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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft batteriebetriebene technische Geräte, und insbesondere Verfahren zum Erkennen von Anomalien des Betriebs von Gerätebatterien in den technischen Geräten. Die Erfindung betrifft weiterhin Verfahren zum Erkennen einer Anomalie in einer Gerätebatterie und Bestimmen deren Kritikalität.
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Technischer Hintergrund
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Die Energieversorgung von netzunabhängig betriebenen elektrischen Geräten und Maschinen, wie z. B. elektrisch antreibbaren Kraftfahrzeugen, erfolgt in der Regel mit Gerätebatterien bzw. Fahrzeugbatterien. Diese liefern elektrische Energie zum Betrieb der Geräte.
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Gerätebatterien degradieren über ihre Lebensdauer und abhängig von deren Belastung bzw. Nutzung. Diese sogenannte Alterung führt zu einer kontinuierlich abnehmenden maximalen Leistungs- bzw. Speicherkapazität. Der Alterungszustand entspricht einem Maß zur Angabe der Alterung von Energiespeichern. Gemäß der Konvention kann eine neue Gerätebatterie einen Alterungszustand (bezüglich ihrer Kapazität, SOH-C) von 100 % aufweisen, der im Laufe seiner Lebensdauer zusehends abnimmt. Ein Maß der Alterung der Gerätebatterie (zeitliche Änderung des Alterungszustands) hängt von einer individuellen Belastung der Gerätebatterie, d. h. bei Fahrzeugbatterien von Kraftfahrzeugen vom Nutzungsverhalten eines Fahrers, externen Umgebungsbedingungen und vom Fahrzeugbatterietyp ab.
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Um eine Gerätebatterie zu überwachen, werden in der Regel Betriebsgrößendaten kontinuierlich erfasst und die resultierenden Betriebsgrößenverläufe ausgewertet. Im Falle einer Gerätebatterien mit einer Vielzahl von Batteriezellen können die Betriebsgrößen auf Zellebene erfasst werden. Zur Auswertung der Betriebsgrößendaten, insbesondere zur Ermittlung von Alterungszuständen in Modellen, die auf Differentialgleichungen basieren, werden die Betriebsgrößendaten mit einer vergleichsweise hohen zeitlichen Auflösung (Abtastraten) von beispielsweise zwischen 1 und 100 Hz abgetastet und daraus mit einem Zeitintegrationsverfahren ein Alterungszustand ermittelt.
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Neben der alterungsbedingten Degradation können in Gerätebatterien aufgrund vielfältiger Ursachen Fehler auftreten, die eine schnellere Alterung oder einen plötzlichen Ausfall der Gerätebatterie bewirken können. Diese Ausfälle und Fehler von Gerätebatterien und einzelnen Batteriezellen kündigen sich häufig im Vorfeld durch Änderungen des Batterieverhaltens an und können gegebenenfalls durch entsprechende Abfragen erkannt werden.
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Um die Akzeptanz von Gerätebatterien zu erhöhen, ist es notwendig, deren Sicherheit, Dauerhaftigkeit, Leistungsfähigkeit und zuverlässigen Betrieb sicherzustellen. Dazu ist es wichtig, das Batterieverhalten sorgfältig zu überwachen.
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Die Erfassung von Betriebsgrößen der Gerätebatterie ermöglicht es neben der Bestimmung des Alterungszustands auch, anomale Batteriezustände durch Auswertung der entsprechenden Betriebsgrößendaten zu erkennen.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß sind ein Verfahren zum Erkennen eines anomalen Batteriezustands durch Auswerten von Betriebsgrößenverläufen während eines Ladevorgangs einer Gerätebatterie gemäß Anspruch 1 sowie eine entsprechende Vorrichtung gemäß dem nebengeordneten Anspruch vorgesehen.
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Weitere Ausgestaltungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Gemäß einem ersten Aspekt ist ein Verfahren zum Überwachen einer Gerätebatterie eines technischen Geräts und zum Erkennen eines anomalen Batteriezustands durch Auswerten von Betriebsgrößenverläufen während eines Ladevorgangs einer Gerätebatterie vorgesehen, mit folgenden Schritten:
- - Bereitstellen eines historischen Betriebsgrößenverlaufs mindestens einer Betriebsgröße von Batteriezellen der Gerätebatterie;
- - Bereitstellen mindestens eines durch ein Batteriemanagementsystem der Gerätebatterie vorgegebenen Schwellenwerts und mindestens eines durch eine Auswertung eines Batteriemodells der Gerätbatterie vorgegebenen Schwellenwerts;
- - Auswerten des historischen Betriebsgrößenverlaufs während Ladevorgängen durch Ermitteln und Klassifizieren von Anomalieereignissen in Kritikalitätsklassen abhängig von einem Maß des Überschreitens mindestens eines der Schwellenwerte durch eine entsprechende der mindestens einen Betriebsgröße und abhängig von der Zeitdauer, während der die entsprechende Betriebsgröße den betreffenden mindestens einen Schwellenwert in dem festgestellten Maß des Überschreitens überschreitet, wobei ein Anomalieereignis vorliegt, wenn die mindestens Betriebsgröße innerhalb eines Zeitabschnitts mindestens einen der Schwellenwerte überschreitet;
- - Bestimmen der Häufigkeiten der Anomalieereignisse bezüglich der Kritikalitätsklassen in dem historischen Betriebsgrößenverlauf,
- - Bestimmen einer Gesamtkritikalität abhängig von den Häufigkeiten der Kritikalitätsklassen.
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Weiterhin kann die mindestens eine Betriebsgröße einen Zellenstrom, eine Zellenspannung und ein Zellenladungszustand mindestens einer Batteriezelle der Gerätebatterie umfassen.
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Betriebszustände, bei denen in und aus der Gerätebatterie hohe Ströme fließen, sind für diese besonders belastend. Insbesondere bei Schnellladevorgängen, bei denen die Gerätebatterie über eine längere Zeitdauer mit einem hohen Ladestrom geladen wird, tragen maßgeblich zur Batteriealterung bei. Zudem ist der Energiedurchsatz während eines Schnellladevorgangs hoch, so dass Fehler schnell zu sicherheitskritischen Ereignissen führen können bis hin zum Thermal Runaway. Daher ist es notwendig, die Betriebsgrößen während eines Schnellladevorgangs engmaschig zu überwachen und zeitnah auszuwerten, um frühzeitig zu erkennen, wenn Betriebsgrößen einen Betriebsbereich erreichen, in dem kritische Ereignisse zu erwarten sind. Diese Betriebsbereiche können von einem batterienahen Batteriemanagementsystem betriebspunktabhängig vorgegeben werden. Jedoch kann es in der Praxis vorkommen, dass diese Grenzen verletzt werden, wobei eine Kritikalität der Grenzverletzung, die im Batteriemanagementsystem festgestellt wird, bislang nicht ohne Weiteres bewertet werden kann. Insbesondere werden vom Batteriemanagementsystem Grenzwerte für einen Zellenstrom, für eine Zellenladung und für eine Zellenspannung zum Erkennen eines Überladungsereignisses vorgegeben.
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Neben der Implementierung zum Erkennen von derartigen Ereignissen in dem Batteriemanagementsystem ist es möglich, einen weiteren Anomaliedetektionsalgorithmus zu verwenden, der sowohl im technischen Gerät als auch in einer gerätefernen Zentraleinheit ausgeführt werden kann und der sowohl die vom Batteriemanagementsystem vorgegebenen Kriterien zum Erkennen von Anomalieereignissen als auch weitere Kriterien anwendet, die auf einer Auswertung von einer Vielzahl von Gerätebatterien ermittelten Parameter eines Batteriemodells beruhen können. Diese Kriterien ermöglichen die Schwere des Fehlerereignisses präziser zu erkennen und entsprechend abgestufte Maßnahmen bei Auftreten eines Fehlerereignisses anzuwenden.
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Werden beispielsweise bei Ladevorgängen Anomalien in mehreren Gerätebatterien erkannt, so können diese auf einen systematischen Fehler untersucht werden, um eine gezielte Ursachenforschung bzw. eine Problembehebung durchzuführen, bevor es zu vorzeitiger Batteriealterung oder gar sicherheitskritischen Ereignissen kommt.
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Es kann vorgesehen sein, dass der mindestens eine durch ein Batteriemanagementsystem der Gerätebatterie vorgegebene Schwellenwert einen BMS-Zellenstromschwellenwert für eine maximalen Zellenstrom, einen BMS-Ladezustandsschwellenwert für einen maximalen Ladezustand und/oder einen BMS-Zellenspannungsschwellenwert für eine maximale Zellenspannung umfasst, die insbesondere betriebspunktabhängig vorgegebenen werden, und der mindestens eine durch eine Auswertung eines Batteriemodells der Gerätbatterie vorgegebene Schwellenwert einen Zellenstromschwellenwert, einen Ladezustandsschwellenwert und/oder einen Zellenspannungsschwellenwert umfasst.
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Während eines Schnellladevorgangs treten insbesondere zwei kritische Ereignisse auf. Ein Überstromereignis tritt dann auf, wenn der Batteriestrom einen zu einem bestimmten Zeitpunkt gültigen Schwellenwert überschreitet. Dieser Schwellenwert hängt von einem Betriebspunkt der Gerätebatterie und der am stärksten limitierten Batteriezelle der Gerätebatterie, d. h. der Batteriezelle, die die größte Alterung erfahren hat, ab. Der Schwellenwert kann zum einen vom Batteriemanagementsystem der betreffenden Gerätebatterie als auch von einem Batteriemodell in einer gerätefernen Zentraleinheit bestimmt werden.
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Hierzu kann vom Batteriemanagementsystem der Gerätebatterie ein herstellerseitig vorgegebener Schwellenwert an die Zentraleinheit übertragen werden, so dass dort der Schwellwertvergleich ausgeführt werden kann. Wird der Schwellenwert alternativ von einem Batteriemodell in der Zentraleinheit bestimmt, wird ein global gültiges Batteriemodell für die Berechnung des Schwellenwerts benötigt.
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Ein Überstromereignis ergibt sich durch Überschreiten des gewählten Schwellenwerts I
max, der betriebspunktabhängig und abhängig von der am stärksten limitierten Batteriezelle definiert ist. Wenn vom Batteriemanagementsystem kein Schwellenwert für den Batteriestrom, sondern eine Leistungsgrenze Pmax vorgegeben wird, kann eine alternative Definition basierend auf einer Batteriepackspannung Upack erfolgen, wie folgt:
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Ein durch Überschreiten des betreffenden Stromschwellenwerts erkanntes Anomalieereignis wird in einem Histogrammformat (bezogen auf ein vorgegebenes Datensample, d.h. ein Abtastwert oder gemittelte mehrere Abtastwerte) in einem Überstrom-Histogramm zwischengespeichert. Bei Überschreiten des Stromschwellenwerts des Zellenstroms wird eine Intensität des Anomalieereignisses basierend auf einer ΔC-Rate bestimmt wie folgt:
wobei C
nom die nominelle Batteriekapazität in Amperestunden, insbesondere bezogen auf den Alterungszustand, z.B. durch Multiplizieren mit dem kapazitätsbezogenen Alterungszustand SOH-C, ist. Das Histogrammformat berücksichtigt auch die Dauer des Anomalieereignisses, d. h. die Dauer, während der der Zellestrom bzw. der Batteriestrom den betreffenden Stromschwellenwert übersteigt. Mithilfe des Überstrom-Histogramms können die Anomalieereignisse aggregiert werden, entweder über einen zurückliegenden längeren Auswertungszeitraum, wie z.B. über mehrere Monate, oder über die gesamte Lebensdauer der Gerätebatterie. Das Überstrom-Histogramm wird erstellt, indem die Intensität des Anomalieereignisses und die Dauer, während der das entsprechende Anomalieereignis innerhalb eines durch eine Intensitätsklasse bestimmten Bereichs der Intensität der Anomalie angedauert hat, zu Kritikalitätsklassen zugeordnet wird und die Häufigkeiten entsprechend aufgezeichnet werden. Man erhält ein Überstrom-Histogramm, das für einen Intensitätsbereich der Anomalieereignisse (Intensitätsklasse) und deren Dauern entsprechende Häufigkeiten innerhalb eines vorgegebenen zurückliegenden Zeitraums angibt.
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Ein weiteres Anomalieereignis kann ein Überladungsereignis darstellen. Ein Überladungsereignis ist auf Zellebene definiert und liegt dann vor, wenn eine Batteriezelle ihre obere Ladezustandsgrenze und/oder Zellenspannungsgrenze überschreitet. Beide Kriterien sind gekoppelt, jedoch nicht äquivalent, da es aufgrund von Dynamiken der Zellenspannungen möglich ist, während eines Ladevorgangs eine stationäre Zellenspannungsgrenze zu überschreiten, ohne die Ladezustandsgrenze zu verletzen. Da die stationäre Zellenspannungsgrenze mit der Ladezustandsgrenze über die Leerlaufspannungskennlinie (OCV-Kennlinie) gekoppelt ist, impliziert eine Verletzung der Ladungszustandsgrenze jedoch auch eine Verletzung der Zellenspannungsgrenze. Es existieren zwei stationäre Zellenspannungsgrenzen, die durch das Batteriemanagementsystem und durch ein Batteriemodell in der gerätefernen Zentraleinheit vorgegeben werden können, sowie zwei Ladungszustandsgrenzen, die in dem Batteriemanagementsystem und durch ein Batteriemodell in der gerätefernen Zentraleinheit vorgegeben werden können. Diese können zu einer Klassifizierung einer Gesamtkritikalität eines Anomalieereignisses bei einem Überladungsereignis genutzt werden.
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Dabei können die zugrundeliegende Ladezustands- und Spannungsschwellenwerte nicht nur statisch, sondern gegebenenfalls auch abhängig vom Batteriezustand vorgegeben werden. Die Klassifizierung der Ereignisse ermöglicht eine Unterteilung und Aggregation der Anomalieereignisse hinsichtlich ihrer Anomalieschwere und der Dauer, während der das entsprechende Anomalieereignis unterbrechnungslos vorgelegen hat.
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Die Ladezustandsgrenze für die Batteriezellen ist definiert als 100 %, während die Ladezustandsgrenze, die durch das Batteriemanagementsystem bereitgestellt wird, von dem Hersteller oder dem Batterielieferanten zur Verfügung gestellt wird und davon abweichend definiert sein kann. Weiterhin werden allgemein üblich die Spannungsgrenzwerte (höhere minimale Zellspannung und niedrigere maximale Zellspannung) im Batteriemanagmentsystem enger vorgegeben, als herstellerseitig (d.h. im Batteriemanagementsystem) vorgegeben.
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Der durch das Batteriemodell in der Zentraleinheit vorgegebene Spannungsgrenzwert für die Batteriezellen kann durch Analyse von Felddaten einer Vielzahl von gleichartigen Gerätebatterien und einer bekannten alterungszustandsabhängigen Leerlaufspannungskennlinie approximiert werden.
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Durch die Darstellung von Anomalieereignissen in Form eines Histogramms kann die Gesamtkritikalität einer Gerätebatterie in einfacher Weise durch eine gewichtete Summe der Häufigkeiten der Kritikalitätsklassen ermittelt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Gerätebatterie und/oder das technische Gerät abhängig von der Gesamtkritikalität betrieben wird, insbesondere eine Warnung signalisiert wird, und/oder ein Betriebsparameter angepasst wird, insbesondere ein maximaler Ladestrom reduziert wird.
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Gemäß einem weiteren Aspekt ist eine Vorrichtung zur Durchführung des obigen Verfahrens vorgesehen.
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Kurzbeschreibung der Zeichnungen
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Ausführungsformen werden nachfolgend anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer Vielzahl von Fahrzeugen, die mit einer Zentraleinheit in Verbindung stehen, in der eine Anomalieerkennung durchgeführt wird; und
- 2 ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung eines Verfahrens zum Erkennen eines Anomalieereignisses in einer Fahrzeugbatterie der Fahrzeuge der Fahrzeugflotte.
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Beschreibung von Ausführungsformen
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Im Folgenden wird das erfindungsgemäße Verfahren anhand von Fahrzeugbatterien als Gerätebatterien in einer Vielzahl von Kraftfahrzeugen als gleichartige Geräte beschrieben. Dazu wird ein Anomalieerkennungsverfahren in einer gerätefernen Zentraleinheit betrieben und zur Anomaliedetektion eingesetzt. In der Zentraleinheit werden dazu Schwellenwerte für den Zellenstrom, die Zellenspannung und einen Zellenladezustand basierend auf Betriebsgrößen der Fahrzeugbatterien aus der Fahrzeugflotte ermittelt.
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Das obige Beispiel steht stellvertretend für eine Vielzahl von stationären oder mobilen Geräten mit netzunabhängiger Energieversorgung, wie beispielsweise Fahrzeuge (Elektrofahrzeuge, Pedelecs usw.), Anlagen, Werkzeugmaschinen, Haushaltsgeräte, IOT-Geräte und dergleichen, die über eine entsprechende Kommunikationsverbindung (z. B. LAN, Internet) mit einer geräteexternen Zentraleinheit (Cloud) in Verbindung stehen.
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1 zeigt ein System 1 zum Sammeln von Flottendaten einer Fahrzeugflotte in einer Zentraleinheit 2 zur Durchführung eines Anomalieerkennungsverfahrens. Das Anomalieerkennungsverfahren dient zur Erkennung einer Anomalie und deren Einstufung bezüglich der Kritikalität beim Ladebetrieb von Batteriezellen der Fahrzeugbatterie in einem Kraftfahrzeug. 1 zeigt eine Fahrzeugflotte 3 mit mehreren Kraftfahrzeugen 4.
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Eines der Kraftfahrzeuge 4 ist in 1 detaillierter dargestellt. Die Kraftfahrzeuge 4 weisen jeweils eine Fahrzeugbatterie 41, einen elektrischen Antriebsmotor 42 und eine Steuereinheit 43 auf. Die Steuereinheit 43 ist mit einer Kommunikationseinrichtung 44 verbunden, die geeignet ist, Daten zwischen dem jeweiligen Kraftfahrzeug 4 und einer Zentraleinheit 2 (einer sogenannten Cloud) zu übertragen.
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Die Fahrzeugbatterie 43 weist eine Vielzahl von Batteriezellen 45 auf, die gemäß nachfolgend beschriebenen Verfahren hinsichtlich Anomalien überwacht werden sollen. Die Fahrzeugbatterie 41 wird mithilfe eines Batteriemanagementsystems 46 überwacht und betrieben. Das Batteriemanagementsystem 46 stellt BMS-Schwellenwerte zur Verfügung hinsichtlich derer Anomalieereignisse bei einem Ladevorgang erkannt werden können. So stellt das Batteriemanagementsystem 46 einen BMS-Zellenstromschwellenwert Imax als maximalen Zellenstrom und einen BMS-Zellenspannungsschwellenwert als maximale Zellenspannung sowie einen BMS-Zellenladezustandsschwellenwert als maximalen Ladezustand zur Verfügung.
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Die Steuereinheit 43 ist insbesondere ausgebildet, um Daten für ausgewählte, auswählbare oder alle Batteriezellen 45 mit einer hohen zeitlichen Auflösung, wie beispielsweise zwischen 1 und 50 Hz, wie z. B. 10 Hz, zu erfassen und diese über die Kommunikationseinrichtung 44 an die Zentraleinheit 2 zu übermitteln.
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Die Kraftfahrzeuge 4 senden an die Zentraleinheit 2 die Betriebsgrößen F, die zumindest Größen angeben, welche den Zustand der Batteriezellen 45 beschreiben. Die Betriebsgrößen F können im Falle einer Fahrzeugbatterie 41 für jede der Batteriezellen einen momentanen Zellenstrom, eine momentane Zellenspannung, eine momentanen Zellenladezustand (SOC: State of Charge) angeben.
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Die Betriebsgrößen F werden in einem schnellen Zeitraster von 0,1 Hz bis 50 Hz als Betriebsgrößenverläufe erfasst und können in unkomprimierter und/oder komprimierter Form regelmäßig an die Zentraleinheit 2 übertragen werden.
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Beispielsweise können die Zeitreihen unter Ausnutzung von Kompressions-Algorithmen zwecks Minimierung des Datenverkehrs zur Zentraleinheit 2 im Abstand von 10 min bis zu mehreren Stunden blockweise an die Zentraleinheit 2 übertragen werden.
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Die Zentraleinheit 2 weist eine Datenverarbeitungseinheit 21, in der das nachfolgend beschriebene Verfahren ausgeführt werden kann, und eine Datenbank 22 zum Speichern von Datenpunkten, Modellparametern, Zuständen und dergleichen auf.
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In der Zentraleinheit 2 ist ein Anomalieerkennungsverfahren implementiert, das die Betriebsgrößenverläufe von den Fahrzeugen 4 empfängt und diese für jedes Fahrzeug 4 bzw. jede Fahrzeugbatterie 41 auswertet, um eine Anomalie während eines Ladevorgangs zu erkennen und deren Kritikalität zu bewerten.
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Neben den Betriebsgrößenverläufen, die von den Fahrzeugbatterien zumindest für einen Teil der Batteriezellen bereitgestellt werden, können der Zentraleinheit 2 weiterhin entsprechende herstellerseitig vorgegebene Schwellenwerte für das Erkennen einer Anomalie während eines Ladevorgangs übermittelt werden. Die Schwellenwerte können beispielsweise den BMS-Zellenstromschwellenwert, den BMS-Ladezustandsschwellenwert und den BMS-Zellenspannungsschwellenwert umfassen, die jeweils an die Zentraleinheit 2 bezüglich einer zu überwachenden Fahrzeugbatterie 41 übertragen werden. Diese werden entsprechend eines herstellerseitig vorgegebenen Algorithmus betriebspunktabhängig in dem Batteriemanagementsystem 46 der betreffenden Fahrzeugbatterie 41 ermittelt und können entsprechend in der Zentraleinheit 2 zur Anomalieerkennung berücksichtigt werden.
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In der Zentraleinheit 2 wird nachfolgend ein anhand des Flussdiagramms der 2 beschriebenes Verfahren zur Anomalieerkennung und -bewertung ausgeführt. Das Verfahren kann zu vorgegebenen Auswertungszeitpunkten mit historischen Betriebsgrößenverläufen für jede der Batteriezellen 45 der Fahrzeugbatterie 41 durchgeführt werden.
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In Schritt S1 werden von jedem Batteriemanagementsystem 46, das jeder der Fahrzeugbatterien 41 zugeordnet ist, ein BMS-Zellenstromschwellenwert, ein BMS-Ladezustandsschwellenwert und ein BMS-Zellenspannungsschwellenwert übermittelt. Diese können herstellerseitig vorgegeben und betriebspunktabhängig sein und können sich an den Alterungszuständen der einzelnen Batteriezellen und anderen Parametern, wie beispielsweise einer Zellentemperatur und dergleichen, orientieren.
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In Schritt S2 werden die kontinuierlich erfassten Betriebsgrößenverläufe von den Fahrzeugbatterien 41 an die Zentraleinheit 2 übertragen oder von einem Speicher der Zentraleinheit 2 abgerufen. Die Betriebsgrößenverläufe werden auf Zellebene bereitgestellt, so dass für jede Batteriezelle 45 zumindest zeitabschnittsweise eine Überwachung von Betriebsgrößen durchgeführt wird. Die Betriebsgrößen können einen Batteriezellenstrom, eine Batteriezellenspannung und einen Zellenladezustand und dergleichen umfassen.
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In Schritt S3 wird überprüft, ob ein Ladevorgang stattgefunden hat. Dies kann durch Auswertung eines Vorzeichens eines fließenden Batteriestroms erkannt werden. Insbesondere kann ein Stromfluss in die Fahrzeugbatterie 41 für eine Mindestdauer als Ladevorgang erkannt werden. Wird erkannt, dass ein Ladevorgang gestartet wurde (Alternative: Ja), so wird das Verfahren mit Schritt S4 fortgesetzt, anderenfalls wird zu Schritt S2 zurückgesprungen. Ein Ladevorgang zeichnet sich durch Ladeströme in die Fahrzeugbatterie 41 aus.
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In Schritt S4 wird der Ladestrom während des Ladevorgangs überwacht und ein Überstrom-Histogramm zur Erfassung von Überstromereignissen erstellt bzw. aktualisiert. Ein Überstromereignis ergibt sich, wenn der überwachte Zellenstrom I einen Zellenstromschwellenwert I
max übersteigt. Das Überstrom-Histogramm gibt Häufigkeiten von Kategorien von Überstromereignissen (Anomalieereignissen) hinsichtlich der Höhe des Zellenstroms I innerhalb von Intensitätsklassen und der Zeitdauer des Überstromereignisses innerhalb der betreffenden Intensitätsklasse innerhalb von Zeitdauerbereichen an. Die Intensitätsklasse kann anhand eines Überstrommaßes I-I
max oder einer normierten Ladungsdifferenz während eines Datensamples (ein Abtastwert oder ein Mittelwert über mehrere Abtastwerte des Zellestroms)
bestimmt werden, der sich an der Höhe des Zellenstroms I und dem Zellenstromschwellenwert I
max orientiert. C
nom entspricht der nominalen Zellenkapazität zum aktuellen Alterungszustand. Das Überstrommaß oder die Ladungsdifferenzen ΔC werden in Intensitätsklassen eingeteilt, die z.B. zwischen 0-5% C
nom, 5-10% C
nom usw. definiert sind. Die Überstromereignisse können anhand der Intensitätsklassen der bewirkten Ladungsdifferenzen und den Zeitdauerbereichen, während der das Überstrommaß bzw. die bewirkte Ladungsdifferenz innerhalb der entsprechenden Intensitätsklasse verbleibt, charakterisiert werden. Das Überstrom-Histogramm wird aktualisiert, indem die Häufigkeit für jedes Anomalieereignis, das durch die bestimmte Intensitätsklasse des Überstrommaßes bzw. der Ladungsdifferenz und den entsprechenden Zeitdauerbereich der betreffenden Intensitätsklasse (bestimmt durch die Zeitdauer, während der das Überstrommaß bzw. die Ladungsdifferenz innerhalb des Bereichs der betreffenden Intensitätsklasse verbleibt) bestimmt ist, eine entsprechende Kritikalitätsklasse (definiert durch Intensitätsklasse und Zeitdauerbereich) inkrementiert wird.
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Somit können nach dem Erkennen eines Überstromereignisses entsprechend der Intensitätsbereiche, die das Überstromereignis zeitlich nacheinander durchläuft, mehrere Einträge in das Überstrom-Histogramm vorgesehen werden.
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Das Überstrom-Histogramm kann für einen bestimmten zurückliegenden Zeitabschnitt eines historischen Betriebsgrößenverlaufs oder für eine gesamte Lebensdauer (d.h. seit Inbetriebnahme) des historischen Betriebsgrößenverlaufs erstellt und aggregiert werden.
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Der Zellenstromschwellenwert Imax kann sich entweder als der von dem Batteriemanagementsystem 46 vorgegebenen BMS-Zellenstromschwellenwert ergeben oder basierend auf einem Batteriemodell in der Zentraleinheit 2, das auf Grundlage der Betriebsgrößenverläufe einer Vielzahl von Fahrzeugbatterien 41 ermittelt worden ist, bestimmt werden. Der Zellenstromschwellenwert Imax kann in der Zentraleinheit 2 beispielsweise durch ein elektrochemisches Batteriemodell abhängig vom aktuellen Betriebszustand der Fahrzeugbatterie 41 berechnet werden.
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Nachfolgend wird in Schritt S5 anhand des historischen Betriebsgrößenverlaufs überprüft, ob ein Überladungsereignis vorliegt. Das Überladungsereignis ist auf Ebene der Batteriezellen 45 definiert, wenn eine Batteriezelle einen Ladezustandsschwellenwert und/oder einen Zellenspannungsschwellenwert Imax überschreitet.
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Der Ladezustandsschwellenwert und der Zellenspannungsschwellenwert Imax können von dem Batteriemanagementsystem insbesondere betriebspunktabhängig als BMS- Ladezustandsschwellenwert CSoC,max,BMS und BMS-Zellenspannungsschwellenwert Vmax,BMS vorgegeben werden, und zudem können ein modellbasiert ermittelter Ladezustandsschwellenwert CSoc,max,cell und Zellenspannungsschwellenwert Vmax,cell durch die Zentraleinheit 2 vorgegeben werden.
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Der BMS- Ladezustandsschwellenwert CSoc,max,BMs ist der reale Ladezustandswert <100%, der von dem Batteriemanagementsystem ausgegeben wird.
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Der modellbasiert ermittelte Ladezustandsschwellenwert CSoc,max,cell entspricht definitionsgemäß 100%.
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Der BMS- Zellenspannungsschwellenwert Vmax,BMS entspricht dem Wert aus der Leerlaufspannungskennline der Zelle (Open Circuit Voltage, OCV) bei dem BMS-Ladezustandsschwellenwert CSoc,max,BMS. Die Leerlaufspannungskennline (OCV-Kennlinie) kann aus der Auswertung der Betriebsgrößenverläufe der Vielzahl der Fahrzeuge 4 in an sich bekannter Weise ermittelt werden und insbesondere eine von einem Alterungszustand der Fahrzeugbatterie 41 abhängige Kurve zur Darstellung einer Leerlauf-Klemmenspannung von dem Ladezustand angeben.
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Der Zellenspannungsschwellenwert Vmax,cell entspricht dem Wert aus der Leerlaufspannungskennline der Zelle (Open Circuit Voltage, OCV) bei dem BMS-Ladezustandsschwellenwert CSoc,max,cell.
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Entsprechend nachfolgend angegebener Tabelle können die verschiedenen Überladungsereignisse festgestellt werden, wenn zumindest einer der Schwellenwerte durch den Zellenladezustand oder die Zellenspannung (eines Datensamples, d.h. eines Abtastwerts bzw. einen Mittelwert von mehreren zeitlich aufeinander folgenden Abtastwerten) überschritten wird. Die Kritikalität der Ereignisse kann bei Vorliegen eines Überladungsereignisses anhand der nachfolgenden Bedingungen in Intensitätsklassen klassifiziert werden.
| V =< Vmax,BMs | V>Vmax,BMS & V=<Vmax,cell | V>Vmax,cell |
CSoc =<CSoc,max,BMS | Normal (Klasse 0) | Sehr niedrige Kritikalität (Klasse 1) | Niedrige Kritikalität (Klasse 2) |
CSoc >CSoc,max,BMS & CSoc =<CSoc,max,cell | | Niedrige bis mittlere Kritikalität (Klasse 3) | Mittlere Kritikalität (Klasse 4) |
CSoc > CSoc,max,cell | | | Hohe Kritikalität (Klasse 5) |
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Es wird ein Überladungs-Histogramm erstellt bzw. aktualisiert, mit dem die in Klassen eingeteilten Überladungsereignisse (Anomalieereignisse) aggregiert werden, entsprechend der Häufigkeit des Vorliegens eines Überladungsereignisses innerhalb eines durch den vorgegebenen Betriebsbereichs bestimmten Intensitätsklasse und einer Überladungs-Zeitdauer, während der bei einem Ladevorgang die Bedingungen für die entsprechende Kritikalität kontinuierlich vorliegen. Wie oben für das Überstrom-Histogramm beschrieben können die Überladungsereignisse anhand der Intensitätsklassen und den Zeitdauerbereichen, während der die Zellenspannungen und die Zellenladung innerhalb der entsprechenden Intensitätsklasse verbleiben, charakterisiert werden. Das Überladungs-Histogramm wird aktualisiert, indem die Häufigkeit für jedes Ereignis, das durch die bestimmte Intensitätsklasse und den entsprechenden Zeitdauerbereich der betreffenden Intensitätsklasse (bestimmt durch die Zeitdauer, während der die Zellenspannung und die Zellenladung innerhalb des Bereichs der betreffenden Intensitätsklasse verbleibt) bestimmt ist, eine entsprechende Kritikalitätsklasse (definiert durch Intensitätsklasse und Zeitdauerbereich) inkrementiert wird.
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Es ergibt sich ein Überstrom-Histogramm und ein Überladungs-Histogramm. Die Histogramme können nun in Schritt S6 ausgewertet werden, um eine Gesamtkritikalität von Anomalien zu erkennen. So kann abhängig von den Häufigkeiten der Anomalieereignisse, angegeben durch die entsprechenden Kritikalitätsklassen in dem Überstrom-Histogramm und in dem Überladungs-Histogramm, die Gesamtkritikalität durch gewichtete Summierung der Häufigkeiten für jede der Batteriezellen bestimmt werden. Die Gewichtungsfaktoren der einzelnen Kritikalitätsklassen können vorgegeben werden je nach dem wie schwerwiegend das betreffende Anomalieereignis eingestuft wird.
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So kann der aggregierte Wert der Gesamtkritikalität in Schritt S7 genutzt werden, um zu erkennen, ob Maßnahmen für künftige Ladevorgänge oder für den Betrieb des Fahrzeugs getroffen werden müssen.
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Ab einem vorbestimmten ersten Wert der Gesamtkritikalität könnte zunächst eine Warnung erfolgen, mit einer Aufforderung eine Werkstatt aufzusuchen. Außerdem könnten ab einem vorbestimmten zweiten Wert der Gesamtkritikalität Betriebsparameter angepasst werden, beispielsweise der maximale Ladestrom mit einem vorgegebenen Faktor <1 multipliziert (bei Überstromereignissen) werden oder (bei Überladungsereignissen) der maximal zulässige Zellenladezustand herabgesetzt werden. Weiterhin könnte ab einem vorbestimmten dritten Wert der Gesamtkritikalität auch der Tausch der Batterie oder einzelner Module empfohlen werden.