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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Identifizieren eines Schleifens einer Bremsvorrichtung zum Bremsen eines Rads eines Kraftfahrzeugs. Ferner betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug mit einem Bremssystem, welches zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet ist.
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Es ist bekannt, dass Kraftfahrzeuge zunehmend strengeren Auflagen, wie beispielsweise Abgas- und Verbrauchsgrenzwerten, Recyclebarkeit oder dergleichen, unterliegen, um Umwelt sowie Ressourcen zu schonen. Die neue EU7 Gesetzgebung verlangt beispielsweise die Ermittlung und Anzeige abgasrelevanter Einflüsse durch ein On Board Measuring System (OBM).
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In diesem Zusammenhang findet ein Einfluss einer Radbremsvorrichtung bislang wenig Beachtung. Gleichwohl können defekte oder verschlissene Radbremsvorrichtungen zu einem Schleifen der Bremsklötze an der Bremsscheibe neigen. Die hierbei entstehenden Bremsmomente werden mitunter auch als „Restbremsmomente“ oder „Restschleifmomente“ bezeichnet.
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Restbremsmomente können, insbesondere bei einer weit fortgeschrittenen Abnutzung der Radbremsvorrichtung, zu einer deutlichen Erhöhung der Fahrwiderstände des Kraftfahrzeugs führen und können somit das Abgasverhalten des Kraftfahrzeugs negativ beeinflussen. Aus diesem Grund ist es vorteilhaft, insbesondere im Rahmen der gewissenhaften Erfüllung gesetzlicher Normen und Vorschriften, Restbremsmomente als abgasrelevanten Einfluss zu berücksichtigen.
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Eine bekannte Methode zum Ermitteln von Restbremsmomenten ist die Verwendung von Drehmomentmessrädern. Nachteilig hierbei ist, dass kleine Änderungen der Restbremsmomente kaum oder nur durch sehr aufwendige Messmittel bestimmbar sind. Aufgrund der hohen Kosten, welche um die 100.000 EUR betragen können, sind solche Messmittel nur bei Zertifizierungsfahrten, wie beispielsweise zur Ermittlung von Wirkungsgraden, CO2-Emissionen oder dergleichen, wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar und für die Serienfertigung von Kraftfahrzeugen ungeeignet.
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Eine Methode zum Ermitteln von Bremsmomenten ist aus dem Dokument US 2020 / 0088256 A1 bekannt. Über einen Kraftsensor wird eine Andruckkraft eines Bremsbelags an eine Bremsscheibe oder eine zwischen diesen Komponenten wirkende Scherkraft ermittelt. Hieraus wird anschließend eine Bremskraft errechnet. Eine solche Methode ist für die Bestimmung von kleinen Bremsmomentschwankungen nicht zuverlässig verwendbar und somit für die Ermittlung von Restbremsmomenten nicht geeignet.
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Die allgemeine Überwachung eines Verschleißzustands eines Bremsbelags ist aus dem Stand der Technik hinreichend bekannt. Aus den Dokumenten
US 9,964,168 B1 und WO 2018 / 099864 A1 sind verschiedene Bremssysteme mit Temperatur- und Verschleißsensoren zur Ermittlung eines Zustands der Bremsbeläge der Bremsvorrichtung bekannt. Über den Verschleißsensor ist eine kritische Abnutzung des Bremsbelags detektierbar. Der Temperatursensor ermöglicht das Erkennen eines Überhitzens des Bremsbelags bei übermäßiger Betätigung der Bremsvorrichtung.
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Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die voranstehend beschriebenen Nachteile bei einer Bremsvorrichtung zu beheben oder zumindest teilweise zu beheben. Insbesondere ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zum Detektieren eines Schleifens einer Bremsvorrichtung zum Bremsen eines Rads eines Kraftfahrzeugs sowie ein Kraftfahrzeug zu schaffen, die auf eine einfache und kostengünstige Art und Weise die Ermittlung eines Schleifens der Bremsvorrichtung gewährleisten.
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Die voranstehende Aufgabe wird durch die Patentansprüche gelöst. Demnach wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Identifizieren eines Schleifens einer Bremsvorrichtung zum Bremsen eines Rads eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 1 sowie durch ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen des nebengeordneten Anspruchs 10 gelöst. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird beziehungsweise werden kann.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Verfahren zum Identifizieren eines Schleifens einer Bremsvorrichtung zum Bremsen eines Rads eines Kraftfahrzeugs gelöst. Das Verfahren weist auf:
- - Detektieren eines inaktiven Betriebszustands der Bremsvorrichtung durch eine Steuerungsvorrichtung des Kraftfahrzeugs,
- - Ermitteln eines IST-Temperaturverlaufs der Bremsvorrichtung durch die Steuerungsvorrichtung über einen Temperatursensor und
- - Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung durch die Steuerungsvorrichtung, wenn der IST-Temperaturverlauf ein Schleifen der Bremsvorrichtung plausibilisiert.
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Die für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendete Bremsvorrichtung ist vorzugsweise als Scheibenbremsvorrichtung ausgebildet. Die Scheibenbremsvorrichtung weist vorzugsweise eine Bremsscheibe sowie Bremsbeläge auf, welche an einer Bremsbelagshalterung angeordnet und zum Erzeugen eines Bremsmoments beidseitig gegen die Bremsscheibe drückbar sind. Alternativ kann die Bremsvorrichtung auch als Trommelbremsvorrichtung ausgebildet sein.
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Die Steuerungsvorrichtung ist beispielsweise als Bordcomputer des Kraftfahrzeugs zum Überwachen und/oder Steuern einer oder mehrerer technischer Funktionen des Kraftfahrzeugs, wie beispielsweise eines Motors, eines Bremssystems, eines Fahrerassistenzsystems oder dergleichen, ausgebildet. Die Steuerungsvorrichtung weist vorzugsweise einen Prozessor, einen Arbeitsspeicher, einen nichtflüchtigen Datenspeicher sowie eine Software auf. Die Steuerungsvorrichtung ist mit einem oder mehreren Sensoren des Kraftfahrzeugs elektrisch gekoppelt, sodass Messdaten der Sensoren von der Steuerungsvorrichtung verarbeitbar sind.
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Zunächst wird der inaktive Betriebszustand der Bremsvorrichtung durch die Steuerungsvorrichtung detektiert. Unter einem inaktiven Betriebszustand der Bremsvorrichtung wird im Rahmen der Erfindung ein Betriebszustand verstanden, bei welchem die Bremsvorrichtung nicht betätigt wird, also der Bremsbelag nicht gezielt gegen die Bremsscheibe gedrückt wird. Das Detektieren des inaktiven Betriebszustands kann beispielsweise durch Erfassen einer Pedalstellung eines Bremspedals des Kraftfahrzeugs erfolgen. Alternativ oder zusätzlich kann dies durch Überwachen eines Betriebszustands eines Bremsassistenzsystems des Kraftfahrzeugs erfolgen. Demnach wird mittels der Steuerungsvorrichtung vorzugsweise ermittelt, ob ein Bremsaktuator der Bremsvorrichtung zum Betätigen der Bremsvorrichtung einen aktiven oder einen passiven Betriebszustand aufweist, wobei ein aktiver Betriebszustand bedeutet, dass der Bremsaktuator den Bremsbelag gezielt gegen die Bremsscheibe drückt und bei einem passiven Betriebszustand den Bremsbelag nicht gezielt gegen die Bremsscheibe drückt. Somit ist unter dem inaktiven Betriebszustand der Bremsvorrichtung ein Zustand zu verstehen, in welchem vorgesehen ist, dass die Bremsvorrichtung kein Bremsmoment oder Restbremsmoment erzeugt, wobei zumindest die Erzeugung eines Restbremsmoments aufgrund eines Verschleißes oder einer Fehlfunktion der Bremsvorrichtung nicht auszuschließen ist.
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Zumindest dann, wenn die Steuerungsvorrichtung detektiert, dass die Bremsvorrichtung einen inaktiven Betriebszustand aufweist, ermittelt die Steuerungsvorrichtung den IST-Temperaturverlauf der Bremsvorrichtung. Alternativ kann das Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs der Bremsvorrichtung auch unabhängig vom Detektieren des inaktiven Bremszustands durchgeführt werden, beispielsweise im Rahmen einer allgemeinen Temperaturüberwachung der Bremsvorrichtung, um ein mögliches Überhitzen der Bremsvorrichtung frühzeitig zu erkennen. Das Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs kann erfindungsgemäß beispielsweise durch Messen von Temperaturen an einer oder mehreren Stellen des Bremsbelags oder an der Bremsschreibe erfolgen. Das Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs erfolgt beispielsweise berührungslos, wie beispielsweise über einen Infrarotsensor, welcher beispielsweise die Temperatur der Bremsscheibe misst, oder berührend, wie beispielsweise über einen Kontakttemperatursensor mit einem thermoelektrischen Fühler, welcher den Bremsbelag kontaktiert. Der Sensor zum Messen des IST-Temperaturverlaufs ist vorzugsweise an einem Bremsbelagshalter oder einem Bremsbelag der Bremsvorrichtung angeordnet.
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Schließlich wertet die Steuerungsvorrichtung den IST-Temperaturverlauf aus und identifiziert ein Schleifen der Bremsvorrichtung, wenn dieses durch den IST-Temperaturverlauf plausibilisiert wird. Bei einem Schleifen der Bremsvorrichtung reibt der Bremsbelag bei drehendem Rad an der Bremsscheibe, welche sich mit dem Rad mit dreht. Durch die hierbei verursachte Reibung entsteht neben einem Restbremsmoment, welches das Kraftfahrzeug bremst und somit einen Antriebswirkungsgrad des Kraftfahrzeugs reduziert, Verlustwärme, die einen direkten Einfluss auf den IST-Temperaturverlauf aufweist.
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Bei dem Identifizieren des Schleifens sind verschiedene Szenarien denkbar. In einem ersten Szenario, ausgehend von der Detektion eines inaktiven Betriebszustands der Bremsvorrichtung und einer noch nicht betätigten Bremsvorrichtung, beispielsweise unmittelbar nach dem Starten des Kraftfahrzeugs, ist damit zu rechnen, dass der IST-Temperaturverlauf eine konstante oder zumindest im Wesentlichen konstante Temperatur aufweist. Wird hingegen ein unverhältnismäßig stark ansteigender IST-Temperaturverlauf ermittelt, kann von einem Schleifen der Bremsvorrichtung ausgegangen werden.
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In einem zweiten Szenario, ausgehend von der Detektion eines inaktiven Betriebszustands der Bremsvorrichtung und einer bereits durch Bremsvorgänge erwärmten Bremsvorrichtung ist damit zu rechnen, dass sich die Bremsvorrichtung während der Fahrt abkühlt. Da Wärmepfade der Bremsvorrichtung bekannt sind, ist die zu erwartende Geschwindigkeit der Abkühlung sehr genau prognostizierbar. Weist der IST-Temperaturverlauf eine geringere Abkühlungsgeschwindigkeit oder sogar steigende Temperaturen auf, kann ebenfalls von einem Schleifen der Bremsvorrichtung ausgegangen werden.
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Eine Möglichkeit des Plausibilisierens des Schleifens einer Bremsvorrichtung kann beispielsweise durch den Vergleich von IST-Temperaturverläufen mehrerer Bremsvorrichtungen des Kraftfahrzeugs erfolgen. Üblicherweise ist an jedem Rad des Kraftfahrzeugs eine Bremsvorrichtung angeordnet, sodass normalerweise vier IST-Temperaturverläufe parallel ermittelbar sind. Die Steuerungsvorrichtung vergleicht die IST-Temperaturverläufe miteinander. Wenn einer der IST-Temperaturverläufe höhere Temperaturen, ein flacheres Abkühlverhalten oder ein steileres Aufwärmverhalten aufweist, kann ein Schleifen der jeweiligen Bremsvorrichtung identifiziert werden.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Identifizieren eines Schleifens einer Bremsvorrichtung zum Bremsen eines Rads eines Kraftfahrzeugs hat gegenüber herkömmlichen Verfahren den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise sowie sehr zuverlässig ein etwaiges Schleifen einer inaktiven Bremsvorrichtung identifizierbar ist. Durch das Beobachten des IST-Temperaturverlaufs ist eine Wärmeaufnahme der Bremsvorrichtung als direkte Folge eines Schleifens der Bremsvorrichtung erkennbar und somit das Vorliegen eines Schleifens identifizierbar. Überdies ist das Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs mit einfachen Mitteln sowie hoher Genauigkeit durchführbar, sodass aufwendige Messinstrumente, wie beispielsweise Drehmomentmessräder, entbehrlich sind. Ferner können unter Umständen bereits für andere Zwecke vorhandene Sensoren zur Ermittlung von Temperaturen bzw. Temperaturverläufen für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendet werden. Somit ist das Verfahren bei einem Serienfahrzeug zuverlässig und wirtschaftlich durchführbar.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung kann bei einem Verfahren vorgesehen sein, dass durch die Steuerungsvorrichtung ein Referenztemperaturverlauf der Bremsvorrichtung für einen vordefinierten Referenzbetriebszustand der Bremsvorrichtung bestimmt und mit dem IST-Temperaturverlauf verglichen wird, wobei das Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung durch ein Ergebnis des Vergleichens plausibilisiert wird. Unter dem Referenztemperaturverlauf wird ein Temperaturverlauf verstanden, welcher auf einer Ausbildung des Bremssystems beruht und beispielsweise durch Messreihen für eine Vielzahl von Ausgangstemperaturen des Bremssystems, Umgebungstemperaturen, Luftfeuchten, Fahrzeuggeschwindigkeiten und/oder durch Berechnung unter Berücksichtigung bekannter Wärmeleitpfade der Bremsvorrichtung ermittelt sind. Der Referenztemperaturverlauf kann beispielsweise in Form eines Algorithmus, einer Messwerttabelle eines Grafen oder dergleichen bereitgestellt sein. Der vordefinierte Referenzbetriebszustand der Bremsvorrichtung kann beispielsweise einem aktiven oder inaktiven Betriebszustand der Bremsvorrichtung bei einer nicht schleifenden Bremsvorrichtung entsprechen. Mit anderen Worten sollte der IST-Temperaturverlauf eines Bremssystems mit nicht schleifender Bremse in einer definierten Beziehung zum Referenztemperaturverlauf stehen. Abweichungen dieser Relation des IST-Temperaturverlaufs vom Referenztemperaturverlauf, welche auf eine stärkere Erwärmungs- oder geringere Abkühlungsgeschwindigkeit des IST-Temperaturverlaufs hindeuten, plausibilisieren ein Schleifen der Bremsvorrichtung. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Zuverlässigkeit sowie Genauigkeit des Identifizierens des Schleifens verbessert sind.
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Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass als vordefinierter Referenzbetriebszustand der Bremsvorrichtung ein inaktiver Betriebszustand der Bremsvorrichtung verwendet wird. Hierdurch ist eine bessere Vergleichbarkeit des IST-Temperaturverlaufs mit dem Referenztemperaturverlauf gewährleistet. Mit anderen Worten sollte der IST-Temperaturverlauf eines Bremssystems mit nicht schleifender Bremse dem Referenztemperaturverlauf entsprechen. Abweichungen des IST-Temperaturverlaufs vom Referenztemperaturverlauf, welche auf eine stärkere Erwärmungs- oder geringere Abkühlungsgeschwindigkeit des IST-Temperaturverlaufs hindeuten, plausibilisieren ein Schleifen der Bremsvorrichtung. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Zuverlässigkeit sowie Genauigkeit des Identifizierens des Schleifens verbessert sind.
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Weiter bevorzugt wird für die Ermittlung des IST-Temperaturverlaufs ein in einen Bremsbelag der Bremsvorrichtung eingebetteter Temperatursensor verwendet. Der Temperatursensor kontaktiert vorzugsweise den Bremsbelag, sodass die Messung als Kontaktmessung durchführbar ist bzw. durchgeführt wird. Somit ist ein besonders genaues Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs der Bremsvorrichtung, wie beispielsweise des Bremsbelags der Bremsvorrichtung, sichergestellt. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Zuverlässigkeit sowie Genauigkeit des Identifizierens des Schleifens verbessert sind.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung kann bei einem Verfahren vorgesehen sein, dass für die Ermittlung des IST-Temperaturverlaufs ein als Temperatursensor ausgebildeter Bremsbelagsverschleißsensor der Bremsvorrichtung verwendet wird. Der Bremsbelagsverschleißsensor ist vorzugsweise in den Bremsbelag eingebettet und weist einen Leiter mit einem Sollbruchbereich auf, welcher bei einer vordefinierten Abnutzung des Bremsbelags durch Kontaktieren der Bremsscheibe in Folge eines Bremsvorgangs zerstörbar ist, sodass ein durch den Leiter geschlossener Stromkreis unterbrechbar oder zumindest verstimmbar ist. Durch die Unterbrechung bzw. Verstimmung des Stromkreises ist das Erreichen der vordefinierten Abnutzung auf diese Weise detektierbar. Vorzugsweise ist ein Thermoelement zum Ermitteln der Temperatur des Bremsbelags an dem Leiter angeordnet, vorzugsweise zur Sollbruchstelle parallelgeschaltet, sodass bei Zerstörung der Sollbruchstelle ein Widerstand des Bremsbelagsverschleißsensors erhöht und eine Bestimmung der Temperatur des Bremsbelags weiterhin gewährleistet ist. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine zuverlässige Ermittlung des IST-Temperaturverlaufs gewährleistet ist. Ferner ist die Nachrüstung eines Kraftfahrzeugs mit einem derartigen Bremsbelagsverschleißsensor leicht durchführbar.
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Vorzugsweise wird ein Bremsbelagsverschleißsensor verwendet, welcher zwei Drähte aus unterschiedlichen Metallen aufweist. Bei einem derartigen Bremsbelagsverschleißsensor ist vorzugsweise der Leiter aus den zwei Drähten unterschiedlicher Metalle gebildet. Die zwei Drähte weisen vorzugsweise dieselbe Länge auf. Die Sollbruchstelle ist vorzugsweise an einem Übergang zwischen den zwei Drähten ausgebildet, beispielsweise als Lötstelle, Schweißstelle, Klebstelle, Crimpstelle oder dergleichen. Ein Ermitteln der Temperatur des Bremsbelags ist somit aufgrund des thermoelektrischen Effekts über den Leiter durchführbar, sodass ein zusätzliches Thermoelement nicht mehr erforderlich ist. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise die Herstellungskosten des Bremsbelagsverschleißsensors weiter reduziert sind, wobei weiterhin eine zuverlässige Ermittlung des IST-Temperaturverlaufs gewährleistet ist.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird eine Umgebungstemperatur des Kraftfahrzeugs ermittelt, wobei das Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur erfolgt. Bei einer inaktiven nicht schleifenden Bremsvorrichtung wird sich die IST-Temperatur der Bremsvorrichtung der Umgebungstemperatur anpassen. Der entsprechende IST-Temperaturverlauf ist somit leicht prognostizierbar. Wird ein IST-Temperaturverlauf ermittelt, welcher sich hiervon abhebt und auf eine zusätzliche Wärmequelle schließen lässt, kann hierdurch ein Schleifen der Bremsvorrichtung plausibilisiert werden. Durch die Berücksichtigung der Umgebungstemperatur sind somit eine Aufwärm- sowie Kühlwirkung der Umgebung auf die Bremsvorrichtung bei der Auswertung des IST-Temperaturverlaufs berücksichtigbar. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Zuverlässigkeit sowie Genauigkeit beim Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung erhöht ist.
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Besonders bevorzugt wird durch die Steuerungsvorrichtung eine Fahrzeuggeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs ermittelt, wobei das Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung in Abhängigkeit der Fahrzeuggeschwindigkeit erfolgt. Der Wärmeübergang zwischen der Bremsvorrichtung und der Umgebung ist unter anderem von der Fahrzeuggeschwindigkeit abhängig. Mit steigender Fahrzeuggeschwindigkeit ist ein größeres Umgebungsluftvolumen pro Zeit an dem Bremsbelag vorbeiführbar, sodass beispielsweise eine Wärmemengenabgabe des Bremsbelags an die Umgebungsluft erhöht ist, wenn die Umgebungstemperatur geringer ist als die Temperatur des Bremsbelags. Hierdurch weist der IST-Temperaturverlauf während der Abkühlung der Bremsvorrichtung bei einer nicht schleifenden Bremsvorrichtung somit einen steileren Verlauf auf. Überdies entsteht bei einem Schleifen des Bremsbelags an der Bremsscheibe mit steigenden Fahrzeuggeschwindigkeiten steigende Verlustwärme durch Reibung, welche sich auf den IST-Temperaturverlauf bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens gut nachweisbar niederschlägt. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine Zuverlässigkeit sowie Genauigkeit beim Identifizieren des Schleifens der Bremsvorrichtung erhöht ist.
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Es ist erfindungsgemäß bevorzugt, dass durch die Steuerungsvorrichtung auf Basis des IST-Temperaturverlaufs ein Schleifmoment der Bremsvorrichtung ermittelt wird. Vorzugsweise wird ein Alarm ausgegeben, wenn das ermittelte Schleifmoment ein vordefiniertes Grenzschleifmoment übersteigt. Weiter bevorzugt wird das ermittelte Schleifmoment, beispielsweise wie bei einem Tachometer, einer Drehzahlanzeige oder dergleichen, für einen Fahrer des Kraftfahrzeugs visualisiert. Alternativ oder zusätzlich kann das Schleifmoment in eine Darstellung einer Wirtschaftlichkeit, welche beispielsweise einen streckenbezogenen Energieverbrauch, einen Wirkungsgrad oder dergleichen wiedergibt, des Kraftfahrzeugs integriert werden. Vorzugsweise werden in diesem Rahmen weitere Parameter, die einen Einfluss auf den IST-Temperaturverlauf haben, wie beispielsweise Fahrzeuggeschwindigkeit, Luftfeuchte, Umgebungstemperatur oder dergleichen, zur Ermittlung des Schleifmoments berücksichtigt. Das Schleifmoment lässt sich beispielsweise leicht aus einer Abweichung des IST-Temperaturverlaufs von einem Referenztemperaturverlauf, beispielsweise unter Berücksichtigung einer bekannten Ausgestaltung der Bremsvorrichtung sowie der voranstehend bezeichneten weiteren Parameter, berechnen. Dies hat den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise eine quantitative Auswertung des Schleifens bereitgestellt ist, welche konkrete Rückschlüsse über einen Einfluss des Schleifens auf die Fahreigenschaften des Kraftfahrzeugs zulassen.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird die Aufgabe durch ein Kraftfahrzeug gelöst. Das Kraftfahrzeug weist ein Antriebssystem zum Antreiben des Kraftfahrzeugs sowie ein Bremssystem zum Bremsen des Kraftfahrzeugs auf. Erfindungsgemäß ist das Bremssystem zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet.
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Bei dem erfindungsgemäßen Kraftfahrzeug ergeben sich sämtliche Vorteile, die bereits zu einem Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung beschrieben worden sind. Demnach hat das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug gegenüber herkömmlichen Kraftfahrzeugen den Vorteil, dass mit einfachen Mitteln sowie auf eine kostengünstige Art und Weise sowie sehr zuverlässig ein etwaiges Schleifen einer inaktiven Bremsvorrichtung identifizierbar ist. Durch das Beobachten des IST-Temperaturverlaufs ist eine Wärmeaufnahme der Bremsvorrichtung als direkte Folge eines Schleifens der Bremsvorrichtung erkennbar und somit das Vorliegen eines Schleifens identifizierbar. Überdies ist das Ermitteln des IST-Temperaturverlaufs mit einfachen Mitteln sowie hoher Genauigkeit durchführbar, sodass aufwendige Messinstrumente, wie beispielsweise Drehmomentmessräder, entbehrlich sind. Ferner kann vorgesehen sein, dass für andere Zwecke vorhandene Sensoren zur Ermittlung von Temperaturen bzw. Temperaturverläufen für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwendbar sind. Somit ist das Kraftfahrzeug als Serienfahrzeug wirtschaftlich herstellbar.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren sowie ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug werden nachfolgend anhand von Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen jeweils schematisch:
- 1 in einer Schnittdarstellung einen Ausschnitt einer Bremsvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 2 in einer Schnittdarstellung einen weiteren Ausschnitt einer Bremsvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 3 in einer Seitenansicht eine bevorzugte Ausführungsform eines Bremsbelagsverschleißsensors für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 4 in einem Diagramm zwei verschiedene zeitliche Temperaturverläufe,
- 5 in einer Seitenansicht eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, und
- 6 in einem Ablaufdiagramm eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Elemente mit gleicher Funktion und Wirkungsweise sind in den 1 bis 6 jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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In 1 und 2 sind verschiedene Ausschnitte einer Bremsvorrichtung 1 zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in einer Schnittdarstellung abgebildet. Die Bremsvorrichtung 1 weist einen Bremsbelagshalter 11 auf, an welchem ein Bremsbelag 6 gehalten ist. Durch den Bremsbelagshalter 11 erstreckt sich ein Bremsbelagsverschleißsensor 7, welcher zudem als Temperatursensor 5 ausgebildet ist, in den Bremsbelag 6 hinein. Eine Sollbruchstelle 12 des Bremsbelagsverschleißsensors 7 ist komplett in den Bremsbelag 6 eingebettet und bei einer definierten Abnutzung des Bremsbelags 6 durch Reibung mit einer nicht dargestellten Bremsscheibe zerstörbar. Über den Bremsbelagsverschleißsensor 7 ist zudem ein IST-Temperaturverlauf I der Bremsvorrichtung 1, insbesondere des Bremsbelags 6, ermittelbar.
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3 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform eines Bremsbelagsverschleißsensors 7 für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in einer Seitenansicht. Der Bremsbelagsverschleißsensor 7 weist zwei Drähte 8 aus unterschiedlichen Metallen auf, welche an der Sollbruchstelle 12 miteinander elektrisch gekoppelt sind, beispielsweise durch Schweißen, Löten, Crimpen, Kleben oder dergleichen. Durch die Ausbildung der Drähte 8 aus unterschiedlichen Metallen ist der Bremsbelagsverschleißsensor 7 auch als Temperatursensor 5 ausgebildet und somit für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens für die Ermittlung des IST-Temperaturverlaufs I des Bremsbelags 6 verwendbar.
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4 zeigt zwei verschiedene zeitliche Temperaturverläufe schematisch in einem Diagramm. Zu einem Starzeitpunkt t0 ist eine Starttemperatur To für beide Temperaturverläufe gleich. Der in diesem Diagramm steiler abfallende Temperaturverlauf ist in diesem Beispiel ein Referenztemperaturverlauf R. Der flacher abfallende Temperaturverlauf ist in diesem Beispiel IST-Temperaturverlauf I. Zum Vergleichen der beiden Temperaturverläufe ist exemplarisch ein erster Zeitpunkt t1 gewählt, zu welchem der IST-Temperaturverlauf I eine erste IST-Temperatur TI1 und der Referenztemperaturverlauf R eine erste Referenztemperatur TR1 aufweisen. Wie aus dem Diagramm deutlich ersichtlich, ist die erste IST-Temperatur TI1 größer als die erste Referenztemperatur TR1. Hieraus lässt sich ein Schleifen der Bremsvorrichtung 1 plausibilisieren.
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In 5 ist eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 3 schematisch in einer Seitenansicht dargestellt. Das Kraftfahrzeug 3 weist zum Antreiben von Rädern 2 des Kraftfahrzeugs 3 ein Antriebssystem 9 mit einem Motor 13, beispielsweise einem Elektromotor, auf. Zum Bremsen der Räder 2 des Kraftfahrzeugs 3 weist das Kraftfahrzeug 3 ein Bremssystem 10 mit mehreren Bremsvorrichtungen 1 auf, welche jeweils an einem Rad 2 angeordnet sind. Eine Steuerungsvorrichtung 4 des Kraftfahrzeugs 3 ist zum Betreiben des Antriebssystems 9, des Bremssystems 10 sowie zum Durchführen des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet.
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6 zeigt eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens schematisch in einem Ablaufdiagramm. Gemäß einer ersten Verfahrensaktion 100 detektiert die Steuerungsvorrichtung 4 einen inaktiven Betriebszustand der Bremsvorrichtung 1. Das bedeutet, dass kein Bremsen des Kraftfahrzeugs 3 vorgesehen ist. In einer zweiten Verfahrensaktion 200 ermittelt die Steuerungsvorrichtung 4 den IST-Temperaturverlauf I der Bremsvorrichtung 1 unter Verwendung eines Temperatursensors 5. Vorzugsweise wird hierfür ein als Temperatursensor 5 ausgebildeter Bremsbelagsverschleißsensor 7 verwendet. In einer dritten Verfahrensaktion 300 wird durch die Steuerungsvorrichtung 4 der IST-Temperaturverlauf I analysiert und ein Schleifen der Bremsvorrichtung 1 identifiziert, wenn der IST-Temperaturverlauf I höhere Temperaturen aufweist als bei einer nicht schleifenden Bremsvorrichtung 1 zu erwarten sind.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bremsvorrichtung
- 2
- Rad
- 3
- Kraftfahrzeug
- 4
- Steuerungsvorrichtung
- 5
- Temperatursensor
- 6
- Bremsbelag
- 7
- Bremsbelagsverschleißsensor
- 8
- Draht
- 9
- Antriebssystem
- 10
- Bremssystem
- 11
- Bremsbelagshalter
- 12
- Sollbruchstelle
- 13
- Motor
- 100
- erste Verfahrensaktion
- 200
- zweite Verfahrensaktion
- 300
- dritte Verfahrensaktion
- I
- IST-Temperaturverlauf
- R
- Referenztemperaturverlauf
- t0
- Startzeitpunkt
- t1
- erster Zeitpunkt
- T0
- Starttemperatur
- TI1
- erste IST-Temperatur
- TR1
- erste Referenztemperatur
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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