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Patentanmeldung
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Verfahren zur kontinuierlichen Reinigung von Abgasen mit Aktivkohle
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur kontinuierlichen Reinigung von
Abgasen durch Chemosorption und Adsorption der gasförmigen Schadstoffe an Aktivkohlen
und Desorption dieser Schadstoffe oder ihrer Reaktionsprodukte.
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In der Literatur werden trockene und nasse bzw. naßkatalytische Verfahren
zur adsorptiven Abgasreinigung unterschieden. Die trockenen Verfahren arbeiten oberhalb
des Taupunktes der Abgase, erfordern bei einer Zurückführung des Adsorbens aber
entweder eine thermische Desorption oder nach einer Extraktion mit einem flüssigen
Extraktionsmittel eine Trocknung. Die nassen bzw. naßkatalytischen Verfahren arbeiten
hingegen unter-
halb des Taupunktes der Abgase, so daß die meist
wasserdampfgesättigten Reingase aufgeheizt werden müssen. Dies wird oft als Nachteil
empfunden, der sich jedoch mit Hilfe eines Wärmeaustauschers zwischen heißem Abgas
und Reingas beseitigen läßt. Die Desorption der Schadstoffe erfolgt durch Extraktion
oder Waschen des Adsorbens.
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Als Beispiel für ein trockenes Verfahren zur kontinuierlichen Reinigung
von Abgasen mit Aktivkohle sei das Rauchgasentschwefelunsverfahren der Bergbau-Forschung
(Chemische Industrie, August 1975, Seiten 437 bis 461) genannt. Ein Wanderschichtreaktor
wird hier als Adsorber verwendet. Die beladene Aktivkohle wird im Desorber mit erhitztem
Sand gemischt und bei einer Temperatur zwischen 500 und 6500C regeneriert.
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Dabei fällt ein S02-Reichgas an, das zu Schwefel oder Schwefelsäure
aufgearbeitet werden kann. Da in dem sich ständig erneuernden Filterbett auch Feststoffpartikel
abgeschieden werden, ist eine zusätzliche Staubabscheidung nicht erforderlich. Nachteilig
ist jedoch die für das Verfahren erforderliche apparativ und energetisch aufwendige
Regenerationsanlage.
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Außerdem ist je nach Härte der verwendeten Aktivkohle mit einem nicht
unerheblichen Abrieb zu rechnen, der durch ständige Ergänzung frischer Aktivkohle
kompensiert werden muß.
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Als Beispiel für ein naßkatalytisches Verfahren zur kontinuierlichen
Reinigung von Abgasen mit Aktivkohle sei der Lurgi-SULFACID-Prozeß (Lurgi Schnellinformation
T 1260/11.77) genannt. Das Verfahren wird
ebenfalls zur Abscheidung
von Schwefeldioxid aus Abgasen genutzt. Das Rohgas wird dabei bei einer Temperatur
von 50 bis 800C durch ein Aktivkohlefestbett geleitet. In Gegenwart von Wasser und
Sauerstoff wird das Schwefeldioxid in der Aktivkohle zu Schwefelsäure umgewandelt,
die periodisch mit Wasser im Gegenstrom ausgewaschen wird. Um eine gleichmäßige
Reinigung der Abgase zu erzielen, wird dabei jeweils nur ein Segment des Festbettes
mit Wasser bedüst. Die Adsorptionsfähigkeit dieses Segments vermindert sich infolge
des die Aktivkohlekörner umschließenden Wasserfilms erheblich. Die Gefahr eines
Schwefeldioxid- Durchbruchs ist jedoch gering, da gleichzeitig der Strömungswiderstand
erhöht wird. Um die Dicke des Wasserfilms zu mindern und damit die Adsorptionsgeschwindigkeit
zu erhöhen, wird die gewaschene Aktivkohle mit dem ungesättigten Rohgas getrocknet.
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Als nachteilig ist anzusehen, daß aufgrund der langen Trocknungszeit
bis zur Erlangung der maximalen Adsorptionsfähigkeit der trockenen Aktivkohle eine
Höhe des Festbettes erforderlich ist, die weit größer ist, als sie für die Adsorption
an unbeladener Aktivkohle erforderlich wäre. Weiterhin ist das Festbett mit der
periodischen Desorption für staubhaltige Rohgase weniger geeignet, da der Staub
sich zwischen den Aktivkohlekörnern festsetzt und durch die laminare Strömung des
Wasserfilms nicht fortgespült wird. Es wird daher vorgeschlagen, die Rohgase vor
dem Eintritt in das Festbett mit der in dem Prozess anfallenden Dünnsäure zu waschen
und diese dadurch aufzukonzentrieren. Damit würde man jedoch ein gesättiges Rohgas
erhalten,
das nicht in der Lage ist, das gewaschene Festbettsegment zu trocknen. Als Vorteil
ist der geringe apparative und energetische Aufwand bei diesem Verfahren anzusehen.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein nasses bzw. naßkatalytisches Verfahren
zur kontinuierlichen Reinigung von Abgasen mit Aktivkohle zu entwickeln, das die
geschilderten Nachteile nicht aufweist.
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Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß die Aktivkohle im Rotor einer
Siebzentrifuge angeordnet ist, der von außen nach innen von dem Abgas durchströmt
wird, während gleichzeitig das Desorptionsmittel gleichmäßig die Aktivkohleschicht
im Gegenstrom zum Abgas durchfließt.
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Als Desorptionsmittel reicht oft schon das Kondensat des im Abgas
enthaltenen Wasserdampfes. Zusätzliche Waschflüssigkeit kann auf die im Bereich
des Rotors perforierte Hohlwelle der Siebzentrifuge gleichmäßig aufgetragen werden.
Dies erfolgt entweder mit Düsen oder vorzugsweise mittels auf der Innenseite der
Hohlwelle schleifender Bürsten. Als Waschflüssigkeit dient im allgemeinen Wasser
oder Dünnsäure. Als Aktivkohle kann eine Schüttung aus gekörnter Aktivkohle wie
Strangpreßlinge oder Pellets,insbesondere solche mit einem Durchmesser von weniger
als 1 mm verwendet werden. Bevorzugt werden jedoch Vliese, Filze oder Gewebe von
Aktivkohlefasern, die ring- oder spiralförmig in den Rotor eingelegt werden.
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Je nach Art der vorliegenden Schadstoffe kann die katalytische Aktivität
der Aktivkohle durch Dotierung mit Schwermetall- oder Halogenverbindungen erhöht
werden, wie dies beim Chemosorptionsverfahren mit Aktivkohle üblich ist.
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Wie Vorversuche gezeigt haben, reichen bereits geringe Zentrifugalbeschleunigungen
von 5 G (5-fache Erdbeschleunigung) aus, um die Dicke des Flüssigkeitsfilmes erheblich
zu reduzieren. Vorzugsweise wird jedoch mit einer mittleren Zentrifugalbeschleunigung
zwischen 100 und 800 G gearbeitet. Ein Aktivkohlevlies mit einem Faserdurchmesser
von 8 Fm, einem Raumgewicht von 50 kg/m3 undeiner spezifischen Oberfläche von 1200m2
/g nimmt bei Raumtemperatur etwa das 20-fache des Aktivkohlevolumens an 40%iger
Schwefelsäure auf. Das entspricht etwa einer mittleren Schichtdicke von 31 µm. Bei
einer Zentrifugalbeschleunigung von 5 G verringert sich diese Schichtdicke auf etwa
11,6 m.
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Bei 100 G verbleibt nur noch eine mittlere Schichtdicke von etwa 8
µm und bei 800 G eine von 2 Am auf der Aktivkohlefaser.
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Es hat sich weiterhin gezeigt, daß staubförmige Verunreinigungen von
dem strömenden Wasserfilm ebenfalls ausgetragen werden, so daß eine Verstopfung
des Aktivkohlebettes nicht zu befürchten ist.
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Da die adsorbierten Schadstoffe bzw. deren Reaktionsprodukte kontinuierlich
ausgewaschen werden, sind nur sehr geringe Betthöhen erforderlich im Vergleich mit
dem bekannten Verfahren. Diese Tatsache erlaubt den
Einsatz von
sehr feinkörniger Aktivkohle und Aktivkohlefasern mit sehr großen Austauschflächen,
ohne daß der Druckverlust zu hoch wird.
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Neben Schwefeldioxid können mit dem erfinderischen Verfahren ebenso
wie mit den beschriebenen bekannten Verfahren auch Schadstoffe wie HCl, Cl2, Com12,
PH3, HF, NO oder H2S aus Abgasen entfernt werden. Das Desorptionsmittel muß dabei
in einigen Fällen entsprechend dem jeweiligen Schadstoff ausgewählt werden.
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So werden H2 5 und Mercaptane an Aktivkohle zu Schwefel und Disulfiden
oxidiert und können mit organischen Lösungsmitteln extrahiert werden.
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Obwohl das Verfahren durchaus geeignet ist, auch Abgase mit geringem
Schadstoffgehalt zu reinigen, zeigen sich die Vorteile insbesondere bei hoher Schadstoffbelastung,
die erhöhte Betthöhen bzw.
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schnell aufeinanderfolgende Waschzyklen bei dem bekannten Verfahren
erfordern, so daß eine Trocknung des Festbettes nur unvollständig durchgeführt werden
kann. Es hat sich überraschenderweise gezeigt, daß das Verfahren im hohen Maß unempfindlich
gegenüber starken Schwankungen im Schadstoffgehalt der Abgase ist und auch eine
hohe Konzentration der Schadstoffe oder ihre Reaktionsprodukte im Desorbat zugelassen
werden können, ohne daß die Qualität des Reingases vermindert wird.
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Das erfinderische Verfahren wird anhand einiger Beispiele näher beschrieben,
ohne darauf beschränkt zu sein. Die Versuche wurden mit der in Fig. 1 dargestellten
Apparatur durchgeführt. Sie zeigt eine Sicbzentrifuge mit der Eintrittsöffnung (1)
für das Abgas in dem vorderen Gehäuse (2) der Zentrifuge. Das Abgas durchströmt
die in dem Rotor (3) angeordnete Aktivkohleschicht (4) und tritt als Reingas aus
dem perforierten Teil (5) der Hohlwelle (6) aus. Die Hohlwelle (6) ist an der Stelle
(7) gegen das vordere Gehäuse (2) abgedichtet. Das Reingas verläßt die Zentrifuge
über einen Auslaß (8) im hinteren Gehäuseteil (9). Das Desorptionsmittel wird über
die Leitung (10), die an ihrem Ende mit Bohrungen und einem Bürstenkörper ausgestattet
ist, auf den perforierten Teil (5) der Hohlwelle aufgetragen. Das Desorbat wird
über einen Siphon (11) am unteren Teil des vorderen Gehäuses (2) ausgetragen. Der
Rotor (3) kann über die Welle (12) mit der gewünschten Drehzahl angetrieben werden.
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Die Vergleichsversuche wurden in der in Fig. 2 dargestellten Apparatur
durchgeführt. Das Abgas tritt über die Leitung (21) in die Adsorptionskolonne (22)
ein und strömt durch die Aktivkohleschicht (23). Das Reingas verläßt die Adsorptionskolonne
(22) über die Leitung (24). Das Desorptionsmittel wird über die Leitung (25) auf
die Aktivkohleschicht (23) aufgesprüht. Das Desorbat wird über den Siphon (26) ausgetragen.
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Beispiel 1 Als Reaktor wird die in Fig. 1 dargestellte Apparatur mit
einer Aktivkohleschicht aus zylindrischen Aktivkohleformkörpern auf Steinkohlebasis
3 (Zylinderdurchmesser: 4 mm, Schüttgewicht: 320 kg/m3, spezifische Oberfläche:
1200 m2/g) verwendet. Die Betthöhe in Strömungsrichtung beträgt 20 cm. Die Drehzahl
des Rotors wird so eingestellt, daß in der Mitte der Betthöhe eine Zentrifugalbeschleunigung
von 200 G (G = Erdbeschleunigung) besteht.
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3 3 Das Abgas (S02 = 2 g/m ; H20 = 190 g/m ; Luft) wird bei 800C
in die Apparatur eingeleitet. Die Gasgeschwindigkeit in der Mitte der Betthöhe beträgt
0,1 m/s auf den freien Querschnitt bezogen. Im Gegenstrom wird die Aktivkohle mit
Wasser als Desorptionsmittel bei 80°C gewaschen. Auf den mittleren freien Querschnitt
der Aktivkohleschicht bezogen werden 2,7 kg/m2h Desorptionsmittel gebraucht.
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3 Im Reingas werden noch 0,4 g/m S02 gemessen. Das entspricht einem
Reinigungseffekt von 80 %. Als Desorbat wird eine 25%ige Schwefelsäure erhalten.
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Beispiel 2 Als Reaktor wird die in Fig. 1 dargestellte Apparatur mit
einer Aktivkohleschicht aus mehreren übereinander liegenden ringförmigen Wicklungen
eines Aktivkohlefaservlieses auf Viskosebasis (Faserdurchmesser: 8 µm, Raumgewicht:
50 kg/m3, spezifische Oberfläche 1200 m2/g) verwendet. Die Betthöhe beträgt 10 cm.
Die Zentrifugalbeschleunigung und die Gasgeschwindigkeit entsprechen dem Beispiel
1.
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Das Abgas (PH3 = 0,5 g/m3, O2 = 7 g/m3, H20 = 17 g/m3,
Stickstoff)
wird bei 200C in die Apparatur eingeleitet. Im Gegenstrom wird die Aktivkohleschicht
mit 1,32 kg/m2h (auf den mittleren freien Querschnitt bezogen) 10%iger Phosphorsäure
bei 20°C gewaschen.
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Das Reingas ist über die gesamte Versuchsdauer von 30 h frei von Phosphin.
Das Desorbat enthält etwa 30 Gew.% Phosphorsäure.
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Beispiel 3 Unter den g]eichen Bedingungen wie in Bespiel 1 wird
ein Abgas (HCl = 15 g/m3, H2O = 190 g/m3, Luft) an 2 g/m , Luft) an einer Aktivkohleschicht
aus Sphäroiden auf Pechbasis (Durchmesser: 0,7 mm, spezifische Oberfläche: 1200
m2/g) adsorbiert und mit 26,4 kg/m2h (bezogen auf den freien mittleren Quersdhnitt)
Wasser desorbiert.
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Im Reingas kann auch nach mehrstündigem Betrieb kein HCl gemessen
werden. Im Desorbat sind 17 Gew.% Salzsäure enthalten.
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Beispiel 4 Unter ähnlichen Bedingungen wie in Beispiel 2 wird Abgas
(Cl2 = 0,5 g/m3, CO Cl2 = 0,5 g/m3, H20 17 g/m3, Stickstoff) an einem 20 cm hohen
Aktivkohlefaservliesbett chemosorbiert. Als Desorptionsmittel werden 79 kg/m2h (bezogen
auf den freien mittleren Querschnitt) Wasser verwendet. Die Zentrifugalbeschleunigung
beträgt 300 G. Während der 20-stündigen Versuchsdauer können auf der Reingasseite
keine meßbaren Durchbrüche von Chlor, Salzsäure oder Phosgen festge-
stellt
werden. Das Desorbat enthält zwischen 0,4 und 0,5 Gew.% Salzsäure.
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Beispiel 5 Das Beispiel 1 wird mit einer Aktivkohlefaserschicht wie
in Beispiel 4 bei einer Zentrifugalbeschleunigung von 600 G ohne zusätzliche Wasseraufgabe
wiederholt.
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Der aus dem Abgas kondensierte Wasserdampf wirkt als Desorptionsmittel.
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Das Reingas enthält auch nach 8-stündigem Betrieb der Anlage kein
meßbares SO2. Das Desorbat hat einen Schwefelsäuregehalt von 30 Gew.%.
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Beispiel 6 (Vergleich) Das Beispiel 1 wird unter sonst gleichen Bedingungen
in der in Fig. 2 dargestellten Vergleichsapparatur wiederholt. Im Reingas werden
noch 1,5 g/m3 SO2 gemessen. Das entspricht einem Reinigungseffekt von nur 25 %.
Das Desorbat enthält nur 8 Gew.% Schwefelsäure.
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Beispiel 7 (Vergleich) Das Beispiel 2 wird unter sonst gleichen Bedingungen
in der in Fig. 2 dargestellten Vergleichsapparatur wiederholt. Der Versuch muß nach
kurzer Zeit abgebrochen werden, da das Waschwasser die Aktivkohleschicht ohne Unterbrechung
des Abgasstromes nicht durchfließen kann.
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BeispIel~8~~(yger#eich) Das Beispiel 3 wird unter sonst gleichen Bedingungen
in der in Fig. 2 dargestellten Verg]eichsapparatur wiederholt. Auch dieser
Versuch muß abgebrochen werden, weil das Waschwasser die Aktivkohleschicht ohne
Unterbrechung des Abgasstromes nicht durchfließen kann.
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Beispiel 9 (Vergleich) Das Beispiel 5 wird unter sonst gleichen Bedingungen
in der in Fig. 2 dargestellten Vergleichsapparatur wiederholt. Es wird kein Desorbat
erhalten. Nach einer Versuchsdauer von etwa 4 h zeigt sich ein Schwefeldioxid-Durchbruch.
Im weiteren Verlauf des Versuchs steigt die Schwefeldioxid-Konzentration im Reingas
ständig an.
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Wie die Beispiele zeigen, ist es möglich, unter Einwirkung einer Zentrifugalbeschleunigung
in Höhe einer mehrfachen Erdbeschleunigung bei gleichzeitiger Desorption die Adsorption
bzw. Chemosorption von Schadstoffen aus Abgasen an Aktivkohlen wesentlich zu steigern.
Bei sehr dichten Aktivkohleschichten wird die gleichzeitige Desorption unter diesen
Verhältnissen erst möglich. Weiterhin läßt sich aus den Beispielen erkennen, daß
bei gleicher Betthöhe infolge intensiverer Desorption erheblich längere Adsorptions-bzw.
Chemosorptionszeiten verwirklicht werden können.
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Schon nach kurzer Zeit stellt sich im Gegensatz zu den Verfahren nach
dem Stand der Technik in dem gesamten Bett ein Gleichgewicht ein, das sich nicht
mehr verändert, sodaß die Gefahr eines Schadstoffdurchbruchs auch im Dauerbetrieb
nicht besteht.
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