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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Beeinflussen eines Fahrverhaltens eines Kraftfahrzeugs. Die Erfindung betrifft ferner eine Steuervorrichtung für ein Kraftfahrzeug, ein Kraftfahrzeug, ein Computerprogramm und ein computerlesbares Speichermedium.
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Fahrassistenzsystem in Kraftfahrzeugen, wie beispielsweise ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) oder ein Antiblockiersystem (ABS), können ein Schleudern des Kraftfahrzeugs durch einen Eingriff in einzelne Raddrehzahlen entsprechend der tatsächlichen Drehung des Kraftfahrzeugs in Bezug auf den Lenkwinkeleinschlag eines Fahrers verringern oder verhindern. Bei sich plötzlich ändernder Fahrbahnbegebenheiten, z.B. Glatteis, und dem Vorliegen von Querkräften in Kurven kann selbst ein eingeschaltetes ESP ein Schleudern nicht gänzlich oder nur langsam verhindern, sodass ein Risiko einer Kollision mit Hindernissen (Leitplanke, anderes Fahrzeug, Fußgänger, abgesenkter Bordstein) bestehen kann.
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Die Erfindung hat sich zur Aufgabe gestellt, die Sicherheit in fahrdynamischen Situationen eines Kraftfahrzeugs zu erhöhen.
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Zum Lösen dieser Aufgabe schafft die Erfindung ein Verfahren zum Beeinflussen eines Fahrverhaltens eines Kraftfahrzeugs gemäß Anspruch 1. Eine Steuereinrichtung, ein Kraftfahrzeug, ein Computerprogramm und ein computerlesbares Speichermedium sind Gegenstand der nebengeordneten Ansprüche.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Gemäß einem Aspekt schafft die Erfindung ein Verfahren zum Beeinflussen eines Fahrverhaltens eines Kraftfahrzeugs mit einem Fahrwerk zum Anheben oder Absenken einer Karosserie des Kraftfahrzeugs gegenüber einer Radaufstandsfläche, das Verfahren umfassend die Schritte:
- a) Erkennen einer Fahrdynamiksituation des Kraftfahrzeugs; und
- b) Ansteuern des Fahrwerks zum Anheben oder Absenken der Karosserie des Kraftfahrzeugs gegenüber der Radaufstandsfläche in Abhängigkeit der Fahrdynamiksituation.
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Im Falle eines starken Untersteuerns oder Übersteuerns, d.h. die Räder stehen quer zur Bewegungsrichtung, in Kombination mit herannahenden Hindernissen können Fahrassistenzsysteme durch ein gezieltes Ansteuern aktiver Fahrwerke unterstützt werden. Durch ein kurzzeitiges und auf eine Radaufhängung beschränktes Anheben oder Absenken des Kraftfahrzeugs oder der Karosserie des Kraftfahrzeugs lässt sich die Radaufstandskraft entweder kurzzeitig erhöhen oder verringern. Situationsabhängig kann damit das Fahrverhalten günstig beeinflusst werden.
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Wird beispielsweise von einem Fahrassistenzsystem ein starkes Übersteuern erkannt, kann das aktive oder semiaktive Fahrwerk gezielt angesteuert werden. Durch ein schnelles und auf die hintere äußere Radaufhängung beschränktes kurzzeitiges Anheben des Kraftfahrzeugs oder der Karosserie des Kraftfahrzeugs, kann die Radaufstandskraft und damit die Reibkraft zwischen Reifen und Fahrbahn kurzzeitig erhöht werden, was beim Stabilisieren des Kraftfahrzeugs unterstützen kann.
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Wird beispielsweise über die Fahrzeugsensorik ein Hindernis erkannt (wie z.B. ein herannahender abgesenkter Randstein im Kurvenäußeren oder ein anderes dynamisches oder statisches Hindernis) und lässt sich durch Stabilisierung mittels des Fahrassistenzsystems eine Kollision nicht verhindern, kann das Fahrwerk auch entgegengesetzt angesteuert werden. In diesem Fall wird die Radaufstandskraft lokal verringert.
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Dies kann zur Abmilderung eines Zusammenstoßes mit einem z.B. im Kurvenäußeren befindlichen Randstein erfolgen, um durch eine Radentlastung oder gar das Anheben des Rades einen Reifenplatzer oder Felgenbruch zu verhindern. Des Weiteren kann das System genutzt werden, um das bereits stattfindende Übersteuern zu beschleunigen. Dabei kann das Kraftfahrzeug wieder längs der Fahrtrichtung orientiert werden, das Kraftfahrzeug kann weniger Angriffsfläche für eine Kollision bieten und/oder eine Kollision kann verhindert werden.
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Eine Idee der Erfindung ist daher vorzugsweise die gezielte Manipulation einzelner Radaufstandskräfte und damit eine Veränderung radindividueller Reibkräfte durch Ansteuern der Aktuatorik eines aktiven oder semiaktiven Fahrwerks zum Zwecke eines Eingriffs in die Fahrdynamik auf Basis einer Umfeldwahrnehmung oder einer Analyse.
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Für Anwendungsfälle oder Anwendungssituationen, die sich bei dem Verfahren ergeben können und die hier nicht explizit beschrieben sind, kann vorgesehen sein, dass gemäß dem Verfahren eine Fehlermeldung und/oder eine Aufforderung zur Eingabe einer Nutzerrückmeldung ausgegeben und/oder eine Standardeinstellung und/oder ein vorbestimmter Initialzustand eingestellt wird.
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Es ist bevorzugt, dass Schritt a) einen, mehrere oder alle der folgenden Schritte umfasst:
- a1) Erkennen einer fahrdynamischen Extremsituation;
- a2) Erkennen eines Unter- oder Übersteuerns; und
- a3) Erkennen eines herannahenden Hindernisses.
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Das Erkennen kann vorzugsweise über Fahrassistenzsysteme, wie ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) oder ein Antiblockiersystem (ABS) erfolgen. Zusätzlich oder alternativ kann ein Erkennen über Sensorsysteme im Kraftfahrzeug erfolgen.
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Es ist bevorzugt, dass Schritt b) einen, mehrere oder alle der folgenden Schritte umfasst:
- b1) Ansteuern des Fahrwerks zum Verändern einer Radaufstandskraft;
- b2) Ansteuern des Fahrwerks zum kurzzeitigen Anheben oder Absenken;
- b3) Ansteuern des Fahrwerks zum Anheben oder Absenken an wenigstens einem Rad des Kraftfahrzeugs; und
- b4) Ansteuern des Fahrwerks zum Anheben oder Absenken an den Hinterrädern des Kraftfahrzeugs; und
- b5) Ansteuern des Fahrwerks zum individuellen Anheben oder Absenken an einzelnen Rädern des Kraftfahrzeugs.
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Das Ansteuern des Fahrwerks wird derart durchgeführt, dass sich die Radaufstandskraft verändert, d.h. erhöht oder verringert. Vorzugsweise erfolgt daher das Ansteuern des Fahrwerks kurzzeitig. Dadurch wird eine zusätzliche Kraft erzeugt, die die Radaufstandskraft erhöht oder verringert.
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Das Ansteuern des Fahrwerks kann derart erfolgen, dass einzelne Räder individuell, aber vorzugsweise aufeinander abgestimmt, angesteuert werden. Beispielsweise kann ein Einzelrad im Kurvenäußeren angesteuert werden oder es werden die Hinterräder des Kraftfahrzeugs angesteuert. Dadurch kann die Radaufstandskraft lokal und an die Fahrdynamiksituation angepasst verändert werden.
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Es ist bevorzugt, dass Schritt a) einen oder beide der folgenden Schritte umfasst:
- a4) Überwachen eines Umfeldes des Kraftfahrzeugs; und
- a5) Überwachen einer prädizierten Trajektorie des Kraftfahrzeugs.
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Das Sensorsystem kann das Umfeld des Kraftfahrzeugs überwachen und herannahende Hindernisse erkennen. Eine prädizierte Trajektorie des Kraftfahrzeugs kann berechnet werden und/oder es kann abgeschätzt werden, ob das Hindernis einen Eingriff in das Fahrverhalten erforderlich macht.
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Gemäß einem weiteren Aspekt schafft die Erfindung eine Steuervorrichtung für ein Kraftfahrzeug mit einem Fahrwerk zum Anheben oder Absenken einer Karosserie des Kraftfahrzeugs gegenüber einer Radaufstandsfläche, die Steuervorrichtung umfassend Mittel, die so angepasst sind, dass sie das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ausgestaltungen ausführen.
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Mit anderen Worten gehört zu der Erfindung auch die Steuervorrichtung für ein Kraftfahrzeug. Die Steuervorrichtung kann eine Datenverarbeitungsvorrichtung oder eine Prozessoreinrichtung aufweisen, die dazu eingerichtet ist, eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen. Die Prozessoreinrichtung kann hierzu zumindest einen Mikroprozessor und/oder zumindest einen Mikrocontroller und/oder zumindest einen FPGA (Field Programmable Gate Array) und/oder zumindest einen DSP (Digital Signal Processor) aufweisen. Des Weiteren kann die Prozessoreinrichtung Programmcode aufweisen, der dazu eingerichtet ist, bei Ausführen durch die Prozessoreinrichtung die Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen. Der Programmcode kann in einem Datenspeicher der Prozessoreinrichtung gespeichert sein. Die Prozessorschaltung der Prozessoreinrichtung kann z.B. zumindest eine Schaltungsplatine und/oder zumindest ein SoC (System on Chip) aufweisen.
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Es ist bevorzugt, dass die Steuervorrichtung wenigstens ein Fahrassistenz-, ein Sensor- und/oder ein sonstiges System zum Erkennen einer Fahrdynamiksituation eines Kraftfahrzeugs umfasst.
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Vorzugsweise ist ein Fahrassistenzsystem und/oder ein Sensorsystem in die Steuervorrichtung integriert oder damit verbunden. Eine Fahrdynamiksituation kann dann durch die Steuervorrichtung ausgewertet werden und die Steuervorrichtung kann das Fahrwerk situationsabhängig ansteuern.
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Gemäß einem weiteren Aspekt schafft die Erfindung ein Kraftfahrzeug mit einem Fahrwerk zum Anheben oder Absenken einer Karosserie des Kraftfahrzeugs gegenüber einer Radaufstandsfläche und einer Steuervorrichtung nach einer der vorhergehenden Ausgestaltungen.
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Das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug ist bevorzugt als Kraftwagen, insbesondere als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen, oder als Personenbus oder Motorrad ausgestaltet.
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Es ist bevorzugt, dass das Fahrwerk ein aktives oder semiaktives Fahrwerk ist.
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Zu der Erfindung gehören auch Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens, die Merkmale aufweisen, wie sie bereits im Zusammenhang mit den Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs beschrieben worden sind. Aus diesem Grund sind die entsprechenden Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens hier nicht noch einmal beschrieben.
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Gemäß einem weiteren Aspekt schafft die Erfindung ein Computerprogramm, umfassend Befehle, die bewirken, dass die Steuervorrichtung nach einer der vorhergehenden Ausgestaltungen die Verfahrensschritte nach einer der vorhergehenden Ausgestaltungen ausführt.
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Gemäß einem weiteren Aspekt schafft die Erfindung ein computerlesbares Speichermedium, auf dem das Computerprogramm gespeichert ist.
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Mit anderen Worten umfasst die Erfindung als eine weitere Lösung auch ein computerlesbares Speichermedium, umfassend Programmcode, der bei der Ausführung durch eine Prozessorschaltung eines Computers oder eines Computerverbunds diese veranlasst, eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen. Das Speichermedium kann z.B. zumindest teilweise als ein nicht-flüchtiger Datenspeicher (z.B. als eine Flash-Speicher und/oder als SSD - solid state drive) und/oder zumindest teilweise als ein flüchtiger Datenspeicher (z.B. als ein RAM - random access memory) bereitgestellt sein. Das Speichermedium kann in der Prozessorschaltung in deren Datenspeicher angeordnet sein. Das Speichermedium kann aber auch beispielsweise als sogenannter Appstore-Server im Internet betrieben sein. Durch den Computer oder Computerverbund kann eine Prozessorschaltung mit zumindest einem Mikroprozessor bereitgestellt sein. Der Programmcode kann als Binärcode oder Assembler und/oder als Quellcode einer Programmiersprache (z.B. C) und/oder als Programmskript (z.B. Python) bereitgestellt sein.
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Die Erfindung umfasst auch die Kombinationen der Merkmale der beschriebenen Ausführungsformen. Die Erfindung umfasst also auch Realisierungen, die jeweils eine Kombination der Merkmale mehrerer der beschriebenen Ausführungsformen aufweisen, sofern die Ausführungsformen nicht als sich gegenseitig ausschließend beschrieben wurden.
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Im Folgenden sind Ausführungsbeispiele der Erfindung beschrieben. Hierzu zeigt:
- 1 ein Kraftfahrzeug gemäß einer Ausführungsform der Erfindung; und
- 2 ein Verfahren zum Beeinflussen eines Fahrverhaltens des Kraftfahrzeugs gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Bei den im Folgenden erläuterten Ausführungsbeispielen handelt es sich um bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung. Bei den Ausführungsbeispielen stellen die beschriebenen Komponenten der Ausführungsformen jeweils einzelne, unabhängig voneinander zu betrachtende Merkmale der Erfindung dar, welche die Erfindung jeweils auch unabhängig voneinander weiterbilden. Daher soll die Offenbarung auch andere als die dargestellten Kombinationen der Merkmale der Ausführungsformen umfassen. Des Weiteren sind die beschriebenen Ausführungsformen auch durch weitere der bereits beschriebenen Merkmale der Erfindung ergänzbar.
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In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen jeweils funktionsgleiche Elemente.
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1 zeigt ein Kraftfahrzeug 10 gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Das Kraftfahrzeug 10 weist eine Karosserie 12 und ein Fahrwerk 14 auf. Bei dem in 1 dargestellten Kraftfahrzeug 10 umfasst das Fahrwerk 14 vier Räder 16 (nur zwei dargestellt).
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Das Fahrwerk 14 ist zum Anheben und Absenken der Karosserie 12 ausgebildet und ist aktiv. Hierzu weist das Fahrwerk 14 an jedem Rad 16 wenigstens einen Aktuator 18 auf. Mit den Aktuatoren 18 kann ein Abstand D zwischen der Karosserie 12 und den Rädern 16 geregelt werden.
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In
1 stehen alle vier Räder 16 auf einer Radaufstandsfläche 20 auf. Dabei wirkt eine Normalkraft oder Radaufstandskraft F
N auf die Radaufstandsfläche 20. Die Normalkraft F
N ist abhängig von einem Winkel α der Radaufstandsfläche 20 (schiefe Ebene), einer Fahrzeugmasse m des Kraftfahrzeugs 10 und der Erdanziehung g. Daraus ergibt sich für die Normalkraft F
N:
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Eine Reibkraft F
R setzt sich aus der Normalkraft F
N und einem spezifischen Reibungskoeffizienten µ zusammen:
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2 zeigt ein Verfahren zum Beeinflussen eines Fahrverhaltens des Kraftfahrzeugs 10 gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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In einem ersten Schritt S11 umfasst das Verfahren:
- - Erkennen einer Fahrdynamiksituation 22 des Kraftfahrzeugs 10.
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Unter einer Fahrdynamiksituation 22 ist eine Situation des Kraftfahrzeugs 10 zu verstehen, die während eines Fahrens des Kraftfahrzeugs 10 entsteht.
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Eine Fahrdynamiksituation 22 kann beispielsweise eine fahrdynamische Extremsituation, ein Übersteuern, ein Untersteuern, oder eine Situation sein, bei der ein Hindernis herannaht.
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Ein Hindernis kann beispielsweise ein Hindernis sein, das eine prädizierte Trajektorie des Kraftfahrzeugs 10 beim Fahren schneidet. Das Hindernis kann sich beispielsweise auf der Radaufstandsfläche 20 befinden. Das Hindernis kann ein Gegenverkehr, ein Radfahrer, ein Fußgänger, oder ein Randstein sein, bei dem ohne einen gezielten Eingriff in das Fahrverhalten des Kraftfahrzeugs 10 eine Kollision unvermeidbar wäre.
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In einem zweiten Schritt S12 umfasst das Verfahren:
- - Ansteuern des Fahrwerks 14 zum Anheben oder Absenken der Karosserie 12 des Kraftfahrzeugs 10 gegenüber der Radaufstandsfläche 20 in Abhängigkeit der Fahrdynamiksituation 22.
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Mit anderen Worten wird in Abhängigkeit der erkannten Fahrdynamiksituation 22 das Fahrwerk 14 angesteuert. Dadurch wird die Karosserie 12 gegenüber der Radaufstandsfläche 20 angehoben oder abgesenkt.
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Zum Durchführen des Verfahrens umfasst das in 1 gezeigte Kraftfahrzeug 10 eine Steuervorrichtung 24 mit dazu angepassten Mitteln.
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Vorzugsweise weist die Steuervorrichtung 24 ein Fahrassistenzsystem 26 auf. Das Fahrassistenzsystem 26 kann ein Übersteuern oder Untersteuern des Kraftfahrzeugs 10 erkennen. Das Fahrassistenzsystem 26 kann ein aus dem Stand der Technik bekanntes elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) oder ein Antiblockiersystem (ABS) sein.
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Ferner kann die Steuervorrichtung 24 ein Sensorsystem 28 aufweisen. Das Sensorsystem 28 kann ein Umfeld des Kraftfahrzeugs 10 und die prädizierte Trajektorie des Kraftfahrzeugs 10 auf Hindernisse überwachen.
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Wird eine Fahrzeugdynamiksituation 22 erkannt, welche eine Beeinflussung des Fahrverhaltens des Kraftfahrzeugs 10 und einen Eingriff erforderlich macht, wird diese Information fahrzeugintern von der Steuervorrichtung 24 genutzt, um die Aktuatoren 18 des aktiven Fahrwerks 14 zu steuern und die Karosserie 12 gegenüber der Radaufstandsfläche 20 anzuheben oder abzusenken.
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In Abhängigkeit der erkannten Fahrdynamiksituation 22 wird die Karosserie 12 beispielsweise an wenigstens einem Rad 16 durch Einsatz der Aktuatoren 18 gegenüber der Radaufstandsfläche 20 kurzzeitig angehoben oder abgesenkt.
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Ein Anheben oder Absenken der Karosserie 12 durch Einsatz der Aktuatoren 18 des Fahrwerks 14 erfordert eine von einer gewünschten Beschleunigung a und der gegebenen Fahrzeugmasse m abhängige Kraft: F = m * a.
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Über die zu definierende Beschleunigung a lässt sich eine Gesamtkraft, die orthogonal auf die Radaufstandsfläche 20 wirkt, kurzzeitig erhöhen oder verringern: Fges = FN + F.
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Durch das gezielte Ansteuern des Fahrwerks 14 wird die Karosserie 12 kurzzeitig angehoben oder absenkt. Durch das Anheben oder Absenken der Karosserie 12 in Verbindung mit einer Trägheit der Karosserie 12 erhöht oder verringert sich die Normalkraft FN kurzzeitig und es wird in Folge dessen auch die Reibkraft FR kurzzeitig erhöht oder verringert. Dies führt wiederum zu einer zeitlich begrenzten Erhöhung oder Verringerung der Bremswirkung und einer Beeinflussung des Fahrverhaltens des Kraftfahrzeugs 10.
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So kann gezielt zum richtigen Zeitpunkt durch eine erhöhte Reibkraft FR die Verzögerung verstärkt werden, um das Fahrassistenzsystem 26 zu unterstützen.
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Ebenso kann zum richtigen Zeitpunkt durch eine verringerte Reibkraft FR die Verzögerung reduziert werden, um beispielsweise eine nicht abwendbare Drehung des Kraftfahrzeugs 10 zum Zwecke einer Kollisionsvermeidung zu beschleunigen und das Kraftfahrzeug 10 schnellstmöglich wieder längs zu einer Fahrtrichtung auszurichten.
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Ebenso kann gezielt zum richtigen Zeitpunkt durch kurzzeitiges Anheben eines Einzelrads eine unvermeidbare Kollision mit einem Hindernis (z.B. abgesenkter Randstein) abgemildert werden, um Schäden wie Reifenplatzer, Felgenbrüche oder Bruch einer Radaufhängung des Fahrwerks 14 zu vermeiden und im Anschluss möglichst manövrierfähig zu bleiben.
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Die Erfindung umfasst auch ein Computerprogramm 30 (nicht gezeigt), umfassend Befehle, die bewirken, dass die Steuervorrichtung 24 die beschriebenen Verfahrensschritte durchführt. Außerdem umfasst die Erfindung ein computerlesbares Speichermedium 32 (nicht gezeigt), auf dem das Computerprogramm 30 gespeichert ist.
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Insgesamt zeigen die Beispiele, wie eine gezielte Manipulation der Radaufstandskraft in fahrdynamischen Extremsituationen durch den Einsatz der Aktuatorik aktiver Fahrwerke bereitgestellt werden kann.
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Bezugszeichenliste:
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- 10
- Kraftfahrzeug
- 12
- Karosserie
- 14
- Fahrwerk
- 16
- Rad
- 18
- Aktuator
- 20
- Radaufstandsfläche
- 22
- Fahrdynamiksituation
- 24
- Steuervorrichtung
- 26
- Fahrassistenzsystem
- 28
- Sensorsystem
- 30
- Computerprogramm
- 32
- computerlesbares Speichermedium
- D
- Abstand
- FN
- Normalkraft oder Radaufstandskraft
- FR
- Reibkraft
- g
- Erdanziehung
- m
- Fahrzeugmasse
- α
- Winkel der Radaufstandsfläche
- µ
- Reibungskoeffizient