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Die Erfindung betrifft eine Radaufhängungseinheit eines Kraftfahrzeugs gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, aufweisend einen Längslenker mit einem ersten Ende zur fahrzeugseitigen Anbindung sowie einem zweiten Ende zur Verbindung mit einem Radträger, wobei der Längslenker wenigstens teilweise aus einem faserverstärkten Kunststoff gefertigt ist.
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Längslenker bilden bei Kraftfahrzeugen einen Teil der Radaufhängung. Ein solcher Längslenker kann einerseits schwenkbar mit dem Fahrzeugrahmen, einem Hilfsrahmen oder der Karosserie verbunden sein und andererseits fest mit einem Radträger, an dem wiederum die eigentliche Drehachse des Rades angeordnet ist. Außerdem kann am Radträger z. B. wenigstens ein Querlenker angreifen, der schwenkbar mit diesem verbunden ist. Neben diesen schwenkbaren Bauformen existieren solche, bei denen der Längslenker fest mit dem Fahrzeugrahmen verbunden ist und aufgrund einer gegebenen Elastizität eine Bewegung des hiermit verbundenen Radträgers ermöglicht. Unter Umständen ist der Radträger auch nicht direkt mit dem Längslenker verbunden, sondern ist an einem Querträger befestigt, der einander gegenüberliegende Längslenker miteinander verbindet.
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Aus dem Stand der Technik sind Längslenker bekannt, die aus Stahlblechen geformt sind. Beispielsweise offenbart die
US 2007/0007741 A1 eine Längslenkeranordnung, bei der ein schwertförmiger Längslenker durch einen Blechumformungsprozess gebildet wird. Ein Verstärkungselement wird ebenfalls in einem Blechumformungsprozess gebildet.
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Es bestehen jedoch verschiedene Anforderungen an den Längslenker, die mit einem aus Stahlblech geformten Bauteil nur schwer zu erfüllen sind. Zum einen soll der Längslenker in Längsrichtung möglichst steif sein, um die Drehmomente bei Bremsund Beschleunigungsprozessen aufzunehmen. Allerdings ist der mit dem Längslenker verbundene Radträger normalerweise über mehrere seitliche Verbindungen (Querlenker etc.) aufgehängt, wodurch sich eine kinematische Überbestimmung ergibt. Daher sollte der Längslenker im Falle einer vertikalen Bewegung des Rades in Querrichtung sowie bezüglich der Torsion nicht steif sein, da eine gewisse Flexibilität notwendig ist, um die Überbestimmung aufzulösen. Allerdings führt bei Längslenkern aus Stahlblechen diese Flexibilität zu ungedämpften Schwingungen bei niedrigen Frequenzen, was unter NVH-Aspekten (Noise, Vibration, Harshness; Geräusch, Vibration, Rauheit) unerwünscht ist. Außerdem ist das Gewicht einer aus Stahlblech bestehenden Komponente vor dem Hintergrund des derzeitigen Trends zur Gewichtsersparnis und hiermit verbundenen Reduktion des Treibstoffverbrauchs unerwünscht hoch.
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Daher wurde bereits vorgeschlagen, Längslenker aus einem faserverstärkten Kunststoff einzusetzen. Beispielsweise offenbart die
DE 20 2015 103 040 U1 eine Radaufhängungseinheit für ein Kraftfahrzeug mit wenigstens einem Längslenker, der wenigstens teilweise aus einem faserverstärkten Kunststoff gefertigt ist. Dabei können mehrere unterschiedliche Kunststoffe und/oder unterschiedliche Fasern verwendet werden. Auch aus der
DE 10 2012 221 68 22 A1 ist ein Längslenker aus einem faserverstärkten Kunststoff bekannt. Dieser Längslenker ist auf einer Seite starr mit einem Achsschenkel und auf der anderen Seite starr mit dem Fahrzeug verbunden. Aus der
WO 2015/197279 A1 und der
WO 2016/005125 A1 sind ebenfalls Fahrwerkslenker aus Faserverbundwerkstoffen bekannt.
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Wenngleich die bekannten faserverstärkten Fahrzeuglenker ihre Funktion erfüllen, bietet insbesondere der Bereich der Fertigung von faserverstärkten Längslenkern jedoch noch Raum für Verbesserungen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Längslenker für eine Radaufhängung eines Kraftfahrzeugs bereitzustellen, der insbesondere leicht in verschiedenen Ausgestaltungen zu fertigen ist.
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch einen Längslenker mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die jeweils abhängigen Unteransprüche.
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Es ist darauf hinzuweisen, dass die in der nachfolgenden Beschreibung einzeln aufgeführten Merkmale sowie Maßnahmen in beliebiger, technisch sinnvoller Weise miteinander kombiniert werden können und weitere Ausgestaltungen der Erfindung aufzeigen. Die Beschreibung charakterisiert und spezifiziert die Erfindung insbesondere im Zusammenhang mit den Figuren zusätzlich.
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Der erfindungsgemäße Längslenker für die Radaufhängung eines Kraftfahrzeugs weist ein erstes Ende zur fahrzeugseitigen Anbindung, sowie ein zweites Ende zur Verbindung mit einem Radträger auf. Der Längslenker ist wenigstens teilweise aus einem faserverstärkten Kunststoff gefertigt. Dabei besteht der Längslenker erfindungsgemäß wenigstens teilweise aus einem Formschlauch aus geflochtenen und/oder gewickelten Endlosfasern, wobei die Endlosfasern des Formschlauchs mit einer Matrix aus Kunststoff vernetzt sind. Als Fasern können beispielsweise Glas-, Aramid- und/oder Kohlefasern verwendet werden, wobei auch verschiedene Fasermaterialien gemischt werden können. Als Matrixmaterial kann ein Polyesterharz verwendet werden. Der Längslenker kann auch als Schwertlenker bezeichnet werden.
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Die Verwendung eines solchen Formschlauchs ermöglicht es, faserverstärkte Komposit-Längslenker mit verschiedenen Formen auf einfache Weise herzustellen. Der Längslenker hat gegenüber vergleichbaren Fahrzeuglenkern den bekannten Vorteil der Gewichtsersparnis. Durch den Formschlauch können ferner verschiedene Formen eines Längslenkers vorgegeben werden, die dann mit einer Kunststoffmatrix zu dem Längsträger geformt werden. In diese Kunststoffmatrix können optional auch weitere lose Fasern eingebracht sein. Der mit Matrixmaterial vernetzte Formschlauch kann dabei einen inneren Hohlraum umschließen, so dass der Längsträger ein hohles Bauteil ist. Der Raum innerhalb des Formschlauchs kann jedoch auch mit Material gefüllt sein. Dieses Material kann ebenfalls mit den Fasern des Formschlauchs vernetzt sein oder nicht. Beispielsweise kann der Raum innerhalb des Formschlauchs mit einem Kunststoff, einem faserverstärkten Kunststoff oder einem anderen Material ausgefüllt sein.
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Auf diese Weise kann ein leichter Längslenker mit verschiedenen Formen und Anschlusselementen hergestellt werden, wobei verschiedene Ausführungen des Längslenkers durch verschieden vorgeformte Formschläuche erzeugt werden können. Die Form des Formschlauchs gibt daher vorzugsweise die grundlegende Form des Längslenkers vor. Dabei kann der Längslenker beispielsweise gerade, gebogen und/oder abgewinkelt ausgebildet sein. In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich um einen L-förmigen Längslenker. Bei einem geraden Längslenker ist der Formschlauch somit gerade ausgebildet, während beispielsweise bei einem L-förmigen Längslenker ein L-förmig gewickelter Formschlauch verwendet wird.
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Auch die Form des Querschnitts des Formschlauchs kann sehr variabel gewählt werden. Beispielsweise kann der Schlauch im Querschnitt eine runde, ovale, rechteckige und/oder polygonale Form haben. Bei rechteckigen oder polygonalen Formen sind die „Ecken“ aufgrund des geflochtenen oder gewickelten Schlauchs aus Endlosfasern typischerweise leicht abgerundet. Dabei kann die Form des Querschnitts des Formschlauchs auch über die Länge des Längslenkers variieren, so dass der Formschlauch in unterschiedlichen Bereichen verschiedene Formen haben kann. In Abhängigkeit von der vorgesehenen Anwendung und den Anforderungen kann das Design des Längslenkers somit flexibel beispielsweise zwischen rohrförmig und flach gewählt werden.
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Die Form des Formschlauchs kann durch Umwickeln/Umflechten eines Wickeldorns (Kern) erzeugt werden, welcher die entsprechende Form aufweist. Der Wickel- bzw. Flechtvorgang kann computer- und/oder robotergestützt durchgeführt werden, wobei Endlosfasern um den Wickeldorn gewickelt werden, indem sie so übereinander gelegt werden, dass sich ein geflochtener Schlauch ergibt. Die verwendeten Endlosfasern werden entweder bereits vor dem Wickelvorgang mit Matrixmaterial imprägniert, das anschließend zusammen mit den Fasern aushärtet, oder der gewickelte Formschlauch wird anschließend mit Matrixmaterial getränkt, welches dann aushärtet. Auch Mischformen dieser genannten Vorgehen sind möglich.
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Dabei können verschiedene Arten von Wickeldornen verwendet werden. Beispielsweise kann es sich um einen temporären Kern handeln, der aus Sand geformt ist und sich nach der Erzeugung des Formschlauchs auflösen lässt. Es kann sich jedoch auch um einen festen Kern handeln. Ferner kann es sich um starre oder flexible Kerne handeln. In einer alternativen Ausführungsform handelt es sich um einen Kern, der in die spezifischen Dimensionen und Geometrien aufgeblasen werden kann. Ein solcher Kern kann vorteilhaft für verschiedene Geometrien eines Kerns eingesetzt werden. Insbesondere kann er dabei für Geometrien mit taillierter Kontur verwendet werden.
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Auch Anschlussstellen zur Verbindung des Längslenkers mit anderen Bauteilen des Kraftfahrzeugs können am Längslenker und insbesondere im Formschlauch ausgeformt sein. Beispielsweise kann an dem ersten Ende des Längslenkers eine Buchse zur fahrzeugseitigen Anbindung des Längslenkers ausgebildet sein. Diese Buchse kann bereits als Öffnung in dem Formschlauch vorgesehen werden. Sie kann ferner als separates Kunststoffbauteil in den Formschlauch eingebunden werden. Diese integrierte Buchse ersetzt Stahl- oder Aluminium-Buchsen, die oftmals im Stand der Technik verwendet werden.
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In den Längslenker kann bereichsweise wenigstens eine Komponente aus einem anderen Material, insbesondere Metall, Keramik, Gummi oder einem weiteren Kunststoff, eingelagert sein. Diese integrierte Komponente kann zur Stabilisierung des Längslenkers eingesetzt werden. Insbesondere kann es sich bei der Komponente um einen Wickel- oder Flechtdorn handeln, der zur Herstellung des Formschlauchs verwendet wurde. Beispielsweise kann für den Wickelkern der gleiche Kunststoff verwendet werden wie für das Matrixmaterial, so dass der Kern optional im Schlauch verbleiben kann. Dabei kann der Kern aus Matrixmaterial ergänzend lose Fasern enthalten und beispielsweise zu einem Kern mit der erforderlichen Form gepresst werden.
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Von der Erfindung umfasst ist auch ein Kraftfahrzeug mit wenigstens einem Längslenker, der mit einem ersten Ende am Fahrzeug angebunden, sowie mit einem zweiten Ende mit einem Radträger verbunden ist. Der Längslenker ist gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ausgebildet.
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1 zeigt eine Radaufhängungseinheit gemäß dem Stand der Technik. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen und der folgenden Figurenbeschreibung offenbart. Es zeigen:
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2 eine schematische Darstellung der Herstellung eines Formschlauchs für einen Längslenker, und
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3 verschiedene herstellbare Formen I–IV eines Formschlauchs für einen Längslenker.
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In den unterschiedlichen Figuren sind gleiche Teile stets mit denselben Bezugszeichen versehen, weswegen diese in der Regel auch nur einmal beschrieben werden.
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1 zeigt eine mögliche Ausführungsform eines L-förmigen Längslenkers 102 beispielsweise in Form eines sogenannten Schwertlenkers. Der Längslenker 102 ist Teil einer Radaufhängungseinheit 101, deren grundsätzlicher Aufbau aus dem Stand der Technik bekannt ist. Die Radaufhängungseinheit 101 setzt sich im Wesentlichen aus drei separat gefertigten Komponenten zusammen: dem Längslenker 102, einem Radträger 103 sowie einer Bremsträgerplatte 104. Der Längslenker 102 ist als im Wesentlichen L-förmiges Bauteil gebildet und weist an einem ersten Ende 105 eine Aufnahmehülse 110 für eine Gummi-Lagerbuchse auf, mittels der er am Chassis eines Fahrzeugs (nicht dargestellt) befestigt werden kann. Über dieses erste Ende 105 ist der Längsträger 102 somit am Fahrzeug anbringbar.
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An einem zweiten Ende 106 ist der Längslenker 102 mit dem Radträger 103 verbunden. Der Radträger 103 weist Achsaufnahmen 107, 108 und 109 für verschiedene seitlich angreifende Lenker bzw. Arme auf. Die Bremsträgerplatte 104 ist seitlich an den Radträger 103 angebracht.
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2 zeigt die Herstellung eines Formschlauchs 10 zur Verwendung in einem faserverstärkten Längslenker. Die Form des Formschlauchs 10 wird durch einen Wickelkern 20 vorgegeben, der durch eine gestrichelte Linie dargestellt ist. Bei dem Wickelkern 20 handelt es sich beispielsweise um ein L-förmiges Bauteil, so dass ein Lförmiger Formschlauch erzeugt wird. Beim Wickelprozess wird eine Vielzahl von Endlosfasern 11 unter verschiedenen Winkeln auf den Wickeldorn 20 aufgewickelt. Die Wickelrichtung 30 ist in der 2 mit einem Pfeil gekennzeichnet.
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3 zeigt verschiedene Formen des Querschnitts A-A des Formschlauchs 10, die beim Wickelprozess durch eine entsprechende Wahl des Wickelkerns hergestellt werden können. Bei der Form I handelt es sich um eine ovale Form, während die Form II rechteckig ist und abgerundete Ecken aufweist. Die Form III ist polygonal mit abgerundeten Ecken. Bei der Form IV handelt es sich um eine rechteckige oder polygonale Form, die jedoch im Bereich der längeren Seiten zusammengeschnürt ist, d.h. der Abstand zwischen den gegenüber liegenden längeren Seiten ist kleiner als die Länge der kürzeren Seiten.
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Die Geometrie der Form IV (oder ähnlicher Formen) eines Formschlauchs kann dabei auf verschiedene Arten erzeugt werden. In einer Ausführungsform wird beispielsweise ein Kern verwendet, der in die spezifischen Dimensionen und Geometrien aufgeblasen werden kann. So kann zunächst ein Formschlauch gewickelt und der Kern anschließend in die gewünschte Form des Schlauchs aufgeblasen werden. Beispielsweise kann für die Form IV zunächst ein Formschlauch mit rechteckigem oder polygonem Querschnitt gewickelt und der verwendete Kern anschließend aufgeblasen werden, so dass sich der Formschlauch beispielsweise an den kurzen Seiten des gewickelten Formschlauchs aufweitet.
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In einer weiteren Ausführungsform wird ein gewickelter Formschlauch von außen mit einem Profil eingedrückt, um ihn in eine bestimmte Form zu bringen. Beispielsweise kann ein Profil von außen angebracht werden, welches so auf den Formschlauch einwirkt, dass er wie bei der Form IV mittig eingeschnürt wird. Hierzu kann ergänzend oder alternativ auch ein Vakuum verwendet werden, mit dem bestimmte Bereiche des Formschlauchs nach innen gezogen werden. Auch bei dieser Ausführungsform kann ein aufblasbarer bzw. zusammendrückbarer Kern verwendet werden.
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Bei der Ausformung eines Wickelkerns kann es vorteilhaft sein, wenn dieser aus einem Matrixmaterial verformt ist, da dieses im nassen Zustand verformbar ist. So kann dieser Matrixkern zusammen gepresst oder aufgeblasen werden. Die Faserwickelrichtung kann ebenfalls dazu verwendet werden, um die Form des Formschlauchs zu beeinflussen. Insbesondere kann dabei eine gezielte interne Spannung zwischen Längs- und Querrichtung gewählt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Formschlauch
- 11
- Faser, Endlosfaser
- 20
- Wickeldorn, Wickelkern
- 30
- Wickelrichtung
- 101
- Radaufhängungseinheit
- 102
- Längslenker
- 103
- Radträger
- 104
- Bremssattelplatte
- 105
- Erstes Ende
- 109
- Zweites Ende
- 110
- Buchse
- 107, 108, 109
- Achsaufnahme
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2007/0007741 A1 [0003]
- DE 202015103040 U1 [0005]
- DE 1020122216822 A1 [0005]
- WO 2015/197279 A1 [0005]
- WO 2016/005125 A1 [0005]