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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Überwachen des Betriebs eines Bordnetzes und eine Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Unter einem Bordnetz, das auch als Energieversorgungsnetz bezeichnet wird, ist im automotiven Einsatz die Gesamtheit aller elektrischen Komponenten in einem Kraftfahrzeug zu verstehen. Somit sind davon sowohl elektrische Verbraucher als auch Energie- bzw. Versorgungsquellen, wie bspw. Batterien, umfasst. Im Kraftfahrzeug ist darauf zu achten, dass elektrische Energie so verfügbar ist, dass das Kraftfahrzeug jederzeit gestartet werden kann und während des Betriebs eine ausreichende Stromversorgung gegeben ist. Aber auch im abgestellten Zustand sollen elektrische Verbraucher noch für einen angemessenen Zeitraum betreibbar sein, ohne dass ein nachfolgender Start beeinträchtigt wird.
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Das Bordnetz hat somit die Aufgabe, die elektrischen Verbraucher mit Energie zu versorgen. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung von Aggregaten sowie der Einführung von neuen Fahrzeugfunktionen höhere Anforderungen an die Sicherheit und Zuverlässigkeit der elektrischen Energieversorgung im Kraftfahrzeug gestellt werden. Dies ist insbesondere bei sicherheitskritischen bzw. sicherheitsrelevanten Verbrauchern zu berücksichtigen.
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In einem automobilen Bordnetz kann es bei sicherheitskritischen Verbrauchern zu Situationen kommen, bei denen in einem Notfall ein Bordnetzkanal, z. B. ein Ausgangskanal eines elektronischen Leistungsverteilers bzw. einer ePDU oder einem Ausgangskanal einer Bordnetzüberwachung bzw. eines Powernet Guardian (PNG), einen Verbraucher in Überlast betreiben muss. Dabei ist es von Bedeutung, den erforderlichen Strom solange wie möglich zur Verfügung zu stellen, diesen aber rechtzeitig abzuschalten, bevor es zu einer Überlastung in Form eines thermischen Zwischenfalls in dem Bordnetzkanal kommt.
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Ein Bordnetzkanal versorgt in diesem Zusammenhang einen sicherheitsrelevanten Verbraucher, wie bspw. die elektrische Bremse oder die Lenkung. Dies betrifft regelmäßig auch einen Schalter, z. B. einen MOSFET, der im Sicherheitsfall den Verbraucher vom Bordnetz trennen kann.
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Es wird daher angestrebt, vorhersagen zu können, wie lange ein Kanal in Überlast betrieben werden kann, bevor es zu einem kritischen Zustand kommt und der Kanal ggf. nicht mehr verfügbar ist.
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Aus der
DE 102019104246 A1 ist ein System zur Überwachung von Halbleiter-Bauteilen eines Fahrzeugs bekannt. Das System umfasst wenigstens ein Halbleiter-Bauteil, wenigstens eine Sensoreinheit, die auf dem wenigstens einen Halbleiter-Bauteil angeordnet oder darin integriert ist, wobei die wenigstens eine Sensoreinheit eingerichtet ist, um wenigstens einen Betriebsparameter des Halbleiter-Bauteils zu erfassen. Ein Überwachungsmodul ist eingerichtet, um eine Abweichung zwischen dem erfassten Betriebsparameter und einer Referenz zu ermitteln.
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Aus der
DE 112018008225 T5 sind eine Anomalie-Diagnosevorrichtung und ein Anomalie-Diagnoseverfahren bekannt. Diese sind dazu ausgebildet, eine verbleibende Zeit zu identifizieren, bis ein Elektromotor und eine Last einen Fehler bzw. Defekt verursachen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Anordnung nach Anspruch 13 vorgestellt.
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Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und aus der Beschreibung.
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Das vorgestellte Verfahren dient zum Überwachen des Betriebs eines Bordnetzes. Bei dem Verfahren werden in einem Bordnetzkanal des Bordnetzes die Temperatur einer Komponente in dem Bordnetzkanal, die Umgebungstemperatur der Komponente und der Strom, der durch die Komponente fließt, gemessen. Wird eine Überlast der Komponente erkannt, so wird eine Zeit bzw. ein Zeitraum bis zur Überlastung der Komponente berechnet. Überlast bedeutet, dass die Komponente in einem Betriebszustand betrieben wird, der nicht ihrem Nennbetrieb entspricht, so dass es zu einer nicht im Nenn-Bereich liegenden Erwärmung der Komponente kommt. Überlastung bedeutet, dass die Überlast zu einer Beeinträchtigung des Betriebs der Komponente, im äußersten Fall zu deren Zerstörung, führt.
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In einer Ausführungsform wird eine Temperaturabhängigkeit des elektrischen Verhaltens der Komponente berücksichtigt. Darunter kann bspw. die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands der Komponente fallen.
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Das Verfahren kann weiterhin für einen Ausgangskanal eines elektronischen Leistungsverteilers oder einen Ausgangskanal einer Bordnetzüberwachung durchgeführt werden.
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Mit dem vorgestellten Verfahren ist es somit möglich, vorherzusagen, wie lange ein Bordnetzkanal in Überlast betrieben werden kann, bevor es zu einer Überlastung, d. h. zu einem kritischen Zustand, kommt und der Bordnetzkanal abgeschaltet werden muss.
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Das Verfahren basiert darauf, prädiktiv eine Zeit bzw. einen Zeitraum vorherzusagen, die bzw. den ein gewisser Strom in einem Ausgangskanal anliegen kann, bevor es thermisch zu einer Beschädigung der Schaltkomponente kommen kann. Diese Vorhersage bzw. Prädiktion der verbleibenden Zeit wiederum eröffnet weitere Möglichkeiten, eine nach Ablauf der verbleibenden Zeit optimierte Notmaßnahme zu realisieren, wenn die Stromversorgung von einem sicherheitskritischen Verbraucher überlastet ist.
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In Abhängigkeit von dem berechneten Zeitraum kann eine optimierte, d. h. eine der Situation angepasste, Notfallmaßnahme eingeleitet bzw. ergriffen werden. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann der Bordnetzkanal abgeschaltet werden.
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Die vorgestellte Anordnung dient zum Durchführen des Verfahrens und ist bspw. in einer Hardware und/oder Software implementiert. Die Anordnung kann in einem Steuergerät in einem Bordnetz integriert oder als solches ausgebildet sein.
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Es wird weiterhin ein Bordnetz vorgestellt, das eine hierin beschriebene Anordnung aufweist und zur Durchführung des vorgestellten Verfahrens eingerichtet ist.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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- 1 zeigt in einem Flussdiagramm einen möglichen Ablauf des vorgestellten Verfahrens.
- 2 zeigt in einer schematischen Darstellung ein Bordnetz mit einer Anordnung zum Durchführen des Verfahrens.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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In 1 ist in einem Flussdiagramm ein möglicher Ablauf des hierin beschriebenen Verfahrens dargestellt. Die verwendeten Größen sind zum Teil in 2 gezeigt.
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In einem ersten Schritt 10 erfolgt eine Messung der Größen Strom 70 bzw. i, Komponententemperatur 62 und Umgebungstemperatur 66 bzw. Tumg.
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In einem darauffolgenden Schritt 12 wird überprüft, ob ein Überlastbetrieb vorliegt. Im Ausführungsbeispiel wird hierbei überprüft, ob ein Wärmeeintrag Pein größer als ein Wärmeverlust Paus ist. Hierbei kann entweder der Wärmeeintrag Pein und/oder der Wärmeverlust Paus berechnet werden und/oder es werden daraus abgeleitete weitere Überlastbedingungen ausgewertet. Hierbei kann auf die später ausgeführten Gleichungen 1-3 zurückgegriffen werden.
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Beispielsweise könnte für einen Zeitpunkt tstart die Anfangstemperatur Tstart der Komponente 56 in den Gleichungen 1 und 3 verwendet werden. Dann könnte beispielsweise nachfolgende Überlastbedingung ausgewertet werden:
- Mit R: elektrischer Widerstand der Komponente 56
- Rt: thermischer Widerstand der Komponente 56 bspw. in K/W oder:
wenn die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands R berücksichtigt wird.
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Ist dies nicht der Fall (kein Überlastbetrieb), so erfolgt ein Sprung (Pfeil 14) zu Schritt 10. Ist dies der Fall (Pfeil 16), so erfolgt in einem Schritt 18 die Berechnung der Zeit tüberlast bis zur Überlastung. Für diesen Fall wird ein Überlastzustand bzw. eine drohende Überlast erkannt. Anschließend erfolgt in einem Schritt 20 ein Überlastbetrieb. Die Größe tüberlast wird weitergegeben bzw. gemeldet, so dass eine optimale Notmaßnahme ausgewählt werden kann. Es erfolgt dann wieder ein Sprung zu Schritt 10 (Pfeil 22).
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In 2 ist in schematischer, stark vereinfachter Darstellung ein Bordnetz dargestellt, das insgesamt mit der Bezugsziffer 50 bezeichnet ist. Dieses Bordnetz 50 umfasst einen ersten Bordnetzkanal 52 und einen zweiten Bordnetzkanal 54. In dem zweiten Bordnetzkanal 54 ist eine Komponente 56 dargestellt, deren Betrieb überwacht wird. Hierzu ist eine Anordnung 58 vorgesehen, der eine erste Einheit 60, beispielsweise ein erster Temperatursensor 60, zum Erfassen einer Komponententemperatur 62, eine zweite Einheit 64, beispielsweise ein zweiter Temperatursensor, zum Erfassen einer Umgebungstemperatur 66 und eine Strommesseinrichtung 68 zum Messen eines Stroms 70, der durch die Komponente 56 fließt, zugeordnet sind. Als Komponente 56 kommt beispielsweise ein elektronischer Schalter (beispielsweise ein MOSFET) zum Einsatz, der beispielsweise einen sicherheitsrelevanten Verbraucher (beispielsweise eine elektrische Bremse oder Lenkung) bzw. sicherheitsrelevante Bordnetzzweige absichert. Bei drohenden Fehlerfällen wie beispielsweise Überlast, Überspannung etc. kann der sicherheitsrelevante Verbraucher durch die Komponente 56 abgeschaltet werden. Auch könnte die Komponente 56 dazu dienen, im Fehlerfall eines nicht sicherheitsrelevanten Bordnetzzweigs den sicherheitsrelevanten Bordnetzzweig, in dem beispielsweise sicherheitsrelevante Verbraucher versorgt werden, von dem fehlerhaften Bordnetzzweig zu trennen.
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Die Einheit 60 kann mit einem Temperatursensor oder beispielsweise auch unter Verwendung eines thermischen Modells der Komponente 56 realisiert sein. Aus bestimmten Betriebsgrößen der Komponente 56 kann auf die Komponententemperatur 62 geschlossen werden. Somit ist es unerheblich, ob die Komponententemperatur 62 unmittelbar gemessen oder anderweitig bestimmt wird.
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Auch kann lediglich eine Anfangstemperatur Tstart der Komponententemperatur 62 erfasst werden.
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Aus den erfassten Größen, nämlich Komponententemperatur 62, Umgebungstemperatur 66 und Strom 70 berechnet die Anordnung 58 eine Zeit bzw. einen Zeitraum 72 bis zur Überlastung der Komponente 56 wie nachfolgend näher beschrieben. In Abhängigkeit davon wird ein Überlastbetrieb zumindest des zweiten Bordnetzkanals 54 oder des gesamten Bordnetzes 50 eingeleitet, indem eine Notfallmaßnahme ausgewählt und dann auch eingeführt wird. Dies kann bis zum Abschalten des zweiten Bordnetzkanals 54 oder sogar des gesamten Bordnetzes 50 führen. Hierzu wird typischerweise ein Schalter, bspw. ein MOSFET, verwendet.
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Dem Verfahren liegt zugrunde, dass Strom, der durch eine elektronische Komponente fließt, Wärme erzeugt. Diese Wärme wiederum erzeugt Wärme in dem Element bzw. in der Komponente 56 in Abhängigkeit von deren thermischer Kapazität bzw. Wärmekapazität Ct. Gleichzeitig wird ein Wärmeabfluss Paus aus der Komponente 56 bewirkt, wenn die Umgebungstemperatur 66 bzw. Tumg niedriger als die Komponententemperatur 62 bzw. T selbst ist. Wenn man diese Wärmekapazität Ct und die maximal zulässige Temperatur an der Komponente 56 kennt, bevor diese durch Hitze zerstört wird, hat man die Möglichkeit, die Zeit (bzw. den Zeitraum 72 bis zur Überlastung der Komponente 56) zu berechnen, in der der Strom 70 bzw. i noch fließen kann, um im Notfall ein Sicherheitsmanöver durchzuführen.
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Diese Vorhersage ist aber nur gültig, wenn der Strom 70 bzw. i konstant bleibt. Wenn ein übergeordnetes Steuergerät eine Notmaßnahme übernimmt, ist es z. B. bei Überlast eines ABS-Kanals (ABS: Antiblockiersystem) und einer Notbremsmaßnahme zweckmäßig, für die Berechnung der verbleibenden Zeit (bzw. den Zeitraum 72 bis zur Überlastung der Komponente 56) nicht lediglich den gemessenen Strom 70 bzw. i zu nutzen, sondern den gemessenen Strom 70 bzw. i zuzüglich einer erwarteten Stromerhöhung wegen der Notmaßnahme, wie z. B. den gemessenen Strom plus einem Nennstrom, zu nutzen, oder zwei separate Berechnungen für eine optimistische und eine pessimistische Zeitvorhersage vorzunehmen.
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Als Eingangsgrößen werden beispielsweise der Strom 70 bzw. i, die Komponententemperatur 62 und die Umgebungstemperatur 66 bzw. Tumg benötigt.
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Folgende Größen tragen zur Ermittlung des Zeitraums 72 bis zur Überlastung der Komponente 56 bei:
- Es ist zunächst der Wärmeverlust Paus (beispielsweise in W) der Komponente 56 aufgrund der Umgebungstemperatur 66 (beispielsweise in Grad Celsius) bzw. Tumg mit folgender Gleichung zu beschreiben bzw. gegebenenfalls zu berechnen:
- Mit T(t): der zeitliche Verlauf der Komponententemperatur 62 (beispielsweise in Grad Celsius) sowie
- Rt: thermischer Widerstand der Komponente 56 bspw. in K/W =C/W.
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Alternativ zur Berechnung von Paus am Anfang einer Überlastperiode oder einer potentiellen Überlastperiode könnte auf eine bestimmte Anfangstemperatur Tstart der Komponente 62 zurückgegriffen werden.
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Der Wärmeeintrag Pein (beispielsweise in W) durch den Strom 70 bzw. i (beispielsweise in A) auf die Komponente 62 mit deren elektrischem Widerstand R (beispielsweise in Ohm) kann wie folgt beschrieben bzw. berechnet werden:
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Wenn der elektrische bzw. ohmsche Widerstand R der Komponente 62 temperaturabhängig ist, ist dies ggf. auch zu berücksichtigen:
- Mit R20 : elektrischer Widerstand R der Komponente 56 bei 20 °C
- α Temperaturfaktor, in Ohm/K
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Auch ist die thermische Differentialgleichung für die Komponente 56 bekannt:
- Mit Ct: Wärmekapazität der Komponente 56, bspw. in J/K
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Damit ergibt sich dann unter Verwendung der Gleichungen 1 und 3:
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Und damit schließlich durch Lösung der Differentialgleichung und Auflösung nach der Zeit und Berücksichtigung der Bedingung T(t
überlast) = T(end):
- Pein: Wärmeeintrag
- Paus: Wärmeverlust
- Tumg: Umgebungstemperatur 66
- R20: elektrischer Widerstand bei 20°C
- Rtinv: invertierter thermischer Widerstand Rtinv = 1/Rt
- Ctinv: invertierte thermische Kapazität Ctinv = 1/Ct
- α: Temperaturkorrekturfaktor für den elektrischen Widerstand pro Grad Celsius tüberlast: der Zeitraum 72 bis zur Überlastung der Komponente 56
- Tstart: Anfangstemperatur der Komponente 56
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Wenn die Temperaturabhängigkeit der Komponente 56 nicht berücksichtigt wird, vereinfacht sich die Formel bei einem Temperaturkorrekturfaktor α gleich Null zu:
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Das vorgestellte Verfahren ist insbesondere dazu geeignet, in Verbindung mit Powernet Guardians eingesetzt zu werden, um auf diese Weise die Verfügbarkeit von Bordnetzkanälen zu erhöhen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102019104246 A1 [0007]
- DE 112018008225 T5 [0008]