Verfahren zur Bremsdruckverteilung auf die Achsen eines Fahrzeugs
Beschreibung
Stand der Technik
Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Bremsdruckverteilung auf die
Achsen eines Fahrzeugs mit Druckmittelbremse, welches bremsbaren Rädern zu- geordnete, als Istwertgeber dienende Drehzahlgeber umfasst, wobei die zwischenachsige Bremsdruckverteilung nach Maßgabe einer Differenz zwische- nachsiger Raddrehzahlen oder zwischenachsiger Radschlupfwerte an den Achsen geregelt wird und für die Regelung der Bremsdruckverteilung die Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwerts durch die Differenz der zwischenachsigen Rad- drehzahlen oder der zwischenachsigen Radschlupfwerte bei einer Bremsung dient, nach dem Oberbegriff von Anspruch 1.
Beim Bremsen treten infolge der Verzögerung der Fahrzeugmasse dynamische Achslaständerungen auf. Die Vorderachse wird dabei zusätzlich belastet, die Hinterachse im gleichen Verhältnis entlastet. Dies kann bei kurzen Fahrzeugen mit hohem und/oder weit vorne liegendem Schwerpunkt, d.h. wenn ein ungünstiges Verhältnis der Schwerpunkthöhe zum Radstand vorliegt, wie dies beispielsweise im Nutzfahrzeugbereich bei Zugfahrzeugen einer Zugfahrzeug- Sattelanhängerkombination im Solobetrieb der Fall ist, einerseits zu einem Vorneüberkippen, d.h. zu einem Kopfstand des Fahrzeugs führen. Andererseits nimmt die Seitenführung der Hinterräder ab, was vor allem bei einem Bremsvorgang in einer Kurve kritisch ist.
Um diesen Problemen zu begegnen, ist beispielsweise aus der DE 27 55 156 A ein lastabhängiger Bremskraftbegrenzer bekannt. Dieser wird bei stärkeren Bremsungen, bei denen infolge der eintretenden Achslaständerungen die Hinterachse
blockieren würde, wirksam. Er verhindert von einem eingestellten Wert an den weiteren Anstieg des Drucks zumindest in den Hinterachs-Bremszylindern. Da zwar die Last gemessen wird, jedoch nicht die für die kritische Kippneigung und Hinterachsentlastung wesentliche Schwerpunkthöhe, ist dieses Verfahren zu un- genau. Weiterhin beziehen sich fest programmierte Grenzwerte oder auch achslastabhängige Kennlinien für den Bremsdruck stets auf Nutzfahrzeuge mit einer bestimmten Ausrüstung und einem bestimmten Aufbau. Werden diese Parameter jedoch verändert, beispielsweise im Wege einer Umrüstung des Nutzfahrzeugs, entsprechen die fest gelegten Druckbegrenzungswerte oder achslastabhängigen Kennlinien nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten.
Zur Verbesserung der Bremsstabilität ist aus der DE 40 07 360 A1 eine gattungsgemäße Differenzschlupfregelung bekannt, bei welcher die zwischenachsige Bremsdruckverteilung nach Maßgabe einer bezogenen Differenz zwischenachsi- ger Raddrehzahlen an den Achsen geregelt wird und für die Regelung der Brems- druckverteilung die Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwerts durch die bezogene Differenz der zwischenachsigen Raddrehzahlen bei einer Bremsung dient.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs erwähnten Art derart weiter zu entwickeln, dass ein Kriterium für instabile Fahr- und Bremszustände auf möglichst einfache Weise ermittelt wird, als Basis für geeignete Gegenmaßnahmen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die Merkmale von Anspruch 1 gelöst.
Vorteile der Erfindung
Die Erfindung beruht auf dem Gedanken, dass bei einer Differenzschlupfrege- lung auf der Basis der Abhängigkeit zwischen wenigstens dem Bremsdruck an der Hinterachse und der Verzögerung des Fahrzeugs nach wenigstens zwei vorangehenden Betriebsbremsungen durch Extrapolation oder durch Interpolation ein kritischer Verzögerungswert ermittelt wird, bei welchem der Bremsdruck an der Hinterachse kleiner als ein vorgegebener Bremsdruckgrenzwert ist.
Bei einer solchen Differenzschlupfregelung, bei welcher der Differenzschlupf zwischen Vorderachse und Hinterachse beispielsweise auf Null eingeregelt wird, ergeben sich für die Bremsdrücke p in Abhängigkeit von der Verzögerung z näherungsweise lineare Kennlinien, beispielsweise die in Fig.1 gezeigte Kennlinie für den Bremsdruck p an der Vorderachse VA und den Bremsdruck p an der Hinterachse HA. Da es sich bei den beiden Kennlinien um Geraden handelt, reicht es zur Ermittlung des Verlaufs dieser Geraden aus, zwei Stützpunkte bestehend aus jeweils einem Verzögerungswert z und einem diesem zugeordneten Bremsdruckwert p zu ermitteln und die weiteren Werte der linea- ren Bremsdruck-Verzögerungsbeziehung durch Interpolation bzw. durch Extrapolation zu ermitteln. Das Verfahren hat den Vorteil, dass mit jeder Bremsung mehr solcher Stützpunkte ermittelt werden und der Verlauf der Kennlinie Bremsdruck-Verzögerung dadurch noch genauer bestimmbar ist.
Um den kritischen Verzögerungswert zu ermitteln, bei welchem die Hinterachse derart entlastet ist, dass ein instabiler Fahrzustand entstehen würde, also dort, wo gemäß der Differentialschlupfregelung der Bremsdruck an der Hinterachse kleiner als ein vorgegebener Bremsdruckgrenzwert sein müsste, wird der
Schnittpunkt der den Bremsdruckverlauf an der Hinterachse repräsentierenden
Geraden mit einer horizontalen Linie, die diesen Bremsdruckgrenzwert reprä- sentiert, bestimmt. Der Wert der Verzögerung z an diesem Schnittpunkt ist dann der kritische Verzögerungswert.
Wenn der Bremsdruckgrenzwert an der Hinterachse beispielsweise gleich Null ist, also gemäß der Differentialdruckregelung aufgrund einer Hinterachsentlastung beim Bremsen kein Bremsdruck mehr in die Bremszylinder der Hinterach- se eingesteuert werden soll, wird in der Kennlinie der Schnittpunkt mit der Achse bestimmt, an welcher die Verzögerung z angetragen ist.
Alternativ kann als Bremsdruckgrenzwert beispielsweise auch der Anlegedruck oder Lösedruck der Bremsbacken oder Bremsbeläge an eine oder von einer Bremsscheibe oder Bremstrommel der Hinterachsbremse verwendet werden.
Denn dieser Anlege- oder Lösebremsdruck ist sehr klein und reicht gerade aus, um gerade noch keine bzw. eine sehr geringe Bremskraft zu erzeugen.
Damit können die Bremskräfte an den Hinterrädern beladungs- und schwerpunkt- höhenabhängig nach dem Bremsdruckgrenzwert so eingestellt werden, dass unter der Prämisse einer für ein stabiles Fahrverhalten ausreichenden Seitenführung der Hinterräder eine möglichst hohe Abbremsung erzielt wird.
Um instabile Fahr- und Bremszustände zu vermeiden, kann dann die maximale Verzögerung des Fahrzeugs beispielsweise auf einen Wert begrenzt werden, welcher kleiner als der kritische Verzögerungswert ist. Alternativ könnte der Bremsdruck an der Hinterachse bereits vor Erreichen der maximalen Verzögerung auf kleinere Werte als die nach der Differenzschlupfregelung vorgegebenen eingestellt werden. Dies hat den Vorteil, dass die Seitenführung der Hinterachse weiter verbessert wird. Da die Vorderachse wegen der hohen dynamischen Achslastverlagerung noch weit von ihrer Blockiergren- ze entfernt ist, führt ies zu einem neutraleren Fahrverhalten.
Das Verfahren zeichnet sich durch seine große Einfachheit aus, mithin sind lediglich im Rahmen von Antiblockiersystemen ohnehin vorhandene Drehzahlgeber sowie ein ebenso ohnehin vorhandenes Bremssteuergerät notwendig, in welchem die Routinen der Differentialschlupfregelung ablaufen. Genaueres geht aus der folgenden. Beschreibung eines Ausführungsbeispiels hervor.
Zeichnung Nachstehend sind Ausführungsbeispiele der Erfindung in der Zeichnung dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. In der Zeichnung zeigt
Fig.1 eine Kennlinie für Bremsdrücke p in Abhängigkeit von der Verzögerung z, welche sich aus einer Differentialregelung ergibt;
Fig.2 eine weitere Kennlinie für Bremsdrücke p in Abhängigkeit von der Verzögerung z, anhand welcher der kritische Verzögerungswert er- mittelt wird;
Fig.3 eine weitere Kennlinie für Bremsdrücke p in Abhängigkeit von der Verzögerung z, bei welcher gegenüber der Kennlinie von Fig.2 der Hinterachsbremsdruck vorzeitig abgesenkt und der Vorderachsdruck erhöht wird.
Beschreibung der Ausführungsbeispiele
Grundlage des Verfahrens zur Bremsdruckverteilung auf die Achsen eines Nutzfahrzeugs mit Druckmittelbremse bildet eine Differentialschlupfregelung.
Eine solche, an sich bekannte Differentialschlupfregelung umfasst bremsbaren Rädern zugeordnete, als Istwertgeber dienende Drehzahlgeber, wobei die zwi- schenachsige Bremsdruckverteilung nach Maßgabe einer Differenz zwischen- achsiger Raddrehzahlen an den Achsen oder einer Differenz zwischenachsiger Radschlupfwerte geregelt wird und für die Regelung der Bremsdruckverteilung die Überschreitung eines vorgegebenen Grenzwerts durch die Differenz der zwischenachsigen Raddrehzahlen oder der zwischenachsigen Radschlupfwerte bei einer Bremsung dient. Verfahren zur Differentialschlupfregelung sind hinlänglich bekannt, beispielsweise aus der DE 40 07 360 A1. Deshalb soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird im Rahmen einer Differenzschlupfregelung auf der Basis der Abhängigkeit zwischen dem Bremsdruck p an der Hinterachse und der Verzögerung z des Fahrzeugs nach wenigstens zwei vorangehenden Betriebsbremsungen durch Extrapolation oder durch Interpolation ein kritischer Verzögerungswert Zabheb ermittelt, bei welchem wenigstens der Bremsdruck p an der Hinterachse HA kleiner als ein vorgegebener Bremsdruckgrenzwert ist.
Bei einer solchen Differenzschlupfregelung, bei welcher der Schlupf an der Vorderachse VA und an der Hinterachse HA vorzugsweise gleich groß und deshalb der Differenzschlupf zwischen Vorderachse VA und Hinterachse HA beispielsweise auf Null eingeregelt wird, ergeben sich für die Bremsdrücke p in Abhängigkeit von der Verzögerung z näherungsweise lineare Kennlinien für den Bremsdruck p an der Vorderachse VA und den Bremsdruck p an der Hinterachse HA, wie sie in Fig.2 gezeigt sind. Dabei nimmt nach der Differenzschlupfregelung der Bremsdruck p an der Hinterachse HA mit zunehmender Verzögerung z linear ab, weil die entlastete Hinterachse HA ansonsten überbremst wird und keine Seitenführungskräfte mehr übernehmen kann.
Da es sich bei den beiden Kennlinien um Geraden handelt, reicht es zur Ermittlung des Verlaufs dieser Geraden aus, zwei Stützpunkte aus zwei Bremsungen, in Fig.2 beispielsweise Bremsung 1 und Bremsung 2 bestehend aus jeweils einem Verzögerungswert Z1, Z2 und einem diesem zugeordneten Bremsdruckwert p-i, P2 zu ermitteln und die weiteren Werte der linearen Bremsdruck- Verzögerungsbeziehung durch Interpolation bzw. durch Extrapolation zu ermitteln. Je mehr einem kritischen Ereignis, wie beispielsweise einer Kurvenfahrt mit starker Abbremsung Bremsungen wie beispielsweise Bremsung 1 bis Bremsung 6 vorangehen, desto mehr Stützpunkte für die beiden Geraden er- geben sich. Besonders bevorzugt werden zwei Betriebsbremsungen, beispielsweise Bremsung 1 mit niedriger Verzögerung und Bremsung 4 mit demgegenüber deutlich höherer Verzögerung und die weiteren Werte der linearen Bremsdruck-Verzögerungsbeziehung bei höheren Verzögerungen z durch Extrapolation ermittelt. Um den kritischen Verzögerungswert Zabheb zu ermitteln, bei welchem die Hinterachse derart entlastet ist, dass ein instabiler Fahrzustand entstehen würde bzw. die Hinterachse von der Fahrbahn abhebt, also dort, wo gemäß der Differentialschlupfregelung der Bremsdruck an der Hinterachse kleiner als ein vorgegebener Bremsdruckgrenzwert sein müsste, wird der Schnittpunkt der den Bremsdruckverlauf an der Hinterachse HA repräsentierenden Geraden mit ei-
ner horizontalen Linie, die diesen Bremsdruckgrenzwert repräsentiert, bestimmt. Der Wert der Verzögerung an diesem Schnittpunkt ist dann der kritische Verzögerungswert Zabheb-
Wenn der Bremsdruckgrenzwert beispielsweise gleich Null ist, also gemäß der Differentialdruckregelung aufgrund einer Hinterachsentlastung beim Bremsen kein Bremsdruck mehr in die Bremszylinder der Hinterachse eingesteuert werden soll, wird in der Kennlinie beispielsweise der Schnittpunkt mit einer horizontalen Achse bestimmt, welche den Bremsdruck Null repräsentiert und folglich der Achse entspricht, an welcher die Verzögerung z angetragen ist. Alternativ kann als Bremsdruckgrenzwert beispielsweise auch der Anlegedruck Paniege oder Lösedruck der Bremsbacken oder Bremsbeläge an eine oder von einer einer Bremsscheibe oder Bremstrommel der Hinterachsbremse verwendet werden, wie in Fig.2 der Fall ist. Denn dieser Anlegedruck Paniege ist sehr klein und reicht gerade aus, um gerade noch keine bzw. eine sehr geringe Bremskraft zu erzeugen.
Um instabile Fahr- und Bremszustände zu vermeiden, kann dann als Konsequenz die maximale Verzögerung Zmax des Fahrzeugs beispielsweise auf einen Wert Zabheb - Δz begrenzt werden, welcher kleiner als der kritische Verzögerungswert Zabheb ist. Alternativ könnte der Bremsdruck an der Hinterachse HA auch bereits vor Erreichen der maximalen Verzögerung Zmaχ auf kleinere Werte als die nach der Differenzschlupfregelung vorgegebenen Werte eingestellt und der Vorderachsdruck entsprechend angehoben werden, wie Fig.3 zeigt. Dies hat den Vorteil, dass die Seitenführung der Hinterachse HA weiter verbessert wird. Da die Vorderachse VA wegen der hohen dynamischen Achslastverlage- rung noch weit von ihrer Blockiergrenze entfernt ist, führt ies zu einem neutraleren Fahrverhalten.