-
Hochbelastete organische Abwässer und
vor allem Gülle
aus Tierhaltungsbetrieben werden vielfach in anaeroben Bioreaktoren
behandelt, wobei das entstehende Biogas energetisch genutzt werden kann.
Energieträger
im Biogas ist das Methan, das in der Regel mit einer Konzentration
von ca. 50 bis 60% im Biogas vorliegt. Die erzeugte Elektroenergie
wird ins Netz eingespeist und dem Anlagenbetreiber vergütet.
-
Anlagenbetreiber sind häufig bestrebt,
neben Gülle
auch andere organische Reststoffe wie Grünschnitt, Maissilage, Speiseabfälle, Fettabscheider-Rückstände u.ä. zur Vergärung einzusetzen,
um möglichst
viel Biogas mit hohem Methangehalt zu erzeugen und ihre Anlagen
maximal auszulasten. Die Vielzahl von zusätzlichen Substraten, die im
Biogasprozess neben der Gülle
eingesetzt werden, führt
jedoch im täglichen
Betrieb häufig
zu Prozessinstabilitäten,
die aus dem empfindlichen Reagieren des komplexen anaeroben Mikroorganismen-Konsortiums
auf schwankenden Substrateintrag resultieren. In der Praxis kommt
es daher immer wieder zum Nachlassen oder völligen Ausbleiben der Biogasbildung,
was mehrere Tage andauern kann und für den Anlagenbetreiber Einnahmeausfälle bedeutet.
-
Für
den Anlagenbetreiber gibt es gegenwärtig kaum verlässliche
Kriterien, die ihm rechtzeitig ein Nachlassen der Methanbildung
im Biogasreaktor signalisieren. Erfahrenen Betreibern gelingt es,
aus einer Fülle
von Prozessdaten (z.B. pH-Wert, Redox-Potential, Temperatur, Sauerstoffkonzentratrion u.a.)
indirekt Rückschlüsse auf
die Methanbildung im Bioreaktor zu ziehen, sofern solche Daten messtechnisch
erfasst werden. Entsprechende Softwareprogramme und Datenbanken
können
dies unterstützen (US-Patent
US6296766). Die im Praxiseinsatz etablierte Messtechnik zur Überwachung
von Biogasprozessen beschränkt
sich jedoch meist auf die Ermittlung des gebildeten Gasvolumens
und der ins Netz eingespeisten Elektroenergie. Beide Größen bilden den
Prozessverlauf zeitlich stark verzögert ab, so dass dem Anlagenbetreiber
keine Eingriffsmöglichkeit
bei Prozessinstabilitäten
gegeben ist. Erfahrungen haben gezeigt, dass nach Dosierung eines
kritischen Substrates die Gasbildung oft noch einige Zeit stabil
bleibt, jedoch liegen kaum zeitnahe Erkenntnisse über den
Methangehalt dieses dann gebildeten Gases vor. Eine Überlastung
der Methan bildenden Bakterien im Medium geht oft mit einer Akkumulation von
Säuren
(pH-Wert-Abfall) einher. Eine Begleiterscheinung dieses Effektes
kann sein, dass verstärkt Kohlendioxid
ausgetrieben wird und das dann entstehende Gasvolumen noch konstant
ist, obwohl längst viel
weniger Methan gebildet wird.
-
Die Analyse des Methangehaltes im
Biogas kann mit Infrarot-Messtechnik erfolgen. Die Infrarot-Analyse von Biogas
erfordert jedoch eine aufwändige
Gastrocknung bei der Probenahme, da der im Gas enthaltene Wasserdampf
die Analyse stört.
Die am Markt verfügbaren
preiswerten Sensoren für brennbare
Gase wie Methan (z.B. Wärmetönungssensoren)
lassen sich auf Biogas im Dauerbetrieb nicht anwenden, da der im
Gas enthaltene Schwefelwasserstoff die Sensoren in kurzer Zeit zerstört. Häufig wird
der Methangehalt des Biogases erst nach der Gasreinigung kurz vor
der Verbrennung bestimmt (z.B. Schweizer Patent CH692653), was jedoch
keine im Sinne der Überwachung
des Biogasprozesses verwertbaren Aussagen bringt.
-
Ein weiterer Ansatz zum Erkennen
kritischer Prozesszustände
beschäftigt
sich mit der Messung der Wasserstoffkonzentration im Biogas. Molekularer Wasserstoff
ist ein Zwischenprodukt beim anaeroben Abbau organischer Verbindungen,
d.h. im Biogasprozess wird Wasserstoff sowohl erzeugt als auch verbraucht.
Dieser Dualismus erschwert die Interpretation der Analysedaten im
Sinne des Erkennens von Prozessinstabilitäten. Eine Korrelation der messbaren
Wasserstoffkonzentration zu einem Stressfaktor ist praktisch nicht
zwingend gegeben. Es kommt hinzu, dass in den Gasraum technischer
Biogasanlagen häufig
Luft eingespeist wird, um die Konzentration des als Nebenprodukt
entstehenden Schwefelwasserstoffs im Biogas durch Oxidation zu senken. Kommt
molekularer Wasserstoff jedoch mit Luft in Kontakt, wird auch er
in den vorliegenden Konzentrationen umgehend oxidiert und steht
zur Analyse nicht mehr zur Verfügung.
-
Alle Messverfahren, bei denen das
sich bildende Biogas im Gasraum analysiert wird, besitzen den prinzipiellen
Nachteil, dass ein kritischer Prozesszustand erst mit starker Verzögerung erkennbar wird,
da sich neu gebildetes Gas mit geringerem Methangehalt in einem
relativ großen,
bereits vorhandenen Gasvolumen verdünnt und die zunächst prozentual
geringe Konzentrationsänderung
im Gasraum lange innerhalb der natürlichen Schwankungsbereiche
des Prozesses oder der verwendeten Messtechnik liegt.
-
Einige Versuche, die Zeitkonstante
des Systems zu reduzieren, gehen daher den Weg, aussagekräftiger Parameter
im flüssigen
Reaktormedium zur Prozessüberwachung
heranzuziehen. Hierbei kommen die als Zwischenprodukte gebildeten
flüchtigen Fettsäuren wie
z.B. Propionsäure
in Frage. Flüchtige Fettsäuren lassen
sich nasschemisch im Labor bestimmen, wobei sich die Standardmethode
nicht zur kontinuierlichen Überwachung
eignet. Bemühungen, diese
Verbindungen kontinuierlich über
Prozess-Gaschromatographie zu analysieren, erweisen sich als schwierig
bei der Automatisierung der Probenahme und -aufbereitung auf Grund
der komplizierten feststoffhaltigen Matrix des Mediums Gülle. Optische
Messverfahren (Infrarot-Analytik) versagen bei Anwendung auf das
flüssige
Reaktormedium aus ähnlichen
Gründen.
-
Die Nachteile bisheriger Verfahren
zur Prozesskontrolle von Biogasprozessen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
-
- – hoher
Zeitverlust bei Messung des Methangehaltes im Gasraum des Reaktors,
bedingt durch die große
Trägheit
des Systems
- – andererseits
schlechte Automatisierbarkeit von Messungen im flüssigen Reaktormedium,
was kontinuierlichen Betrieb hierfür ausschließt
- – teilweise
Interpretationsschwierigkeiten des Analysenergebnisses im Sinne
der Prozessstabilität,
da bei einigen Parametern (bei Zwischenprodukten des biochemischen
Prozesses wie Propionsäure
oder Wasserstoff) keine eindeutige Korrelation zur Zielgröße, d.h.
zur gebildeten Methanmenge im Reaktor besteht
- – teilweise
enge Messbereiche, starker Verschleiß bzw. große Messfehler der in Frage
kommenden Messgeräte,
bedingt durch aggressive oder die Messung behindernde Begleitkomponenten
im Biogas wie Schwefelwasserstoff oder Wasserdampf
-
Die Nachteile der bekannten oder
untersuchten Messprinzipien sind insgesamt so gravierend, dass sie
bisher den Einsatz von Messtechnik zur Prozesskontrolle von Biogasprozessen
im Routinebetrieb weitgehend verhindert haben.
-
Die genannten Nachteile lassen sich
mit den in den Schutzansprüchen
1 bis 4 dargestellten Merkmalen der Endung beseitigen. In dem Messsystem zur Überwachung
der Methanbildung in Biogasprozessen stellen Probenahme und Messung
eine Einheit von aufeinander zugeschnittenen Komponenten dar. 1 zeigt das dem Messsystem
zu Grunde liegende Prinzip der Diffusion des sich bildenden Methans 3 entlang
eines Konzentrationsgefälles
durch eine im flüssigen
Reaktonnedium 2 verlegte Membran 1. Der Trägergasstrom 4 nimmt
das diffundierende Methan auf und transportiert es zu einem Gassmessgerät. Der entscheidende
Unterschied zur Methananalyse im Gasraum besteht in der schnelleren Bereitstellung
eines aussagekräftigen
Messwertes. Das Methan wird praktisch am Ort seiner Entstehung im
flüssigen
Reaktormedium (in situ) gemessen und nicht erst nach Verdünnung in
einem großvolumigen Gasraum.
Im Gegensatz zu Messprinzipien, die zur Messung Proben aus dem Reaktormedium
entnehmen und diese für
die Analyse aufbereiten müssen, spielt
hier jedoch die komplizierte feststoffhaltige Matrix der Gülle keine
Rolle. Die Gülle
verbleibt auf der Außenseite
der Membran, nur Gase diffundieren in den Trägergasstrom. Hinsichtlich des
Membranmaterials eignen sich z.B. hydrophobe Silikone, da Methan
auf Grund seiner hydrophoben Eigenschaften bevorzugt von diesen
aufgenommen wird. Die Korrelation zwischen Methankonzentration im
Reaktormedium und im Trägergas
ist über
das Verteilungsgleichgewicht zwischen den drei beteiligten Phasen (flüssiges Reaktormedium,
Diffusionsmembran, Trägergas)
gegeben, wobei die Dicke der Membran die Geschwindigkeit des Stoffdurchgangs
und die Ansprechzeit des Messsystems bei Konzentrationsänderungen
im Reaktormedium beeinflusst. In Abhängigkeit von konstruktiven
Beschaffenheit des Bioreaktors kann die Membran entweder aus einer
einteiligen Schlauchwendel bestehen oder aus mehreren handelsüblichen
Membranmodulen komplettiert werden.
-
Durch das Prinzip der Diffusion des
sich bildenden Methans durch eine Membran lässt sich der Vorteil der in-situ-Messung
des Methans mit den Vorzügen
der kontinuierlichen Gasmesstechnik kombinieren. Geeignete Messgeräte hierfür sind z.B. FID-Analysatoren
(FID ... Flammenionisationsdetektor), die die Summe organischer
Verbindungen im Gas messen. FID-Analysatoren
einiger Hersteller haben in einem werten Messbereich (unter 1 ppm
bis ca. 50.000 ppm) eine lineare Kennlinie und arbeiten robust im
Dauereinsatz. Einige Geräte
lassen sich zur Spezifizierung des Methangehaltes im analysierten
Gas mit einer speziellen Option ("Methan-Cutter") ausstatten, welche die Methankonzentration
separat von der Konzentration aller anderen organischen Verbindungen
ermittelt. Da die Messstrecke vollständig beheizt ist (in der Regel
190°C),
kann Wasserdampf bei der Analyse nicht auskondensieren und den Messgasfluss
oder die Analyse selbst behindern. Sämtliche Messgas führende Teile
bestehen aus korrosionsbeständigen
Materialien wie Viton, Teflon und Edelstahl, so dass kaum Verschleißerscheinungen an
den funktionalen Teilen infolge des korrosiven Gases zu befürchten sind.
Analoge Messwert- und Alarmausgänge
zur Datenvisualisierung und als Grundlage für Steuerbefehle sind Standard.
-
Gemessen wird das Zielprodukt des
Biogasprozesses (Methan), so dass keine Interpretationsprobleme
der Analyse im Sinne des Erkennens von Prozessinstabilitäten wie
bei den Zwischenprodukten Propionsäure oder Wasserstoff bestehen.
-
Anhand 2 wird
ein Ausführungsbeispiel der
Erfindung erläutert.
Im flüssigen
Reaktormedium 2 eines anaeroben Biogasreaktors 5 ist
die Membran 1, eine Wendel aus Silikonschlauch, verlegt.
Eingang und Ausgang des Membranschlauches führen über Stutzen durch die Wandung
des Reaktors ins Freie. Der Ausgang des Membranschlauches ist über eine beheizte
Messgasleitung 6 mit dem Messgerät 7, einem beheizten
FID-Analysator mit Methan-Cutter, verbunden. Die geräteinterne
Pumpe des FID-Analysators saugt Trägergas 4 (Raumluft)
durch den Membranschlauch, wobei sich die Luft mit Methan anreichert.
Die Raumluft wird vor Eintritt in den Membranschlauch in der am
Eingang befindlichen Aktivkohlepatrone 8 gereinigt. Der
FID-Analysator ist mit einer Auswerteeinheit 9 zur Datenaufzeichnung
bzw. Alarmsignalisierung gekoppelt.
-
Während
FID-Analysatoren für
die Analyse von reinem Biogas ungeeignet sind (Konzentrationen von
50 bis 60% Methan können
mit FID-Analysatoren nicht gemessen werden), wird ihre Verwendung
im Rahmen der Erfindung möglich
und sinnvoll. Das entstehende Methan wird nach Passage der Membran im
Trägergasstrom
stark verdünnt
und durch entsprechende Dimensionierung der Membran lässt sich
ein geeignetes Konzentrationsfenster im Trägergasstrom festlegen.