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Die Erfindung betrifft eine hydraulische Bremsanlage und ein Verfahren zum Steuern einer solchen Bremsanlage aufweisend eine elektrische Druckbereitstellungseinrichtung mit Zuschaltventil, einen durch ein Bremspedal betätigbaren Hauptbremszylinder mit Hauptzylinderventil, Hauptzylinderdrucksensor und Pedalwegsensor, sowie damit verbundene Radbremsen mit Einlassventilen und Auslassventilen, wobei zum Öffnen des Zuschaltventils eine Öffnungsroutine durchgeführt wird bei der mittels der Druckbereitstellungseinrichtung ein Druck zum Aufdrücken des Zuschaltventils aufgebaut wird, und wenn das Zuschaltventil öffnet ein Schaltstrom an das Zuschaltventil angelegt wird.
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Derartige Bremsanlagen für Kraftfahrzeuge werden als brake-by-wire Bremsanlagen bezeichnet, da Sie in Normalbetrieb keine Verbindung zwischen dem Hauptbremszylinder, welcher mittels eines Bremspedals bewegt wird und den Radbremsen aufweisen. Vielmehr wird die Betätigung des Bremspedals und/oder des Hauptbremszylinder lediglich genutzt um einen Fahrerbremswunsch zu bestimmen, welcher nachfolgend herangezogen wird um mittels der Druckbereitstellungseinrichtung einen passenden Systemdruck zu erzeugen, der über entsprechende Leitungen und Ventile an die Radbremsen geführt wird.
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Für eine Rückfallebene und daher auch im stromlosen Zustand ist jedoch der Hauptbremszylinder anstelle der Druckbereitstellungseinrichtung mit den Radbremsen verbunden. Zum Hochfahren der Bremsanlage und Schalten in den by-wire Betrieb müssen daher die Ventile umgestellt werden, wobei auch das Zuschaltventil geöffnet werden muss.
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Das Konzept des Öffnens des Zuschaltventils benötigt in bekannten Bremsanlagen immer einen Systemdrucksensor, da das Zuschaltventil nur bei Druckgleichheit geöffnet werden kann. Bei einem Systemdrucksensorfehler oder ohne ein zugehöriges Steuergerät können solche Bremsanlagen daher nicht in einen by-wire Modus schalten, in welchem die Druckbereitstellungseinrichtung die Radbremsen mit Systemdruck versorgt. Die Einschränkungen bei einem auch nur temporär nicht verfügbaren Systemdrucksensor sind daher eine hydraulische Rückfallebene, in welcher der Fahrer allein mit seiner Muskelkraft die nötige Bremskraft bereitstellen muss. Besonders ein Bordnetzreset bei einem gedrückten Pedal in der Fahrt führt somit zu einer hydraulischen Rückfallebene.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Zuschaltventil auch ohne Verfügbarkeit eines Systemdrucksensors Öffnen zu können.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein gattungsgemäßes Verfahren, wobei während der Öffnungsroutine das Hauptzylinderventil geöffnet ist, und ein Verhältnis einer Hauptzylinderdruckgröße und einer Pedalweggröße gemessen wird, wobei basierend auf diesem Verhältnis bestimmt wird, wann das Zuschaltventil öffnet. Die Druckbereitstellungseinrichtung kann dabei als Linearaktuator ausgeführt sein. Das Zuschaltventil ist direkt am Ausgang der Druckbereitstellungseinrichtung angeordnet, und verbindet und/oder trennt die Druckbereitstellungseinrichtung mit den Einlassventilen der Radbremsen. In gleicher Weise ist das Hauptzylinderventil am Ausgang des Hauptbremszylinders angeordnet, und verbindet und/oder trennt den Hauptbremszylinder mit den Einlassventilen der Radbremsen. Der Hauptzylinderdrucksensor kann direkt im Hauptbremszylinder oder an einer mit diesem, insbesondere direkt, verbundenen Stelle angeordnet sein, sodass dieser den hydraulischen Druck im Hauptbremszylinder misst und bereitstellt. Bei der Hauptzylinderdruckgröße kann es sich bevorzugt um den Absolutwert des Hauptzylinderdrucks oder um eine Ableitung handeln. Auch bei der Pedalweggröße kann es sich bevorzugt um den Absolutwert des Pedalwegs oder um eine Ableitung handeln.
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In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird nach dem Öffnen des Zuschaltventils das Hauptzylinderventil geschlossen. Die Bremsanlage ist dann bereit im brake-by-wire Modus zu arbeiten und schaltet in diesen. Die Bremskraftverstärkung steht somit zur Verfügung.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird nach dem Öffnen des Zuschaltventils und vor dem Schließen des Hauptzylinderventils noch der Systemdruck mittels des Hauptzylinderdrucksensors bestimmt. Dieser Wert wird dann als Startwert für eine Systemdruckregelung herangezogen. Die Systemdruckregelung kann dann basierend auf diesem Startwert und den pV-Kurven der Bremsanlage immer den aktuellen Druckwert berechnen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird eine pV-Kurve der Bremsanlage herangezogen, um ein erwartetes Verhältnis von Hauptzylinderdruck und Pedalweg zu bestimmen, wobei eine Abweichung des Verhältnisses vom erwarteten Verhältnis betrachtet wird, um den Öffnungszeitpunkt des Zuschaltventils zu detektieren. Die Abweichung von der pV-Kurve wird dabei als eine Fremddruckquelle aufgefasst, welche durch das Zuschaltventil gebildet wird, das beim Öffnen ein kleines Volumen Bremsflüssigkeit passieren lässt. Dies kann bei verschiedenen Szenarien auftreten, beispielsweise wenn sich das Pedal oberhalb eines bestimmten Druckniveaus, beispielsweise 2 bar, zurückbewegt der Druck aber nicht sinkt, der Druck steigt das Pedal sich aber nicht vorwärtsbewegt, und/oder bei einer Vorwärtsbewegung des Pedals der Druck übermäßig steigt.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird nach einer vorgegebenen Zeitspanne von dem Schaltstrom auf einen niedrigeren Haltestrom umgeschaltet, welcher das Zuschaltventil in einer Offen-Position sichert. Somit kann das Ventil thermisch entlastet werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung sind während der Öffnungsroutine die Einlassventile geöffnet oder geschlossen. Sind die Einlassventile geschlossen, so wird verhindert, dass der kleine Druckpuls durch das Aufdrücken des Ventils an die Radbremsen gelangt. Das erfindungsgemäße ist jedoch auch durchführbar bei geöffneten Ventilen, beispielsweise bei einem Ausfall des Steuergeräts der Einlassventile oder bei einem Kommunikationsverlust zu diesem Steuergerät. Da die erfindungsgemäße Öffnungsroutine eine sehr schnelle Reaktionszeit aufweist, ist der erzeugte Druckpuls sehr klein und das Zuschaltventil kann auch bei geöffneten Einlassventilen geöffnet werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Öffnungsroutine durchgeführt, wenn die Bremsanlage mit betätigtem Bremspedal aufwacht. Die Bremsanlage kann daher auch bei diesem sogenannten WAP (Wake-up Applied Pedal) schnell in by-wire schalten.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Öffnungsroutine durchgeführt, wenn eine erste Steuereinheit, welche Zuschaltventil, Hauptzylinderventil, Hauptzylinderdrucksensor, Pedalwegsensor und Druckbereitstellungseinrichtung ansteuert, verfügbar ist und eine zweite Steuereinheit, welche einen Systemdrucksensor, die Einlassventile und die Auslassventile ansteuert, nicht verfügbar ist. Somit wird die Redundanz der Bremsanlage verbessert.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird bei mittels Hauptzylinderdrucksensor sensierter Drucklosigkeit und/oder bei mittels Pedalwegsensor sensiertem offenem Schnüffelloch das Zuschaltventil mit dem Schaltstrom beaufschlagt. Diese Sonderfälle können daher ohne Auswertung des Drucksensors durchgeführt werden.
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Die Aufgabe wird außerdem gelöst durch eine hydraulische Bremsanlage für Kraftfahrzeuge aufweisend eine elektrische Druckbereitstellungseinrichtung mit Zuschaltventil, ein durch ein Bremspedal betätigbaren Hauptbremszylinder mit Hauptzylinderventil, Hauptzylinderdrucksensor und Pedalwegsensor, sowie damit verbundene Radbremsen mit Einlassventilen und Auslassventilen, und eine Steuereinheit, welche dazu eingerichtet ist zum Öffnen des Zuschaltventils eine Öffnungsroutine durchzuführen bei der mittels der Druckbereitstellungseinrichtung ein Druck zum Aufdrücken des Zuschaltventils aufgebaut wird, und wenn das Zuschaltventil öffnet ein Schaltstrom an das Zuschaltventil angelegt wird, wobei bei der Öffnungsroutine das Hauptzylinderventil geöffnet ist, und ein Verhältnis von Hauptzylinderdruck und Pedalweg gemessen wird, wobei basierend auf diesem Verhältnis bestimmt wird, wann das Zuschaltventil öffnet.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch durch die nachfolgende Beschreibung von Ausführungsbeispielen und der Zeichnungen. Dabei gehören alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination zum Gegenstand der Erfindung, auch unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbezügen.
- 1 zeigt eine erfindungsgemäßes hydraulische Bremsanlage,
- 2 zeigt Diagramme mit Messgrößen der hydraulischen Bremsanlage bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 3 zeigt Diagramme mit weiteren Messgrößen der hydraulischen Bremsanlage bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens;
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Das in 1 dargestellte Bremssystem für ein Kraftfahrzeug umfasst vier hydraulisch betätigbare Radbremsen 8a-8d. Die Bremsanlage umfasst einen mittels eines Betätigungs- bzw. Bremspedals 1 betätigbaren Hauptbremszylinder 2, einen mit dem Hauptbremszylinder 2 zusammenwirkenden Wegsimulator bzw. eine Simulationseinrichtung 3, einen unter Atmosphärendruck stehenden Druckmittelvorratsbehälter 4, eine elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung 5, und Radventile, das heißt radindividuelle Bremsdruckmodulationsventile, welche beispielsgemäß als Einlassventile 6a-6d und Auslassventile 7a-7d ausgeführt sind.
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Weiterhin umfasst das Bremssystem zumindest eine elektronische Steuer- und Regeleinheit 12 zur Ansteuerung der elektrisch betätigbaren Komponenten des Bremssystems. Die Steuer- und Regeleinheit 12 weist insbesondere zumindest zwei getrennte Subeinheiten auf, welche jeweils einen Teil der hydraulischen Einheiten regeln.
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Beispielsgemäß ist die Radbremse 8a dem linken Vorderrad (FL), die Radbremse 8b dem rechten Vorderrad (FR), die Radbremse 8c dem linken Hinterrad (RL) und die Radbremse 8d dem rechten Hinterrad (RR) zugeordnet.
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Der Hauptbremszylinder 2 weist in einem Gehäuse 16 einen Hauptbremszylinderkolben 15 auf, der eine hydraulische Druckkammer 17 begrenzt, und stellt einen einkreisigen Hauptbremszylinder 2 dar. Die Druckkammer 17 nimmt eine Rückstellfeder 9 auf, die den Kolben 15 bei unbetätigtem Hauptbremszylinder 2 in einer Ausgangslage positioniert. Die Druckkammer 17 steht einerseits über in dem Kolben 15 ausgebildete radiale Bohrungen sowie eine entsprechende Druckausgleichsleitung 41 mit dem Druckmittelvorratsbehälter 4 in Verbindung, wobei diese durch eine Relativbewegung des Kolbens 15 im Gehäuse 16 absperrbar sind. Die Druckkammer 17 steht andererseits mittels eines hydraulischen Leitungsabschnitts (auch als erste Zufuhrleitung bezeichnet) 22 mit einer Bremsversorgungsleitung 13 in Verbindung, an welche die Eingangsanschlüsse der Einlassventile 6a-6d angeschlossen sind. So ist die Druckkammer 17 des Hauptbremszylinders 2 mit allen Einlassventilen 6a-6d verbunden.
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In der Druckausgleichsleitung 41 bzw. in der Verbindung zwischen der Druckkammer 17 und dem Druckmittelvorratsbehälter 4 ist beispielsgemäß kein hydraulisches Ventil, insbesondere kein elektrisch oder hydraulisch betätigbares Ventil und kein Rückschlagventil, angeordnet.
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Alternativ kann in der Druckausgleichsleitung 41 bzw. zwischen dem Hauptbremszylinder 2 und dem Druckmittelvorratsbehälter 4 ein, insbesondere stromlos offenes, Diagnoseventil, bevorzugt eine Parallelschaltung eines stromlos offenen Diagnoseventils mit einem zum Druckmittelvorratsbehälter 4 hin schließenden Rückschlagventil, enthalten sein.
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Zwischen der an die Druckkammer 17 angeschlossenen Zufuhrleitung 22 und der Bremsversorgungsleitung 13 ist ein Trennventil oder Hauptzylinderventil 23 angeordnet bzw. Druckkammer 17 ist mit der Bremsversorgungsleitung 13 über die erste Zufuhrleitung 22 mit einem Trennventil 23 verbunden. Das Trennventil 23 ist als ein elektrisch betätigbares, vorzugsweise stromlos offenes (SO-), 2/2-Wegeventil ausgebildet. Durch das Trennventil 23 kann die hydraulische Verbindung zwischen der Druckkammer 17 und der Bremsversorgungsleitung 13 abgesperrt werden.
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Eine Kolbenstange 24 koppelt die Schwenkbewegung des Bremspedals 1 infolge einer Pedalbetätigung mit der Translationsbewegung des Hauptbremszylinderkolbens 15, dessen Betätigungsweg von einem vorzugsweise redundant ausgeführten Wegsensor 25 erfasst wird. Dadurch ist das entsprechende Kolbenwegsignal ein Maß für den Bremspedalbetätigungswinkel. Es repräsentiert einen Bremswunsch eines Fahrzeugführers.
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Ein an die erste Zufuhrleitung 22 angeschlossener Drucksensor 20 erfasst den in der Druckkammer 17 durch ein Verschieben des Kolbens 15 aufgebauten Druck. Dieser Drucksensor 20 wird daher auch als Hauptzylinderdrucksensor 20 bezeichnet. Dieser Druckwert kann ebenso zur Charakterisierung oder Bestimmung des Bremswunschs des Fahrzeugführers ausgewertet werden. Alternativ zu einem Drucksensor 20 kann auch ein Kraftsensor 20 zur Bestimmung des Bremswunschs des Fahrzeugführers verwendet werden.
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Die Simulationseinrichtung 3 ist beispielsgemäß hydraulisch ausgeführt und hydraulisch an den Hauptbremszylinder 2 angekoppelt. Die Simulationseinrichtung 3 weist beispielsweise im Wesentlichen eine Simulatorkammer 29, eine Simulatorrückkammer 30 sowie einen die beiden Kammern 29, 30 voneinander trennenden Simulatorkolben 31 auf. Der Simulatorkolben 31 stützt sich durch ein in der (beispielsgemäß trockenen) Simulatorrückkammer 30 angeordnetes elastisches Element 33 (z. B. Simulatorfeder) an einem Gehäuse ab. Die hydraulische Simulatorkammer 29 ist beispielsgemäß mittels eines vorzugsweise elektrisch betätigbaren, vorzugsweise stromlos geschlossenen Simulatorfreigabeventils 32 mit der Druckkammer 17 des Hauptbremszylinders 2 verbunden.
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Das Bremssystem bzw. die Bremsanlage umfasst je hydraulisch betätigbarer Radbremse 8a-8d ein Einlassventil 6a-6d und ein Auslassventil 7a-7d, die paarweise über Mittenanschlüsse hydraulisch zusammengeschaltet und an die Radbremse 8a-8d angeschlossen sind. Den Einlassventilen 6a-6d ist jeweils ein zu der Bremsversorgungsleitung 13 hin öffnendes, nicht näher bezeichnetes Rückschlagventil parallelgeschaltet. Die Ausgangsanschlüsse der Auslassventile 7a-7d sind über eine gemeinsame Rücklaufleitung 14 mit dem Druckmittelvorratsbehälter 4 verbunden.
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Die elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung 5 ist als eine hydraulische Zylinder-Kolben-Anordnung bzw. ein einkreisiger, elektrohydraulischer Aktuator oder Linearaktuator ausgebildet, deren Kolben 36 von einem schematisch angedeuteten Elektromotor 35 unter Zwischenschaltung eines ebenfalls schematisch dargestellten Rotations-Translationsgetriebes 39 betätigbar ist. Der Kolben 36 begrenzt den einzigen Druckraum 37 der Druckbereitstellungseinrichtung 5. Ein der Erfassung der Rotorlage des Elektromotors 35 dienender, lediglich schematisch angedeuteter Rotorlagensensor ist mit dem Bezugszeichen 44 bezeichnet.
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An den Druckraum 37 der elektrisch steuerbaren Druckbereitstellungseinrichtung 5 ist ein Leitungsabschnitt (auch als zweite Zufuhrleitung bezeichnet) 38 angeschlossen. Die Zufuhrleitung 38 ist über ein elektrisch betätigbares, vorzugsweise stromlos geschlossenes, Zuschaltventil 26 mit der Bremsversorgungsleitung 13 verbunden. Durch das Zuschaltventil 26 kann die hydraulische Verbindung zwischen dem Druckraum 37 der elektrisch steuerbaren Druckbereitstellungseinrichtung 5 und der Bremsversorgungsleitung 13 (und damit den Eingangsanschlüssen der Einlassventile 6a-6d) gesteuert geöffnet und abgesperrt werden. Das Zuschaltventil 26 ist derart ausgebildet, dass sich dieses nur bei Druckgleichheit öffnen lässt.
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Der durch die Kraftwirkung des Kolbens 36 auf das im Druckraum 37 eingeschlossene Druckmittel erzeugte Aktuatordruck wird in die zweite Zufuhrleitung 38 eingespeist. In einer „Brake-by-Wire“-Betriebsart, insbesondere in einem fehlerfreien Zustand der Bremsanlage, wird die Zufuhrleitung 38 über das Zuschaltventil 26 mit der Bremsversorgungsleitung 13 verbunden. Auf diesem Weg erfolgt bei einer Normalbremsung ein Radbremsdruckauf- und -abbau für alle Radbremsen 8a-8d durch Vor- und Zurückfahren der Kolbens 36.
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Bei einem Druckabbau durch Zurückfahren des Kolbens 36 strömt das vorher aus dem Druckraum 37 der Druckbereitstellungseinrichtung 5 in die Radbremsen 8a-8d verschobene Druckmittel auf dem gleichen Wege wieder in den Druckraum 37 zurück.
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Alternativ können radindividuell unterschiedliche Radbremsdrücken einfach mittels der Einlass- und Auslassventile 6a-6d, 7a-7d eingestellt werden. Bei einem entsprechenden Druckabbau strömt der über die Auslassventile 7a-7d abgelassene Druckmittelanteil über die Rücklaufleitung 14 in den Druckmittelvorratsbehälter 4.
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Ein Nachsaugen („Refill“) von Druckmittel in den Druckraum 37 ist durch ein Zurückfahren des Kolbens 36 bei geschlossenem Zuschaltventil 26 möglich, indem Druckmittel aus dem Behälter 4 über die Leitung 42 mit einem in Strömungsrichtung zum Aktuator 5 öffnenden Rückschlagventil 53 in den Aktuatordruckraum bzw. Druckraum 37 strömen kann.
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Beispielsgemäß ist Druckraum 37 außerdem in einem unbetätigten Zustand des Kolbens 36 über ein oder mehrere Schnüffellöcher mit dem Druckmittelvorratsbehälter 4 verbunden. Diese Verbindung zwischen Druckraum 37 und Druckmittelvorratsbehälter 4 wird bei einer (ausreichenden) Betätigung des Kolbens 36 in Betätigungsrichtung 27 getrennt.
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In der Bremsversorgungsleitung 13 ist ein elektrisch betätigbares, stromlos offenes Kreistrennventil 40 angeordnet, durch welches das Bremssystem in zwei hydraulische Teilkreise aufgeteilt ist. Die Bremsversorgungsleitung 13 ist aufgeteilt in einen ersten Leitungsabschnitt 13a, welcher (über das Trennventil 23) mit dem Hauptbremszylinder 2 verbunden ist, und einen zweiten Leitungsabschnitt 13b im zweiten hydraulischen Teilkreis, welcher (über das Zuschaltventil 26) mit der Druckbereitstellungseinrichtung 5 verbunden ist. Der erste Leitungsabschnitt 13a ist mit den Einlassventilen 6a, 6b der Radbremsen 8a, 8b verbunden und der zweite Leitungsabschnitt 13b ist mit den Einlassventilen 6c, 6d der Radbremsen 8c, 8d verbunden.
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Bei geöffnetem Kreistrennventil 40 ist die Bremsanlage einkreisig ausgeführt. Durch Schließen des Kreistrennventils 40 kann die Bremsanlage, insbesondere situationsgerecht gesteuert, in zwei hydraulische Teilkreise, die Bremskreise I und II aufgetrennt oder aufgeteilt werden. Dabei ist im ersten Bremskreis I der Hauptbremszylinder 2 (über das Trennventil 23) mit nur noch den Einlassventilen 6a, 6b der Radbremsen 8a, 8b der Vorderachse VA verbunden, und im zweiten Bremskreis II die Druckbereitstellungseinrichtung 5 (bei geöffnetem Zuschaltventil 26) mit nur noch den Radbremsen 8c und 8d der Hinterachse HA verbunden.
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Die Eingangsanschlüsse aller Einlassventile 6a-6d können bei offenem Kreistrennventil 40 mittels der Bremsversorgungsleitung 13 mit einem Druck versorgt werden, der in einer ersten Betriebsart (z. B. „Brake-by-Wire“-Betriebsart) dem Bremsdruck entspricht, der von der Druckbereitstellungseinrichtung 5 bereitgestellt wird. Die Bremsversorgungsleitung 13 kann in einer zweiten Betriebsart (z. B. in einer stromlosen Rückfallbetriebsart) mit dem Druck der Druckkammer 17 des Hauptbremszylinders 2 beaufschlagt werden.
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Vorteilhafterweise umfasst die Bremsanlage eine Pegelmesseinrichtung 50 zur Bestimmung eines Druckmittelpegels/-standes in dem Druckmittelvorratsbehälter 4. Vorteilhafterweise erfolgt eine Situationserkennung zur Kreistrennung mittels des Kreistrennventils 40 über die Pegelmesseinrichtung 50.
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Beispielsgemäß sind die hydraulischen Komponenten und Hydraulikeinheiten, nämlich der Hauptbremszylinder 2, die Simulationseinrichtung 3, die Druckbereitstellungseinrichtung 5, die Ventile 6a-6d, 7a-7d, 23, 26, 40 und 32 sowie die hydraulischen Verbindungen inklusive der Bremsversorgungsleitung 13, zusammen in einer hydraulischen Steuer- und Regeleinheit 60 (HCU) angeordnet. Der hydraulischen Steuer- und Regeleinheit 60 ist die elektronische Steuer- und Regeleinheit (Steuersystem) 12 zugeordnet. Bevorzugt sind hydraulische und elektronische Steuer und Regeleinheit 60, 12 als eine Einheit (HECU) ausgeführt
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Das Bremssystem umfasst einen Drucksensor 19 bzw. Systemdrucksensor zur Erfassung des von der Druckbereitstellungseinrichtung 5 bereitgestellten Druckes. Der Drucksensor 19 ist hierbei von der Druckkammer 37 der Druckbereitstellungseinrichtung 5 gesehen hinter dem Zuschaltventil 26 angeordnet.
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Die Elektronik dieser redundanten Bremsanlage ist auf zwei Platinen verteilt, die über einen Inter-ECU-Link (IEL) miteinander kommunizieren können. Die Platinen werden nach ihrer Hauptfunktion meist als Aktuator-ECU und Modulator-ECU bezeichnet. Auf der Aktuator-ECU befindet sich die Ansteuerlogik für die Aktuatorventile, Hauptzylinder-Drucksensor, Pedalwegsensor und Linearaktuator-Ansteuerung. Beim Entfall der Modulator ECU kann die Aktuator-ECU basierend auf einem Systemdruckmodell eine Systemdruckregelung durchführen. Radindividuelle Eingriffe sind nicht möglich.
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Das Zuschaltventil 26 ist derart ausgebildet, dass es Druckgleichheit über dem Ventil benötigt, um Öffnen zu können. Druckgleichheit bedeutet, dass der Differenzdruck kleiner als eine bestimmte vorgegebene Schwelle sein muss. Zum Öffnen wird bei Druckgleichheit zuerst ein Schaltstrom angelegt, welche den Ventilstößel in die geöffnete Position bewegt. Danach wird auf einen Haltestrom zurückgeschaltet, welcher niedriger ist und genügt, dass Ventil im offenen Zustand zu halten.
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Das Zuschaltventil 26 kann außerdem vom Linearaktuator 5 aufgedrückt werden. Hierzu fährt der Linearaktuator 5 nach vorne und baut somit einen hydraulischen Druck gegen das geschlossene Zuschaltventil 26 auf. Sobald ein ausreichender Druckerreicht ist, wird das Zuschaltventil gegen des Federspannung aufgedrückt. Ein Aufschalten des Schaltstroms zu diesem Zeitpunkt sichert ebenfalls das Ventil in der Offen-Position. Mittels des Systemdrucksensors 19 könnte der Zeitpunkt, wann das Zuschaltventil 26 durch den Linearaktuator 5 aufgedrückt wird und daher öffnet, im Prinzip erkannt werden. Steht dieser Drucksensor 19 jedoch nicht zur Verfügung, insbesondere weil dieser einen Defekt aufweist oder das entsprechende Steuergerät nicht zur Verfügung steht, kann das erfindungsgemäße Verfahren bevorzugt eingesetzt werden, um das Zuschaltventil zu öffnen.
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2 zeigt nun vier Diagramme mit den entscheidenden Messgrößen während des erfindungsgemäßen Verfahrens. Während der Linearaktuator 5 zum Aufdrücken des Zuschaltventils 26 einen Druck aufbaut, ist sowohl das Kreistrennventil 40 als auch das Hauptzylinderventil 23 geöffnet, sodass eine strömungsoffene Verbindung zwischen dem Zuschaltventil 26, genauer seine dem Linearaktuator 5 abgewandte Seite, und dem Hauptbremszylinder 2 besteht.
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Sobald das Zuschaltventil 26 aufgedrückt wird, fließt ein geringes Bremsflüssigkeitsvolumen durch das Zuschaltventil 26, welches sowohl einen Einfluss auf den Hauptbremszylinderdruck als auch auf die Pedalposition hat. Der Hauptzylinderdruck ist in dem linken oberen Diagramm der 2 dargestellt. Bei etwa 2,52 Sekunden steigt der Hauptbremszylinderdruck an. Betrachtet man die Ableitung dieser Kurve, welche in dem linken unteren Diagramm der 2 dargestellt ist, so ist dieser Anstieg als deutlicher Peak zu erkennen. Gleichzeitig zeigt der Pedalweg, welcher in dem rechten oberen Diagramm der 2 dargestellt ist, einen leichten Abfall, welche mit einem Zurückdrücken des Bremspedals korrespondiert. Auch hierzu ist wieder eine Darstellung der Ableitung in dem rechten unteren Diagramm der 2 gezeigt, welches das Zurückdrücken des Bremspedals klar verdeutlicht. Betrachtet man nun das Verhältnis dieser beiden Größen Hauptzylinderdruck und Pedalweg oder alternativ deren Ableitungen, so wird jeweils die Hauptbremszylinderdruckgröße größer und die Pedalweggröße kleiner, sodass sich dies doppelt auf das Verhältnis auswirkt, welches somit einen starken Anstieg zum Zeitpunkt des Aufdrückens des Zuschaltventils zeitigt.
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In 3 sind nun noch weitere Größen des Bremssystems dargestellt, welche die Einbindung des erfindungsgemäßen Verfahrens im Bremssystem verdeutlichen. Das Diagramm links oben zeigt den Hauptbremszylinderdruck und den Systemdruck. Während zu Beginn Hauptzylinderdruck und Systemdruck im Wesentlichen parallel ansteigen wird bei etwa 2,5 Sekunden eine Umschaltung auf den Linearaktuator 5 vorgenommen, welcher den Systemdruck weiter bis auf etwa 175 bar erhöht während der Hauptzylinderdruck im Bereich von 35 bar verbleibt. Im linken mittleren Diagramm ist der Hauptzylinderdruck nochmals vergrößert dargestellt in welchem insbesondere bei 2,5 Sekunden der Druckanstieg durch das Aufdrücken des Zuschaltventils erkannt werden kann. Das linke untere Diagramm zeigt korrespondierend hierzu wieder die Ableitung mit einem deutlichen Peak zum Zeitpunkt des Aufdrückens.
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In dem mittigen Diagramm ist der Pedalweg dargestellt welcher wieder zum Zeitpunkt des Aufdrückens des Zuschaltventils bei 2,5 Sekunden einen leichten Abfall zeitigt, der wiederum besser in der Ableitung in dem unteren Diagramm in der Mitte als kleiner Peak erkannt werden kann. Es lässt sich somit auch hier durch eine Betrachtung des Verhältnisses zwischen Hauptzylinderdruck und Pedalweg das Aufdrücken des Zuschaltventils erkennen.
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In dem Diagramm Mitte rechts ist der Ventilstrom des Hauptzylinderventils dargestellt, welcher den Schaltzustand des Hauptzylinderventils verdeutlicht. Direkt zum Zeitpunkt des Aufdrückens des Zuschaltventils bei 2,5 Sekunden wird das Hauptzylinderventil kurzzeitig mit einem Schaltstrom und danach mit dem Haltestrom von etwa 1,5 A versorgt, sodass dieses geschlossen ist.