Einfluß von
Polymer-Plastik auf den biogenen Schwefelsäureangriff auf Beton, 03.10.2002)
- (2) Fachverband Steinzeugindustrie e.V. Deutschland, Umwelt-Technologie
Aktuell (2001),12(1),12-15, GIT Verlag GmbH
- (3) Afridi, M; Zement und Zusammensetzungen 1990, v12,9163 CA
- (4) De Belie, N: Trans ASAE 1998, v41(1),p227
- (5) De Puy. G; Internationaler ICPI Workshop „Polymer-Plastiken
auf Beton für
zentrales Europa" 1996,p63
- (6) Fessenden, R; Grundlagen der organischen Chemie 1990
- (7) Justnes, H; IX. Internationaler Kongresses Verfahren zur
Anwendung von Polymeren auf Beton 1998, p225
- (8) Mehta, P; Betonstruktur, Eigenschaften und Materialien 1993
- (9) Mewis, J:; Kunststoffe 1994–1995
- (10) Monteny, J; Internationalen Konferenz: Verfahren der Infrastrukturregeneration
und Rehabilitation 1999, p715
- (11) Ohama, Y; Handbuch der modifizierten Polymere und Mörtel, Eigenschaften
und Verfahrenstechnik 1995
- (12) Putermann, M; IX. Intrenationaler Kongress Verfahren zur
Anwendung von Polymeren auf Beton 1998, p166
- (13) Bielecki, R; Mitteilungeb des leichtwei.beta.- Institutes
für Wasserbau
der Technischen Universität Braunschweig
1987,94
- (14) Kämpfer,
W; IX ICPIC Verfahren 1998,p229
- (15) Meyer, W; Journal WPCF 1980, v52(11),p2666 CA
- (16) Parker, C; Abwasserkanal und Industrieabfälle 1951,
v9(12), p1477
- (17) Pomeroy, R; Fortschritt in der Wassertechnologie 1977,
v9 CA
- (18) Schmidt, M; Technologie der Betonvorfertigung 1997,4 p64
CA
- (19) Thistlethwayte, D; Sulfidkontrollen in Abwasserkanalsystemen
- (20) DE 41 22 962
C2
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Weitere
vorgeschlagene Möglichkeiten
zur Minimierung der biogenen Schwefelsäurekorrosion und der Gerüche bei
der Abwasserableitung sind, den H2S-Gehalt
in Abwassersystemen durch Inhibieren oder durch Entfernung zu verringern.
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In
DE 102 21 362 A1 ,
US 33000 404 und
4681 687 werden zur Inhibierung
Zusätze
von Nitraten und Nitriten zum Abwasser vorgeschlagen. Diese Verfahren
sind aufwendig und bringen andere Probleme durch Stickstoffeintrag
in das Abwasser mit sich.
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Zur
Entfernung von H
2S aus dem Abwasser wird
nach
US 4 680 127 vorgeschlagen
Glyoxal und Formaldehyd zum Auswaschen einzusetzen. Dieses Verfahren
ist aufwendig hinsichtlich der Anlagenauslegung und. Produktbereitstellung
und führt
zusätzlich
zu unangenehmen Nebenprodukten.
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Es
ist weiterhin bekannt, nach
DE
102 04 488 eisenhydroxidhaltige Suspensionen zur Bindung von
H
2S aus dem Abwasser einzusetzen. Dieses
Verfahren erfordert eine aufwendige Dosieranlage und führt zu erhöhtem Schlammanfall
im Klärwerk.
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Nach
ATV-Merkblatt 168 von 1998 wurde ein definierter Sauerstoffgehalt
im Abwasser durch Belüftung
zur Vermeidung der biogenen Schwefelsäurekorrosion und von Gerüchen bei
der Abwasserableitung empfohlen. Hierfür ist die Bereitstellung von
Anlagentechnik und Elektroenergie erforderlich. Zusätzlich sind
aufwendige Mess- und
Steuereinrichtungen zu betreiben.
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Weitere
bekannte Möglichkeiten
zur Reduzierung der biogenen Schwefelsäurekorrosion und von Gerüchen bei
der Abwasserableitung sind eine Verdünnung durch Fremdwasserzuspeisung,
welches in Trockenperioden nicht vorhanden ist oder aufwendige Biofilter
zur Geruchsreduzierung an relevanten Emissionsstellen.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die bei der Abwasserableitung
auftretenden Korrosionsprobleme und entstehenden geruchsintensiven
Emissionen auf einfache Weise wirksam einzudämmen bzw. zu begrenzen und
die Arbeitssicherheit in den betreffenden Anlagen zu verbessern.
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Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe dadurch gelöst,
dass auf physikalische Weise durch Absenkung der Abwassertemperatur
auf < 20 °C und bis auf > 4 °C an definierten Stellen im
Abwassersystems, insbesondere vor einer Druckerhöhung in Pumpstationen, Sammelbehältern und
Abwassersammelgruben sowie in speziell ausgerüsteten Abschnitten von Entwässerungskanälen die
Faulprozesse des Abwassers vermindert bzw. ausgeschlossen werden.
Dabei erfolgt die Abkühlung
des Abwassers bei der Durchführung
des Verfahrens vorzugsweise durch Wärmeentzug.
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Vorzugsweise
erfolgt die Abkühlung
des Abwasser dort, wo ein technologisch bedingtes Ansammeln von
Abwasser (z.B. Pumpstationen) ohnehin notwendig ist.
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Für die Durchführung des
Verfahrens können
zusätzlich
oder separat Abwasserleitungsstücke bis
zu einer Länge
von 300 m mit Stauschleusen und Kühleinrichtungen ausgestattet
werden und in Abhängigkeit
von der Abwassertemperatur bei Unterschreitung eines Temperaturgrenzwertes
nach Kühlung
der angestauten Abwassermenge und/oder eines Zeit- und/oder eines
Mengengrenzwertes kann mittels der Stauschleusen ein Schwall ausgelöst werden,
der zusätzlich
einen Reinigungseffekt im Abwasserableitungssystem bewirkt.
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Durch
die Verringerung der Faulprozesse infolge Absenkung der Abwassertemperatur
werden die Bildung von H2S und damit die
bei der Freisetzung dieses Gases entstehenden Geruchsprobleme unterdrückt. Den
Mikroorganismen im Abwassersystem und an den Bauwerksoberflächen wird
die Grundlage für
die biologische Schwefelsäurebildung aus
H2S entzogen und somit die dadurch verursachte Korrosion
an zementgebundenen Betonelementen als auch an metallischen Bauteilen
erheblich verringert. Die Nutzungsdauer von Materialien und Bauteilen
bei der Abwasserableitung und Abwasserbehandlung wird verlängert und
der Instandhaltungsaufwand deutlich reduziert.
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Die
bei der Durchführung
des Verfahrens dem Abwasser entzogene Wärme kann zur Warmwasserbereitung
bzw. zur Beheizung von anliegenden Gebäuden und im Sommer zur Kühlung genutzt werden.
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In
einem Ausführungsbeispiel
soll die erfinderische Lösung
näher erläutert werden:
Das anfallende Abwasser in einem Kanalnetz mit einer Anfallmenge
von 20 m3/h hat eine Temperatur von 25 °C. Um das
Abwasser im aeroben Zustand zu halten bzw. zurück zu versetzen, wird das Abwasser
in einer Pumpstation in einer Pumpenvorlage von 5 m3 mittels
3 Wärmepumpen
von 25 °C
auf 8 °C
heruntergekühlt.
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Die
mittels der Wärmepumpen
gewonnene Wärmemenge
von 390 kW wird im Winter zu Heizzwecken und Erzeugung von Warmwasser
und im Sommer zusätzlich
für das
Betreiben von Kühleinrichtungen
genutzt.
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Mit
Realisierung der Maßnahme
werden die nachgeschaltenden Anlagen in ihrem Bestand und ihrer
bestimmungsgemäßen Funktion über einen
langen Zeitraum nicht beeinträchtigt
und das in ihnen beschäftigte
Personal wird durch entstehende H2S-Emissionen gesundheitlich
nicht gefährdet.