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Ein wesentlicher Bestandteil und wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaziele weitweit und zum Gelingen der Energiewende in Deutschland ist die Bereitstellung von Synthesegas, produziert aus Biomassen insbesondere biogenes Rest- und Abfallholz.
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Hierbei stellt die Biomassevergasung eine wichtige Technologie zur Umsetzung von festen Energieträgern zu einem universell einsetzbaren Energieträger dar. Nicht zuletzt aufgrund der weltpolitischen Lage ist auch anzustreben Erdgas durch regenerativ erzeugtes Gas zu substituieren.
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Die Wirbelschichtvergasung hat sich als besonders geeignet für die Vergasung von Biomassen erwiesen, weil die Anforderungen an die Partikelgröße des Einsatzstoffes bei weitem nicht so hoch sind (1 - 20 mm) im Vergleich zur Flugstromvergasung (< 100 µm) mit zusätzlich erforderlicher Torrefizierung, die sich nachteilig, aufgrund von Massenverlust, auf die Flugstromtechnologie auswirken kann.
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Die Einsatzfähigkeit der Wibelschichtvergasung im industriellen Maßstab wurde bereits über lange Zeiträume in großtechnischen Anlagen nachgewiesen, aber hauptsächlich bei der Vergasung von Braunkohlen. Hierbei ist aber festzuhalten, dass der Alkaligehalt mit < 5 % in der Braunkohlenasche erheblich geringer ist als bei Einsatz von Biomassen, die je nach Art, Provenienz, saisonale Begebenheiten (Regenzeit) bis zu 50 % an Natrium und Kalium aufweisen können.
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Zur Umwandlung zu Synthesegas können holzartige Reststoffe aus Gewerbe und Industrie, Hölzer und Stroh aus Land und Forstwirtschaft, Straßenbegleitgrün, kommunale nicht recycelbare Abfälle usw. eingesetzt werden.
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Ein Problem hierbei ist, dass das Einsatzmaterial, wie Stroh und Kunststofffraktionen, oft stark mit Alkalien (Na, K) und/oder Chlor versetzt ist und deren Nutzung zu vielfältigen Problemen durch Alkalikorrosion innerhalb einer Vergasungsanlage führen kann. Verstärkt wird dieser Nachteil noch dadurch, dass die eingesetzten Biomassen sehr unterschiedlich hohe Anteile an korrosiven Zusammensetzungen aufweisen können.
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Bei der Vergasung im heißen Bereich des Vergasers (Wirbelschichtbereich & Nachvergasungszone) werden die Alkaliverbindungen gasförmig und diffundieren zum Teil innerhalb der Poren der feuerfesten Ausmauerung und kondensieren in kälteren Bereichen der feuerfesten Zustellung und wirken korrosiv. Die Alkalikorrosion, auch „Alkalibursting“ genannt, ist in der Feuerfestindustrie ein bekanntes Phänomen. Nach der Verdampfung der Alkalien und Verteilung innerhalb der Ausmauerung kommt es durch Kondensation und Feststoffreaktionen zur einer Volumenzunahme. Dies hat zur Folge, dass im Materialgefüge Abplatzungen mit nachfolgender Zerstörung erfolgten. Aber nicht nur die Ausmauerung unterliegt einem Korrosionsangriff durch Alkalien, sondern auch die Ankerstifte, die zur Befestigung der Auskleidung eingeschweißt werden, sind einem erhöhten Korrosionsangriff unterworfen.
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Ein weiterer Anteil gasförmiger Alkalien wird mit dem Rohgasstrom in nachgeschalteten Anlagenkomponenten, wie Rohgaskühler und Warmgasfilter, transportiert, wo sie ebenfalls kondensieren und durch Verklebungen, Verringerung des Wärmeübergangs und Zunahme des Druckverlustes den Anlagenbetrieb erheblich stören können.
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Die Abscheidung von Alkalien mittels geeigneter keramischer Sorptionsmaterialien ist bekannt und vielfach beschrieben. Hierfür werden vorwiegend natürliche, alumosilikatische Materialien, z.B. Bentonit, Kaolin, Bauxit, Zeolithe usw. eingesetzt. Diese sind bei den Einsatztemperaturen in Verbrennungs- und Vergasungsanlagen von bis zu 1000 °C und teilweise höher thermisch stabil. Die Einbindung der Alkalien erfolgt durch eine Kombination von physikalischer Adsorption und chemischer Absorbtion. Vor allem letztere bewirkt durch die Bildung stabiler Alkali-Alumosilikat-Phasen, z.B. Albit, Nephelin, Orthoklas, Mikroklin etc., hohe Gasreinheiten, die deutlich unter 1 ppmvol Gesamtalkaligehalt im Gas liegen können. Eine hohe verfügbare Oberfläche der Materialien und ein Aluminium-Silizium-Verhältnis, das den Reaktionsprodukten entspricht, sowie Wasserdampf und geringe Chlorkenzentrationen im Gas begünstigen aufgrund der Sorptionsmechanismen die Einbindung der Alkalien. Bisher wurde aber hauptsächlich versucht, die Trennung der Alkalien vom Rohgasstom mittels sorptiven Schüttungen in nachgeschalteten Anlagenbereichen durchzuführen.
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Allerdings ist mit dieser Maßnahme ein Schutz der Ausmauerung des vorgeschalteten Vergasers, Rückführzyklons und Rohgaskühlers vor „Alkalibursting“ und Kondensation nicht möglich. Ein weiterer Nachteil ist auch, dass die noch im Rohgasstrom befindlichen Staub-/Kohlenstoffpartikeln, die die Schüttungen in kurzer Zeit verstopfen würden. Zusätzlich erfordern die verfahrensbedingten geringen Leerohrgeschwindigkeiten großvolumige Apparate.
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In der
DE 10 2017 219 786 A1 wird ein Verfahren zur Alkalisorption aus Biomasserohgas beschrieben, allerdings ist hierbei vorgesehen, die relevanten Sorptionmaterialien bei der Pelletproduktion beizugeben. Über einen Verbleib der gesättigten Mateialien wird nicht berichtet.
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In der
WO 2009/080334 A2 wird vorgeschlagen, das Sorptionmaterial mit dem Brennstoff in einem Flugstromvergaser einzuführen. Nachteilig bei dieser Variante ist, dass man immer wieder neue Sorptionstoffe einsetzen muss, weil eine Abscheidung von flüssigen Aschepartikeln beschrieben wird und somit das Sorptionsmaterial nur einmal zur Verfügung steht. Das gemeinsame Aufschmelzen von Sorptionsmaterial und Asche wirkt sich in Abhängigkeit der Aschezusammensetzung oft nachteilig auf die Kapazität des Sorptionsmaterials sowie die erreichbare Gasreinheit aus.
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Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen möchte man zur Verhinderung von Alkalibursting zwar keramische Sorptionsmaterialen einsetzen, aber diese müssen verfahrensbedingt immer wieder neu zugemischt werden oder müssen nach Sättigung entsorgt werden, welches kein nachhaltiger Lösungsansatz sein kann. Hinzu kommt, dass im Betrieb weder der Sättigungsgrad der Sorptionsmaterialien überprüft werden kann noch ihre Zugabe dementsprechen schnell und flexibel angepasst werden kann, was in der Regel aus Sicherheitsgründen zu einer Überdosierung führen wird.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die eine Wirbelschichtvergasung von hochalkalihaltigen Biomassen ermöglicht und gleichzeitig die Sorptionsmaterialien, durch eine geeignete Messvorrichtung, nur bei Bedarf zumischt. Gleichzeitig ist vorgesehen, dass durch Messungen der Alkalien im Rohgas der Zustand der Sorptionsmaterialien detektiert wird und diese bei Bedarf ausgetragen werden können. Zur Online-Alkalimessung sind in jüngster Zeit einige marktreife Technologien entwickelt worden (Verdant Chemical Technologies/Schweden; Paul Scherer Institut/ Schweiz), die auf dem Prinzip der Oberflächenionisation beruhen.
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Laut Beschreibung der Produzenten nachfolgend die Basis der Technologie: „Diese Online-Alkalimessung basiert auf dem Prinzip der Oberflächenionisierung von Alkalien auf einer Platinoberfläche. Ein Platindraht wird hierbei auf rund 1200°C erhitzt und diese Temperatur indirekt über den ohmschen Widerstand elektronisch geregelt. Alkali-Aerosole welche auf das heisse Platin treffen, werden zunächst aufgeschmolzen und anschliessend ionisiert. Die Ionisierung kann dadurch stattfinden, dass durch den Übergang eines Elektrons auf das Platin mehr Energie frei wird als für die Ionisierung von Alkalien benötigt wird. Da sich Alkalien durch die tiefsten lonisierungsenergien im Periodensystem auszeichnen, kann dieses Verfahren zur selektiven Detektierung von Alkalien eingesetzt werden. Die am Platinfilament produzierten Ionen werden durch Anlegen einer Spannung zwischen Platinfilament und einem Kollektor, in Richtung des Kollektors beschleunigt. Der entstehende Ausgleichsstrom der zwischen Kollektor und Filament fliesst, kann zur Quantifizierung der Alkalien benutzt werden. Die Messung erfolgt in Echtzeit und ermöglicht dadurch eine direkte Überwachung der Konzentration an Alkalien im Prozessgas mit einer hohen zeitlichen Auflösung“.
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In Ausgestaltung der Erfindung ist zusätzlich vorgesehen, dass die Partikelgröße der Sorptionsmaterialien so gewählt wird, dass sie im Rückführzyklon abgeschieden werden und immer wieder, bis zur Sättigung, rezirkuliert werden.
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Die mit Alkalien gesättigten Sorptionsmaterialien, zumeist Alumosilikate (z.B. Bentonit, Kaolin, Zeolithe), können als „alkaliaktivierte“ Alumosilikat-Bindemittel in der Bauindustrie eingesetzt werden z.B. als Binder zu Beton. Ein Vorteil gegenüber den derzeit u.a. eingesetzten Flugaschen ist eine geringere Schwankung in der chemisch-mineralogischen Zusammensetzung des Materials, die durch die Auswahl des Sorptionsmaterials gezielt eingestellt werden kann.
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Es ist bekannt, dass Beton weltweit, mit einem Anteil von ca. 90 %, der mit Abstand mesit eingesetzte Baustoff ist, der auch zukünftig nicht substituiert weden kann. Ein zentraler Bestandteil von Beton ist mit 10 - 15 % Zement und die CO2-Hauptlast entsteht bei der Portland-Zementherstellung - rund acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen (thermische Behandlung von Kalkstein bei ca. 1450 °C).
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Ein nachhaltiger Weg zur Optimierung des Betoneinsatzes besteht darin alternative Bindemittel zu entwickeln, um den klassischen auf Kalkstein basierenden Portlandzement zu reduzieren bzw. teilweise zu substituieren. Im Fokus der Forschung stehen vor allem alkaliaktivierte Bindemittel, die aus Nebenprodukten anderer Industrien (Hüttensand, Flugasche, Schlacke etc.) durch chemische Aktivierung hergestellt werden können, oder aber durch die durchgeführte Alkaliabscheidung bei der Biomassevergasung, möglicherweise schon als geeignete Kandidaten, evtl. nach Modifizierung, zur Verfügung stehen. Vorteilhaft ist hierbei, dass man die Alkali-gesättigten Sorbienten nicht umständlich entsorgen müsste.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Sorptionsmaterialien vor dem Rückführzyklon zugegeben werden und, zur Verhinderung von Strähnenbildung, diese mittels Venturi- oder statische Mischer im Rohgas verteilt werden. Es sind aber auch andere Mischvorrichtungen denkbar.
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Weitere Vorteile, Einzelheiten und Merkmale der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung sowie anhand der Zeichnungen 1 - 3. Diese zeigen in:
- 1 eine vereinfachte Vergaserdarstellung mit Zuführeinheiten für die Rest- und Abfallstoffe, sowie die Zugabevorrichtung für die Materialien zur Sorption von gasförmigen Alkalien und Online-Alkalimesseinheit und Regelkonzept,
- 2 eine vereinfachte Darstellung einer Mischvorrichtung für die Sorptionsmaterialien und Rohgas. Hier als Venturimischer dargestellt,
- 3 eine weitere vereinfachte Darstellung einer Mischvorrichtung für die Sorptionsmaterialien und Rohgas. Hier als statischer Mischer dargestellt.
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In 1 ist eine allgemein mit (1) bezeichnete Vergasungsanlage, z.B. ein Hochtemperatur-Winkler-Vergaser, entsprechend dem Stand der Technik, dargestellt. Diese wird von einem Vergaserkörper (2) mit Rückführzyklon (3) und Rezirkulationsleitung (4) aus feuerfestem Mauerwerk gebildet. Über ein Schleus- und Eintragssystem (6) können Biomasse (5) in den Wirbelschichtbereich (9) des Vergasers eingetragen werden. Die Zuführleitungen zum Einbringen von Vergasungskomponenten (CO2, Dampf, Luft/O2) sind in 1 mit (7) bezeichnet. Über einen Austragssystem (8) können das Bodenprodukt und die gesättigten Sorptionsmaterialien zur Weiterverarbeitung transportiert werden
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Nach der Nachvergasungszone (10) strömt das Rohgas über Leitung (11) weiter Richtung Rückführzyklon. Hier erfolgt die Grobabscheidung von kohlenstoffhaltigem Staub und nichtgesätigtem Sorptionsmaterial aus dem Rohgasstrom. Vor dem Zyklon besteht die Möglichkeit der Zumischung (12 a+b) von Sorptionsmaterialien (13,14). Der Alkaligehalt im Rohgas (15) wird Online (16) gemesssen. Bei Änderung des Zielwertes besteht die Möglichkeit, über ein Regelsystem (17) den Austrag (18) der gesättigten Sorptionsmaterialien und/oder die Zugabe (19) dieser alkalibindenden Stoffe zu regeln.
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In 2 ist die Variante eines Venturimischers (12a) zur Zumischung von sorptivem Material (13) ins Rohgas (15) zur Abscheidung von Alkalien innerhalb der Verbindungsleitung (11) zwischen Wirbelschichtvergaser (2) und Rückführzyklon (3) dargestellt.
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In 3 ist eine weitere Variante eines Statischen Mischers (12b) zur Zugabe von sorptivem Material (13) ins Rohgas (15) zur Abscheidung von Alkalien innerhalb der Verbindungsleitung (11) zwischen Wirbelschichtvergaser (2) und Rückführzyklon (3) dargestellt.
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Natürlich sind die beschriebenen Beispiele noch in vielfacher Hinsicht abzuändern und zu ergänzen, ohne den Grundgedanken der Erfindung zu verlassen. So betrifft die Erfindung auch das Verfahren zur Alkaliabscheidung bei der Biomassevergasung durch Online-Messung des Alkaligehaltes im Rohgas und bedarfsgerechte Zugabe und Entnahme des Sortptionsmittel, sowie die Verwendung der gesättigten Sorptionsmaterialien in der Bauindustrie.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung zur Alkaliabscheidung aus der Biomassevergasung (Vergasungsanlage)
- 2
- Wirbelschichtvergaser
- 3
- Rückführzyklon
- 4
- Rückführleitung
- 5
- Biomasse
- 6
- Eintragssystem
- 7
- Vergasungsmittel
- 8
- Austragssystem
- 9
- Wirbelschichtbereich
- 10
- Nachvergasungszone
- 11
- Zuführleitung Richtung Rückführzyklon
- 12
- Zugabe von sorptivem Material
- 12a
- Venturimischer
- 12b
- Statischer Mischer
- 13
- Eintragssystem Sorptionsmittel für Alkalianscheidung
- 14
- Sorptionsmittel
- 15
- Rohgas Austritt Wirbelschichtvergaser
- 16
- Online-Messung Alkalien
- 17
- Regelsystem (Zugae & Austrag Sorptionsmittel)
- 18
- Regelkreis Austrag
- 19
- Regelkreis Eintrag
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017219786 A1 [0011]
- WO 2009/080334 A2 [0012]