ENANTIOSELEKTIVE HYDRIERUNG VON INTERMEDIATEN BEI DER
TIPRANAVIR-SYNTHESE
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Intermediaten bei der Tipranavir-Synthese, insbesondere eine enantioselektive Hydrierung. Über dieses Verfahren werden Zwischenprodukte in einfacher Weise zugänglich, die als Ausgangsverbindungen für die Herstellung pharmazeutisch wirksamer Verbindungen dienen.
Hintergrund der Erfindung
Die Chiralität spielt eine entscheidende Rolle in vielen biologischen Prozessen und hat auch für die pharmazeutische Industrie wachsende Bedeutung erlangt, was sich beispielsweise darin zeigt, dass von den derzeit entwickelten Arzneistoffen über 80% chirale Eigenschaften haben. Die verschiedenen Enantiomeren können im Organismus völlig unterschiedliche Wirkungen entfalten, so dass nur eine der enantiomeren Formen wirksam ist und verabreicht wird. Im Organismus können beispielsweise Enzyme, deren chirale Bausteine die Aminosäuren darstellen, zwischen den einzelnen enantiomeren Formen unterscheiden.
Insbesondere stellen die Enantiomeren der 5,6-Dihydro-4-hydroxy-2-pyrone wichtige Strukturelemente bei einer Vielzahl pharmazeutisch wirksamer Verbindungen dar, wobei die Klasse der 5,6-Dihydro-4-hydroxy-2-pyron-sulfonamide von besonderer Bedeutung sind. So handelt es sich bei [R-(R*,R=!:)]-N-[3-[l-[5,6-Dihydro-4-hydroxy-2-oxo-6-(2-phe- nylethyl) -6-propyl -2H-pyran-3-yl]propyl]phenyl]-5-(trifluormethyl)-2-pyridinsulfonamid, bekannt als Tipranavir (PNU-140690), um einen Protease-Inhibitor, der zur Behandlung der HIV-Erkrankung eingesetzt wird und die folgende Struktur aufweist:
Diese wie auch andere strukturell ähnliche Verbindungen sind aus dem Stand der Technik bekannt (siehe beispielsweise /. Med. Chem. 1998, 41, 3467-3476).
Um daher, insbesondere auch im Hinblick auf obige Verbindungsgruppe, möglichst optisch isomerenreine Wirkstoffe bereitzustellen, ist die Entwicklung selektiver Synthesen unerläßlich. Hieraus resultiert eine große Reihe an Verfahren zur Herstellung chiraler Verbindungen, zum Beispiel Trennungsverfahren, wie Kristallisations- oder chromatographische Verfahren.
Eine nicht-selektive Synthese erfordert einen zusätzlichen Trennungsschritt der optischen Isomeren, beispielsweise in Form einer abschließenden Racematspaltung der beiden Enantiomere entweder auf chemischem oder enzymatischem Wege. Es liegt damit auf der Hand, dass selektive Synthesen, die nur zu einem optischen Isomer (entweder Enantiomer oder Diastereomer) führen, von Vorteil sind. Somit bedient man sich zunehmend der sogenannten asymmetrischen Synthese, d.h. es wird bei einer Umsetzung bevorzugt nur ein optisches Isomer gebildet. Enantio- oder diastereoselektive Reaktionen finden hierbei nicht nur bei Synthesen im Labormaßstab Verwendung, sondern auch zunehmend in großtechnischem Maßstab.
Eine besonders elegante Variante, bevorzugt ein optisches Isomer zu synthetisieren, stellt die enantio- oder diastereoselektive Katalyse mit chiralen Katalysatoren dar. Bei den Katalysatoren handelt es sich um Übergangsmetall-Komplexe mit einem oder mehreren chiralen Liganden. Die Zahl der möglichen chiralen Liganden ist fast unüberschaubar groß, und es wird daher eine Vielzahl an Kombinationen von Metall und Ligand(en) eröffnet. Diese Variationsbreite erschwert es aber auch, die beste Kombination für das herzustellende Produkt in einfacher Weise aufzufinden.
Die Entwicklung neuer Liganden-Systeme ist insbesondere im Hinblick auf den großtechnischen Maßstab von enormem Interesse, wonach die wirtschaftlichen Anforderungen, wie effiziente, kostengünstige Verfügbarkeit und hohe Leistungsfähigkeit hinsichtlich Selektivität, Ausbeute und Variabilität, erfüllt sein sollten.
Die asymmetrische Katalyse ist für eine Reihe industrieller Verfahren von Bedeutung, und wird unter anderem zur Herstellung von Aminosäuren, chiralen Aminen und zur Ketonreduktion eingesetzt. Beispielsweise hat die Firma Degussa den Katalysator DeguPhos entwickelt, der für die reduktive Aminierung von alpha-Ketosäuren, umL- und D-Aminosäuren herzustellen, Verwendung findet. Für die asymmetrische Hydrolyse von
Aminosäuren wird bekanntermaßen DuPhos ([(l,5-Cyclooctadien)rhodium(I)-l,2- bis((2R,5R)-dimethyl-phospholano)benzol]tetrafluoroborat) eingesetzt.
Darüber hinaus gewinnt insbesondere die asymmetrische Hydrierung als chirale Reaktion zunehmend an Bedeutung. Einige asymmetrische Hydrierungen sind im Labormaßstab zur Darstellung kleiner Mengen bekannt, jedoch gibt es kaum großindustrielle Verfahren, die eingesetzt werden. Für die Übertragung solcher Reaktionen in den industriellen Maßstab, ist es erförderlich, dass die Hydrierungskatalysatoren, insbesondere deren Liganden, neben der Verfügbarkeit eine hohe Selektivität und Aktivität aufweisen.
Aus dem Stand der Technik sind einige Vorschläge zur enantioselektiven Hydrierung bekannt: So wird in der Offenbarung der WO 00/55150 ein Verfahren zur asymmetrischen Hydrierung von Doppelbindungen beschrieben. Es werden verschiedene Zwischenprodukte für die Tipranavir-Synthese hergestellt, wobei ein Rhodium-Katalysator mit einem mindestens ein Phosphoratom enthaltenden chiralen Liganden eingesetzt wird. Bevorzugt kommen als chirale Liganden DuPhos (l,2-Bis((2R,5R)-dimethyl- phospholano)benzol) oder BPE (l,2-Bis((2R,5R)-dimethyl-phospholano)ethan) zum Einsatz.
In den US-Patenten 5 171 892, 5 532 395 oder 5 559 267 wird die Verwendung eines enantioselektiven Rhodium-Katalysators mit DuPhos-Ligand beschrieben, wobei dieser eine enantioselektive Hydrierung im Bereich von 70 bis 89% liefern soll.
Ferner beschreibt die Lehre der WO 99/12919 ein Verfahren zur Herstellung von 4- Hydroxy-2-oxo-pyran-Derivaten, wobei unter anderem auch eine enantioselektive
Hydrierung mit einem DuPhos als Ligand enthaltenden Katalysator durchgeführt wird.
Jedoch zeigen die oben genannten Übergangsmetall-Komplexe chiraler Phosphanliganden bei derartigen katalytischen Prozessen zumeist eine unzureichende Aktivität, verbunden mit nur mäßiger Stereoselektivität, so dass häufig der Einsatz stöchiometrischer Mengen chiraler Hydrid-Reagentien zu bevorzugen wäre. Demnach besteht nach wie vor ein Bedarf für die Entwicklung eines stereoselektiven Hydrierungskatalysators, der diese Nachteile vermeidet.
Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, in Fortbildung des Standes der Technik
ein Verfahren bereitzustellen, welches eine enantio- oder diastereoselektive Hydrierung in hohen Ausbeuten, mit hoher Enantio- bzw. Diastereoselektivität, unter geringst möglichem technischen Aufwand und hoher Raum-Zeit-Ausbeute erlaubt. Dieses Verfahren soll auch in großtechnischem Maßstab umsetzbar, d.h. kostengünstig und daher in wirtschaftlicher Weise durchführbar sein. Ferner soll bei den erfindungsgemäß zur Verfügung gestellten Verbindungen, denen eine zentrale Bedeutung bei der Synthese der vorstehend genannten pharmazeutisch wirksamen Verbindungen zukommt, die in den Ausgangverbindungen enthaltene chirale Information bei der Hydrierung nicht verloren gehen und andere vorhandene Gruppen im Molekül nicht durch die Hydrierung angegriffen werden. Es soll somit ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Verfügung gestellt werden, womit selektiv nur eine bestimmte Doppelbindung selektiv zu möglichst nur einem optischen Isomer hydriert wird.
Detaillierte Beschreibung der Erfindung Überraschenderweise wurde gefunden, dass die vorstehend genannte Aufgabe der vorliegenden Erfindung durch ein Verfahren zur Herstellung der Verbindungen der allgemeinen Formel I gelöst wird:
R1 und R2 unabhängig voneinander Wasserstoff oder einen Rest darstellen, der ausgewählt wird aus der Gruppe, bestehend aus Ci-Cό-Alkyl, C3-C8-Cycloalkyl, C6-C10-Aryl, und C^-Alkylen-Ce- o-Aryl, gegebenenfalls mit einem, zwei oder drei Substituenten, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus OH, NH2, NH-CO-CH3 oder N(-CO-CH3)2, Halogen, -Gi-Alkoxy und CF3, wobei R1 und R2 nicht gleichzeitig dieselbe Bedeutung haben;
R3 ein in der meta-Position substituiertes Aryl darstellt, das gegebenenfalls mindestens einen weiteren Substituenten aufweist, wobei die Substituenten ausgewählt sind aus der Gruppe, bestehend aus F, Cl, Br, I, OH, O-SO2-CF3,
NO2, NH2, NH-SO2-(4-trifluormethylpyridin-2-yl), N(-CH2-Aryl)2, NY!Y2 mit Yi und Y2 ausgewählt aus H, COO-Alkyl, COO-CH2-Aryl, CO-Alkyl, und CO- Aryl;
R4 ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus H und -Ca-Alkyl; und
R5 ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus H, Si(CH3)3, Li, Na, K, Cs,
* N(R')4, wobei alle R' gleich oder verschieden sein können und ausgewählt sind aus Ci-Cβ-Alkyl, und CH2- Aryl;
durch Hydrieren der Verbindungen der allgemeinen Formel II:
R2 Formel n
worin die Reste R1 bis R5 die oben genannten Bedeutungen aufweisen können, in
Gegenwart eines Katalysators, der mindestens einen Liganden in Form eines chiralen 1,2- Bis(phospholano)maleinsäureanhydrids aufweist.
Bei den Ausgangsverbindungen der allgemeinen Formel I handelt es sich um Intermediate bei der Herstellung von Tipranavir und verwandten Produkten, die als
Ausgangsverbindungen für die Herstellung pharmazeutisch wirksamer Verbindungen dienen. Es können Gemische von E-/Z-Isomeren (bezogen auf die zu hydrierende Doppelbindung) eingesetzt werden, wovon dann überraschenderweise selektiv nur ein Isomer hydriert wird. Vorzugsweise wird ein Gemisch aus etwa 50% E- und etwa 50% Z- Isomer eingesetzt.
Nach einer bevorzugten Variante der Erfindung können in der allgemeinen Formel I und TJ R1 und R2 unabhängig voneinander ausgewählt werden aus der Gruppe, bestehend aus Methyl, Ethyl, Propyl, Butyl, Phenyl, Benzyl, Cyclohexyl, Phenylethyl und Phenylpropyl, gegebenenfalls mit einem Substituenten, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus
Hydroxy, Fluor, Chlor, Brom, Methoxy, Ethyoxy und CF3. Insbesondere bevorzugt stellen R1 Phenylethyl und R2 Propyl oder R1 Propyl und R2 Phenylethyl dar.
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Nach einer erfindungsgemäß besonders bevorzugten Ausführungsform werden R und R ausgewählt aus Phenylethyl und Propyl, R stellt gegebenenfalls substituiertes Phenyl mit einer NO2-Gruppe in meta-Position dar, R4 bedeutet Methyl und R5 bedeutet Wasserstoff. Liegt bei R3 neben dem Meta-Substituenten ein weiterer Substituent vor, ist es bevorzugt, dass dieser ausgewählt wird aus F, Cl, Br, I, OH oder O-SO2-CFss
In der vorliegenden Erfindung sollen unter Alkylgruppen, auch sofern sie Bestandteil anderer Reste sind, wenn nicht anders definiert, verzweigte und unverzweigte Alkylgruppen mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen verstanden werden.. Als Beispiele seien folgende Kohlenwasserstoffreste genannt: Methyl, Ethyl, Propyl, 1-Methylethyl (Isopropyl), n-Butyl, 2-Methylpropyl (iso-Butyl), 1-Methylpropyl (sec-Butyl), 1,1- Dimethylethyl (tert.-Butyl). Dabei sind von den Definitionen Propyl und Butyl die jeweiligen isomeren Formen mitumfaßt. Gegebenenfalls werden für die vorstehend genannten Alkylgruppen auch die gängigen Abkürzungen Me für Methyl, Et für Ethyl, Prop für Propyl und But für Butyl verwendet.
Als Alkylengruppen werden vorliegend verzweigte und unverzweigte Alkylenbrücken mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen angesehen. Beispielsweise werden genannt: Methylen, Ethylen, Propylen und Butylen. Sofern nicht anders angegeben, sind von den vorstehend genannten Bezeichnungen Propylen und Butylen sämtliche der möglichen isomeren Formen umfaßt. Dementsprechend umfaßt die Bezeichnung Propylen die isomeren Brücken n-Propylen, Methylethylen und Dimethylmethylen und die Bezeichnung Butylen die isomeren Brücken n-Butylen, 1-Methylpropylen, 2-Methylpropylen, 1,1-Dimethylethylen und 1,2-Dimethyl- ethylen.
Die Cycloalkyl-Gruppe soll erfindungsgemäß für einen gesättigten cyclischen Kohlenwasserstoffrest mit 3 bis 8 Kohlenstoffatomen stehen. Bevorzugt sind cyclische Kohlenwasserstoffe mit 3 bis 6 Kohlenstoffatomen. Beispiele sind Cyclopropyl, Cyclobutyl, Cyclopentyl, Cyclohexyl, Cycloheptyl und Cyclooctyl.
Alk loxy, welches gegebenenfalls auch als Alkoxy bezeichnet werden kann, bedeutet im Rahmen der Erfindung eine über ein Sauer stoffatom gebundene, geradkettige oder
verzweigte Alkylgruppe mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen. Besonders bevorzugt ist die Methoxygruppe.
Der Begriff Aryl steht für ein aromatisches Ringsystem mit 6 bis 10 Kohlenstoffatomen. Bevorzugte Arylreste sind Naphthyl und Phenyl, wobei der Phenylrest besonders bevorzugt ist. Gegebenenfalls werden für Naphthyl Naph und für Phenyl Ph als Abkürzungen verwendet. Unter Aryl-Alkylen oder Alkylen-Aryl werden im Sinne der Erfindung Arylgruppen verstanden, die über eineΑlkylenbrücke verknüpft sind, wobei die vorstehend genannten Definitionen für Alkylengruppen und Arylgruppen gelten. Erfindungsgemäß bevorzugte Alkylen-Aryl-Gruppen sind, soweit nicht anders definiert, Benzyl, 2-Phenylethyl und 3 -Phenylpropyl.
Halogen steht im Rahmen der vorliegenden Erfindung für Fluor, Chlor, Brom oder Jod, wobei Fluor, Chlor und Brom, soweit nicht anders definiert, bevorzugt sind.
Die oben dargestellten Ausgangsverbindungen der allgemeinen Formel I werden in Gegenwart eines Katalysators enantio selektiv hydriert. Bekanntermaßen wird die Hydrierung eines Moleküls von anderen im Molekül vorhandenen Chiralitätszentren beeinflußt. Dies ist bei den vorliegenden Verbindungen der Formel I jedoch nicht der Fall. Erfindungsgemäß kommt somit dem Katalysator bei dieser enantioselektiven Hydrierung eine wesentliche Bedeutung zu. Dieser ermöglicht die Synthese der Verbindungen der obigen Formel I direkt aus den Verbindungen der Formel II, ohne weitere Zwischenschritte oder eine aufwendige Trennung der isomeren Formen.
Enantioselektive Hydrierung soll in diesem Zusammenhang auch die diastereoselektive Hydrierung mitumfassen, da sich in den Verbindungen der allgemeinen Formel I ein weiteres chirales Zentrum befinden kann. Der Fachmann weiß jedoch was im vorliegenden Fall hierunter verstanden werden soll.
Der Katalysator der Erfindung enthält, wie vorstehend erläutert, ein Übergangsmetallion, wie Rhodium-(I), Ruthenium-(I), Iridium-(I) oder ein anderes geeignetes Übergangsmetall, wobei Rhodium-(I) bevorzugt vorliegt. Dieses Übergangsmetall ist mit zumindest einem Liganden in Form eines chiralen l,2-Bis(ρhospholano)maleinsäureanhydrids koordiniert.
Unter diesem l,2-Bis(phospholano)maleinsäureanhydrid soll gemäß der vorliegenden Erfindung besonders bevorzugt das System der allgemeinen Formel III verstanden werden
worin R
L1 und R
L2 gleich oder verschieden verzweigte ess ooddeerr uunnvveerzweigtes Cι-C
8-alkyl, bevorzugt C
1-C4-Alkyl, besonders bevorzugt Methyl, Ethyl oder iso-Propyl bedeuten.
Erfindungsgemäß besonders bevorzugt ist ein System der Formel III, in dem RL1 und RL2 die gleichen Bedeutungen aufweisen, besonders bevorzugt beide Methyl. Die als besonders bevorzugt letztgenannte Verbindung der Formel III, in der'RL1 und R 2 beide Methyl bedeuten, ist auch unter der Bezeichnung MalPhos im Stand der Technik bekannt.
Das oben dargestellte chirale l,2-Bis(phospholano)maleinsäureanhydrid stellt ein optional substituiertes zweizähniges Bisphospholan-System dar, d.h. zwei fünfgliedrige gesättigte Ringe mit jeweils einem Phosphoratom im Ring - die sogenannten Phospholan-Systeme - sind über die beiden Phosphoratome an die Doppelbindung eines Maleinsäureanhydrids gebunden. Derartige Liganden sind unter dem Handelsnamen MalPhos bekannt. Das Übergangsmetall bildet mit dem Liganden einen Komplex, der als Hydrierungskatalysator eingesetzt werden kann.
Nach einer weiterhin bevorzugten Ausführungsform weist der Katalysator folgenden Aufbau auf:
[Ligand^Übergangsmetall-Ligand2] Anion,
worin der Ligand1 das oben dargestellte, chirale l,2-Bis(phospholano)maleinsäureanhydrid der Formel EU bedeutet. Vorzugsweise handelt es sich bei dem Ligand2 um einen ungesättigten cyclischen Kohlenwasserstoff mit 3 bis 12 Kohlenstoffatomen, wobei Cyclopentadien, Benzol, Cyccloheptatrien oder Cyclooctadien-Systeme bevorzugt eingesetzt werden. Insbesondere bevorzugt wird als Ligand2 Cyclopentadien oder 1,5- Cyclooctadien (COD) herangezogen.
Der Ligand2 kann mit einer oder mehreren organischen Gruppen substituiert sein. In einer erfindungsgemäß bevorzugten Ausführungsform ist der Ligand2 unsubstituiert. Ist der Ligand2 dagegen substituiert, kommen als Substituenten lineare oder verzweigte Ci-Cβ- Alkylgruppen, insbesondere C1-C4- Alkylgruppen in Betracht. Im erfindungsgemäß eingesetzten Katalysator liegt vorzugsweise ein Anion als Gegenion zum Übergangsmetall-Kation-Komplex vor, wie beispielsweise BF4 ", CF3-CO-O", Cl", Br" oder I", wovon das BF4 "-Addukt bevorzugt ist.
Nachfolgend ist der im erfindungsgemäßen Verfahren besonders bevorzugte Hydrierungskatalysator, das MalPhos-Rhodium-l,5-Cycclooctadien-Tetrafluorboran- Addukt dargestellt:
Bekanntermaßen wird die Enantioselektivität der Hydrierung durch den eingesetzten
Katalysator beeinflußt, jedoch sind Voraussagen über Struktur- Wirkungs-Zusammenhänge bei derartig komplexen Systemen nur in wenigen Einzelfällen möglich. Bei der Entwicklung chiraler Liganden, die in derartigen Komplexen zum Einsatz kommen können, spielen die sterischen Gegebenheiten eine Rolle, wie beispielsweise eine bestimmte Konformationssteifigkeit des Komplexes. Neben den sterischen Parametern der Phospholane, die zusammen mit dem Ligandenrückgrat die Gesamtstruktur mitbestimmen und die Geometrie der Metallbindungsstelle festlegen, sind die elektronischen Eigenschaften der Donoratome (σ-/π-Donor-/Akzeptorvermögen) eine zweite Größe, welche maßgeblich die Eigenschaften katalytisch aktiver Übergangsmetallkomplexe bestimmen. Ferner scheint der elektronische Gesamtcharakter des Liganden von Bedeutung zu sein.
Eine Feinabstimmung der Konformations-, sterischen und elektronischen Eigenschaften der Liganden ist zwar unter erheblichem Aufwand möglich, aber aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Einflüsse kann nicht ohne weiteres ein systematischer Rückschluß auf die Wirksamkeit und Brauchbarkeit eines bestimmten Katalysators gezogen werden.
Außer den chemischen und physikalischen Eigenschaften der Liganden spielen auch die Kosten für das Übergangsmetall und die Liganden und die Aktivität und Stabilität des Katalysators eine Rolle, sowie die Möglichkeit diesen zurückzugewinnen utßd nach entsprechender Aufarbeitung erneut zu verwenden. Auch sind Katalysatoren nicht ohne weiteres kommerziell erhältlich und müssen mit aufwendigen Verfahren zunächst hergestellt werden. Diese Erwägungen kommen insbesondere bei Verfahren in großtechnischem Maßstab zum Tragen.
Aufgrund der obigen Erkenntnisse wurde eine sehr große Anzahl an Versuchen unternommen, um ein katalytisches System aufzufinden, welches die gewünschten Anforderungen in hohem Maße erfüllt. Es ist erfindungsgemäß gelungen in dem bereitgestellten Verfahren einen Hydrierungskatalysator einzusetzen, der nicht nur eine ausgezeichnete Aktivität und Stabilität hat und kostengünstig herstellbar ist, sondern auch hochenantioselektiv zu den gewünschten Produkten führt. So wird nach dem erfindungsgemäßen Verfahren eine enantioselektive Hydrierung im Bereich von über etwa 90 %, bevorzugt über etwa 95%, besonders bevorzugt über etwa 98% erreicht.
Nachfolgend soll das erfindungsgemäße Verfahren im Einzelnen erläutert werden:
Bei den Ausgangsverbindungen nach der obigen allgemeinen Formel I handelt es sich um Intermediate auf dem Weg zur Tipranavir-Synthese, die nach erfolgter enantioselektiver Hydrierung weiterverarbeitet werden können. Die Ausgangsverbindung nach der Formel I kann entweder in Form eines Isomers oder als Mischung aus E- und Z-Isomeren eingesetzt werden.
Es ist bei einigen Substituenten erforderlich, dass die Hydrierung in Gegenwart einer Base durchgeführt wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn R5 ein Wasserstoffatom oder eine Si(CH3)3 gruppe darstellt. Dies stellt allgemeines Wissen des Fachmanns dar, der weiß, wann der Einsatz einer entsprechenden Base erforderlich ist.
Vorzugsweise wird die Base ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus einem Hydroxid, C1-C5- Alkoxid, Bicarbonat, Carbonat, di- und tribasischem Phosphat, Borat, Fluorid, gegebenenfalls mit C1-C4-Alkyl oder Aryl substituiertem Amin, gegebenenfalls mit C1-C3- Alkyl substituiertem Silan. Besonders bevorzugt ist die Base ein Alkali- oder Erdalkali- Methanolat, -Ethanolat oder -Carbonat, besonders bevorzugt ein Carbonat. Besonders bevorzugte Alkali- oder Erdalkali- Alkoholate oder -Carbonate sind diejenigen des Natriums, Kaliums, Calciums oder Magnesiums, wobei denjenigen des Natriums und Kaliums, insbesondere des Natriums, erfindungsgemäß herausragende Bedeutung zukommt.
Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn die Base in einer Menge von etwa lmol% bis etwa 20mol%, bevorzugt etwa 5 mol% bis etwa 15 mol% eingesetzt wird.
Es ist zweckmäßig, die Hydrierung unter Inertgasatmosphäre durchzuführen. Hierfür geeignet sind Stickstoffgas oder ein Edelgas, wie Argon, wobei Stickstoff aus Kostengründen bevorzugt eingesetzt wird.
Vorteilhafterweise wird die erfindungsgemäße Hydrierung in einem Lösungsmittel durchgeführt. Als Lösungsmittel können erfindungsgemäß die üblicherweise für Hydrierungsreaktionen verwendeten herangezogen werden. Beispielhaft seien genannt: Methanol, Ethanol, Aceton, Methylenchlorid, Ethylacetat, Toluol, Xylol und Acetonitril. Besonders bevorzugt kommen Methanol und Ethanol als Lösungsmittel zum Einsatz.
Es hat sich als besonders vorteilhaft ergeben, wenn der Katalysator zuletzt zur Reaktionsmischung zugegeben wird. Dies ist aber nicht in jedem Fall erforderlich. Die Menge an eingesetztem Katalysator beträgt vorzugsweise etwa 0,001 mol% bis etwa 5 mol%, bevorzugt etwa 0,01 mol% bis etwa 0,5 mol%, insbesondere etwa 0,05 mol% bis etwa 0,15 mol%. Hieraus resultiert das Verhältnis (in Mol) von Substrat/Katalysator von etwa 200/1 bis 5000/1, bevorzugt etwa 500/1 bis etwa 3000/1, insbesondere etwa 1000/1 bis etwa 2000/1.
Nach einer bevorzugten Ausführungsform wird der Katalysator zunächst in einem Lösungsmittel dispergiert oder gelöst und dann der Reaktionsmischung, enthaltend die zu hydrierende Verbindung, Lösungsmittel und gegebenenfalls eine Base, zugegeben. Vorzugsweise wird dann für den Katalysator und die Reaktionsmischung dasselbe
Lösungsmittel verwendet. Der Katalysator kann aber auch ohne Lösungsmittel zugesetzt werden.
Nach oder während Zugabe des Katalysators wird die Hydrierung begonnen. Die Hydrierung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird vorzugsweise in einem
Temperaturintervall von etwa 20°C bis etwa 100 °C, bevorzugt etwa 40°C bis etwa 80°C, insbesondere bevorzugt zwischen etwa 50°C und etwa 70°C, ganz besonders bevorzugt bei etwa 60°C durchgeführt. Es empfiehlt sich,'ώιsbesondere, wenn empfindliche Rektionsgruppen im Molekül vorhanden sind, dass die Temperatur etwa 100°C, in Einzelfällen etwa 80°C nicht überschreitet. Zum Beispiel wird eine im Molekül vorhandene Nitrogruppe bei Temperaturen über etwa 80°C zur Aminogruppe reduziert, was unerwünscht sein kann. Temperaturen unterhalb von etwa 20°C verlangsamen die Reaktion derart, dass dies aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr von Interesse ist.
Im Rahmen der erfindungsgemäßen Hydrierung ist die Höhe des eingestellten Drucks nicht besonders beschränkt. Dieser dient im wesentlichen dazu, die Reaktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Jedoch ist es zweckmäßig, den Wasserstoffdruck bei der Hydrierung im Bereich von etwa 2 bar bis etwa 200 bar, bevorzugt etwa 10 bar bis etwa 50 bar, besonders bevorzugt zwischen etwa 15 bar und etwa 40 bar einzustellen.
Die erfindungsgemäße Hydrierung wird bevorzugt für eine Umsetzungsdauer von etwa lh bis etwa 100h, besonders bevorzugt etwa 5h bis etwa 40h, insbesondere bevorzugt etwa 10h bis etwa 30h durchgeführt. Erfindungegmäß ist es daher mit relativ kurzer Umsetzungsdauer von etwa 24 h möglich, eine Enantioselektivität von über etwa 90%, bevorzugt über etwa 95%, insbesondere sogar über etwa 98% zu erreichen. Dies zeigt die deutliche Überlegenheit gegenüber den bislang im Stand der Technik bekannten Systemen, welche diese Selektivität nicht in diesem Maße zeigen.
Das erhaltene hydrierte Produkt kann einer zusätzlichen Reinigung, beispielsweise ein oder mehreren Waschschritten und/oder einem Umkristallisieren in dem verwendeten Lösungsmittel, unterzogen werden, und kann in üblicher Weise abgetrennt und aufgearbeitet werden.
Es ist für den betrauten Fachmann ohne weiteres möglich, die geeignetsten Reaktionsbedingungen, wie Temperatur, Druck, Lösungsmittel, Umsetzungsdauer und
dergleichen für die jeweilige Hydrierung auszuwählen und einzustellen und diese anhand weniger orientierender Versuche entsprechend zu optimieren.
Die mit der Erfindung verbundenen Vorteile sind vielschichtig: Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht den einfachen Zugang zu bislang nur relativ schwer zugänglichen Isomeren, wobei dies auch in großtechnischem Maßstab mit ausgezeichneter Produktivität möglich ist. Das erfmdungsgemäße Verfahren erlaubt es, das gewünschte Produkt nicht nur in hohen Ausbeuten, sondern auch mit sehr hoher Enantioselektivität bereitzustellen. Es sind keine zusätzlichen Reinigungsschritte erforderlich, die Produkte können so wie sie anfallen direkt weiterverarbeitet werden.
Der erfmdungsgemäß eingesetzte Hydrierungskatalysator zeigt eine hohe Leistungsfähigkeit, insbesondere in Form einer ausgezeichneten Aktivität und Stabilität und ist hochenantioselektiv, so dass man in einfacher Weise zu den gewünschten Produkten gelangt. Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird hierbei eine
Enantioselektivität im Bereich von über etwa 90 %, bevorzugt über etwa 95%, besonders bevorzugt über etwa 98% erreicht. Ausgehend vom E-/Z-Isomerengemisch kann somit eine aufwendige Trennung in die beiden Isomeren vermieden werden, man erhält vielmehr nur das gewünschte Isomer in hydrierter Form, wobei dies nicht nur im Labormaßstab, sondern auch bei großindustriellen Anlagen funktioniert.
Die für den großtechnischen Einsatz vorhandenen wirtschaftlichen Anforderungen, wie hohe Leistungsfähigkeit hinsichtlich Selektivität, Ausbeute und Variabilität werden somit durch den erfindungsgemäßen Katalysator in hohem Maße erfüllt. Darüber hinaus sind die im Hydrierungsverfahren der Erfindung eingesetzten Katalysatoren kostengünstig herstellbar. So sind die Ausgangsprodukte für die Herstellung von MalPhos deutlich billiger, verglichen mit den Ausgangsmaterialien für DuPhos, so dass bereits die Herstellung des Katalysators viel kostengünstiger ist.
Auch die Effizienz des erfmdungsgemäß eingesetzten Katalysator-Systems ist dem des Standes der Technik deutlich überlegen. So laufen beispielsweise mit Rhodium-Malphos- Systemen katalysierte Umsetzungen schneller und mit höherem Enantioselektivität ab, verglichen mit den entsprechenden DuPhos-Systemen.
Erfmdungsgemäß wird demnach der einfache Zugang zu einer Substanzklasse wichtiger Arzneimittel möglich, den nicht-peptidischen HJV-Protease-lnhibitoren, wie Tipranavir, so dass die technische Lehre der Erfindung eine wertvolle Bereicherung für den Pharmaziesektor bedeutet.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Beispiels, welches die erfindungsgemäße Lehre nicht beschränken soll, im einzelnen beschrieben. Dem Fachmann sind im Rahmen der erfindungsgemäßen Offenbarung weitere Ausführungsbeispiele offensichtlich. is-
Beispiel 1:
Es wurde eine erfindungsgemäße enantioselektive Hydrierung ausgehend von der nachfolgenden Verbindung 1 durchgeführt:
Verbindung 1 distereoselektiv hydrierte Verbindung 1 MW = 421,50 MW = 423,51 Summenformel C sH2 NOs Summenformel: C25H29NO5
Die Hydrierung wurde wie folgt durchgeführt:
In einem 500 ml -Autoklav wurden 67 g der Verbindung 1, 270 ml Methanol und 1,7 g Natriumcarbonat vorgelegt. Nach vollständiger Inertisierung wurde unter Stickstoff eine Lösung von 96,8 mg Malphos-[Rh(COD)]-BF4 in 10 ml entgastem Methanol zugegeben. Anschließend wurde bei ca. 60°C und ca. 10 bar Wasserstoffdruck für ca. 24 h gerührt.
Die Hydrierlösung wurde mit 14 ml Methanol in einen Glasreaktor überspült, auf ca. 50°C erwärmt und mit Salzsäure (32%) auf einen pH- Wert von ca. 1,4 eingestellt. Während 2 h wurden bei ca. 50°C 61 ml Wasser zugetropft. Anschließend wurde während 3 h auf 20°C
abgekühlt, 1,5 h bei dieser Temperatur nachgerührt und schließlich das kristalline Produkt abgesaugt. Es erfolgte ein Nachwaschen mit 133 ml Methanol/Wasser (2:1) und Trocknen bei ca. 45°C i.vac, wodurch ca. 50,5g (ca. 80%) der hydrierten Verbindung 1 erhalten wurden.
Chemische und optische Reinheit:> 98% (1H-NMR).