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Die Erfindung betrifft ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 6 zur Ermittlung der Interaktion eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem.
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Mit voranschreitender Entwicklung (teil-)autonomer Fahrzeugkonzepte greifen Fahrerassistenzsysteme zunehmend aktiv in die Fahrzeugsteuerung ein. Dabei wird nicht auf den individuellen Fahrstil eines Fahrers Rücksicht genommen, da die Fahrerassistenzsysteme ein vorprogrammiertes „optimales“ Ziel verfolgen, welches nicht unbedingt den Fahrstil des Fahrers wiederspiegelt. Der Spurhalteassistenz z.B. hat als optimales Ziel die Mitte der Fahrspur und berücksichtigt nicht, ob der Fahrer in einer bestimmten Situation gerade weiter rechts oder weiter links innerhalb der Spur fahren möchte. Dies kann dazu führen, dass der Fahrer das Fahrerassistenzsystem als störend empfindet und sogar dazu tendiert, es lieber auszuschalten. Eine auf den Fahrer angepasste Eingriffsstärke des Systems könnte die Akzeptanz des Fahrers gegenüber des Fahrerassistenzsystems steigern. Dazu muss zunächst die individuelle Interaktion vom Fahrer mit dem System analysiert werden. Ein größter Anteil der Interaktion zwischen Fahrer und Assistenz findet über das Lenkrad statt. Über dieses wirkt der Fahrer einerseits durch Lenkmomente auf das Fahrzeug ein und erhält andererseits kontinuierlich Feedback über die wirkenden Straßenkräfte sowie über gegebenenfalls vorhandene Eingriffe des Assistenzsystems. Durch eine mathematische Modellierung dieser Interaktion am Lenkrad kann detektiert werden, ob der Fahrer gerade in Konflikt mit dem System steht oder ob er die Systemeingriffe zulässt. Diese Information kann dann genutzt werden, um die Eingriffe des Systems auf den Fahrer zu adaptieren.
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Beispielsweise sind aus den Fachartikeln „Z. Ercan. A. Carvalho, M. Gokasan, F. Borrelli: Modeling, Identification, and Predictive Control of a Driver Steering Assistance System; IEEE Transactions on Human-Machine Systems PP. 1-11.10.1109/THMS.2017.2717881, 2017“ oder „Y. Tanaka et al.: Vehicle Active Steering Control System Based on Human Mechanical Impedance Properties of the Arms; Intelligent Transportation Systems, IEEE Transactions on 15.1758-1769.10.1109/TITS.2014.2312458, 2014“ Fahrerarmimpedanzmodelle bekannt, um Konflikt und Passivität des Fahrers gegenüber dem Fahrerassistenzsystem zu bestimmen.
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Allerdings sind die Ergebnisse mittels dieser Fahrerarmimpedanzmodelle nicht immer zufriedenstellend, was später noch ausgeführt wird.
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Aus der
EP 3 702 247 A1 oder der
JP 2020075576 A sind jeweils Verfahren bekannt, bei denen ein aktives Gegenlenken des Fahrers gegen das Moment des Fahrerassistenzsystems erfasst wird und das Fahrerassistenzsystem sich dann anpasst. Allerdings lässt dies nur begrenzt Rückschlüsse zu, wie zufrieden bzw. wie sehr im Konflikt der Fahrer mit den Vorgaben des Fahrerassistenzsystems ist.
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Aus dem Fachartikel „VC - A Method For Estimating Time-Varying Coefficients in Linear Models; E. Schlicht; ISSN: 2365-9793“ ist ein Verfahren zur Parameterbestimmung bekannt.
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Aus der
DE 10 2019 208 732 A1 ist ein gattungsgemäßes Verfahren und eine gattungsgemäße Vorrichtung zur Ermittlung der Interaktionen eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem bekannt.
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Aus der
DE 10 2013 211 052 B3 ist ein Verfahren zum Detektieren eines Zustandes einer Hand-Lenkrad-Berührung unter Verwendung eines Modells eines Lenkrad-Hand-Systems bekannt.
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Der Erfindung liegt daher das technische Problem zugrunde, ein Verfahren zur Ermittlung der Interaktionen eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem zur Verfügung zu stellen, wobei das elektromechanische Lenksystem mindestens ein Fahrerassistenzsystem aufweist oder mit diesem verbunden ist, mittels dessen ein Konfliktpotential besser bestimmt werden kann. Ein weiteres technisches Problem ist die Schaffung einer geeigneten Vorrichtung.
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Die Lösung des technischen Problems ergibt sich durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 6. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Verfahren zur Ermittlung der Interaktionen eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem, wobei das elektromechanische Lenksystem mindestens ein Fahrerassistenzsystem aufweist oder mit diesem verbunden ist, wobei das Fahrerassistenzsystem Momente vorgibt, die von dem elektromechanischen Lenksystem umgesetzt werden, wobei in einem teil- oder vollautomatischen Betrieb das Fahrerassistenzsystem die Fahraufgabe komplett übernehmen kann, erfolgt mittels eines Fahrerarmimpedanzmodells. Mittels des Fahrerarmimpedanzmodells wird mindestens ein Konfliktmoment ermittelt. Das Konfliktmoment ist das Moment, was der Fahrer aufbringt, um dem Eingriff des Fahrerassistenzsystems entgegenzuwirken, wobei im Fahrerarmimpedanzmodell als Randbedingung berücksichtigt wird, dass das Konfliktmoment entgegen dem Moment des Fahrerassistenzsystems wirkt und betragsmäßig kleiner/gleich dem Moment des Fahrerassistenzsystems ist. Hierdurch kann ermittelt werden, wie stark der Fahrer die Armmuskeln anspannt, um gegen das Fahrerassistenzsystem zu arbeiten, oder aber auch, ob der Fahrer die Hände entspannt auf das Lenkrad legt oder gar vom Lenkrad wegnimmt. Dieses Konfliktmoment erlaubt erheblich bessere Rückschlüsse auf das Konfliktpotential mit dem Fahrerassistenzsystem. Das Fahrerarmimpedanzmodell berücksichtigt dabei auch, dass ohne Handmoment sich der Lenkradwinkel nicht in die Neutralstellung, sondern in den Lenkradwinkel des Fahrerassistenzsystems einstellen würde. Weiter berücksichtigt das Fahrerarmimpedanzmodell vorzugsweise auch, dass das Moment zur Kompensation der Straßenkräfte und der Serienlenkkraftunterstützung nicht in allen Fällen nur vom Fahrer kompensiert wird, sondern dass auch das Fahrerassistenzsystem anteilig oder komplett (je nach Situation) dieses Moment kompensieren muss.
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In einer Ausführungsform wird zusätzlich ein Aktivitätsmoment des Fahrers mittels des Fahrerarmimpedanzmodells ermittelt, wobei das Aktivitätsmoment ein Moment ist, das der Fahrer auf eine Lenkhandhabe gibt, um das Fahrzeug aktiv zu lenken, wobei das Aktivitätsmoment mindestens zwei Komponenten umfasst, wobei die erste Komponente das Moment ist, das der Fahrer aufbringen muss, um seinen Wunschlenkwinkel zu stellen, und die zweite Komponente ein Moment ist, das der Fahrer zur Kompensation der Straßenkräfte und einer Serienlenkkraftunterstützung aufbringen muss. Konfliktmoment und Aktivitätsmoment zusammen ergeben das Fahrermoment.
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In einer weiteren Ausführungsform weist das Fahrerarmimpedanzmodell die Form
auf, wobei δ
e = δ
a - δ ist, wobei δ der aktuelle Lenkradwinkel und δ
a der Lenkradwinkel ist, den das Fahrerassistenzsystem einstellen will, wobei J
D das Trägheitsmoment des Feder-Masse-Dämpfer-Systems Fahrerarm-Lenkrad ist, b
D die Dämpfung und k
D das Steifigkeitsmoment des Fahrerarm-Lenkrad-Systems sind,
das Moment ist, welches der Fahrer aufbringen muss, um seinen Wunschlenkwinkel zu folgen, J
S das Trägheitsmoment des Lenkrades und b
S die
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Dämpfung des Lenkrades sind, TS das Torsionsstabmoment eines Torsionsstabes zwischen einer Lenksäule und einer Ritzelwelle und Tr,D das vom Fahrer gestellte Moment zur Kompensation des Momentes, welches aufgrund der Straßenkräfte und der Serienlenkkraftunterstützung am Lenkrad zu spüren ist.
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Die vier unbekannten zeitvariierenden Parameter J
D, b
D, k
D und
können durch mathematische Methoden der Parameteridentifikation und/oder Optimierung unter Berücksichtigung von Nebenbedingungen berechnet werden. Anschließend können daraus die resultierenden Konfliktmomente und Aktivitätsmomente berechnet werden.
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In einer weiteren Ausführungsform wird mindestens das ermittelte Konfliktmoment an das mindestens eine Fahrerassistenzsystem übermittelt, das dann das Moment des Fahrerassistenzsystems anpasst, sodass das Konfliktmoment reduziert wird bzw. unterhalb eines Schwellwertes liegt. Hierdurch adaptiert sich das Fahrerassistenzsystem quasi in Echtzeit an den Fahrer.
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In einer weiteren Ausführungsform werden mindestens die Konfliktmomente über der Zeit abgespeichert und stehen somit für off-line-Anpassungen zur Verfügung. Dabei gilt, dass je höher das Konfliktmoment ausfällt, desto stärker agiert der Fahrer gegen die Assistenz, was ein Index für eine Unzufriedenheit mit dem Systemeigriff ist. Die Höhe des Aktivitätsmoments beschreibt, wie aktiv bzw. passiv der Fahrer am Lenkrad agiert, was ein Index dafür ist, wie sehr sein Ziel mit dem Ziel des Systems zusammenpasst bzw. wie sehr der Fahrer dem System die Fahraufgabe überlässt.
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Die Vorrichtung zur Ermittlung der Interaktionen eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem, wobei das elektromechanische Lenksystem mindestens ein Fahrerassistenzsystem aufweist oder mit diesem verbunden ist, wobei das Fahrerassistenzsystem Momente vorgibt, die von dem elektromechanischen Lenksystem umgesetzt werden, wobei in einem teil- oder vollautomatischen Betrieb das Fahrerassistenzsystem die Fahraufgabe komplett übernehmen kann, wobei die Vorrichtung ein Fahrerarmimpedanzmodell sowie eine Berechnungseinheit aufweist, wobei die Vorrichtung derart ausgebildet ist, dass die Berechnungseinheit mittels des Fahrerarmimpedanzmodells mindestens ein Konfliktmoment ermittelt, wobei das Konfliktmoment das Moment ist, was der Fahrer aufbringt, um dem Eingriff des Fahrerassistenzsystems entgegenzuwirken, wobei im Fahrerarmimpedanzmodell als Randbedingung berücksichtigt wird, dass das Konfliktmoment entgegen dem Moment des Fahrerassistenzsystems wirkt und betragsmäßig kleiner/gleich dem Moment des Fahrerassistenzsystems ist.
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Hinsichtlich der weiteren Ausgestaltung wird vollinhaltlich auf die vorangegangenen verfahrensmäßigen Ausgestaltungen Bezug genommen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele näher erläutert. Die Figuren zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines elektromechanischen Lenksystems (Stand der Technik),
- 2 einen Freischnitt durch das Lenksystem,
- 3a-3c Darstellung verschiedener Momente an einem Lenkrad
- 4 eine schematische Darstellung des Feder-Masse-Dämpfer-Systems Arm-Lenkrad,
- 5a eine Verkehrssituation ohne Anpassung der Fahrerassistenz,
- 5b eine Verkehrssituation mit Anpassung der Fahrerassistenz und
- 6 ein schematisches Blockschaltbild einer Vorrichtung.
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Nachfolgend soll zunächst die Herleitung des Fahrerarmimpedanzmodells näher erläutert werden, wobei in
1 schematisch ein elektromechanisches Lenksystem 1 dargestellt ist. Das Lenksystem 1 umfasst eine Lenkhandhabe in Form eines Lenkrades 2, eine Lenksäule 3, einen Torsionsstab 4, eine Ritzelwelle 5 und eine Zahnstange 6. Die Zahnstange 6 ist über eine Spurstange und eine Radaufhängung jeweils mit einem Reifen 7 verbunden. Weiter weist das elektromechanische Lenksystem einen elektrischen Servomotor 8 auf, der über eine Motorwelle 9 mit der Zahnstange 6 verbunden ist, gegebenenfalls über ein nicht dargestelltes Getriebe. Dabei bringt der Servomotor 8 ein Motormoment T
EPS auf, das die Summe ist aus einer serienmäßigen Lenkunterstützung
und einem Moment
eines Fahrerassistenzsystems, um beispielsweise das Fahrzeug entlang einer Trajektorie zu führen.
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Die Modellierung der Lenkraddynamik kann dann daher erst einmal wie folgt beschrieben werden:
- Modellierung der Lenkraddynamik
- - Motormoment:
- - Torsionsstabmoment: TS = kS · (δ - δPS)
mit - - kS: Torsionsfedersteifigkeit
- - δ: Lenkradwinkel
- - δPS: Winkel der Ritzelwelle
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Im nächsten Schritt wird zur Modellierung der Lenksäule 3 und der Ritzelwelle 5 das System freigeschnitten und die folgenden Gleichungen aufgestellt:
- Momentengleichgewicht für das System aus Lenkrad 2 und Lenksäule 3: mit
- - δ: Lenkradwinkel, δ: Lenkradwinkelgeschwindigkeit, δ: Lenkradwinkelbeschleunigung
- - JS: Trägheitsmoment des Lenkrads
- - bS: Dämpfung des Lenkrads
- - TD: Fahrermoment
- - TS: Torsionsstabmoment
- Momentengleichgewicht für Ritzelwelle 5: mit
- - Tr: Moment, welches der Fahrer im Serienbetrieb (TA = 0) aufgrund der Straßenkräfte und der Serienlenkkraftunterstützung am Lenkrad spüren würde,
- - TA: das auf der Ritzelwelle wirkende zusätzliche Unterstützungsmoment, mit
mit ig das Übersetzungsverhältnis vom Ritzelwellenmoment auf die Zahnstangenkraft und iEPS das Übersetzungsverhältnis vom EPS-Motormoment auf die Zahnstangenkraft - Gleichungen ineinander einsetzen ergibt: Anschließend erfolgt die Modellierung des Fahrermoments.
- Modellierung des Fahrermoments: mit
- - Aktivitätsmoment, welches der Fahrer auf das Lenkrad gibt, um das Fahrzeug aktiv zu steuern
- - Konfliktmoment, was der Fahrer aufbringt, um den Eingriffen des Assistenzsystems entgegenzuwirken
- Modellierung des Aktivitätsmoments: mit
- - : Moment, welches der Fahrer aufbringen muss, um seinem Wunschlenkradwinkel δ zu folgen
- - Tr,D: das vom Fahrer gestellte Moment zur Kompensation des Moments, welches aufgrund der Straßenkräfte und der Serienlenkkraftunterstützung am Lenkrad zu spüren ist
- Modellierung des Moments, welches aufgrund der Straßenkräfte und der Serienlenkkraftunterstützung am Lenkrad zu spüren ist:
- -
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Die erste Nebenbedingung drückt dabei aus, dass das Konfliktmoment
nie größer als das Moment T
A des Fahrerassistenzsystems sein kann.
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Die zweite Nebenbedingung drückt aus, dass der Fahrer maximal das ganze Tr kompensieren muss, aber eben auch nicht mehr.
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Die dritte Nebenbedingung drückt aus, dass das Moment TA des Fahrerassistenzsystems immer seinen Anteil an Tr mindestens kompensiert.
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Nebenbedingungen an Tr,D:
- Aus den Gleichungen und den Nebenbedingungen gelten folgende Zusammenhänge für Tr,D
- -
- Außerdem muss folgende Anforderung gelten:
- -
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Begründet werden kann diese Nebenbedingung damit, dass bei manueller Fahrt (T
A = 0) das gesamte Moment T
r vom Fahrer kompensiert werden muss, da in diesem Fall gilt:
-
Zusammengefasst gilt dann:
- -
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D.h. Tr,D kann allein aus dem gemessenen Torsionsstabmoment TS und dem bekannten Assistenzmoment TA berechnet werden.
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In den
3a-3c ist das Momentengleichgewicht am Lenkrad (
3a) sowie die Modellierung des Fahrermoment T
D als Summe des Aktivitätsmoments
und Konfliktmoments
(
3b) und des Aktivitätsmoments
(
3c) dargestellt, wobei sich das Momentengleichgewicht am Lenkrad 2 ergibt:
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Nebenbedingungen an
:
- -
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Begründet werden kann diese Nebenbedingung damit, dass bei manueller Fahrt (T
A = 0) die Beziehung
gilt. Wird der Fahrer jedoch unterstützt, kann die Beschleunigung des Lenkrads und die Überwindung der Reibung ebenfalls vom Assistenzmoment anteilig oder komplett hervorgerufen werden, sodass das vom Fahrer aufgebrachte Moment
in der unterstützten Fahrt vom Betrag her maximal dem Moment
entsprechen kann.
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Nachfolgend wird das Konfliktmoment
modelliert.
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Das System aus Fahrerarm und Lenkrad wird als Feder-Masse-Dämpfer-System mit den zeitveränderlichen Parametern JD, bD, kD ≥ 0 modelliert. Für das Konfliktmoment gilt:
- -
-
Dabei ist δ
e = δ
A - δ. Damit wird sichergestellt, dass das Feder-Masse-Dämpfer-System nicht auf die Neutralposition des Lenkr ads (δ = 0) bezieht, sondern auf den vom Assistenzsystem gewünschten Lenkradwinkel δ
A, d.h. sobald der Fahrer während der unterstützten Fahrt das Lenkrad loslässt, regelt das Assistenzsystem seinen Lenkradwinkelwunsch δ
A ein. Möchte der Fahrer beispielsweise einen anderen Lenkwinkel wählen (schwarz durchgezogenes Lenkrad), muss er bildlich gesprochen an dem Feder-Masse-Dämpfer-System ziehen, indem er ein Moment
ausübt. Durch das Feder-Masse-Dämpfer-System wirkt jedoch ein Trägheitsmoment J
D, ein Dämpfungsmoment b
D und ein Steifigkeitsmoment k
D in die entgegengesetzte Richtung. Dies ist in
4 dargestellt.
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Daraus ergibt sich dann das folgende Fahrerarmimpedanzmodell:
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- -
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Die vier unbekannten, zeitvarianten Größen J
D, b
D, k
D,
können dann durch mathematische Methoden der Parameteridentifikation und/oder Optimierung unter Berücksichtigung der vorgestellten Nebenbedingungen berechnet werden. Dies kann beispielsweise wie folgt erfolgen. Die Modellgleichung gilt jeweils für einen Zeitschritt. Dann werden mehrere Zeitschritte über ein vorgegebenes Zeitintervall ausgewertet (z.B. die letzten 2 Sekunden mit einer Abtastrate von 5 ms, was 400 Zeitschritten entspricht). Mittels der Varying Coefficients (VC) Methode können diese Gleichungen für die verschiedenen Zeitschritte in ein einziges quadratisches Programm umgeformt werden. Methoden zur Lösung von quadratischen Programmen sind in vielen Solver und Skriptsprachen bereits Standard (z.B. MATLAB, Mathematica, Python, R, IPOPT).
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Nach Lösen des Problems können Konfliktmoment und Aktivitätsmoment ausgerechnet werden:
- - Konfliktmoment:
- - Aktivitätsmoment:
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In den
5a und
5b ist beispielshaft eine Verkehrssituation dargestellt, wobei in
5a keine Anpassung des Momentes des Fahrerassistenzsystems erfolgt und in
5b eine Anpassung erfolgt. Dabei ist die punkt-gestrichelte Linie die Trajektorie, die das Fahrerassistenzsystem fahren möchte (Fahrzeug soll in der Mitte der Fahrspur gehalten werden). Gestrichelt ist die Trajektorie dargestellt, die der Fahrer fahren möchte (weiter rechts). Hierzu muss der Fahrer das Assistenzsystem übersteuern, wobei unterhalb der Verkehrssituation das Konfliktmoment
in [Nm] über den Weg s in [m] dargestellt ist. Dabei erkennt man, dass das Konfliktmoment
sehr groß ist und einen Schwellwert S überschreitet.
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In
5b ist nun die gleiche Fahrsituation dargestellt, wobei das Fahrerassistenzsystem sein Moment T
A an das Konfliktmoment
anpasst, sodass das Konfliktmoment
reduziert wird und den Schwellwert S nicht überschreitet.
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In der
6 ist stark vereinfacht eine Vorrichtung 10 zur Ermittlung der Interaktionen eines Fahrers mit einem elektromechanischen Lenksystem 1 dargestellt. Dabei weist die Vorrichtung 10 ein Fahrerarmimpedanzmodell 11, eine Berechnungseinheit 12 und einen Speicher 13 auf. Als Eingangsgrößen erhält dann die Vorrichtung 10 die notwenigen Messdaten für das Fahrerarmimpedanzmodell, wobei die Fahrzeugparameter wie beispielsweise J
S und b
S fest abgelegt sein können. Die von der Berechnungseinheit 12 berechneten Konflikt- und Aktivitätsmomente
werden dann im Speicher 13 abgespeichert und stehen dann für nachträgliche Auswertungen zur Verfügung. Alternativ können diese Daten über eine Luftschnittstelle an einen Sensor oder in eine Cloud übermittelt werden. Zusätzlich kann die Vorrichtung 10 das jeweils ermittelte Konflikt- und Aktivitätsmoment
an ein Fahrerassistenzsystem 14 übermitteln, das dann sein Moment T
A anpassen kann, um das Konfliktmoment
zu minimieren.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lenksystem
- 2
- Lenkrad
- 3
- Lenksäule
- 4
- Torsionsstab
- 5
- Ritzelwelle
- 6
- Zahnstange
- 7
- Reifen
- 8
- Servomotor
- 9
- Motorwelle
- 10
- Vorrichtung
- 11
- Fahrerarmimpedanzmodell
- 12
- Berechnungseinheit
- 13
- Speicher
- 14
- Fahrerassistenzsystem
- s
- Weg
- S
- Schwellwert
- bS
- Dämpfung des Lenkrads
- bD
- Dämpfungsmoment
- ig
- Übersetzungsverhältnis
- iESP
- Übersetzungsverhältnis
- JS
- Trägheitsmoment des Lenkrads
- JD
- Trägheitsmoment
- kS
- Torsionsfedersteifigkeit
- kD
- Steifigkeitsmoment
- TD
- Fahrermoment
- TS
- Torsionsstabmoment
- Tr
- Moment
-
- Konfliktmoment
-
- Aktivitätsmoment
- TEPS
- Motormoment
-
- serienmäßige Lenkunterstützung
-
- Moment eines Fahrerassistenzsystems
- δ
- Lenkradwinkel
-
- Lenkradwinkelgeschwindigkeit
-
- Lenkradwinkelbeschleunigung
- δPS
- Winkel der Ritzelwelle
- δA
- Lenkradwinkel des Fahrerassistenzsystems