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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Ermittlung
von Rückstaulängen an Lichtsignalanlagen.
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Das
wesentliche Problem der Verkehrslageerfassung im Straßenverkehr
besteht heutzutage im Allgemeinen darin, auf Basis einer vergleichsweise dünnen
Datengrundlage sinnvolle bzw. korrekte Aussagen über den
aktuellen Verkehrszustand im jeweils betrachteten Verkehrsnetz zu
treffen. Als Grund für die dünne Datenbasis ist
dabei in erster Linie zu nennen, dass der größte
Teil der derzeit verwendeten Messeinrichtungen (Induktionsschleifen,
...) jeweils nur lokale Informationen liefert, sodass für
die Straßenabschnitte zwischen zwei solchen Detektoren keine
direkten Verkehrsdaten gemessen werden können. Neuere Arten
von Detektoren wie Videokameras oder FCD-Systeme, die grundsätzlich
zu einer flächigen Erfassung des Verkehrs in der Lage sind, haben
jeweils andere Nachteile.
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Insgesamt
müssen daher im Hinblick auf eine flächendeckende
Verkehrslageerfassung durch geschickte Aufbereitung der jeweiligen
Verkehrsdaten über die erfassten Messwerte hinaus Zusatzinformationen
gewonnen werden, wozu im Allgemeinen mehr oder weniger komplexe
Verkehrsmodelle (Warteschlangenmodelle, Zellularautomaten, ...)
oder empirische Zusammenhänge zwischen den Daten verschiedener
Detektoren (Stichwort: Datenfusion) verwendet werden können.
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Im
Rahmen der Verkehrslageerfassung gibt es verschiedene Möglichkeiten
der Messung von Verkehrsdaten. Speziell im Hinblick auf die Ermittlung
von Rückstaulängen an Lichtsignalanlagen sind aber – wie
oben erwähnt – in aller Regel zusätzliche Überlegungen
notwendig, da Staulängen im allgemeinen nur mit großem
technischen bzw. finanziellen Aufwand direkt gemessen werden können.
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Die
einfachste Methode der Verkehrslageerfassung ist die manuelle Verkehrszählung,
bei der vor Ort durch entsprechende Personen Verkehrsbeobachtungen
durchgeführt werden. Diese Form der Verkehrslageerfassung
kann allerdings sinnvollerweise zeitlich nur in eng umgrenzten Maßen
stattfinden und liefert mitunter auch nur sehr grobe Daten. Folglich
können solche Daten kaum zur Gewinnung von flächendeckenden
und zeitnahen Verkehrsinformationen genutzt werden. Vielmehr dienen
sie als rein historische Informationen, die hauptsächlich
zu Offline-Planungszwecken und als Erfahrungswerte verwendet werden.
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Eine
einfache Weiterentwicklung ist die Beobachtung des Straßenverkehrs
an ausgewählten Straßenabschnitten und Knotenpunkten
mit Hilfe von Videokameras, deren Bilder zeitaktuell auf verschiedenen
Monitoren einer Verkehrsleitzentrale angezeigt werden. Dadurch kann
ein relativ großes Gebiet von einer einzelnen Person gleichzeitig
beobachtet werden. Nichtsdestotrotz bleibt das Problem, dass ein
solches System nicht vollständig automatisiert ablaufen
kann, sodass ferner die Qualität wesentlich von der Aufmerksamkeit
und der Erfahrung der jeweiligen Person abhängt, die in
der Verkehrsleitzentrale die Kamerabilder auswerten muss.
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Entsprechend
wurden bislang zahlreiche Methoden entwickelt, um vollständig
automatisch Verkehrsinformationen, d. h. konkret Rückstaulängen an
Lichtsignalanlagen, zu erfassen und zu verarbeiten. Im Rahmen der
Verkehrslageerfassung mit klassischen Schleifendetektoren (Induktionsschleifen) werden
in der Regel Verkehrsstärken, Belegungszeiten des jeweiligen
Detektors und Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen gemessen
(Je nach Konstruktion sind ferner lokale Geschwindigkeiten der Fahrzeuge
messbar.). Über die Belegungszeiten bei einem Schleifendetektor
im Bereich vor einer Lichtsignalanlage kann dabei entschieden werden,
ob ein entsprechender Ampelrückstau auf die Strecke zwischen
Lichtsignalanlage und Detektor beschränkt ist oder mindestens
bis an den Detektor hinanreicht. Eine genauere Angabe der Rückstaulänge
ist mit dieser Methode jedoch nicht möglich.
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Ferner
ist zu bemerken, dass die Gültigkeit der Messwerte von
Schleifendetektoren insbesondere in urbanen Verkehrsnetzen in der
Regel lokal stark begrenzt ist. Mit anderen Worten ist es nicht
unwahrscheinlich, dass ein Detektor, der vielleicht nur 100 Meter
von einem anderen entfernt installiert ist, völlig andere
Daten misst. Folglich müssten für eine unmittelbare,
flächendeckende Verkehrslageerfassung mit Induktionsschleifen
(dasselbe gilt auch für Detektoren mit ähnlichen
Charakteristika, z. B. Infrarot- oder Radarsensoren) entsprechende
Detektoren in relativ nahen Abständen zueinander installiert
werden, was etwa für das Verkehrsnetz einer ganzen Stadt
schon aus wirtschaftlicher Sicht nicht realistisch ist.
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Wie
oben bereits erwähnt, benutzen daher die klügeren
Verfahren zur Verkehrslageerfassung entweder geeignete Verkehrsmodelle
oder verknüpfen auf geschickte Weise die Messwerte mehrerer Detektoren,
um daraus weitere Informationen zu gewinnen. So ist ein Verfahren
mit einem einfachen Bilanzierungsansatz bekannt, bei dem die Rückstaulänge über
den Vergleich der Anzahl zu- und abfließender Fahrzeuge
geschätzt wird, wobei der Zufluss in jedem Fall mittels
eines Detektors kontrolliert wird. In einer ersten Version des Verfahrens
wird ein einfaches Verkehrsmodell verwendet, indem für
die abfließenden Fahrzeuge ein gleichmäßiges
Anfahren der gestauten Fahrzeuge mit konstantem, zeitlichem Abstand
angenommen wird. In einer zweiten Variante wird auch der Abfluss
mit Hilfe eines Schleifendetektors kontrolliert.
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In
beiden Fällen können allerdings Staus, die über
den Detektor vor der Lichtsignalanlage hinausreichen, bezüglich
ihrer Länge nicht quantifiziert werden. Ferner stellt das
Verfahren gewisse Anforderungen an die räumliche Lage der
Induktionsschleifen, die in der Realität nicht überall
gegeben ist. Findet die Bilanzierung schließlich in der
bevorzugten Variante mit Hilfe des Vergleichs der Daten zweier Detektoren statt,
führt dies zusätzlich dazu, dass das Verfahren sehr
sensibel auf fehlerhafte Daten oder den Ausfall eines der Detektoren
reagiert.
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Weiter
ist ein modellbasiertes Verfahren zur Verkehrslageerfassung an Lichtsignalanlagen
bekannt, das als Eingangsgröße auf jeder Netzkante (lediglich)
die Zähl- und Geschwindigkeitsdaten eines einzelnen Schleifendetektors
benötigt, für den bezüglich seiner relativen
Position zur Lichtsignalanlage allerdings zusätzliche Bedingungen
gelten. Da die tatsächlichen Entfernungen zwischen Lichtsignalanlage
und Detektor bei den zahlreichen, bereits vorhandenen Zählschleifen
in vielen Fällen nicht den geforderten 100 bis 150 Metern
entsprechen dürften, wäre für eine flächendeckende
Anwendung des Verfahrens insgesamt die Installation vieler zusätzlicher Detektoren
erforderlich, was schon aus Kostengründen nicht realistisch
scheint.
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Um
das Problem der lokalen Detektion (etwa bei Induktionsschleifen),
bei der nur an einzelnen, auf wenige Meter begrenzten Straßenquerschnitten
Daten gemessen werden können, zu umgehen, werden seit einiger
Zeit – wie schon oben erwähnt – digitale Kameras
zur Verkehrsbeobachtung eingesetzt, da mit ihrer Hilfe jeweils eine
ganze Fläche des Verkehrsnetzes (nämlich das gesamte
Sichtfeld der Kamera), z. B. eine Kreuzung, gleichzeitig erfasst
werden kann. Mit dem Ziel der Automatisierung der Analyse der Kamerabilder
wird dabei eine digitale Bildverarbeitung nachgeschaltet, die Fahrzeuge
(oder allgemeiner bewegte Objekte) erkennt und daraus Verkehrsdaten
wie etwa Rückstaulängen an Lichtsignalanlagen
generiert.
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Schwierig
ist in diesem Zusammenhang aber nach wie vor die korrekte Erkennung
von Fahrzeugen aufgrund diverser Effekte wie Schattenwurf, Verdeckung
oder Dunkelheit bei den aufgezeichneten Kamerabildern. Tatsächlich
ist es wegen derselben Phänomene selbst für einen
Menschen mitunter nicht einfach, Fahrzeuge auf den Bildern richtig
zu unterscheiden. Ferner gilt, dass Staus ohne weiteres natürlich
nur innerhalb des Sichtfelds der Kamera detektiert werden können,
sodass es auch hier (etwa bei einer an einer Kreuzung installierten
Kamera) eine konzeptionelle Obergrenze für die detektierbare Länge
des Ampelrückstaus gibt.
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Ein
in dieser Hinsicht unproblematisches Hilfsmittel bietet die ebenfalls
noch vergleichsweise junge FCD-Technologie, bei der (je nach Konstruktion
des Systems auch völlig anonym) die Positionen (ggf. auch
weitere aktuelle Fahrzeugdaten wie Geschwindigkeit, Blinkeraktivität,
Scheibenwischereinstellung, ...) einzelner so genannter Floating
Cars zu gewissen Zeitpunkten an eine Zentrale gesendet werden, wo
sie zusammen mit den Daten anderer Floating Cars ausgewertet werden
können. Da ferner Floating Cars grundsätzlich überall
im Straßennetz unterwegs sein können, sind FCD-Systeme
stärker noch als die Verkehrsbeobachtung mit Videokameras und
anders als die klassischen Verkehrsdetektoren bereits vom Konzept
her zu einer flächendeckenden Verkehrslageerfassung in
der Lage.
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Hierin
zeigt sich allerdings gleichzeitig auch die wesentliche Schwäche
aller bisherigen FCD-Anwendungen: Grundsätzlich sind im
Rahmen der aktuell betriebenen FCD-Systeme die verwendeten FCD-Flottengrößen
in Relation zur Größe des betrachteten Verkehrsnetzes
sehr klein, sodass alle reinen FCD-Verfahren derzeit mit einer extrem
dünnen Datengrundlage auskommen müssen. Folglich
haben Floating Car Daten in vielen Anwendungen rein unterstützenden
Charakter und dienen lediglich zur Kontrolle von auf anderem Weg
gewonnenen Verkehrsdaten.
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Um
im Fall fehlender oder zu weniger aktueller Floating Car Daten dennoch
eine Verkehrslage bestimmen zu können, ist es selbstverständlich
möglich, sämtliche Messwerte kontinuierlich in
einer Datenbank abzulegen, sodass zu jedem zukünftigen Zeitpunkt
bei fehlenden oder zu wenigen Daten historische Informationen in
geeigneter Weise zur jeweils aktuellen Datenbasis hinzugefügt
werden können. Dabei geht zwar je nach Anteil an ergänzten
historischen Messwerten ein Teil der Aktualität des jeweils
auf Basis der erweiterten Datengrundlage ermittelten Verkehrszustandes
verloren. Da der Straßenverkehr im Allgemeinen aber vielfach
periodisch wiederkehrende Muster zeigt (z. B. typische Hauptverkehrszeiten,
...), kann durch geschickte Auswahl der zusätzlichen historischen
Daten (z. B. unter Berücksichtigung von Wochentag und Uhrzeit)
eine allzu grobe Verfälschung der Ergebnisse im Wesentlichen
vermieden werden.
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Im
Hinblick auf die konkreten Verfahren zur Verkehrslageerfassung mittels
FCD (insbesondere in urbanen Verkehrsnetzen) werden in den meisten
aktuellen Anwendungen Floating Cars verwendet, die neben Zeitstempel
und aktueller Position (ggf. auch aktueller Geschwindigkeit, ...)
bei jeder FCD-Meldung an die Zentrale jeweils eine eindeutige Fahrzeug-Identifikationsnummer
mitschicken. Auf diese Weise kann über geeignete Map-Matching-
und Routing-Algorithmen für jedes Fahrzeug die gefahrene Route
(Trajektorie) im Straßennetz weitestgehend rekonstruiert
werden. Ferner ergibt sich jeweils für die Strecke zwischen
je zwei aufeinanderfolgenden FCD-Meldungen aus der Differenz der
zugehörigen Zeitstempel eine Reisezeit, die als wesentliche
Verkehrsinformation betrachtet werden kann. Mit Hilfe des leicht
zu ermittelnden Wissens über die Länge jeder dieser
Strecken (Teil-Trajektorien), die durchaus mehrere Netzkanten umfassen
kann, ist es überdies möglich, unmittelbar eine
durchschnittliche Reisegeschwindigkeit für den jeweils
befahrenen Straßenzug zu berechnen.
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Unglücklicherweise
sind die so gewonnenen Verkehrsdaten allerdings bedingt durch die
komplexe Dynamik des Verkehrsflusses insbesondere in urbanen Verkehrsnetzen
stark verrauscht, was die weitergehende Auswertung vielfach erschwert.
Dies liegt daran, dass die Reisezeiten stark von der jeweiligen Lichtsignalanlage-Phase
variieren, die das jeweilige FCD-Fahrzeug vorfindet (z. B. grüne
Welle oder im Gegensatz hierzu viele Rot-Phasen).
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Ferner
sind die Reisezeiten, die in der beschriebenen Situation im Allgemeinen
nicht zwingend bezogen auf die einzelnen Netzkanten der unterliegenden
digitalen Karte vorliegen, nur schwer im Rahmen des Verkehrsmanagements,
d. h. speziell im Hinblick auf die Steuerung von Lichtsignalanlagen,
interpretierbar.
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Aus
der
DE 100 18 562
C1 ist ein Verfahren zur Gewinnung von Verkehrsdaten für
ein Verkehrsnetz mit verkehrsgeregelten Netzknoten und diese verbindenden
Streckenkanten durch sich im Verkehr mitbewegenden Meldefahrzeuge
bekannt, wobei Datengewinnungsvorgänge wenigstens für
sukzessiv befahrende Netzknoten jeweils nicht vor dem Verlassen
einer in den jeweiligen Netzknoten einmündenden Streckenkante
ausgelöst werden und im jeweiligen Datengewinnungsvorgang
als Verkehrsdaten eine Zeitstempelinformation gewonnen wird, die
einen auf den betreffenden Netzknoten bezogenen Meldezeitpunkt angibt,
der nicht früher als der Zeitpunkt des Verlassens der betreffenden
Streckenkante und nicht später als der Zeitpunkt liegt,
zu dem das Meldefahrzeug einen Abschnitt einer danach befahrenen
Streckenkante vor einem nächsten berücksichtigten
Netzknoten erreicht.
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Aus
der
DE 100 22 812
A1 ist ein Verfahren zur Bestimmung der Verkehrslage auf
der Basis von Verkehrsdaten bekannt, die durch sich im Verkehr mitbewegende
Meldefahrzeuge gewonnen werden, für ein Verkehrsnetz mit
verkehrsgeregelten Netzknoten und diese verbindenden Streckenkanten,
wobei für die Reisezeit auf den Streckenkanten indikative
Verkehrsdaten durch sich im Verkehr mitbewegende Meldefahrzeuge
gewonnen werden, wobei anhand der gewonnenen Verkehrsdaten die Reisezeiten
für die Streckenkanten ermittelt werden und anhand der
ermittelten streckenkantenspezifischen Reisezeiten ein oder mehrere
Verkehrslageparameter bestimmt werden.
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Dabei
stellt die benötigte Form der Meldezeitpunkte (Meldung
jeweils an den Netzknoten) erhöhte Anforderungen an die
Ausstattung der verwendeten Floating Cars gegenüber der
derzeit häufig benutzten Methode, dass Floating Cars schlicht
in regelmäßigen Zeitabständen (typischerweise
30 Sekunden bis 5 Minuten) ihre jeweils aktuellen Positionsdaten übermitteln.
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Grundsätzlich
wäre es für die Auswertung von Floating Car Daten
natürlich bereits sehr nützlich, wenn die erfassten
Fahrzeugdaten mit möglichst kurzen Zeitabständen
zwischen den einzelnen FCD-Meldungen verfügbar wären.
Der wesentliche Engpass aller FCD-Systeme ist allerdings die Kommunikation
zwischen den Fahrzeugen und der Zentrale. Da die Verbindung derzeit
in der Regel über kostenpflichtige Mobilfunknetze (GSM,
UMTS) hergestellt wird, ist eine kontinuierliche Datenübertragung
schon aus wirtschaftlicher Sicht nicht möglich.
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Aus
der
DE 10 2004
039 854 A1 ist ein Verfahren zum Ermitteln von Verkehrsinformationen
in einem Straßennetz mit mindestens einer Straßenkreuzung
bekannt, an welcher der Verkehrsfluss mittels einer Lichtsignalanlage
geregelt wird, die ein Steuergerät zum Anschalten von Lichtzeichen
darstellenden Signalgebern aufweist, wobei mit dem Verkehrsfluss
korrelierende Verkehrsdaten erfasst und daraus Verkehrsinformationen,
insbesondere eine Verkehrsnachfrage für mindestens einen
Teil des Straßennetzes ermittelt werden, wobei von sich der
Straßenkreuzung nähernden Fahrzeugen einer Stichprobenflotte
fahrzeugspezifische Verkehrsdaten durch lokal um die Straßenkreuzung
begrenzte, drahtlose Übertragung vom Fahrzeug zum Steuergerät
der Lichtsignalanlage erfasst werden.
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Aus
der
DE 101 10 326
A1 ist ein Verfahren zur Ermittlung einer aktuellen Verkehrslage
für Verkehrslagerekonstruktionen und/oder Verkehrsprognosen
in einem Verkehrsnetz bekannt, wobei die aktuelle Verkehrslage für
einen vorgegebenen Bereich auf Basis einer Ortung von Mobiltelefonen
ermittelt wird, wobei die Ortung der Mobiltelefone zu verschiedenen
aufeinanderfolgenden Zeitpunkten durchgeführt und aus den
ermittelten Orten der Mobiltelefone eine räumliche Verteilung
der Mobiltelefone zu den verschiedenen aufeinanderfolgenden Zeitpunkten
ermittelt und gespeichert wird.
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Aus
der
DE 101 10 327
A1 ist ein Verfahren zur Ermittlung der aktuellen Verkehrslage
für Verkehrslagerekonstruktionen und/oder Verkehrsprognosen
in einem Verkehrsnetz bekannt, wobei die aktuelle Verkehrslage für
einen vorgegebenen Bereich auf Basis einer Ortung vom Mobiltelefon
ermittelt wird, wobei jedes Mobiltelefon über eine zugeordnete Identifikationsnummer
eindeutig identifizierbar ist, wobei die Ortung der identifizierten
Mobiltelefone zu verschiedenen aufeinanderfolgenden Zeitpunkten durchgeführt
und aus den ermittelten Orten der identifizierten Mobiltelefone
zu den verschiedenen aufeinanderfolgenden Zeitpunkten ermittelt
und gespeichert wird.
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Durch
eine Analyse der Verteilung der Mobiltelefone und im Falle, dass
eine Identifizierung der einzelnen Mobiltelefone, d. h. eine Verfolgung über die
Zeit möglich ist, durch die Auswertung der Bewegungsmuster
jedes einzelnen Mobiltelefons kann dabei entschieden werden, ob
ein erfasstes Mobiltelefon etwa in einem PKW mitbewegt wird, einem
Radfahrer gehört oder einem Fußgänger
zuzuordnen ist. Geht man beispielsweise davon aus, dass langfristig vermutlich
nahezu jeder Autofahrer ein Mobiltelefon mit sich führen
wird, kann folglich praktisch jedes Fahrzeug im Straßenverkehr
bezüglich seiner Position erfasst werden. Anschließend
können etwa alle so ermittelten PKW-Positionen mittels
eines Map-Matchings graphisch als Punkte in einer digitalen Karte dargestellt
werden. Aufgrund einer höheren Verkehrsdichte lassen sich
dann etwa Staus leicht an den Häufungen solcher Punkte
erkennen. Die Auswertung der Graphiken erfolgt dabei entweder manuell
oder mittels einer automatischen Bildverarbeitung durch den Vergleich
mit zuvor gespeicherten Verkehrsmustern, für die die gewünschten
Verkehrslagekenngrößen wie Rückstaulängen
bereits ermittelt wurden. Allerdings lebt das Verfahren wesentlich
davon, dass ein möglichst großer Teil der Verkehrsteilnehmer
erfasst werden kann, sodass unabhängig von dem immensen
Datenvolumen, das bei einer weiträumigen Anwendung des
Verfahrens anfallen würde, eine möglicherweise
wünschenswerte Übertragung der beschriebenen graphischen
Methode auf ein klassisches FCD-System, bei dem die Ortungsgenauigkeit
typischerweise deutlich höher ist, derzeit nicht möglich
scheint.
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Aus
dem Fachartikel "Nagel, K., Schreckenberg, M.:
A cellular automaton model for freeway traffic, I. Phys. France
2 (1992), Seiten 2221–2229" ist ein Verkehrsmodell
bekannt, das in Fachkreisen als Nagel-Schreckenberg-Modell bekannt
ist, für das beispielsweise Dichteprofile berechnet werden
können. Dichtprofil ist dabei ein Verlauf der lokalen Verkehrsdichte
auf dem betrachteten Straßensegment.
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Der
Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein Verfahren und
eine Vorrichtung zur Ermittlung von Rückstaulängen
an Lichtsignalanlagen zu schaffen, die mit geringem messtechnischen
Aufwand Rückstaulängen über einen weiten
Bereich ermitteln können.
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Die
Lösung des technischen Problems ergibt sich durch die Gegenstände
mit den Merkmalen der Patentansprüche 1 und 9. Weitere
vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den
Unteransprüchen.
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Das
Verfahren und die Vorrichtung zur Ermittlung von Rückstaulängen
an Lichtsignalanlagen mittels einer Datenverarbeitungseinrichtung
sind dadurch gekennzeichnet, dass in der Datenverarbeitungseinrichtung
ein Verkehrsmodell für Straßensegmente mit Lichtsignalanlagen
implementiert ist, wobei das Verkehrsmodell mindestens Dichteprofile
in Abhängigkeit eines Parameters liefert, wobei über eine
Schnittstelle der Datenverarbeitungseinrichtung Positionsdaten von
Meldefahrzeugen im jeweiligen Straßensegment zugeführt
werden und ein Schätzungsverfahren zur Ermittlung des Dichteprofils durchführbar
ist, das mit den ermittelten Positionsdaten die größte Übereinstimmung
aufweist, wobei eine Rückstaulänge an den Lichtsignalanlagen
mittels des Verkehrsmodells unter Berücksichtigung des
Parameters des ausgewählten Dichteprofils ermittelt wird. Die
Positionsdaten können dabei hochgenaue GPS-Daten sein,
aber auch beispielsweise Positionsdaten, die mittels eines Mobilfunktelefons
ermittelt wurden. Dabei ist eine Identifizierung der Meldefahrzeuge
und/oder Mobilfunktelefone nicht zwingend. Weiter benötigt
das Verfahren nur wenige Positionsdaten, um bereits brauchbare Ergebnisse
zu liefern. Die Positionsdaten werden vorzugsweise mit einem Zeitstempel
versehen, bevor diese an die Vorrichtung übermittelt werden.
Dabei sei angemerkt, dass unter Verkehrsmodell allgemein auch eine
geeignete, parameterabhängige, mathematische Funktion verstanden
wird.
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Mögliche
Anwendungen der so ermittelten Rückstaulängendaten
sind z. B. die Qualitätssicherung im Verkehrsmanagement
etwa im Rahmen einer Kontrolle der Auswirkungen von Änderungen
bei den Schaltplänen der Lichtsignalsteuerung oder die verkehrslageabhängige
Navigation in urbanen Straßennetzen. Bei einer ausreichenden
Versorgung mit Floating-Car-Daten ist ferner auch ein Online-Verkehrsmanagement
im Sinne einer zeitaktuellen, verkehrslageabhängigen Verkehrsbeeinflussung
(Lichtsignalsteuerung, dynamisches Routing, ...) denkbar.
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Überdies
ist das erfindungsgemäße Verfahren natürlich
auch für alle anderen Formen von Verkehrs- oder Transportnetzen
mit ähnlichen Rahmenbedingungen (Kanten mit periodisch
geregeltem Abfluss) geeignet, um Stauungen der jeweiligen Verkehrsobjekte
am Kantenende bezüglich ihrer Länge zu erfassen.
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Überdies
beinhaltet das Verfahren implizit einen gewissen Mechanismus zur
Selbstkorrektur, sodass sogar die im Vergleich zu anderen Ansätzen
der modellgestützten Verkehrslageerfassung wenigen benötigten
Parameter vielfach nur grob geschätzt werden müssen.
Wie bei der Datenbasis stellt das erfindungsgemäße
Verfahren also vergleichsweise geringe Anforderungen an die erforderlichen
Modellparameter, was zum einen den Kalibrierungsaufwand minimiert
und zum anderen das Verfahren in gewisser Weise zusätzlich
robuster macht.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform werden dem Verkehrsmodell
die Parameter Segmentlänge (Straßenlänge)
und Steuerparameter der Lichtsignalanlage zugeführt, also
beispielsweise die Dauer der Rot- und Grünphasen.
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Weiter
vorzugsweise werden dem Verkehrsmodell zusätzlich eine
maximale Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge und/oder ein Korrekturterm
als Parameter zugeführt. Bei der maximalen Geschwindigkeit
kann es sich um die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit handeln
oder aber um die empirisch ermittelte tatsächlich gefahrene
Höchstgeschwindigkeit handeln, wobei letzterer der Vorzug
zu geben ist.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform sind die Dichteprofile
vom Parameter Zufluss bzw. Zufluss-Wahrscheinlichkeit/Verkehrsnachfrage abhängig.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Verkehrsmodell
als Nagel-Schreckenberg-Modell ausgebildet. Der Vorteil dieses Modells ist,
dass dieses nicht zu kompliziert ist und dennoch hinreichend genaue
Dichteprofile liefert. Des Weiteren liefert das Modell nicht nur
mittlere oder maximale Werte für die jeweils gewünschten
Verkehrsparameter, sondern sogar vollständige, approximative
Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die entsprechenden Kenngrößen,
insbesondere die Rückstaulängen an LSAs.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist das Schätzverfahren
eine Maximum-Likelihood-Schätzung. Die Methode der Maximum-Likelihood-Schätzung
hat den Vorteil, dass die Zuordnung der entsprechenden Referenz
weniger von einem subjektiven Eindruck des Betrachters abhängt
und mit Hilfe eines standardmäßigen, numerischen
Optimierungsalgorithmus durchgeführt werden kann, der mitunter
zusätzlich ein Qualitätsmaß für
die Verlässlichkeit bzw. Eindeutigkeit der Zuordnung angeben kann.
Ein weiterer Vorteil ist, dass sehr einfach weitere Daten (Stichwort
Datenfusion) neben den Positionsdaten bei der Ermittlung des geeignetsten
Dichteprofils berücksichtigt werden können, wodurch
insbesondere bei nur geringer Datenbasis von Positionsdaten trotzdem
eine sehr gute Schätzung erreicht werden kann (Einschränkung
des Parameterraums durch die zusätzlichen Daten). Anstelle
der Einschränkung des Parameterraumes können auch
einzelne Parameter anhand von a priori Informationen gewichtet werden.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform gehen neben
den Positionsdaten weitere Daten der Meldefahrzeuge (z. B. Geschwindigkeit) und/oder
von externen Sensoren (z. B. Induktionsschleifen) und/oder a priori
Informationen (z. B. historische Verläufe der Dichteprofile
in Abhängigkeit von Wochentag und Uhrzeit) in die Schätzung
zur Ermittlung des Dichteprofils ein.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden durch
das Verkehrsmodell weitere Verkehrsparameter des Straßensegments
ermittelt und/oder Parameter für eine adaptive Steuerung
der Lichtsignalanlage generiert.
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Das
zuvor für die Ermittlung von Rückstaulängen
an Lichtsignalanlagen beschriebene Verfahren ist allgemein verwendbar
zur Ermittlung von Rückstaulängen an zeitweise
blockierten Ausgängen von Kanten eines Transportnetzes.
Dabei wird entsprechend ein Modell benutzt, um Dichteprofile in
Abhängigkeit eines Parameters zu erhalten, wobei das Modell
auch aus einfachen mathematischen Funktionen bestehen kann. Die
sich auf dem Transportnetz bewegenden Objekte geben dann Positionsdaten
ab, wobei dann wieder mittels eines Schätzverfahrens das
zu den Positionsdaten am besten passende Dichteprofil ermittelt
wird und der oder die zugehörigen Parameter in das Modell
zurückgeführt werden und daraus eine Rückstaulänge
berechnet wird. Eine mögliche Anwendung in der Logistik
ist das Nachverfolgen von Paketen, Containern oder ähnlichen
Objekten, die teilweise mit Mitteln zur Übermittlung von Positionsdaten
ausgebildet sind. Das Transportnetz kann dabei beispielsweise als
Fließband bzw. Transportband ausgebildet sein. Wird dann
beispielsweise das Transportband an einer Stelle gestoppt, weil
beispielsweise derzeit kein LKW oder ähnliches Transportmittel
vorhanden ist, um die Objekte weiterzutransportieren, so kommt es
zu einem Rückstau. Anhand der Berechnung des Rückstaus
können dann Gegenmaßnahmen eingeleitet werden
oder aber Transportzeiten besser vorhergesagt werden.
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Die
Erfindung wird nachfolgend anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels
näher erläutert. Die Fig. zeigen:
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1 ein
schematisches Ablaufdiagramm eines Verfahrens zur Ermittlung einer
Rückstaulänge an einer Lichtsignalanlage,
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2 Verkehrsdichteprofile
für verschiedene Zufluss-Wahrscheinlichkeiten,
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3 eine
Zuordnung eines Dichteprofils zu gemessenen Positionsdaten,
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4 ein
Verlauf der Durchschnittsgeschwindigkeit über der Tageszeit,
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5 einen
Wochengang der maximalen Staulänge,
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6 einen
geglätteten Tagesgang der Staulänge,
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7 ein
FCD-Dichteprofil,
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8 einen
Tagesgang der Staulänge und
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9 einen
geglätteten Tagesgang der Staulänge.
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Die
originäre Eingangsgröße des erfindungsgemäßen
Verfahrens bilden die Positionsdaten xi einer
Stichprobe von relevanten Verkehrsobjekten (Floating Cars bzw. Melderfahrzeuge),
die als Ergebnis eines Map-Matchings netzkantenbezogen als Entfernungen
zu einem beliebigen, aber festen Referenzpunkt des jeweiligen Straßenabschnitts
vorliegen. Als Referenzpunkt können in vorteilhafter Weise etwa
der Segmentanfang oder die Haltelinie der Lichtsignalanlage am Segmentende
gewählt werden. Je nach Datenlage (Anzahl an aktuell erfassten FCD-Positionen)
kann ferner die Datenbasis in beliebigem Umfang mit historischen
Daten aus einer Datenbank ergänzt werden. Insbesondere
können in einer vorteilhaften Ausführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens unter der Annahme periodisch wiederkehrender Verkehrsmuster
bei einer zu geringen FCD-Abdeckung gespeicherte Positionsdaten
desselben Wochentags und/oder derselben Tageszeit nach Netzkanten
differenziert zu den Eingangsgrößen des Verfahrens
hinzugefügt werden. Wie bereits zuvor erwähnt
ist es dabei völlig unerheblich, auf welchem Weg die benötigten
Positionsdaten erfasst werden/wurden. Beispielsweise ist mit geeigneter
Vorabprozessierung, d. h. Unterscheidung nach Typen (Fußgänger,
Radfahrer, Fahrzeuge, ...) auch die Positionsbestimmung der relevanten
Verkehrsobjekte mittels Mobilfunktelefonen möglich.
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Grundlegend
für das erfindungsgemäße Verfahren ist
nun die Tatsache, dass es innerhalb eines (urbanen) Straßennetzes
typischerweise genau an den Lichtsignalanlagen zu Häufungen
von Fahrzeugen und zu Wartezeiten kommt. Geht man nun von einer
(annähernd) homogenen Verteilung der verfügbaren
Floating Cars auf die Menge aller am Verkehr beteiligten Fahrzeuge
aus, so kann man annehmen, dass die Floating Cars räumlich
im Wesentlichen gemäß den jeweils aktuellen Profilen
lokaler Verkehrsdichten im Verkehrsnetz verstreut sind. Mit anderen Worten
halten sich in Abschnitten mit einer hohen lokalen Verkehrsdichte
(z. B. vor Lichtsignalanlagen) also relativ mehr Floating Cars auf
als etwa in Bereichen mit freiem Verkehrsfluss und entsprechend niedrigerer
lokaler Verkehrsdichte.
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Auf
Basis eines Verkehrsmodells, das eines der wesentlichen Bestandteile
der Verfahrensebene der erfindungsgemäßen Methode
darstellt, können dann entsprechende Profile lokaler Verkehrsdichten analytisch
oder durch Simulation abgeleitet werden. In einer vorteilhaften
Ausführung, die das Verfahren einer effizienteren numerischen
Umsetzbarkeit zuführt, findet die Bestimmung der benötigten
Dichteprofile K(q) im Rahmen einer mathematischen Analyse statt.
Dabei werden die Dichteprofile in Abhängigkeit von einer
gewissen Zufluss-Wahrscheinlichkeit q bestimmt, die in wesentlichen
Zügen der Verkehrsnachfrage entspricht. Eine Auswahl solcher
Profile für verschiedene q zeigt 2, wobei
sehr gut die signifikant höhere lokale Verkehrsdichte im
Bereich der Lichtsignalanlage (rechter Rand des Graphen) und die
insgesamt mit wachsender Verkehrsnachfrage/Zufluss-Wahrscheinlichkeit
q steigende Verkehrsdichte zu erkennen sind.
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Die
erforderlichen Parameter des Nagel-Schreckenberg-Modells, die je
nach Netzkante variieren (können), sind schließlich
die jeweilige Länge L des relevanten Straßenabschnitts
(typischerweise Segmentanfang bis Haltelinie), die (zulässige) Höchstgeschwindigkeit νmax sowie die Ampelphasendauern g für
die (effektive) Grün- und r für die (effektive)
Rotphase. Gelbphasen werden in der konkreten Ausführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens vernachlässigt,
können aber bedarfsweise berücksichtigt werden.
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Unter
der für viele aktuell laufende FCD-Systeme zutreffenden
Bedingung, dass nun die verfügbaren Floating Cars unabhängig
von der umgebenden Verkehrssituation und ohne Netzbezug in der Meldestrategie,
d. h. beispielsweise in regelmäßigen Zeitabständen
ihre jeweils aktuelle Position übermitteln bzw. im Rahmen
einer geeigneten Systemarchitektur zunächst intern speichern
und später als Paket senden, sind dann aber nicht nur die Fahrzeuge selbst,
sondern auch die gemeldeten FCD-Positionen gemäß dem
jeweils aktuellen Dichteprofil des zugehörigen Straßenabschnitts
verteilt. Falls es also mit anderen Worten im verwendeten Datenerfassungsprozess
keine speziellen ereignis- oder netzbezogenen Meldezeitpunkte (bzw.
Zeitpunkte für die vorübergehende fahrzeuginterne
Speicherung) der aktuellen FCD-Positionen gibt, treten FCD-Meldungen
auf dem jeweils betrachteten Straßensegment im Bereich
des Ampelrückstaus (quantitativ dem zugehörigen
Dichteprofil entsprechend) mit größerer Wahrscheinlichkeit
auf als etwa auf dem Teil mit freiem Verkehr.
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Unterstellt
man nun für den (grundsätzlich beliebig wählbaren)
Zeitraum, währenddessen die jeweils als Datengrundlage
verwendeten FCD-Positionen registriert wurden, eine stationäre
Verkehrssituation, d. h. nimmt man an, dass alle FCD-Positionen gemäß demselben
Dichteprofil K(q*) mit einem eindeutig zugeordneten, aber unbekannten
q* ∊ [0,1] verteilt sind, so ist im Hinblick auf eine statistische Schätzung
von q* zu fragen, für welches Dichteprofil bzw. für
welche Verkehrslage die Kombination aller Positionsdaten die maximale
Wahrscheinlichkeit hat.
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Dies
ist der wesentliche Bestandteil des Verfahrensbausteins „Fusion” in 1.
Mit Hilfe einer statistischen Standardmethode, der so genannten Maximum-Likelihood-Schätzung
wird dabei dasjenige q* im so genannten Parameterraum Θ :=
[0,1] bestimmt, dessen eindeutig zugeordnetes Dichteprofil K(q*)
von allen durch Θ parametrisierten Dichteprofilen K(q)
mit q ∊ Θ in gewisser Weise am besten zu den beobachteten
FCD-Positionen passt. 3 zeigt zur Veranschaulichung
exemplarisch die Zuordnung eines Dichteprofils K(q*) zu einigen
real gemessenen Positionsdaten, die in Form eines Häufigkeitsprofils (Die
einzelnen Säulen geben jeweils an, wie oft innerhalb des
Beobachtungszeitraums an der entsprechenden Position (metergenau)
des Straßenabschnitts ein Floating Car registriert wurde.)
dargestellt sind.
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Im
Rahmen der Maximum-Likelihood-Schätzung kann es dabei aus
technischen Gründen von Vorteil sein, den zunächst überabzählbaren
Parameterraum Θ zunächst einzuschränken
und so die Menge an möglichen Verkehrszuständen,
genauer an Referenz-Dichteprofilen K(q) im Vorfeld zu verkleinern
oder allgemeiner im Vorfeld der Schätzung des Parameters
q* eine a priori Gewichtung der zulässigen Parameter vorzunehmen.
Denkbar ist beispielsweise, anstelle des gesamten, reellen Intervalls
[0,1] nur die ganzzahligen Vielfachen einer gewissen Schrittweite
h zu betrachten, sodass der eingeschränkte (nun endliche)
Parameterraum durch Θ ~ := {q ∊ Θ | q = k·h,
k ∊ IN0} beschrieben werden kann.
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Gleichzeitig
bietet diese Möglichkeit, den für die Maximum-Likelihood-Schätzung
grundlegenden Parameterraum im Vorfeld praktisch beliebig manipulieren
zu können, in nahezu natürlicher Weise eine Schnittstelle,
um zusätzliche Verkehrsinformationen in das Verfahren zu
integrieren. Sind beispielsweise aktuelle Geschwindigkeitsdaten νi der relevanten Floating Cars verfügbar
und sind diese im Durchschnitt vergleichsweise niedrig, so deutet
dies unter Umständen auf eine eher hohe Verkehrsnachfrage hin
(vgl. 4: In der Geschwindigkeitsganglinie sind deutlich
die Einbrüche zu den Hauptverkehrszeiten morgens und am
späten Nachmittag erkennbar.), so dass es sinnvoll ist,
in diesen Fall kleine Werte für q* direkt auszuschließen
oder zumindest mit kleinerem Gewicht vorzusehen. Liefert umgekehrt
etwa ein Schleifendetektor an der Zufahrt des betrachteten Straßenabschnitts
sehr niedrige Verkehrsstärken qDetektor,
so kann im Allgemeinen von einer geringen Verkehrsnachfrage und
entsprechend einem grundsätzlich eher kleinen q* ausgegangen
werden.
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Ist
aufgrund anderer Verkehrsdaten überdies bereits eine eindeutige
Verkehrslage mit dem korrespondierenden q* bekannt, so kann der
Parameterraum Θ in höchst flexibler Weise formal
sogar auf einen einzigen Wert, nämlich q* reduziert werden.
Mit anderen Worten wäre also im Rahmen des erfindungsgemäßen
Verfahrens das Ergebnis der beschriebenen Maximum-Likelihood-Schätzung
bereits vor ihrem Einsatz eindeutig festgelegt.
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Ein
weiterer, wichtiger Vorteil der im erfindungsgemäßen
Verfahren verwendeten, statistischen Methode besteht ferner als
spezielle Form der Selbstkorrektur darin, dass unabhängig
von der tatsächlichen, quantitativen Richtigkeit der Referenz-Dichteprofile
K(q) stets dasjenige zur Beschreibung der Verkehrslage ausgewählt
wird, das in bestimmter Weise am besten zu den beobachteten FCD-Positionen
passt. Insbesondere ist dies der Fall, wenn die Modellparameter
(speziell νmax, g und r) nicht
genau den realen Gegebenheiten entsprechen. Wegen der grundsätzlich
qualitativen Ähnlichkeit der Dichteprofile K(q) für
verschiedene Konstellationen der Modellparameter kann dadurch aber
in gewissem Maße selbst bei fehlerhafter Kalibrierung des
Modells eine annähernd korrekte Verkehrslage (Selbstkorrektur),
d. h. insbesondere die richtige Rückstaulänge
an Lichtsignalanlagen ermittelt werden. Lediglich die entsprechende
Schätzung für q*, die in gewisser Weise eine Art
Korrekturterm darstellt, dürfte in diesem Fall im Allgemeinen
nicht mehr mit der tatsächlichen Verkehrsnachfrage übereinstimmen,
wenngleich q* als Eingangsgröße der abschließenden
Ergebnisgenerierung im unteren Verfahrensblock „Modell” (siehe 1)
nach wie vor von entscheidender und nutzbringender Bedeutung ist.
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Die
Berechung der gewünschten Verkehrslagekenngrößen
erfolgt nämlich in völliger Konsistenz mit dem
Rest des erfindungsgemäßen Verfahrens durch eine
Rückführung des geschätzten q* in das verwendete
Verkehrsmodell, wobei aus der ursprünglichen, analytischen
Ermittlung der mehrfach genannten Referenz-Dichteprofile K(q) unmittelbar konkrete
Formeln etwa für die erwartete, mittlere Rückstaulänge
LStau,Durchschnitt (q*), die erwartete,
maximale Staulänge LStau,max (q*)
sowie deren Standardabweichungen σ(LStau,Durchschnitt (q*))
und σ(LStau,max (q*)) abgeleitet
werden können. Überdies können natürlich
der Schätzwert q* und das zugehörige Dichteprofil
K(q*) ausgegeben werden.
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Eine
abschließende Besonderheit, die das erfindungsgemäße
Verfahren – wie weiter oben bereits erwähnt – gegenüber
anderen Ansätzen zur Verkehrslageerfassung zusätzlich
auszeichnet, ist schließlich die Tatsache, dass neben all
diesen konkreten Werten sogar eine vollständige, im Rahmen der
Modellanalyse hergeleitete Wahrscheinlichkeitsverteilung π(q*)
für die Anzahl an Fahrzeugen im jeweiligen Straßenabschnitt
am Ende einer Rotphase angegeben werden kann, die in besonderer
Weise zugleich unter anderem eine Verteilung für die mittlere
und maximale Rückstaulänge darstellt. Folglich können
neben den genannten Verkehrskenngrößen sämtliche
Werte (z. B. Varianz, höhere Momente, Quantile) bestimmt
werden, die als Verteilungseigenschaften in π(q*) enthalten
sind.
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Um
schließlich die Funktionsweise des erfindungsgemäßen
Verfahrens zu überprüfen und die Vorteilhaftigkeit
zu belegen, wurde im Weiteren eine Auswertung auf Basis realer Verkehrsdaten
(Positions- und Geschwindigkeitsdaten) vorgenommen. Durch Zusammenfassung
aller FCD-Positionen eines Monats ergab sich dabei nach Wochentagen
differenziert bei einer Datendichte wie in 3 die in 5 dargestellte
Wochenganglinie für die maximale Rückstaulänge
an der Lichtsignalanlage des betrachteten Straßensegments.
Man erkennt einen typischerweise zu erwartenden Verlauf mit den
durchschnittlich kürzesten Rückstaus am Wochenende, speziell
am Sonntag.
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Im
Hinblick auf die Detektion tageszeitlicher Schwankungen bei der
Rückstaulänge wurde zusätzlich ein weiterer
Datensatz mit realen Positions- und Geschwindigkeitsdaten von Floating
Cars über fünf Wochen für einen anderen
Straßenabschnitt ausgewertet. Dabei wurden die Daten stundenweise
nach Uhrzeit gruppiert und anschließend über alle
Werktage (Montag bis Freitag) hinweg zusammengefasst. Im Ergebnis
ergaben sich folglich 24 Einzeldatensätze (einer für
jede Stunde des Tages), die stundenweise jeweils die Positionsdaten
aller Werktage des Erfassungszeitraums enthielten und anschließend
einzeln ausgewertet wurden. Die resultierende Tagesganglinie eines
typischen Werktags für die Rückstaulänge
an der betrachteten Lichtsignalanlage ist in einer minimal geglätteten
Form in 6 dargestellt. Man erkennt deutlich
die beiden Hauptverkehrszeiten morgens und am Nachmittag bei zugleich
sehr kurzen Staulängen insbesondere nachts.
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Bemerkenswert
dabei ist, dass durch die Differenzierung der FCD-Positionsdaten
nach den Stunden des Tages die einzelnen stundenweisen Datensätze
im Vergleich etwa zum vorherigen Beispiel (Datendichte: über
400 Datenpunkte) eine extrem dünne Datengrundlage bilden
(vgl. 7: Die weniger als 30 Datenpunkte entsprechen
gerade einmal durchschnittlich rund 5 registrierten Floating Cars
auf dem betrachteten Straßenabschnitt pro Stunde.), mit
der das erfindungsgemäße Verfahren dennoch scheinbar
gut auskommt.
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Tatsächlich
gestaltet sich die Situation in anderen Fällen mitunter
schwieriger (s. 8: Das erfindungsgemäße
Verfahren kann bei der vorliegenden geringen Datenbasis scheinbar
nur schwer Zeiten mit sehr hohem und sehr niedrigem Verkehrsaufkommen
auseinanderhalten.), und es zeigt sich je nach konkreter Datenlage
(Bei hohen Datendichten sollte dieses Phänomen in der Regel
nicht auftreten.) ein wenig plausibler Tagesgang für die
Rückstaulängen.
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Über
die weiter oben beschriebene Datenfusions-Schnittstelle konnten
im konkreten Beispiel allerdings zusätzlich die verfügbaren
FCD-Geschwindigkeitsdaten nutzbar gemacht werden, indem je nach
Durchschnittsgeschwindigkeit der Parameterraum Θ der Maximum-Likelihood-Schätzung
im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens auf
kleine bzw. große Werte der Verkehrsnachfrage/Zufluss-Wahrscheinlichkeit
q eingeschränkt wurde, wobei eine vollständige Übersättigung
des betrachteten Straßenabschnitts grundsätzlich
ausgeschlossen wurde. Die deutlich besseren und wiederum völlig plausiblen,
minimal geglätteten Ergebnisse zeigt 9,
wobei betont sei, dass dabei die gleiche Datenbasis wie bei 8 zugrunde
liegt. Insgesamt konnte somit in vorteilhafter Weise belegt werden, dass
mit dem erfindungsgemäßen Verfahren selbst bei
einer vergleichsweise dünnen bzw. scheinbar unzureichenden
Datenbasis noch gute Resultate erzielt werden können.
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Abschließend
sollen natürlich allgemeine Erweiterungsmöglichkeiten
genannt werden, die mitunter noch weitere Anwendungsfelder umfassen:
- – Bisher wurde im verwendeten Verkehrsmodell keine
spezielle Unterscheidung nach Richtungsspuren vorgenommen. Insbesondere
können dadurch zunächst keine Rückstaulängen
etwa für die unterschiedlichen Fahrtrichtungen (rechts, links,
geradeaus) an Kreuzungen unterschieden werden. Ist aus den verwendeten
Floating Car Daten allerdings entweder aufgrund einer hochgenauen
Ortung oder z. B. durch Kenntnis der Fahrtrouten eine Zuordnung
der einzelnen Fahrzeuge zu jeweils einer Richtungsspur möglich,
so kann in einfacher Weise durch Gruppierung des Datensatzes nach
diesem Kriterium leicht eine richtungsspurbezogene Auswertung mit
Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens realisiert
werden.
- – Wie bereits mehrfach erwähnt ist für
das erfindungsgemäße Verfahren grundsätzlich
eine Kopplung mit einer Systemarchitektur wie beispielsweise in DE 10 2004 039 854
A1 beschrieben möglich. Dadurch können
wie dort behauptet zum einen die Kosten zur Kommunikation zwischen
Fahrzeugen und Zentrale bei gleichzeitig starker Erhöhung
der Datendichte drastisch reduziert werden. Folglich können
in diesem Kontext – wie überhaupt bei jeder Form
der Verbesserung der Datengrundlage, z. B. mittels Mobilfunktelefon-Ortung
wie in der DE 101
10 326 A1 und DE 101
10 327 A1 – mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
noch deutlich genauere und aktuellere Verkehrsinformationen erfasst
werden, so dass unter Umständen insbesondere auch Online-Verkehrsmanagement-Anwendungen
möglich werden.
- – Wegen seiner hohen Flexibilität ist das
erfindungsgemäße Verfahren sowohl mit klassischen FCD-Systemen
(direkte Kommunikation zwischen Floating Cars und Zentrale) als
auch mit nahezu jeder Form der neueren (teilweise dezentralen) Ansätze
(Car-2-Infrastructure und Car-2-car) kompatibel. Folglich ist eine
vielseitige und langfristige Einsetzbarkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens
grundsätzlich vorstellbar.
- – In seiner beschriebenen Ausführung für
den Straßenverkehr ist das erfindungsgemäße
Verfahren ein eindimensionaler Ansatz in dem Sinne, dass die Verkehrsdichte
entlang einer (eindimensionalen) Strecke (Straßenabschnitt)
betrachtet wird. Formal ist mit den verwendeten mathematischen Methoden
aber auch jede höher-dimensionale Variante durchführbar.
Insbesondere könnte etwa auch der Verkehr auf einer zweidimensionalen
Fläche mit den gleichen Methoden erfasst werden, wobei
in diesem Fall die Referenz-Dichteprofile anschaulich zu Dichtegebirgen
werden.
- – Entsprechend ist die Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens konzeptionell nicht auf Straßenverkehrsnetze
beschränkt, sondern kann grundsätzlich auf beliebige
Verkehrs- und Transportnetze wie z. B. den Fußgängerverkehr (zweidimensional)
oder den Luftverkehr (dreidimensional) übertragen werden.
- – Wie bei jedem Verfahren zur Verkehrslageerfassung
können überdies die Ergebnisse kontinuierlich
in einer Datenbank gespeichert und zu verschiedenen Zwecken weiterverwendet
werden. Zu nennen sind hier beispielsweise strategische Verkehrsmanagement-Anwendungen
(Planung, Qualitätssicherung, ...) oder Ansätze
zur Verkehrsprognose auf Basis historischer und/oder aktueller Verkehrsdaten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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-
Zitierte Patentliteratur
-
- - DE 10018562
C1 [0020]
- - DE 10022812 A1 [0021]
- - DE 102004039854 A1 [0024, 0071]
- - DE 10110326 A1 [0025, 0071]
- - DE 10110327 A1 [0026, 0071]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - ”Nagel,
K., Schreckenberg, M.: A cellular automaton model for freeway traffic,
I. Phys. France 2 (1992), Seiten 2221–2229” [0028]