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Die Erfindung betrifft eine Drehmaschine zumindest mit einer Zugspindel zum Antrieb eines Bettschlittens und eines Planschlittens sowie mit einem von den Schlitten geführten Drehwerkzeug zur Bearbeitung eines Werkstücks in einer Hauptspindel.
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Die Drehmaschine gemäß der Erfindung ist eine sogenannte konventionelle Drehmaschine. Diese weist eine Hauptspindel zur Halterung und Drehung eines Werkstücks sowie zumindest eine Zugspindel auf. Die Zugspindel ist in der Regel als eine Profilwelle ausgebildet und dient zur Übertragung eines Drehmoments von einem Spindelstock der Drehmaschine an einen Schlosskasten in einem Werkzeugschlitten. Mit Hilfe dieses Drehmoments wird der Werkzeugschlitten an einer Zahnstange am Maschinenbett der Drehmaschine entlanggeführt und ein axialer Vorschub in z- Richtung auf einen vom Werkzeugschlitten mitgeführten Bettschlitten ausgeübt. Auf einen weiteren Planschlitten, der auf dem Bettschlitten mitgeführt wird, kann ein radialer Vorschub in x- Richtung entweder manuell oder durch einen ebenfalls vom Schlosskasten abgeleiteten Anteil des Drehmoments der Zugspindel selbsttätig ausgeübt werden. Durch das Zusammenwirken von Bett- und Planschlitten am Werkzeugschlitten können Vorschübe in z- und/oder x- Richtung auf ein Drehwerkzeug ausgeübt werden. Dieses wird auf dem Planschlitten mitgeführt und kann zur Ausführung von Zerspanungen mit dem Werkstück in Eingriff gebracht werden.
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Häufig ist eine solche konventionelle Drehmaschine zusätzlich mit einer Leitspindel ausgestattet. Diese ist in der Regel als eine Gewindespindel ausgeführt und überträgt eine Linearbewegung vom Spindelstock der Drehmaschine auf den Werkzeugschlitten. Dies kann genutzt werden, um z.B. Gewinde präzise in ein Werkstück zu schneiden. Die solche Ausführung einer erfindungsgemäßen Drehmaschine wird auch als konventionelle Leit- und Zugspindeldrehmaschine bezeichnet und ist beispielhaft im Lehrbuch von Heinz Tschätsch und Werner Charchut mit dem Titel „Werkmaschinen, Einführung in die Fertigungsmaschinen der spanlosen und spanenden Formgebung“, Carl Hanser Verlag München Wien, 6. Auflage 1991, Kap. 6.1 Spitzendrehmaschinen, Bild 6.1 dargestellt und beschrieben.
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Konventionelle Drehmaschinen der vorstehend beschriebenen Art können insbesondere z.B. zur Herstellung von Kleinserien, im Prototypen- und Musterbau und zu Lehrzwecken in Ausbildungseinrichtungen eingesetzt werden. Dabei tritt das Problem auf, dass bei derartigen einfachen konventionellen Drehmaschinen die bei einem Bearbeitungsvorgang herrschenden Zerspanbedingungen und die davon am Werkstück jeweils hervorgerufene Bearbeitungsqualität nur durch visuelle Beobachtung der Werkstückoberfläche im Bereich des Drehwerkzeugs erfasst werden. Ein Maschinenbediener muss über eine große Erfahrung verfügen, um auf diese Weise am Drehwerkzeug die für eine gewünschte Bearbeitungsqualität erforderlichen Vorschub- und Schnittkräfte am Werkstück hervorzurufen.
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Auszubildende, Berufsanfänger und Maschinenbediener, die im Umgang mit konventionellen Leit- und Zugspindeldrehmaschinen nicht ausgereichend geübt sind, geraten dabei häufig in Schwierigkeiten. Es ist derartigen Personen dann nicht oder nicht schnell genug möglich, die Drehmaschine durch Auswahl bzw. Korrektur z.B. der Werte für die Vorschübe des Drehwerkzugs in den jeweiligen Raumrichtung geeignet einzustellen. Vielmehr besteht die Gefahr, dass durch Fehleinstellung bzw. nur allmähliches Nachstellen der Bedienelemente der konventionellen Drehmaschinen während der visuellen Beobachtung der Werkstückoberfläche und somit eine nur kriechende Annäherung an die jeweils erforderliche Maschineneinstellung unerwünschte Bearbeitungsergebnisse am Werkstück bis hin zu Ausschuss erzeugt werden.
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Es sind zwar sog. stationäre Dynamometer bekannt, womit die bei einem Drehvorgang auftretenden Zerspankräfte und deren Zeitverläufe möglichst nahe am Ort ihres Auftretens, d.h. in der Nähe des Drehwerkzeugs, gemessen werden können. Ein Mehrkomponenten-Dynamometer macht es möglich, die beim Drehen im Drehwerkzeug auftretenden Kraftkomponenten aufgeschlüsselt insbesondere in Schnittkraft und Vorschubkraft zu messen. Dies ist in der Druckschrift „Zerspanprozesse analysieren und optimieren, Zerspankraftmessung in Research & Development, Kap. Zerspankraftmessung: Drehen, Dokumenten Nummer 960-002d-04.18, Kistler Group Winterthur 2018“ beschrieben.
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Ein derartiges Messsystem ist nur zum vorübergehenden Anbau an eine Drehmaschine vorgesehen, um im Rahmen von Untersuchungen hochgenaue Messwerte bereitzustellen. Ein dauerhafter Einbau eines solchen Messsystems in eine konventionelle Drehmaschine ist besonders aus Kostengründen nicht möglich. Zudem bietet der kompakte, geschlossene und häufig vereinheitlichte Aufbau einer konventionellen Drehmaschine nicht die notwendigen Einbauräume hierfür. Schließlich ist eine von der werkseitigen Bauform und dem üblichen Einsatzzweck einer konventionellen Drehmaschine abweichende Ausführung in der Praxis häufig unerwünscht.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde eine konventionelle Drehmaschine der oben angegebenen Art ohne großen Aufwand derart weiterzubilden, dass es auch einem ungeübten Maschinenbediener ermöglicht ist, schnell die jeweils wirkenden Zerspankräfte während eines Drehvorgangs überwachen und gegebenenfalls nachjustieren zu können.
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Die Aufgabe wird gelöst mit den Merkmalen der im Anspruch 1 angegebenen Drehmaschine. Vorteilhafte weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Die erfindungsgemäße konventionelle Drehmaschine ist mit einem drehzahlgeregelten Antriebsmotor pro Spindel ausgestattet. Eine Steuerung der Drehmaschine ermittelt zumindest mittels des Ist-Werts des Stroms an einem Antriebsmotor einer Spindel einen Näherungswert für eine Komponente der Zerspankraft am Drehwerkzeug. Dieser kann an den Anzeigemitteln einer Bedieneinheit der konventionellen Drehmaschine angezeigt werden.
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Die Erfindung hat den besonderen Vorteil, dass ohne mechanische Eingriffe in die Struktur einer konventionellen Drehmaschine, insbesondere ohne Anbauten im Eingriffsbereich des Drehwerkzeugs auf das Werkstück, einem Maschinenbediener während des laufenden Betriebs der Drehmaschine ein Näherungswert an die Hand gegeben wird, der ein Abbild für eine Komponente der aktuell vom Drehwerkzeug aufzubringenden Zerspankraft bietet.
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Die vorliegende Erfindung macht sich dabei den Umstand zu Nutze, dass der von einem Antriebsmotor verbrauchte Strom ein Maß des von diesem Antriebsmotor erzeugten Drehmoments ist, sofern der Antriebsmotor eine konstante Drehzahl aufweist, und das Drehmoment wiederum ein Maß für die am Drehwerkzeug bereitstehende Zerspankraft ist. Hierzu ist jeder Antriebsmotor mit einer Drehzahlregelung ausgestattet, sodass auch beim Eingriff eines Drehwerkzeugs auf das Werkstück während der Ausführung eines Drehvorgangs die Drehzahl des Werkstücks konstant gehalten werden kann.
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Erfindungsgemäß stellt somit besonders vorteilhaft bereits die Überwachung und Auswertung des Ist-Werts des Stroms an einem drehzahlgeregelten Antriebsmotor durch die Steuerung eine einfache und für den Betrieb einer konventionellen Drehmaschine häufig ausreichende Möglichkeit dar, einen Repräsentanzwert für eine Komponente der vom Drehwerkzeug aktuell aufzubringenden Zerspankraft abzuleiten. Bereits eine solche näherungsweise Rückmeldung einer z.B. von einem ungeübten Maschinenbediener hervorgerufenen Zerspankraftkomponente ermöglicht es diesem, Fehlbedienungen einer konventionellen Drehmaschine zu erkennen und gegebenenfalls zu korrigieren, z.B. die versehentliche Vorgabe einer zu großen Vorschubgeschwindigkeit beim Eingriff des Drehwerkzeugs auf das Werkstück.
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Eine mit der Erfindung ausgestattete konventionelle Drehmaschine ist besonders geeignet, um z.B. in einer Ausbildungseinrichtung eingesetzt zu werden. Ein noch unerfahrener Maschinenbediener kann damit z.B. unter Anleitung einer Lehrperson Erfahrungen darüber sammeln, welche Auswirkungen insbesondere auf ein Drehwerkzeug und ein Werkstück von bestimmten Maschinenbedienungen hervorgerufen werden. Aber auch im Prototypen- und Musterbau und bei der Herstellung von Kleinserien können Situationen auftreten, die selbst für einen erfahrenen Maschinenbediener ungewohnt sind. Auch dabei kann die Erfindung behilflich sein, um kritische Zerspanbedingungen und möglichweise dabei zu befürchtendem Ausschuss zu vermeiden.
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Für die vorstehend beschriebenen Einsatzzwecke ist die erfindungsgemäße Bereitstellung eines Näherungswertes für eine bei einer Bearbeitungsphase interessierende Komponente der Zerspankraft, wobei die Kenntnis eines genauen Wertes des Wirkungsgrads des gesamten Antriebsstrangs zwischen dem jeweiligen Antriebsmotor bis hin zum Drehwerkzeug an dem jeweils benutzten Einzelexemplar einer konventionellen Drehmaschine nicht erforderlich ist, in der Praxis völlig ausreichend. Eine erfindungsgemäß erweiterte konventionelle Drehmaschine macht es somit möglich, damit auch in Grenzbereichen liegende Bearbeitungen vorzunehmen, ohne dass der Bediener hierzu z.B. auf eine mit einer leistungsfähigeren Mess- und Sicherheitstechnik ausgestattete, aber erheblich teurere CNC Werkzeugmaschine zurückgreifen muss.
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Bei einer besonders vorteilhaften Ausführung der Erfindung kann die Steuerung als eine Komponente der Zerspankraft am Drehwerkzeug einen Näherungswert für eine tangentiale Schnittkraft ermitteln. Hierzu werden erfindungsgemäß der Ist-Werts des Stroms des drehzahlgeregelten Antriebsmotors für die Hauptspindel und der Durchmesser des Werkstücks von der Steuerung ausgewertet. Bei dieser Ausführung ist die Bedieneinheit mit Eingabemitteln für den Durchmesser des Werkstücks ausgestattet.
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Die tangentiale Schnittkraft stellt eine der wesentlichen Komponenten des Vektors der Zerspankraft dar. Diese sollte der Praxis während einer Werkstückbearbeitung laufend in einem Optimum gehalten werden, um die bei der Bearbeitung eines zylindrischen, rotierenden Werkstücks an einer konventionellen Drehmaschine jeweils gewünschten Schnittergebnisse bereitzustellen. Wichtige Einflussgrößen für die tangentiale Schnittkraft als Komponente der Zerspankraft sind insbesondere der Vorschub und die Schnitttiefe. Beide Größen können von einem Maschinenbediener auf einfache Weise an einer konventionellen Drehmaschine nachjustiert werden, sofern diesem mit Hilfe der Erfindung ein Näherungswert für die tangentiale Schnittkraft bereitgestellt wird. Im Vergleich zu den beiden Eingabegrößen Strom-Ist-Wert des Hauptspindelantriebsmotors und Werkstückdurchmesser haben weitere Parameter, wie z.B. Art und Zustand des Kühlschmiermittels, Werkzeugeinstellwinkel, Spanwinkel und Werkzeugwerkstoff nur einen geringen Einfluss auf den Wert der tangentialen Schnittkraft. Die Erfindung stellt somit eine äußerst praktikable Hilfestellung für den Bediener einer konventionellen Drehmaschine dar, die ohne große Anpassungen an der Steuerung der Drehmaschine einen in der Praxis verwertbaren Näherungswert für den Betrag der tangentialen Schnittkraft ableitet.
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Wird gemäß einer weiteren Ausführung der Erfindung den Eingabemitteln als Werkstückdurchmesser ein Mittelwert vorgegeben, der annähernd zwischen den Werten zu Beginn und am Ende einer Werkstückbearbeitung liegt, kann von der Steuerung ein Näherungswert die tangentialen Schnittkraft mit geringerer Abweichung ermittelt werden.
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Bei einer weiteren, ebenfalls besonders vorteilhaften Ausführung der Erfindung kann die Steuerung als eine Komponente der Zerspankraft am Drehwerkzeug einen Näherungswert für eine Vorschubkraft ermitteln. Dies ist erfindungsgemäß bereits durch eine Auswertung des Ist-Werts des Stroms des drehzahlgeregelten Antriebsmotors für die Zugspindel möglich. Kann bei einer weiteren Ausführung dabei die Steuerung ein vorgegebenes Übersetzungsverhältnis zwischen dem drehzahlgeregelten Antriebsmotor für die Zugspindel und dem Bettschlitten mit berücksichtigen, so kann ein Näherungswert für die in axialer Richtung wirkende Komponente der Vorschubkraft kalkuliert und über die Anzeigemittel der Bedieneinheit einem Maschinenführer mitgeteilt werden. Kann dabei die Steuerung andererseits ein vorgegebenes Übersetzungsverhältnis zwischen dem drehzahlgeregelten Antriebsmotor für die Zugspindel und dem Planschlitten mit berücksichtigen, so kann ein Näherungswert für die in radialer Richtung wirkende Komponente der Vorschubkraft kalkuliert und ebenfalls über die Anzeigemittel einem Maschinenführer mitgeteilt werden.
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Die Beträge der Vorschubkraft sowie die Beträge für deren Komponenten in axialer bzw. radialer Richtung des Werkstücks stellen ebenfalls wichtige Komponenten des Vektors der Zerspankraft dar. Die Kenntnis dieser Werte erleichtert einem Maschinenführer ebenfalls die Auffindung und Aufrechterhaltung von Arbeitsbedingungen der konventionellen Drehmaschine, welche an einen Bearbeitungsvorgang angepasst sind.
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Vorteilhaft weist die Bedieneinheit der erfindungsgemäßen konventionellen Drehmaschine einen Touchscreen auf.
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Die Erfindung und weitere vorteilhafte Ausführungen derselben werden anhand der kurz angeführten Figuren nachfolgend näher erläutert. Dabei zeigt
- 1 eine Prinzipdarstellung für eine beispielhafte, gemäß der Erfindung ausgeführte konventionelle Drehmaschine in einer Seitenansicht, und
- 2 eine Draufsicht auf eine beispielhafte Anzeige- und Bedienoberfläche einer Bedieneinheit für eine erfindungsgemäße konventionelle Drehmaschine.
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1 zeigt eine vereinfachte Prinzipdarstellung für eine erfindungsgemäße konventionelle Drehmaschine D am Beispiel einer Leit- und Zugspindeldrehmaschine. Deren üblicher Aufbau wird wie folgt kurz zusammengefasst:
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Die konventionelle Drehmaschine im Beispiel der 1 weist einen Maschinensockel D1 mit einem Spindelstock D3 am linken Ende auf. Von diesem erstreckt sich in 1 nach rechts ein Maschinenbett D2, auf dem ein Werkzeugschlitten D7 mit einem Schlosskasten geführt ist. Dieser führt ein Drehwerkzeug D8, womit ein Werkstück W bearbeitet werden kann. Zum axialen Vorschub des Drehwerkzeug D8 in z-Richtung weist der Werkzeugschlitten D7 einen Bettschlitten D71 auf. Auf diesem ist ein Planschlitten D72 geführt, womit ein radialer Vorschub des Drehwerkzeug D8 in x-Richtung hervorgerufen werden kann. Der Antrieb des Werkzeugschlittens D7 erfolgt üblicherweise über eine Zugspindel D5, die über einen drehzahlgeregelten Antriebsmotor MZ im Spindelstock D3 angetrieben wird. Das von der Zugspindel D5 in den Schlosskasten übertragene Drehmoment dient dort insbesondere zum Antrieb eines Antriebsritzels. Dieses greift in eine Zahnstange D21 ein, die am Maschinenbett D2 verläuft, sodass auf den Werkzeugschlitten D7 ein axialer Vorschub in z-Richtung ausgeübt werden kann.
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Die konventionelle Drehmaschine im Beispiel der 1 ist zudem mit einer Leitspindel D6 ausgestattet. Deren Antrieb im Spindelstock D3 ist nicht separat dargestellt und kann über ein separates Getriebe auch vom Antriebsmotor MZ abgeleitet werden. Die Leitspindel D6 überträgt eine Drehbewegung in den Werkzeugschlitten D7, um das Drehwerkzeug D8 zur Erzeugung von Gewindegängen mit gewünschter Steigung im Werkstück W zu führen.
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Weiterhin ist im Spindelstock D3 die Hauptspindel D4 geführt, die über einen drehzahlgeregelten Antriebsmotor MH angetrieben wird. Im Beispiel der 1 ist dieser im Maschinensockel D1 platziert, sodass dessen Drehbewegung z.B. über einen Riementrieb D42 an die Hauptspindel D4 im Spindelstock D3 übertragen wird. In den Spannmitteln D41 der Hauptspindel D4 ist ein Werkstück W mit einem beispielhaften Durchmesser d gehalten, welches durch eine Zustellung des Drehwerkzeugs D8 insbesondere über einen Vorschub des Bettschlittens D71 in axialer z-Richtung und/oder über einen Vorschub des Planschlittens D72 in radialer x-Richtung bearbeitet werden kann. Dieser Eingriffsbereich des Drehwerkzeugs D8 auf die Oberfläche des Werkstücks W und die bei einer Bearbeitung dort herrschenden Zerspanbedingungen müssen von einem Maschinenbediener dauerhaft beobachtet werden. Zur Erzielung einer gewünschten Bearbeitungsqualität und zur Vermeidung von kritischen Bearbeitungszuständen müssen zudem die Bedienmittel der konventionellen Drehmaschine gegebenenfalls nachjustiert werden, um z.B. die Drehzahl der Hauptspindel, die Vorschubgeschwindigkeiten des Bett- bzw. Planschlittens usw. zumindest in zulässigen Bereichen zu halten.
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Die Erfindung gibt einem Maschinenführer hierzu nun eine wichtige Hilfestellung, indem auf den Anzeigemitteln MB1 einer im Beispiel der 1 auf dem Spindelstock D3 platzierten Bedieneinheit MB ein oder auch mehrere Näherungswerte für die Beträge von Komponenten der aktuell wirkenden Zerspankraft ausgegeben werden.
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2 zeigt eine Draufsicht auf eine beispielhafte Bedieneinheit MB für eine erfindungsgemäße konventionelle Drehmaschine D. Deren Anzeige- und Bedienoberfläche ist vorzugsweise als ein Touchscreen MB4 ausgebildet. Im Beispiel der 1 sind flächenförmige und tabellenartig angeordnete Anzeigemittel MB1 für Näherungswerte von Komponenten der Zerspankraft und für weitere Prozessparameter auf dem Touchscreen MB4 ausgegeben. So können z.B. die Ist-Werte der Drehzahl nH der Hauptspindel D4 bzw. der Drehzahl nz der Zugspindel D5 dem Maschinenführer angezeigt werden. Diese Werte können von einem Drehzahlgeber MHD für den Antriebsmotor MH der Hauptspindel D4 bzw. einem Drehzahlgeber MZD für den Antriebsmotor MZ der Zugspindel D5, wie in 1 dargestellt, erfasst werden.
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Gemäß einer besonders vorteilhaften Ausführung der Erfindung kann auf dem Touchscreen MB4 ein Näherungswert für eine tangentiale Schnittkraft Fc als eine Komponente der Zerspankraft am Drehwerkzeug D8 angezeigt werden, sofern vorher der Durchmesser d des in der Hauptspindel D4 befindlichen Werkstücks W vom Maschinenbediener z.B. über Eingabemittel MB2, die vorzugsweise als ein Tastaturfeld ausgebildet sind, eingegeben worden ist.
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Gemäß einer weiteren Ausführung der Erfindung kann auf dem Touchscreen MB4 ein Näherungswert für eine Vorschubkraft als eine Komponente der Zerspankraft am Drehwerkzeug D8 angezeigt werden. Besonders vorteilhaft kann die Vorschubkraft aufgeteilt in einen Näherungswert für die Komponente der Vorschubkraft Ffz in axialer Richtung bzw. einen Näherungswert für die Komponente der Vorschubkraft Ffx in radialer Richtung zur Anzeige gebracht werden, sofern vorher insbesondere die maschinenspezifischen Übersetzungsverhältnisse zwischen dem Antriebsmotor MZ für die Zugspindel D5 und dem Bettschlitten D71 bzw. dem Planschlitten D72 als zusätzliche Parameter eingegeben worden sind. Auch diese Kenngrößen der Drehmaschine können vom Maschinenbediener z.B. über die Eingabemittel MB2 eingegeben werden oder sind auf andere Weise in einer Steuerung S hinterlegt.
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Die erfindungsgemäße Kalkulation und Ausgabe von Näherungswerten für die jeweiligen Zerspankraftkomponenten kann von einem Maschinenbediener z.B. mittels eines virtuellen Schaltelements MB3 auf dem Touchscreen MB4, insbesondere einer Start-Stop-Taste, ausgelöst und wieder beendet werden.
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Die Gestaltung der Bildschirmdarstellung in 2, insbesondere die dargestellten Elemente MB1, MB2 und MB3, ist nur beispielhaft und dient zur Erläuterung des Prinzips der Erfindung. In der Praxis können auf dem Touchscreen anwendungsabhängig natürlich unterschiedlichste Masken mit Prozessparametern angezeigt werden, welche eine umfassende Beobachtung und Bedienung aller Betriebsmittel und Zustände der erfindungsgemäßen konventionellen Drehmaschine D ermöglichen.
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Erfindungsgemäß ist eine Steuerung S vorhanden, die zumindest mittels des Ist-Werts des Stroms an einem drehzahlgeregelten Antriebsmotor pro Spindel einen Näherungswert für zumindest eine der oben genannten Komponenten der Zerspankraft am Drehwerkzeug D8 ermittelt. Besonders vorteilhaft - und in den Figuren entsprechend dargestellt - werden von der Steuerung S sowohl der Ist-Wert des Stroms IH am Antriebsmotor MH der Hauptspindel D4 für einen Näherungswert der tangentialen Schnittkraft Fc als eine Komponente der Zerspankraft, als auch der Ist-Wert des Stroms Iz am Antriebsmotor MZ der Zugspindel D5 für Näherungswerte der Vorschubkraft in axialer Richtung Ffz und radialer Richtung Ffx als Komponenten der Zerspankraft ausgewertet.
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Bei einer beispielhaften Ausführung der Erfindung kann zunächst ausgehend vom Ist-Wert des Stroms eines Antriebsmotors insbesondere unter Berücksichtigung von elektrotechnischen Motorparametern, wie z.B. Leiterlängen und magnetischer Flussdichte, ein Ist-Wert des Drehmoments des jeweiligen Antriebsmotors bestimmt werden. Das Drehmoment kann auch anhand einer Strom-Drehmoment-Kennlinie bestimmt werden. Ausgehend von einem solchen Drehmoment können dann unter Berücksichtigung von geometrischen Maschinenparametern, wie z.B. Steigungen, Durchmessern, Übersetzungsverhältnissen und Reibungseinflüssen, Näherungswerte der von dem jeweiligen Motor erzeugten Zerspankraftkomponenten abgeleitet werden.
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Im Beispiel der 1 sind nur symbolisch im Maschensockel D1 dargestellt die Steuerung S, die oben genannten Ist-Werte des jeweiligen Motorstroms, die Drehzahlregelung MHR für den Antriebsmotor MH der Hauptspindel D4 einschließlich dem Drehzahlgeber MHD für den Ist-Wert der Drehzahl nH sowie die Drehzahlregelung MZR für den Antriebsmotor MZ für die Zugspindel D5 einschließlich dem Drehzahlgeber MZD für den Ist-Wert der Drehzahl nz. Bei anderen Ausführungen einer konventionellen Drehmaschine können diese auch an anderen Stellen platziert sein. Zur Vereinfachung ist die Darstellung in 1 nur schematisch und stellt kein vollständiges Steuer- und Regelschema dar. Die Konstanthaltung der Drehzahl der dazugehörigen Spindel D4, D5 wird in bekannter Weise mit Hilfe einer Drehzahlregelung MHR, MZR pro Antriebsmotor MH, MZ vorgenommen. Eine solche führt zur Konstanthaltung der Drehzahl nz, nH der dazugehörigen Spindel D4, D5 den Ist-Wert des Stroms IH , Iz für den jeweiligen Antriebsmotor MH, MZ nach.
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Auf dieser Grundlage ist es mit der vorliegenden Erfindung in einer besonders effektiven Weise möglich, den Bediener der konventionellen Drehmaschine mit Näherungswerten für maßgebliche Komponenten der Zerspankraft auszustatten. Diese sind für die in der Praxis häufig vorkommenden Einsatzzwecke einer konventionellen Drehmaschine, z.B. zur Ausbildung von Drehern und zum Prototypen- und Musterbau, in der Regel vollkommen ausreichend. Die Einbeziehung von weiteren Größen, z.B. eines empirisch ermittelten Wirkungsgrads eines gesamten Antriebsstranges vom jeweiligen Antriebsmotor bis hin zum Drehwerkzeug, bei der Bestimmung der Näherungswerte ist somit nicht erforderlich. Vielmehr können mit Hilfe der erfindungsgemäßen Auswertung des Ist-Werts des Stroms am drehzahlgeregelten Antriebsmotor der jeweiligen Spindel besonders vorteilhaft realitätsnahe Näherungswerte ermittelt werden. Der Einsatz von externen zusätzlichen Messeinrichtungen zur Bestimmung von Exaktwerten der Zerspankraftkomponenten kann somit vermieden werden.
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Bezugszeichenliste
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- W
- Werkstück
- d
- Durchmesser des Werkstücks
- D
- Drehmaschine
- D1
- Maschinensockel
- D2
- Maschinenbett
- D21
- Zahnstange
- D3
- Spindelstock
- D4
- Hauptspindel
- D41
- Spannmittel für ein Werkstück W
- D42
- Riementrieb
- D5
- Zugspindel
- D6
- Leitspindel
- D7
- Werkzeugschlitten mit Schlosskasten
- z
- axialer Vorschub
- D71
- Bettschlitten (axialer Vorschub in z-Richtung)
- x
- radialer Vorschub
- D72
- Planschlitten (radialer Vorschub in x-Richtung)
- D8
- Drehwerkzeug
- MH
- Antriebsmotor für die Hauptspindel D4
- MHR
- Regelung für den Antriebsmotor der Hauptspindel
- MHD
- Drehzahlgeber für den Antriebsmotor der Hauptspindel
- nH
- Ist-Wert der Drehzahl der Hauptspindel D4
- MZ
- Antriebsmotor für die Zugspindel D5
- MZR
- Regelung für den Antriebsmotor der Zugspindelmotor
- MZD
- Drehzahlgeber für den Antriebsmotor der Zugspindelmotor
- nz
- Ist-Wert der Drehzahl der Zugspindel D5
- S
- Steuerung
- IH
- Ist-Wert des Stroms am Antriebsmotor MH der Hauptspindel D4
- Fc
- Näherungswert der tangentialen Schnittkraft als eine Komponente der Zerspankraft
- Iz
- Ist-Wert des Stroms am Antriebsmotor MZ der Zugspindel D5
- Ffz
- Näherungswert der Vorschubkraft in axialer Richtung als eine Komponente der Zerspankraft
- Ffx
- Näherungswert der Vorschubkraft in radialer Richtung als eine Komponente der Zerspankraft
- MB
- Bedieneinheit
- MB1
- Anzeigemittel
- MB2
- Eingabemittel
- MB3
- Schaltelement, insbesondere Start-Stop-Taste
- MB4
- Touchscreen