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Die Erfindung betrifft ein System zum Generieren von Simulationsparameter für ein zu testendes Entscheidungsmodul zum Bestimmen einer Ausfallrate, welches dazu ausgelegt ist, auf Basis eines Entscheidungsalgorithmus eine Fahrstrategie für ein Fahrzeug in verschiedenen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien zu ermitteln, umfassend eine Datenbank mit einer Vielzahl gespeicherter realer Verkehrsszenarien und/oder realer Verkehrssituationen als Datensatz. Ferner betrifft die Erfindung ein Generierungsverfahren.
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Für den Übergang eines technischen Systems von der Entwicklungsphase in die Serienproduktion ist die Freigabe dieses Systems notwendig. Die Freigabe erfolgt erst dann, wenn die zuvor definierten Anforderungen, insbesondere die Anforderungen an die Sicherheit des technischen Systems, von diesem technischen System erfüllt werden. Freigabekonzepte, die aktuell in der Automobilindustrie eingesetzt werden, erzielen Freigaben für verschiedene Automatisierungsstufen, bei denen stets die Kontrollierbarkeit durch einen menschlichen Fahrer, sei es durch direkte Kontrolle des Fahrers oder durch Rückfallebene auf den Fahrer, gegeben ist. Eine Besonderheit des autonomen Fahrens ist der Wegfall der Rückfallebene auf den menschlichen Fahrer ab einer bestimmten Automatisierungsstufe, beispielsweise SAE Level 3+.
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In „Autonomes Fahren - Technische, rechtliche und gesellschaftliche Aspekte“, Springer Vieweg, 2015, offenbaren Wachenfeld und Winner in ihrem Beitrag „Die Freigabe des autonomen Fahrens“, dass zwischen zwei Unfällen mit Getöteten 210 Millionen Kilometer liegen. Ausgehend von einer Poisson-Verteilung dieser Zahlen und der Anforderung, dass das autonome Fahrzeug zweimal so gut sein soll wie aktuelle, von menschlichen Fahrern gefahrene Fahrzeuge, müsste das autonome Fahrzeug eine Teststrecke von mindestens 2,1 Milliarden Kilometern zurücklegen. In diesem Fall wäre der Nachweis mit 50%iger Wahrscheinlichkeit erbracht.
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Eine derartig extrem hohe Anzahl an Absicherungskilometern stellt eine extreme Herausforderung an die Freigabe dar. Zusätzlich fehlen gesetzliche Anforderungen an die Freigabe autonomer Fahrzeuge. Dadurch werden autonome Fahrzeuge in absehbarer Zeit mittels des Stands der Technik nicht freigegeben werden können. Für die Freigabe und die Berechnung des zu erwartenden Restrisikos eines Systems fehlen im Stand der Technik anwendbare Verfahren, obwohl in dem SOTIF-Standard ISO/PAS 21448:2019 „Road vehicles -- Safety of the intended functionality“ solche Verfahren gefordert werden.
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Das Forschungsprojekt PEGASUS, das bedeutet Projekt zur Etablierung von generell akzeptierten Güterkriterien, Werkzeugen und Methoden sowie Verkehrsszenarien und Situationen zur Freigabe hochautomatisierter Fahrfunktionen, bietet einen umfassenden Ansatz zur Absicherung von SAE J 3016 Level 3 Systemen zur Absicherung der Entscheidungs- und Planungsalgorithmen für eine Fahrstrategie. Dabei kann eine solche Absicherung durch Simulation der Fahrstrategie und insbesondere der Bestimmung der Ausfallrate erzielt werden. Die Ausfallrate ist eine Kenngröße für die Zuverlässigkeit einer Fahrstrategie, welche durch ein Entscheidungsmodul bzw. einen Entscheidungsalgorithmus erstellt wird.
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Zur Absicherung sind jedoch unzählige Simulationsdurchgänge notwendig, um eine solche hinreichend genau und sicher zu erzielen.
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Dabei ist bekannt, dass die Güte einer jeden Simulation von den eingegebenen Simulationsparametern abhängt. Grob gesprochen gilt, dass je besser die eingegebenen Simulationsparameter sind, desto bessere und schnellere Ergebnisse können bei der Simulation erzielt werden.
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung verbesserte Simulationsparameter für ein zu testendes Entscheidungsmodul anzugeben. Ferner ist es eine Aufgabe ein Generierungsverfahren anzugeben.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein System mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und ein Generierungsverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 9.
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In den Unteransprüchen sind weitere vorteilhafte Maßnahmen aufgelistet, die geeignet miteinander kombiniert werden können, um weitere Vorteile zu erzielen.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein System zum Generieren von Simulationsparameter für ein zu testendes Entscheidungsmodul zum Bestimmen einer Ausfallrate, welches dazu ausgelegt ist, auf Basis eines Entscheidungsalgorithmus eine Fahrstrategie für ein Fahrzeug in verschiedenen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien zu ermitteln, umfassend eine Datenbank oder eine Speichereinheit mit einer Vielzahl gespeicherter realer Verkehrsszenarien und/oder realer Verkehrssituationen als Datensatz wobei
ein Eingabegerät zum Auswählen oder Eingeben stochastischer Eingangsparameter von Interesse in Bezug auf die jeweiligen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien vorgesehen ist, und
ein Rechenmodul vorhanden ist, welches dazu ausgelegt ist, die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand einer Copula zu bestimmen, sowie
ein Zufallsgenerator zur Generierung von Simulationsparametern aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung, vorgesehen ist, und
ein Prozessor zum Bestimmen der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls anhand der generierten Simulationsparameter durch simulieren der Fahrstrategie vorhanden ist.
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Ein in einem geografisch beschränktem Beobachtungsgebiet, wie z.B. einem Stra-ßensegment, stattfindendes beschreibbares Verkehrsvorgehen kann dabei als Verkehrsszenario bezeichnet werden. Geografische, als auch physikalische Gegebenheiten, wie die Anzahl an Straßenkreuzungen, Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, etc., können in diesem Verkehrsszenario parametrisiert vorliegen. Ein solches Verkehrsszenario kann in ein funktionales, logisches und konkretes Verkehrsszenario unterteilt werden. Ein funktionales Verkehrsszenario stellt dabei Betriebsszenarien des Entwicklungsgegenstandes auf semantischer Ebene dar. Ein logisches Verkehrsszenario ist ein parametrisiertes Verkehrsszenario, optional mit Angabe von Verteilungen. Werden eindeutige/„konkrete“ Parameter gesetzt, liegt ein konkretes, d.h. reales Verkehrsszenario vor.
Eine Verkehrssituation ist beispielsweise die Beschreibung der Absicht eines Fahrzeugs.
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Eine Ausfallrate, auch als Ausfallwahrscheinlichkeit bezeichnet, entspricht im Wesentlichen der Anzahl der kritischen Situationen im Verhältnis zu allen möglichen konkreten Verkehrsszenarien. Eine Ausfallrate gibt somit das Restrisiko an, beispielsweise etwa die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls innerhalb eines Verkehrsszenarios.
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Kritische Verkehrsszenarien sind konkrete Verkehrsszenarien, in welchem ein gegebenes Kritikalitätskriterien /Kritikalitätsmaß eine gewisse Toleranz überschreitet. Ein Kritikalitätskriterium kann z.B. der Abstand zu anderen Fahrzeugen sein, die Zeit bis zum Aufprall zu einem anderen Fahrzeug oder Ähnliches.
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Stochastische Eingangsparameter sind zum Beispiel die Geschwindigkeit anderer Verkehrsteilnehmer, die Anzahl der anderen, am Verkehr teilnehmenden Verkehrsteilnehmer, die Fahrbahnbeschaffenheit oder der Sonnenstand, oder die statische Umgebung etc.. Bisher wurde für die Freigabe eines Systems für eine Fahrstrategie angenommen, dass die stochastischen Eingangsparameter unabhängig sind und wurden daher als unabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilungen bestimmt.
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Erfindungsgemäß wurde jedoch erkannt, dass dies nicht die Realität widerspiegelt und somit eine hohe Gefahr besteht, dass Fahrstrategien in beispielsweise autonomen Fahrzeugen angewendet werden, welche noch eine zu hohe Ausfallrate aufweisen.
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So wurde erkannt, dass die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs auf urbaner Straße durchaus von der Verkehrsdichte abhängig ist und/oder der Geschwindigkeit der anderen Verkehrsteilnehmer etc...
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Erfindungsgemäß werden nun die stochastischen Eingangsparameter von Interesse in Bezug auf die jeweiligen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien ausgewählt oder, insbesondere einmalig, eingegeben. Solche realen Verkehrsszenarien und/oder realen Verkehrssituationen können beispielsweise mit Drohnen oder durch Fahrzeuge mit entsprechenden Sensorsystemen bereitgestellt werden.
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Weiterhin wird erfindungsgemäß die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand einer Copula bestimmt. Dadurch wird nicht nur die Korrelation zweier stochastischer Vorgänge betrachtet, sondern auch ihre gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung bestimmt. Durch eine solche Copula können mehrdimensionale Zusammenhänge erkannt werden, indem die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion der abhängigen Eingangsparameter bestimmt wird.
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Anschließend werden Simulationsparameter aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung anhand eines Zufallsgenerators generiert und mit diesen die Simulation des Entscheidungsmoduls gestartet.
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Durch das erfindungsgemäße System werden verbesserte Simulationsparameter für die Simulation gefunden. Dabei ist bekannt, dass es bei unpassenden Parameter-Einstellungen zu fehlerhaften Ergebnissen kommen kann, was nun durch das erfindungsgemäße System vermieden wird. Zudem kann die Simulation in ihrer Dauer verkürzt werden, bei verbesserten Ergebnissen. Die Genauigkeit der Simulationsparameter ist somit entscheidend für die akkurate Bestimmung der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls.
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Durch die erfindungsgemäße Copula können mehrdimensionale Zusammenhänge und Korrelationen von Parametern aus Realdaten extrahiert werden, welche damit eine realitätsnähere Abbildung, d.h. Simulation des Verkehrsszenarios ermöglicht. Dies bedeutet, dass die Verteilungen nicht unabhängig voneinander gewählt und bestimmt werden, sondern auch deren gegenseitige Korrelation und Einfluss mitberücksichtigt wird. Dies führt wiederum zu einer genaueren Simulation und Bestimmung der Ausfallrate und einer Verringerung des Approximationsfehlers.
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Somit wird beispielsweise die Wartezeit bei einem Abbiegevorgang als auch die Geschwindigkeit, mit welcher man sich der Abbiegestelle nähert oder in diese hineinfährt, welche maßgeblich von den herannahenden Fahrzeugen, deren Geschwindigkeit, Größe etc. sowie der gegebenen Übersichtlichkeit abhängt, berücksichtigt.
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In weiterer Ausbildung ist eine Speichereinheit vorhanden, in der Kritikalitätskriterien in Bezug auf die realen Verkehrssituationen und/oder die realen Verkehrsszenarien gespeichert sind, wobei der Prozessor dazu ausgebildet ist, anhand der gespeicherten Kritikalitätskriterien eine kritische Verkehrssituation und/oder kritisches Verkehrsszenario in der simulierten Fahrstrategie zu erkennen.
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Diese Kritikalitätskriterien können beispielsweise in Form von Regeln abgelegt sein; beispielsweise darf als eine Regel ein gewisser Abstand zu einem anderen Verkehrsteilnehmer nicht unterschritten werden oder beispielsweise bei kurvigen / nassen/ gefrorenen Straßen eine gewisse Geschwindigkeit nicht überschritten werden.
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Ferner kann in weiterer Ausbildung eine Ausgabeeinheit zum Ausgeben eines Alarms bei Entstehen einer kritischen Verkehrssituation und/oder eines kritischen Verkehrsszenarios in der simulierten Fahrstrategie durch den Prozessor vorgesehen sein.
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Diese können gespeichert werden, um diese später auszuwerten bzw. zu verarbeiten und anhand dessen die Fahrstrategie des Entscheidungsmoduls beispielsweise den dahinterliegenden Entscheidungsalgorithmus zu verbessern.
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In weiterer Ausbildung ist der Prozessor dazu ausgelegt, Schlüsselparameter der stochastischen Eingangsparameter mit gemeinsamer Wahrscheinlichkeitsverteilung zu ermitteln und anhand der Schlüsselparameter unbedeutende stochastische Eingangsparameter herauszufiltern.
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Dies können in weiterer Ausbildung Schlüsselparameter wie zum Beispiel eine Korrlation oder Verteilungs-Parameter für jeden Eingangsparameter, transformiert in eine Gleichverteilung, und/oder die Wahrscheinlichkeitsdichte und/oder die kumulative Verteilungsfunktion sein. Daher können nicht relevante stochastische Eingangsparameter herausgefiltert werden. So ist beispielsweise die Temperatur/Sonnenstand, beispielsweise Sonnenschein oder der Straßenverlauf in einer 30iger Zone weniger von Bedeutung. Dadurch können die Simulationsparameter reduziert und infolgedessen die Simulation in Bezug auf solche Verkehrssituationen und/Verkehrsszenarien durch Herausfiltern der stochastischen Eingangsparameter für solche Verkehrssituationen und/Verkehrsszenarien verbessert bzw. extrem beschleunigt werden.
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In weiterer Ausbildung ist ein Extraktionsmodul vorgesehen, welches dazu ausgebildet ist, aus den realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien vorab definierte Eingangsparameter selbstständig zu extrahieren. Dieses kann beispielsweise als Softwaremodul ausgebildet sein und beispielsweise in das Eingabegerät integriert sein.
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Dabei kann das Extraktionsmodul dazu ausgebildet sein, eine Sequenz von stochastischen Eingangsparametern aus aufeinanderfolgenden Sequenzen von realen Verkehrssituationen und/ realen Verkehrsszenarien selbstständig zu ermitteln, wobei das Rechenmodul dazu ausgebildet ist, eine Sequenz einer gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparametersequenz anhand einer Copula zu bestimmen und der Zufallsgenerator zur Generierung einer Sequenz von Simulationsparametern aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung, ausgebildet ist, und der Prozessor zum Bestimmen der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls anhand der Sequenz der generierten Simulationsparameter durch simulieren der Fahrstrategie ausgebildet ist.
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Dadurch können Fahrstrategien über einen längeren Zeitraum automatisiert getestet werden.
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Ferner kann in weiterer Ausbildung eine Empfangseinheit vorgesehen sein, welche ausgebildet ist, reale Verkehrssituationen und/oder reale Verkehrsszenarien zu empfangen. Dadurch kann das System zum Generieren von Simulationsparameter sowie die Simulation selber ohne wesentliches manuelles Eingreifen automatisiert ablaufen. Die realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien können als Kamerabild oder Lidar-Radarsensordaten beispielsweise von Straßenfahrzeugen übermittelt werden oder Verkehrsüberwachungen oder beispielsweise Drohnen etc. Anschließend kann das Extraktionsmodul die stochastischen Eingangsparameter von Interesse aus diesen übermittelten Daten automatisiert extrahieren.
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Ferner wird die Aufgabe gelöst durch ein Generierungsverfahren zum Generieren von Simulationsparameter für ein zu testendes Entscheidungsmodul, welches auf Basis eines Entscheidungsalgorithmus eine Fahrstrategie für ein Fahrzeug in verschiedenen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien ermittelt, umfassend der Schritte:
- - Bereitstellen einer Vielzahl von realen Verkehrsszenarien und/oder realen Verkehrssituationen als Datensatz,
- - Auswählen oder Eingeben stochastischer Eingangsparameter von Interesse in Bezug auf die jeweiligen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien,
- - Ermitteln der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand einer Copula,
- - Generieren von Simulationsparametern aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung anhand eines Zufallsgenerators,
- - Bestimmen der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls anhand der generierten Simulationsparameter durch simulieren der Fahrstrategie.
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Die Vorteile des Systems können auch auf das Generierungsverfahren übertragen werden. Durch das erfindungsgemäße Verfahren kann nun wesentlich exakter eine Abschätzung des Restrisikos, d.h. der Ausfallrate für eine Entscheidungs- und Planungssimulation zur Generierung einer Fahrstrategie erfolgen, wodurch eine größere Genauigkeit für dessen Freigabe erzielt werden kann. Durch das erfindungsgemäße Verfahren werden die Verteilungen der stochastischen Eingangsparameter nicht unabhängig voneinander gewählt und bestimmt; sondern auch deren gegenseitige Korrelation und Einfluss, welcher letztendlich dadurch auch in der Fahrstrategie berücksichtigt wird.
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Durch das erfindungsgemäße Generierungsverfahren wird die angestrebte Simulation wesentlich verbessert und die Simulation selber verkürzt, indem bessere Simulationsparameter gewählt werden. Falsche Ergebnisse wie sie durch falsch gewählte Simulationsparameter auftreten, können somit vermieden werden.
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In weiterer Ausbildung können Kritikalitätskriterien in Bezug auf die realen Verkehrssituationen und/oder die realen Verkehrsszenarien bereitgestellt werden und anhand der bereitgestellten Kritikalitätskriterien eine kritische Verkehrssituation und/oder kritisches Verkehrsszenario in der simulierten Fahrstrategie erkannt werden.
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Ferner wird in weiterer Ausbildung ein Alarm bei Entstehen einer kritischen Verkehrssituation und/oder eines kritischen Verkehrsszenarios in der simulierten Fahrstrategie durch den Prozessor auf einer Ausgabeeinheit ausgegeben. Die so erkannte kritische Verkehrssituation und/oder das kritische Verkehrsszenario kann beispielsweise automatisiert gespeichert werden, zur späteren Verwendung, beispielsweise um das Entscheidungsmodul dahingehend zu verbessern. Dadurch kann quasi das Verfahren und die anschließende Simulation automatisiert, ohne Beaufsichtigung ablaufen, beispielsweise auch nachts.
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Ferner wird in einer weiteren Ausgestaltung eine Gauss-Copula herangezogen, wenn die stochastischen Eingangsparameter eine Gaussverteilung aufweisen. Ferner kann der Zufallsgenerator einen Gaussprozess anwenden bzw. einen solchen aufweisen. Eine solche Copula ist einfach zu bestimmen.
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In weiterer Ausbildung kann eine Vine-Copula oder T- Copula oder eine andere Copula herangezogen werden, wenn die stochastischen Eingangsparameter keine Gaussverteilung aufweisen. Dabei bilden Vine-Copulas eine Reihe von sogenannten Bäumen (vines) über die verschiedenen stochastischen Eingangsparameter und schätzen paarweise die Beziehungen ab. Ferner können auch eine C-Vine Copula, eine R-Vine Copula und eine D-Vine Copula herangezogen werden, in Abhängigkeit von den stochastischen Eingangsparametern.
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Weiterhin kann in einer weiteren Ausbildung der Zufallsgenerator als Monte-Carlo-Simulator ausgebildet sein. Bei der Monte-Carlo-Simulation werden wiederholt Zufallsstichproben mithilfe von Zufallsexperimenten gezogen. Weitere Eigenschaften und Vorteile der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung unter Bezugnahme auf die beiliegenden Figuren. Darin zeigen schematisch:
- 1: ein erfindungsgemäßes System in einer ersten Ausgestaltung,
- 2: ein reales Verkehrsszenario aus einer Sequenz von aufeinanderfolgenden Verkehrsszenarien,
- 3: eine univariate Verteilung für die mittlere Geschwindigkeit und für das Verkehrsaufkommen,
- 4: eine gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Gauß-Copula,
- 5: ein erfindungsgemäßes System in einer zweiten Ausgestaltung,
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Für die Freigabe eines Systems mit einem Entscheidungs- und Planungsmodul ist es notwendig, dieses bezüglich auftretender SOTIF Risiken systematisch und statistisch abzusichern (SOTIF = Safety of the intended function).
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Als Absicherungskriterium kann beispielsweise eine Ausfallrate, die das Restrisiko widerspiegelt, wie etwa die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls innerhalb eines Verkehrsszenarios, dienen. Dabei kann eine solche Absicherung durch Bestimmung der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls erzielt werden. Die Ausfallrate ist eine Kenngröße für die Zuverlässigkeit des Entscheidungsmoduls.
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Zur Absicherung sind jedoch Simulationsdurchgänge notwendig, um eine hinreichende Zuverlässigkeit /Genauigkeit zu erzielen.
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Als Input benötigt die Simulation der Ausfallrate anhand des Entscheidungsmoduls Simulationsparameter. Dabei gilt, dass eine Simulation umso schneller und besser wird, je genauer die Simulationsparameter gewählt werden.
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Das erfindungsgemäße System 1 zum Bestimmen einer Ausfallrate eines zu testenden Entscheidungsmoduls, welches dazu ausgelegt ist, auf Basis eines Entscheidungsalgorithmus eine Fahrstrategie für ein Fahrzeug in verschiedenen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien zu ermitteln, umfasst eine Datenbank 2 oder eine Speichereinheit.
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In der Datenbank 2 sind reale Verkehrssituationen und/oder reale Verkehrsszenarien gespeichert. Diese können als Kameradaten und/oder Lidar-Radarsensoren vorliegen.
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Ein in einem geografisch beschränktem Beobachtungsgebiet, wie z.B. in einem Straßensegment stattfindendes beschreibbares Verkehrsvorgehen wird dabei als Verkehrsszenario bezeichnet. Geografische, als auch physikalische Gegebenheiten, wie etwa die Anzahl an Straßenkreuzungen, Geschwindigkeiten, Beschleunigungen, etc., können dabei parametrisiert als Datensatz vorliegen. Ein solches Verkehrsszenario kann in ein funktionales, logisches und konkretes Verkehrsszenario unterteilt werden.
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Ein funktionales Verkehrsszenario stellt Betriebsszenarien des Entwicklungsgegenstandes auf semantischer Ebene dar. Ein logisches Verkehrsszenario ist ein stochastisch parametrisiertes Verkehrsszenario, optional mit Angabe von Verteilungen. Werden eindeutige/„konkrete“ Parameter gesetzt, kann dies als konkretes, reales Verkehrsszenario bezeichnet werden.
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Somit kann mit realen Verkehrsszenario insbesondere ein konkretes reales Verkehrsszenario bezeichnet werden. Insbesondere liegen die Verkehrsszenarien als Sequenzen vor.
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2 zeigt ein solches reales Verkehrsszenario aus einer Sequenz von aufeinanderfolgenden Verkehrsszenarien an einer urbanen Kreuzung. Bei diesem Datensatz handelt es sich um Drohnenaufnahmen einer innerstädtischen Kreuzung, gemessen in sogenannten Frames (25 Bilder pro Sekunde), bei dem die Trajektorie für jeden Verkehrsteilnehmer, die Geschwindigkeit und seinen Typ extrahiert wird. Ferner ist, wie 1 weiter zeigt, ein Eingabegerät 3 zum Auswählen oder Eingeben stochastischer Eingangsparameter von Interesse in Bezug auf die jeweiligen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien vorgesehen. Das Eingabegerät 3 kann ein Display etc. sein.
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Solche Eingangsparameter sind beispielsweise die Geschwindigkeit als mittlere Geschwindigkeit sowie die Anzahl der Verkehrsteilnehmer pro Verkehrsszenario. Ferner können Eingangsparameter die Fahrbahnbeschaffenheit oder der Sonnenstand etc. sein. So wird dem Frame als dem Verkehrsszenario in 2 als Datensatz die mittlere Geschwindigkeit aller Verkehrsteilnehmer (ID) pro Frame sowie das Verkehrsaufkommen (Anzahl der Verkehrsteilnehmer) pro Frame entnommen. Hier sind beispielsweise unter anderem zwei parkende Fahrzeuge mit 0km/h identifiziert worden.
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Ferner ist ein Rechenmodul 4 vorgesehen, welches dazu ausgelegt ist, die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand einer Copula zu bestimmen. Durch die Copula können sich gegenseitig beeinflussende Eingangsparameter erkannt und deren Einfluss ermittelt werden.
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Mittels der Copula kann die Korrelation der Wahrscheinlichkeiten der Eingangsparameter analysiert und deren Verteilung ermittelt werden. Somit wird die Verteilung nicht unabhängig voneinander gewählt und bestimmt, sondern auch deren gegenseitige Korrelation und Einfluss mitberücksichtigt.
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Somit wird die Realität besser abgebildet, hier beispielsweise, dass die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs auf urbaner Straße durchaus abhängig von der Verkehrsdichte ist.
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Zur Bestimmung der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand einer Copula wird zunächst die univariate Verteilung ermittelt, die jeden Eingangsparameter besser beschreibt.
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3 zeigt die univariate Verteilung für die mittlere Geschwindigkeit der Fahrzeuge von 2 (rechts) und die univariate Verteilung für das Verkehrsaufkommen (Anzahl von Verkehrsteilnehmern) von 2 (links).
Dabei sind die Eingangsparameter „mittlere Geschwindigkeit“ und das „Verkehrsaufkommen“ als normalverteilt anzunehmen, so dass eine Gauß-Copula als Copula darauf angewendet werden kann.
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Anschließend wird die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung auf der Grundlage der Korrelationen zwischen den Randverteilungen mittels der Gauß-Copula bestimmt.
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4 zeigt in gepunktet dargestellt die realen Daten, auf der Ordinate das Verkehrsaufkommen pro Frame, geplottet gegen die durchschnittliche Geschwindigkeit der Verkehrsteilnehmer auf der Abszisse. In gestrichelt sind die synthetisch erzeugten Daten nach Ermittlung der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Gauß-Copula dargestellt.
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Es wird somit ermöglicht hier mehrdimensionale Zusammenhänge und Korrelationen von Parametern aus Realdaten zu extrahieren, um damit eine realitätsnähere Abbildung des Verkehrsszenarios zu ermöglichen. Es wird also nicht nur die Korrelation zweier stochastischer Vorgänge betrachtet, sondern auch ihre gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung bestimmt.
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Anschließend werden mittels einem Zufallsgenerator 5 Simulationsparameter aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung generiert. Solch ein Zufallsgenerator 5 kann beispielsweise ein Monte-Carlo-Simulator sein.
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Die so generierten Simulationsparameter werden in das zu testende Entscheidungsmodul eingegeben und ein Prozessor 6 startet eine Simulation zur Bestimmung der Ausfallrate, durch simulieren der Fahrstrategie.
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Die Verteilungen der Simulationsparameter zur Bestimmung der Ausfallrate mit einem sehr geringen Streufehler sind daher möglichst realitätsnah gewählt, so dass eine genaue Ausfallrate durch eine verbesserte Simulation der Fahrstrategie erhalten wird. Dadurch wird eine Ausfallrate mit einem sehr geringen Streufehler erhalten.
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Durch Generieren solcher Simulationsparameter wird der Einfluss scheinbar voneinander unabhängiger stochastischer Vorgänge, wie die Geschwindigkeiten zweier herannahender Fahrzeuge, berücksichtigt.
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Beispielsweise hängt die Wartezeit zum Abbiegevorgang eines Fahrzeugs maßgeblich von den herannahenden Fahrzeugen, deren Geschwindigkeit, Größe etc. sowie der gegebenen Übersichtlichkeit ab und somit auch die Geschwindigkeit, mit welcher man sich der Abbiegestelle nähert.
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D.h. die bisherige Annahme der Unabhängigkeit der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Verkehrsteilnehmer ist im Allgemeinen nicht gegeben, was bisher zu falschen oder ungenauen Simulationen durch ungenaue Simulationsparameter als Eingang in die Simulation führen konnte.
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Durch die verbesserten Simulationsparameter kann somit die Simulation des zu testenden Entscheidungsmoduls verbessert werden, was zu einer verbesserten und genaueren Bestimmung der Ausfallrate führt, wodurch die Sicherheit des Entscheidungsmoduls erhöht werden kann.
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Durch die genaueren und verbesserten Simulationen des zu testenden Entscheidungsmoduls in Bezug auf die Fahrstrategie können kritische Verkehrssituationen und/oder Verkehrsszenarien somit besser erkannt werden.
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Dabei können die zur Beurteilung einer kritischen Verkehrssituationen und/oder Verkehrsszenarien benötigten Kritikalitätskriterien in der Datenbank 2 oder einer Speichereinheit gespeichert sein. Kritische Verkehrsszenarien sind Verkehrsszenarien, in welchem ein gegebenes Kritikalitätskriterium/ Kritikalitätsmaß eine gewisse Toleranz überschreitet. Ein Kritikalitätskriterium kann z.B. der Abstand zu anderen Fahrzeugen sein, die Zeit bis zum Aufprall zu einem anderen Fahrzeug oder Ähnliches.
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Die Kritikalitätskriterien werden auf die simulierte Fahrstrategie angewendet.
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Die Ausfallrate ist dabei die Anzahl der kritischen Situationen im Verhältnis zu allen möglichen konkreten Verkehrsszenarien.
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Ferner kann eine Ausgabeeinheit 7 zum Ausgeben eines Alarms bei Entstehen einer kritischen Verkehrssituation und/oder eines kritischen Verkehrsszenarios in der simulierten Fahrstrategie durch den Prozessor 6 vorhanden sein.
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Anhand der erkannten Ausfallrate in Bezug auf die konkreten Verkehrsszenarien kann nun das Entscheidungsmodul simulativ verbessert werden.
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Dabei kann das System 1 auch bei einer Verbesserung durch Simulation beispielsweise einem neu entwickelten Getriebe Anwendung finden. Dabei entsprechen die realen Verkehrsszenarien quasi Sensormessungen des Getriebes im realen Betrieb. Die stochastischen Eingangsparameter sind beispielsweise Öldruck, Öltemperatur etc.
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Durch ein solches System 1 lässt sich die Ausfallrate des Getriebes genauer bestimmen was dazu führt, dass dadurch die Anforderungen an die Sicherheit des technischen Systems, hier des Getriebes, exakter bestimmt werden können.
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5 zeigt eine weitere Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen Systems 1a zum Generieren von Simulationsparameter für ein zu testendes Entscheidungsmodul zum Bestimmen einer Ausfallrate, welches dazu ausgelegt ist, auf Basis eines Entscheidungsalgorithmus eine Fahrstrategie für ein Fahrzeug in verschiedenen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien zu ermitteln.
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Dieses umfasst ebenfalls eine Datenbank 2 mit einer Vielzahl gespeicherter realer Verkehrsszenarien und/oder realer Verkehrssituationen als Datensatz.
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Ferner ist ebenfalls das Eingabegerät 3 zum Auswählen oder Eingeben stochastischer Eingangsparameter von Interesse in Bezug auf die jeweiligen realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien vorhanden.
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Ebenfalls vorhanden ist das Rechenmodul 4, welches dazu ausgelegt ist, die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter anhand der Copula zu bestimmen.
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Dabei kann beispielsweise die Copula eine Vine-Copula sein. Vine-Copulas bilden eine Reihe von sogenannten Bäumen (vines) über die verschiedenen stochastischen Eingangsparameter und schätzen paarweise die Beziehung zwischen den Knoten an jeder Kante. Ebenfalls kann eine C-Vine Copula, eine R-Vine Copula und eine D-Vine Copula zur Erzeugung der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung der stochastischen Eingangsparameter herangezogen werden.
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Ferner ist der Zufallsgenerator 5 zur Generierung von Simulationsparametern aus der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsverteilung, vorgesehen, und ein Prozessor 6 zum Bestimmen der Ausfallrate des Entscheidungsmoduls anhand der generierten Simulationsparameter, durch simulieren der Fahrstrategie.
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Ebenfalls ist eine Empfangseinheit 8 zum Empfang von realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien vorgesehen. Diese empfängt beispielsweise von Fahrzeugen oder Drohnen 9 aufgenommene reale Verkehrssituationen und/oder reale Verkehrsszenarien automatisiert zur weiteren Verarbeitung. Dadurch kann das System 1a zum Generieren von verbesserten Simulationsparametern sowie die Simulation selber ohne wesentliches manuelles Eingreifen automatisiert ablaufen. Die realen Verkehrssituationen und/oder realen Verkehrsszenarien können als Kamerabild oder Lidar-Radarsensordaten beispielsweise von Straßenfahrzeugen oder Verkehrsüberwachungen oder beispielsweise Drohnen 9 etc. übermittelt werden. Anschließend kann ein Extraktionsmodul die stochastischen Eingangsparameter von Interesse aus diesen übermittelten Daten automatisiert extrahieren.
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Auch ist der Prozessor 6 dazu ausgebildet Schlüsselparameter wie zum Beispiel eine Korrelation, oder spezielle Verteilungs-Parameter für jeden stochastischen Eingangsparameter, transformiert in eine Gleichverteilung, und/oder die Wahrscheinlichkeitsdichte und/ oder die kumulative Verteilungsfunktion zu ermitteln. Dadurch können die benötigten Simulationsparameter weiter verfeinert werden, d.h. gezielt ausgewählt werden und unbedeutende stochastische Simulationsparameter nicht berücksichtigt werden. So ist die Temperatur beispielsweise Sonnenschein oder der Straßenverlauf in einer 30iger Zone als Verkehrsszenario wenig von Bedeutung. Dadurch kann die Simulation in solchen Verkehrssituationen und/Verkehrsszenarien, durch herausfiltern unbedeutender stochastischer Eingangsparameter für solche Verkehrssituationen und/Verkehrsszenarien verbessert bzw. extrem beschleunigt werden.
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Durch das erfindungsgemäße System 1,1a kann durch verbesserte Simulationsparameter nun eine bessere Abschätzung des Restrisikos für das Entscheidungsmodul und dessen Fahrstrategie erfolgen, wodurch eine größere Genauigkeit für dessen Freigabe erzielt wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1,1a
- System
- 2
- Datenbank
- 3
- Eingabegerät
- 4
- Rechenmodul
- 5
- Zufallsgenerator
- 6
- Prozessor
- 7
- Ausgabeeinheit
- 8
- Empfangseinheit
- 9
- Drohne