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Die Erfindung betrifft ein Brillenglas mit einer diffraktiven Mikrostruktur zur gleichzeitigen Erzeugung zumindest zweier unterschiedlicher Wirkungen über zumindest einen Teilbereich des Brillenglases hinweg zur Verbesserung des langfristigen Tragekomforts.
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Gerade bei Brillengläsern zur Korrektur von Myopie führt die oft merkliche Tendenz einer Progression der Myopie dazu, dass der Tragekomfort einmal angepasster Brillengläser und damit auch die Zufriedenheit des Brillenträgers und die Verträglichkeit der Brille nach kurzer Zeit wieder sinken.
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Ganz generell nimmt Myopie weltweit, insbesondere im asiatischen Raum, dramatisch zu. Die WHO schätzt, dass 2050 über 50% aller Menschen myop sind. Mit Zunahme der Myopie des einzelnen Individuums nimmt auch das Risiko für damit verbundene Augenkrankheiten wie z.B. Netzhautablösung, Glaukom, Katarakt und Makula-Degeneration sehr stark zu. Deshalb besteht ein großes Interesse, die Zunahme der Myopie zu verlangsamen. Hierzu gibt es einige Ansätze, um mit optischen Hilfsmitteln (Sehhilfen) die Myopieprogression zu verlangsamen. Allen diesen Ansätzen ist aber gemein, dass sie sehr aufwendig und teuer und außerdem recht unflexibel sind, um sich an den sich schnell ändernden Gegebenheiten (z.B. Änderung der Verordnung einer Brille, Anforderungen an das visuelle System) anzupassen.
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Bisher wurden verschiedene optische Wirkungen bezüglich Verträglichkeit und Komfort ophthalmischer Linsen, insbesondere Brillengläser hinsichtlich ihres Einflusses auf Myopie und/oder Hyperopie sowie deren Progression bzw. Entwicklung in Abhängigkeit der optischen und physiologischen Mechanismen, die eine Progression bzw. ein Voranschreiten, insbesondere Verschlechterung, erklären oder verlangsamen sollen, untersucht. Die bestehenden Ansätze basieren im Wesentlichen darauf, das Bild vor die Netzhaut abzubilden, da dadurch das Längenwachstum des Auges gebremst werden soll. Hierbei hat sich gezeigt, dass es ausreichend (oder sogar besser ist), wenn dies nur in der Peripherie der Netzhaut geschieht.
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Ein möglicher Ansatz ist die Verwendung von Bifokalbrillengläsern und/oder Progressivbrillengläsern (PAL). Dabei wird zum einen durch die Addition ein Bereich beim Blick in die Ferne im peripheren Bereich vor die Netzhaut abgebildet und zum anderen wird beim Blick in die Nähe zumindest bei zu geringer Akkommodation das Bild nicht hinter der Netzhaut abgebildet. Dies funktioniert bei Kindern mit Akkommodationsinsuffizienz und/oder Konvergenzexzess besser. Bei solchen Ansätzen werden akzeptable Ergebnisse allerdings nur bei einer kleineren Gruppe mit Konvergenzexzess erzielt. Bifokalbrillengläser sind, insbesondere für Kinder kosmetisch nicht akzeptabel.
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Ein weiterer Ansatz basiert auf speziellen PAL (oder radialsymmetrischen PAL) mit einer zentralen scharf abbildenden Wirkung und einer peripheren Addition (z.B.
DE 10 2009 053 467 A1 ).
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PAL, wie in diesen beiden Ansätzen, weisen Bereiche mit großen Aberrationen auf. Wenn sich die Brillenglasstärke ändert, was bei Kindern häufig der Fall ist, muss aufwendig ein neues, teures Brillenglas hergestellt werden. Weiterhin ist das periphere Sehen und auch das foveale Sehen, wenn durch die Peripherie der Brillengläser geschaut wird, durch die Aberrationen stark herabgesetzt. Sind hohe Anforderung an das visuelle System gestellt (z.B. im Straßenverkehr) kann dies nur mit einer zweiten Einstärkenbrille gelöst werden. Dies erhöht den Aufwand und die Kosten bei Änderung der Verordnung nochmals. Die Akzeptanz solcher Lösungen ist daher oft gering.
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Weitere Ansätze basieren beispielsweise auf speziellen Kontaktlinsen.
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Beispielsweise wurden progressive Kontaktlinsen mit einer in der Peripherie höheren Pluswirkung als im zentralen Bereich untersucht. Damit ist allerdings bei Bewegung der Kontaktlinse auf dem Auge auch das foveale Sehen beeinträchtigt. Außerdem muss auch hier bei Stärkenänderung aufwendig eine neue Linse angefertigt werden. Weiterhin ist das Handling und Zuverlässigkeit in der Handhabung bei Kindern beschränkt. Dies trifft insbesondere bei kleinen Kindern zu, wobei erschwerend hinzukommt, dass man eigentlich den größten Effekt erreicht, wenn man gerade im frühen Kindesalter bereits mit den Maßnahmen zur Verlangsamung der Myopie beginnt.
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Ein anderer Ansatz mit Kontaktlinsen nutzt sogenannte Ortho-K Kontaktlinsen, welche über Nacht getragen werden und dabei die Hornhaut deformieren. Damit soll zentral die Myopie korrigiert werden und in der Peripherie auch eine Pluswirkung (gegenüber zentral) erzeugt werden. Hier ist aber ebenfalls jede Kontaktlinse eine Spezialanforderung und es muss auch hier aufwendig eine neue Linse z.B. im Falle einer neuen Verordnung hergestellt werden. Weiterhin ist, insbesondere bei kleinen Kindern, die Auswirkungen der Deformierungen der Cornea auf dien Metabolismus und der Struktur der Cornea ungeklärt.
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Das sich aus einem Voranschreiten von Myopie ergebende Problem für einen Brillenträger ist der stetig sinkende Tragekomfort für eine einmal angepasste Brille. In einem möglichen Ansatz werden zur Myopiekontrolle Brillengläser mit kleinen Zusatzlinsen (sog. Lenslets) mit zusätzlicher positiver Brechkraft eingesetzt. Diese Zusatzlinsen werden aus noppenförmigen Strukturen gebildet. Die zusätzliche Wirkung führt zu einer lokalen Verschiebung des Brennpunktes vor die Netzhaut und soll damit gegen ein übermäßiges Längenwachstum des Auges wirken.
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In der Zone mit den Lenslets (im Folgenden „aktive Zone“) ist die Wirkungsverteilung unstetig: Im Bereich der Lenslets erfolgt die Abbildung unscharf, im Bereich dazwischen scharf. Beim Blick durch die Zone irritieren diese Lenslets, da sie lokal die scharfe Abbildung verhindern. Wenn sich das Auge blickend durch diese Zone beweget, kommt es zu weiteren Irritationen, weil sich je nach Blickrichtung die Anordnung der Lenslets vor der Pupille ändert.
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Auch diffraktive Mikrostrukturen wurden bereits für eine Myopiekontrolle vorgeschlagen (z.B.
WO 2018/152595 A1 ).
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist somit, eine anhaltende Verträglichkeit einer Brille zu verbessern und damit einen langfristigen Tragekomfort kostengünstig zu erreichen. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Brillenglas mit den in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmalen gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Somit bietet die Erfindung ein Brillenglas, welches zumindest eine diffraktive Wirkungszone als zumindest ein Teil eines Durchblicksbereichs des Brillenglases derart aufweist, dass das Brillenglas in der diffraktiven Wirkungszone diffraktive Mikrostrukturen umfasst, die in jedem Durchblickspunkt der diffraktiven Wirkungszone zumindest eine Grundwirkung oder eine davon abweichende Myopiestoppwirkung erzeugen, wobei die diffraktive Wirkungszone eine Kombinationszone umfasst, in der die diffraktiven Mikrostrukturen eine Kombination der Grundwirkung und der Myopiestoppwirkung gleichzeitig erzeugen.
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Als Grundwirkung wird dabei eine dioptrische Wirkung gemäß eines sphärischen Äquivalents zur Kompensation einer Fehlrefraktion eines Auges eines Brillenträgers verstanden. Die Myopiestoppwirkung bildet eine von der Grundwirkung abweichende dioptrische Wirkung. Durch Verwirklichung der Grundwirkung und der Myopiestoppwirkung mittels diffraktiver Mikrostrukturen in der Kombinationszone ist es nunmehr möglich, lokale Übergänge im Intensitätsverhältnis (d.h. Anteil der Grundwirkung zur Myopiestoppwirkung) ohne sichtbare Stufen und scheinbare Inhomogenitäten der Transparenz des Brillenglases realisieren zu können. Beispielsweise können damit Bereiche mit reiner Grundwirkung (z.B. im Zentrum eines Brillenglases) quasi-kontinuierlich in (z.B. ringförmige) Bereiche übergeführt werden, in denen zusätzlich oder vorwiegend die Myopiestoppwirkung erzeugt wird, ohne dass diese Bereiche eine scheinbar unterschiedliche Transparenz aufweisen. Dies reduziert Irritationen des Auges bei Blickbewegungen beispielsweise im Vergleich zur Verwendung von refraktiven Mikrolinsen zur lokalen Erzeugung zusätzlicher Fokusbereiche.
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Als Grundwirkung bzw. als Myopiestoppwirkung wird dabei jeweils die entsprechende Gesamtwirkung des Brillenglases im jeweiligen Durchblickspunkt verstanden. Diese kann auch durch eine refraktive Wirkung des Brillenglaskörpers bzw. dessen Oberflächenkrümmungen mit beeinflusst sein. So können beispielsweise die diffraktiven Mikrostrukturen des Brillenglases an einer ersten Brillenglasfläche ausgebildet sein, die eine Basiskurve (Krümmung) aufweist, welche zusammen mit einer zweiten, gegenüberliegenden Brillenglasfläche eine refraktive Wirkung als Plusglas (Sammellinse) oder Minusglas (Streulinse) bewirkt. Die Gesamtwirkung des Brillenglases wird dann aber durch die diffraktiven Mikrostrukturen in die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung (mit unterschiedlichen Brennweiten) aufgespalten. Dabei bewirken die diffraktiven Mikrostrukturen vorzugsweise zumindest für die Grundwirkung eine scharfe Abbildung. Für die Myopiestoppwirkung ist es nicht zwingend erforderlich, dass eine einzelne scharfe Abbildung (mit anderer Brennweite) bewirkt wird. Es könnten auch mehrere Brennweiten in unterschiedlichen Beugungsordnungen bewirkt werden.
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Vorzugsweise weist die Myopiestoppwirkung insbesondere in jedem Durchblickspunkt der Kombinationszone eine kürzere Brennweite auf als die Grundwirkung. Der Unterschied in der Brennweite soll hier auch als Zusatzwirkung (der Myopiestoppwirkung im Vergleich zur Grundwirkung) bezeichnet werden. Dabei liegt die Zusatzwirkung vorzugsweise in einem Bereich von etwa 1,5 dpt bis etwa 5 dpt, insbesondere in einem Bereich von etwa 2 dpt bis etwa 4 dpt. Soweit die Grundwirkung zu einer scharfen Abbildung auf der Netzhaut führt, wird gerade bei Erzeugung einer kürzeren Brennweite eine Abbildung vor der Netzhaut erreicht, was ein übermäßiges Längenwachstum des Auges dämpft und damit effizient zu einem langfristigen Tragekomfort für das Brillenglas führt. Es ist für die Erfindung nicht zwingend nötig, dass die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung über das gesamte Brillenglas oder auch nur über die diffraktive Wirkungszone hinweg gleich ist. Vielmehr könnte sowohl die Grundwirkung als auch die Myopiestoppwirkung für unterschiedliche Blickrichtungen unterschiedlich sein, wie dies beispielsweise für herkömmliche Gleitsichtgläser bekannt ist. Dabei ist es aber besonders bevorzugt, wenn zumindest die Zusatzwirkung (also die Differenz der Brennweiten der Grundwirkung und der Myopiestoppwirkung) im Kombinationsbereich im Wesentlichen konstant bleibt, also sich für unterschiedliche Durchblickspunkte innerhalb der Kombinationszone nicht wesentlich unterscheidet, insbesondere um nicht mehr als etwa 2 dpt, vorzugsweise nicht mehr als etwa 1 dpt. Mit anderen Worten wird bei Veränderung der Grundwirkung über das Brillenglas (insbesondere über die Kombinationszone) hinweg vorzugsweiche auch die Myopiestoppwirkung mitgeführt.
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Soweit hier von einer gleichzeitigen Erzeugung von Grundwirkung und Myopiestoppwirkung (in der Kombinationszone) die Rede ist, soll dies zum Ausdruck bringen, dass die diffraktiven Mikrostrukturen in einer Umgebung, welche den Querschnitt eines Objektpunkt-bezogenen Lichtbündels durch die Pupille eines Brillenträgers repräsentiert, um einen entsprechenden Durchblickspunkt herum zusammenwirkend beide Wirkungen (Grundwirkung und Myopiestoppwirkung) gleichzeitig erzeugen. Als diese Umgebung kann vorzugsweise eine Kreisscheibe mit einem Durchmesser im Bereich von etwa 1,5 mm bis etwa 8 mm, vorzugsweise in einem Bereich von etwa 3 mm bis etwa 6 mm, noch mehr bevorzugt in einem Bereich von nicht mehr als etwa 5 mm oder sogar nicht mehr als etwa 4 mm, oder auch nicht mehr als etwa 3 mm betrachtet werden.
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Die Berücksichtigung einer solchen Umgebung um den jeweiligen Durchblickspunkt ist insofern interessant, also die diffraktive Wirkung sich ja als eine Interferenz von Wellenfronten mit einer endlichen lateralen Ausdehnung ergibt, wobei die Geometrie (z.B. Periodizität, Amplitude bzw. Stufen-/Sprunghöhe, Glaze-Winkel, usw.) der diffraktiven Mikrostrukturen über diese Umgebung variiert. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung durch räumlich voneinander getrennte diffraktive Substrukturen innerhalb der Kombinationszone erzeugt werden, d.h. die Grundwirkung wird von einer der Substrukturen und die Myopiestoppwirkung von einer anderen der Substrukturen erzeugt. In diesem Fall liegen die beiden Substrukturen dann (insbesondere abwechselnd zueinander) aber so nah beisammen, dass die betrachtete Umgebung um jeden Durchblickspunkt der Kombinationszone aber immer beide Substrukturen enthält. Dadurch werden die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung vom Auge nicht als räumlich voneinander getrennt wahrgenommen. Für diese Charakterisierung der diffraktiven Mikrostrukturen (insbesondere solcher Substrukturen) und ihrer optischen Wirkung für einen jeweiligen Durchblickspunkt (insbesondere innerhalb der Kombinationszone) ist es insbesondere möglich, eine kreisförmige Umgebung um den Durchblickspunkt zu betrachten, welche einen Durchmesser von nicht mehr als 3 mm, oder gar nicht mehr als 2 mm oder sogar nicht mehr als 1 mm aufweist.
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Vorzugsweise sind die diffraktiven Mikrostrukturen ringförmig um ein Zentrum des Brillenglases ausgebildet. Besonders bevorzugt sind die diffraktiven Mikrostrukturen rotationssymmetrisch ausgebildet.
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Vorzugsweise weisen die diffraktiven Mikrostrukturen in einem Querschnitt eine Sägezahnform auf. Vorzugsweise weisen die diffraktiven Mikrostrukturen konstante Stufenhöhen auf. Die radialen Abstände der Stufen sind aber vorzugsweise vom Abstand zum Zentrum abhängig und nehmen insbesondere im Wesentlichen umgekehrt proportional zum Abstand zum Zentrum ab.
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In einer bevorzugten Ausführungsform werden die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung jeweils durch eine entsprechende Beugungsordnung der Lichtbeugung durch die diffraktiven Mikrostrukturen bewirkt. Besonders bevorzugt wird die Grundwirkung und/oder die Myopiestoppwirkung als nullte Beugungsordnung der diffraktiven Mikrostrukturen erzeugt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform weisen die diffraktiven Mikrostrukturen für jeden Durchblickspunkt (einer Vielzahl von Durchblickspunkten) innerhalb der Kombinationszone zumindest im Wesentlichen eine einfache Periodizität auf, wobei die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung durch unterschiedliche Beugungsordnungen des dadurch gebildeten (einfachen) Beugungsgitters bewirkt werden. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Beugungsordnungen der Grundwirkung und der Myopiestoppwirkung besonders bevorzugt um 1 voneinander.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen die diffraktiven Mikrostrukturen für jeden Durchblickspunkt einer Vielzahl von Durchblickspunkten innerhalb der Kombinationszone:
- - zumindest eine erste diffraktive Substruktur, welche im Wesentlichen die Grundwirkung erzeugt; und
- - zumindest eine zweite diffraktive Substruktur, welche im Wesentlichen die Myopiestoppwirkung erzeugt.
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Besonders bevorzugt wird dabei die zumindest eine erste Substruktur durch ein erstes periodisches Diffraktionsgitter mit einer ersten Gitterperiode und einer ersten Gitteramplitude gebildet, während die zumindest eine zweite Substruktur durch ein zweites periodisches Diffraktionsgitter mit einer zweiten Gitterperiode und einer zweiten Gitteramplitude gebildet wird. Als „Gitteramplitude“ ist hier nicht der Einfluss eines herkömmlichen Amplitudengitters auf die lokale Dämpfung einer Lichtwelle gemeint. Vielmehr ist allgemein der lokale Einfluss auf die Lichtwelle gemeint. Dies kann zwar eine Dämpfung der Lichtwelle durch ein herkömmliches Amplitudengitter sein. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung ist es allerdings bevorzugt, Phasengitter durch einen Brechungsindexübergang zu nutzen. Insbesondere für den bevorzugten Fall eines Phasengitters (aufgrund von Brechungsindexübergängen) beschreibt die hier gemeinte „Gitteramplitude“ den räumlich veränderlichen (insbesondere periodischen) Einfluss auf die optische Weglänge, also z.B. die lokale Schichtdicke einer die diffraktiven Mikrostrukturen bildenden Schicht mit einem Brechungsindex, der sich vom Brechungsindex des Grundkörpers des Brillenglases unterscheidet. Beispielsweise im Fall von sägezahnförmigen Mikrostrukturen kann die Gitteramplitude durch die Sprunghöhe des sägezahnförmigen Querschnitts der Mikrostrukturen beschrieben werden.
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In einer besonders bevorzugten Ausführungsform unterscheiden sich die erste Gitteramplitude und die zweite Gitteramplitude voneinander, während vorzugsweise die erste und die zweite Gitterperiode im Wesentlichen übereinstimmen. „Im Wesentlichen“ bedeutet in diesem Fall insbesondere, dass Abweichungen von einer exakten Übereinstimmung möglich sein sollen, die insbesondere einer globalen radialen Variation von Gitterperioden über das gesamte Brillenglas hinweg verwirklichen.
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Bei dieser Ausführungsform im Falle (im Wesentlichen) gleicher Gitterperioden entsprechen die beiden Substrukturen gewissermaßen einander in ihren Beugungsfaktoren. Sie unterscheiden sich allerdings in ihren Formfaktoren voneinander. Dies wird später noch näher ausgeführt. Durch die unterschiedlichen Gitteramplituden (Formfaktoren) können gezielt unterschiedliche Beugungsordnungen der jeweiligen Substruktur ausgewählt werden, welche die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung liefern.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform unterscheiden sich die erste Gitterperiode und die zweite Gitterperiode voneinander, während vorzugsweise die erste und die zweite Gitteramplitude im Wesentlichen übereinstimmen. Bei dieser Ausführungsform ergibt sich eine besonders große Flexibilität, da sowohl der absolute Wert der Grundwirkung und der Myopiestoppwirkung als auch deren relative Lage, also die Zusatzwirkung, über die kontinuierlich auswählbaren Gitterperioden relativ frei (insbesondere stufenlos) einstellbar sind. Man ist insbesondere nicht auf die konkrete Auswahl von Beugungsordnungen (also in Stufen) beschränkt.
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Grundsätzlich ist es auch möglich, dass sich sowohl die Gitteramplituden als auch die Gitterperioden der beiden Substrukturen voneinander unterscheiden, was nochmals einen größeren Freiheitsgrad zur Auswahl/Anpassung der Grund- und Myopiestoppwirkung liefern kann.
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Vorzugsweise umfassen die diffraktiven Mikrostrukturen eine Vielzahl erster Substrukturen und eine Vielzahl zweiter Substrukturen, die jeweils abwechseln zueinander angeordnet sind. Mit anderen Worten befinden sich somit zumindest innerhalb der Kombinationszone meist zwischen zwei ersten eine zweite Substruktur und umgekehrt.
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Insbesondere bei Nutzung einer Vielzahl abwechselnd angeordneter ersten und zweiter Substrukturen ist es besonders bevorzugt, wenn entlang eines zusammenhängenden (insbesondere radial auf dem Brillenglas verlaufenden) Pfades innerhalb der Kombinationszone sich eine Anzahl der erster Gitterperioden der ersten Substrukturen und eine Anzahl der zweiten Gitterperioden der zweiten Substrukturen nacheinander gegenläufig ändern. Mit anderen Worten nimmt entlang eines zusammenhängenden Pfades, welcher abwechselnd erste und zweite Substrukturen quert, die eine Anzahl an Gitterperioden zu, während entlang desselben Pfades die andere Anzahl an Gitterperioden abnimmt. Damit nimmt entlang des Pfades auch die jeweilige Fläche der einen Art von Substrukturen (quasi)kontinuierlich zu, während die jeweilige Fläche der anderen Art von Substrukturen (quasi)kontinuierlich abnimmt. Dadurch wird eine (quasi)kontinuierliche Änderung des Anteils der Grundwirkung relativ zum Anteil der Myopiestoppwirkung erreicht, wobei das Auge keine (stufenförmige) Inhomogenität des Glases wahrnimmt.
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Vorzugsweise liegt eine Anzahl von Gitterperioden in jeder Substruktur im Bereich von etwa 2 bis etwa 200, vorzugsweise in einem Bereich von zumindest etwa 5, noch mehr bevorzugt zumindest etwa 10; und/oder in einem Bereich von nicht mehr als etwa 100.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsformen mit Bezug auf die beigefügten Zeichnungen weiter beschrieben. Dabei zeigen:
- 1A bis 1D schematischen Querschnitte durch beispielhafte Brillengläser zur Veranschaulichung der von den diffraktiven Mikrostrukturen gebildeten diffraktiven Gitter;
- 2 eine schematische Veranschaulichung zur Bestimmung der Phasendifferenz für zwei benachbarte Strahlen an einer beliebigen, nicht notwendig periodischen Fläche;
- 3 ein Prisma mit Rückflächengitter mit Blaze-Winkel zur Veranschaulichung lokal periodischer Mikrostrukturen;
- 4 Prisma mit komplexer strukturiertem Gitter: der Abschnitt innerhalb einer Periode ist unterteilt in verschiedene Unterabschnitte, welche Substrukturen repräsentieren können;
- 5 Verteilungen von Beugungsfaktor, Formfaktor, und Gesamtintensität als Funktion des Ausfallswinkels φ' für den Blaze-Winkel β=3.8°;
- 6 Verlauf der Intensität in den Ordnungen 0 und -1 sowie in der Summe der restlichen Ordnungen als Funktion des Blaze-Winkels;
- 7A bis 7D schematische Querschnitte bevorzugter diffraktiver Mikrostrukturen auf Basis von mehreren Substrukturen;
- 8 Verteilungen von Beugungsfaktor, Formfaktor, und Gesamtintensität als Funktion des Ausfallswinkels φ' für ein weiteres Beispiel einer diffraktiven Mikrostruktur;
- 9 Die Intensitätsverteilungen auf unterschiedliche Ordnungen in Abhängigkeit von der Anzahl an Gitterperioden je Substruktur;
- 10A und 10B Beispiele für besonders einfache Mikrostrukturen.
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Die vorliegende Erfindung stellt somit Brillengläser bereit, bei denen in einer aktiven Zone (diffraktiven Wirkungszone bzw. Kombinationszone) zumindest teilweise ein Teil des Lichts eine scharfe Abbildung auf der Netzhaut des Brillenträgers ermöglicht, während ein anderer Teil des Lichts derart fokussiert wird, dass ein Stimulus gegen das Myopie-verursachende Anwachsen der Augenlänge gesetzt wird. Dabei bietet ein erfindungsgemäßes Brillenglas im Gegensatz zu herkömmlichen Brillengläsern auch in der aktiven Zone ein im Wesentlichen homogenes Bild. Insbesondere entsteht bei Pupillenbewegung ein kontinuierlicher Seheindruck.
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Generell ist die aktive Zone, bzw. sind die diffraktive Wirkungszone und/oder die Kombinationszone, nicht auf bestimmte Bereiche auf dem Brillenglas beschränkt. So kann die diffraktive Wirkung dem Grunde nach überall auf dem Brillenglas frei wählbar eingesetzt werden. Besonders bevorzugt spart die Kombinationszone aber zumindest einen zentralen Durchblicksbereich des Brillenglases (z.B. mit einem Durchmesser von etwa 10 mm oder sogar etwa 15 mm) aus. Weiter bevorzugt füllte die Kombinationszone einen Ringbereich zwischen einem Radius von etwa 20 mm und etwa 35 mm oder gar zwischen einem Radius von etwa 20 mm und etwa 40 mm, oder gar zwischen einem Radius von etwa 15 mm und etwa 50 mm aus.
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Mit einem erfindungsgemäßen Brillenglas wird insbesondere erreicht, dass ein Teil des Lichts mit einer ersten Wirkung (Grundwirkung, SG) auf der Netzhaut fokussiert wird und ein anderer Teil des Lichts mit einer zweiten Wirkung (Myopiestoppwirkung, SM), die um eine dritte Wirkung (Zusatzwirkung ΔS) stärker positiv ist als die Grundwirkung, vor der Netzhaut fokussiert wird.
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Dabei trägt eine vierte Wirkung (Wirkung des Grundglases SK) sowohl zur Grundwirkung als auch zur Myopiestoppwirkung bei. Diese Wirkung kann auch Null sein oder sich über den Bereich des Glases ändern. Spezielle diffraktive Mikrostrukturen tragen zusätzlich zur Myopiestoppwirkung und/oder zur Grundwirkung bei. Zumindest die Aufspaltung in die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung wird durch die diffraktiven Mikrostrukturen bewirkt. 1A bis 1D, welche später noch näher beschrieben werden, veranschaulichen schematisch Beispiele eines möglichen Aufbaus des Brillenglases aus einem Grundglas und der diffraktiven Mikrostruktur. Zwar können beide vorzugsweise aus dem gleichen Material integral gebildet. Dennoch lässt sich zumindest modellhaft die makroskopische Krümmung des Grundglases mit seiner refraktiven Wirkung von den Mikrostrukturen mit ihrer diffraktiven Wirkung unterscheiden.
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Wie nachfolgend noch ausführlicher dargestellt hängt die bevorzugte axiale Ausdehnung der diffraktiven Mikrostrukturen von den verwendeten Beugungsordnungen ab. Sie bestimmt sich insbesondere als Produkt aus Beugungsordnung und Designwellenlänge geteilt durch die Differenz der Brechungsindices der beiden Medien. In bevorzugten Ausführungsformen wird dabei die erste Beugungsordnung verwendet. Die lateralen Dimensionen entsprechender Beugungsgitter liegen typischerweise im Bereich von etwa 1 mm bis etwa 0,01 mm. Aber auch hierzu werden später noch konkretere Details für spezielle Ausführungsformen erklärt.
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Die laterale Ausdehnung der einzelnen Gitterelementen (Perioden) des Beugungsgitters ergibt sich aus dem Design der Struktur. Für einfache Gitter gilt prinzipiell, dass sich die laterale Ausdehnung linear-reziprok zur prismatischen Wirkung des Glases an dieser Stelle verhält. Für eine gegebene sphäro-zylindrische Wirkung muss diese vom Zentrum bis zum Rand des Glases gemäß der Prentice-Formel Prisma=Wirkung*Radius zunehmen. Die Ausdehnung verhält sich also insbesondere reziprok zum Radius. In der Prentice-Formel sieht man auch, dass die prismatische Wirkung mit der gewünschten sphäro-zylindrischen Wirkung ansteigt. Daraus ergibt sich ein weiter Bereich lateraler Ausdehnungen für die einzelnen Gitterelemente. Auch hierzu wird später noch weiteres ausgeführt. Die Variation der Größenordnung erklären sich anschaulich dadurch, dass beispielsweise bei einer diffraktiven Linse mit einer Wirkung von etwa 10 dpt die Größenordnung der Gitterkonstanten im Bereich der Linsenmitte im Bereich von 1 mm liegt und in der Peripherie über das 1/r - Gesetz bei typischerweise 1/30 davon also 0.03 mm oder etwas darunter.
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Das diffraktive Gitter (also die diffraktiven Mikrostrukturen) kann dabei gegen Luft wirken, wie dies in 1A bis 1D veranschaulicht ist. Trotzdem können gegebenenfalls dünne Schichten, die die Struktur nicht wesentlich ändern z.B. als Hartschicht, Antireflex-Schicht oder Topcoat aufgebracht werden. In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Struktur von einer Deckschicht überdeckt, die dicker als die Strukturhöhe ist und bevorzugt eine ebene Oberfläche bietet. Der Brechungsindex dieser Schicht ist dann bei der Wirkung der Struktur zu berücksichtigen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform wird die diffraktive Struktur rotationssymmetrisch um das Zentrum bzw. den Hauptdurchblickspunkt bzw. den Fernpunkt des Brillenglases angelegt. Dadurch lassen sich ungewollte prismatische Effekte vermeiden und die Auslegung des Glases kann besonders einfach um den entsprechenden Punkt definiert werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist die Periodizität bzw. der Verlauf des Gitters rotationssymmetrisch um das Zentrum, nicht aber unbedingt die Strukturhöhe. Dies erlaubt beispielsweise Strukturen, bei denen die Intensitätsverteilung vom Polarwinkel abhängt.
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Die Grundwirkung wird durch die Wirkung des Grundglases und die Wirkung Sdiff,G der mG-ten Beugungsordnung der diffraktiven Struktur des Beugungsgitters dargestellt. Die Myopiestoppwirkung ergibt sich aus der Wirkung des Grundglases und der (zumindest einen) Wirkung Sdiff,M der (zumindest einen) mM-ten Ordnung. Der Unterschied zwischen der Wirkung der mG-ten und der mM-ten Beugungsordnung(en) ist damit die Zusatzwirkung ΔS.
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Der Anteil der einfallenden Strahlung, der in die Grundwirkung (der mG-te Beugungsordnung) geht und der Anteil der einfallenden Strahlung, der in die (zumindest eine) Myopiestoppwirkung (mM-te Beugungsordnung) geht, wird durch die Struktur (z.B. Höhe) des diffraktiven Gitters bestimmt. Diese kann dabei so festgelegt werden, dass eine gewünschte Intensitätsverteilung realisiert wird. Dies wird weiter unten noch näher ausgeführt.
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Dabei kann auch Teil der einfallenden Strahlung in weitere Ordnungen gebeugt werden. Dies kann unerwünscht sein und kann so weit wie möglich minimiert werden. Dies kann insbesondere durch geeignete Wahl der Strukturhöhe (bzw. Amplitude bzw. Sprunghöhe) der diffraktiven Mikrostruktur erreicht werden, wie weiter unten noch detaillierter ausgeführt wird.
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Alternativ zu lediglich einer einzigen mM-ten Beugungsordnung, kann die Myopiestoppwirkung auch aus mehreren Beugungsordnungen gebildet werden. Dies ist möglich, da ihr primäre Zweck darin liegt, einen Anreiz gegen das weitere Längenwachstum des Auges zu setzen und nicht darin, eine scharfe Abbildung zu erzeugen.
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In einem bevorzugten Fall liegen die Ordnungen von Grundwirkung mG und Myopiestoppwirkung mM direkt nebeneinander (mM=mG±1). In diesem Fall kann das Gitter eine Sägezahnform annehmen und die Intensitätsverteilung durch die Höhe der jeweiligen Zacken gesteuert werden. Im einfachsten Fall ist dabei mG = 0 und folglich mM = ±1. Die Grundwirkung wird von der diffraktiven Struktur also nicht beeinflusst und entspricht der Wirkung des Grundglases. Die diffraktive Struktur stellt damit die Zusatzwirkung bereit. Es lassen sich aber auch andere mG wählen. Dadurch lässt sich bei gleicher Grundwirkung die Wirkung des Grundglases reduzieren und damit die Krümmungen der Flächen und letztlich die Dicke des Brillenglases. Weiterhin kann durch eine geschickte Wahl der Wirkung des Grundglases und der Wirkung des Gitters in mG-ter Ordnung der Farbfehler für die Grundwirkung reduziert werden.
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In erster Näherung ist die dioptrische Wirkung S
diff des diffraktiven Gitters bei gegebenem Gitterparameter A linear für die Wellenlänge λ von der der Beugungsordnung m abhängig:
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Der Gitterparameter A beschreibt dabei die Periodizität des Gitters in Abhängigkeit vom Abstand vom Zentrum. Auf Details zur Struktur des Gitters und der Definition des Gitterparameters wird weiter unten noch genauer eingegangen.
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Während es vorteilhaft ist, den Farbfehler für die Abbildung durch die Grundwirkung zu minimieren (oder wenigstens nicht zu vergrößern), kann bei der Abbildung durch die Myopiestoppwirkung ein (größerer) Farbfehler in Kauf genommen werden, da hier ohnehin keine scharfe Abbildung auf der Netzhaut erfolgt. Die zur vollständigen Kompensation des Farbfehlers notwendige Aufteilung der Gesamtwirkung Wirkung auf die refraktive Komponente (Wirkung des Grundglases) und die diffraktive Komponente hängt von den Brechungsindizes der Materialien des Brillenglaskörpers nK und einer etwaigen Deckschicht ns sowie der Abbezahl vK des Materials des Brillenglaskörpers ab. Auf Details hierzu einschließlich der Definition des Farbfehlerparameters σ in Abhängigkeit der Materialparameter wird weiter unten noch genauer eingegangen.
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Der Farbfehler muss nicht zwingend vollständig kompensiert werden. Es ist bereits ausreichend, wenn der Farbfehler teilweise kompensiert oder teilweise überkompensiert wird, also ein geringerer Farbfehler (in normaler bzw. anormaler Richtung) verbleibt, als ihn ein rein refraktiv wirkendes Glas aufweisen würde.
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Eine Verbesserung lässt sich bereits erzielen, wenn gilt
wobei σ
0 eine von der Abbezahl und dem Brechungsindex abhängige Konstante ist, wie später noch ausgeführt wird. Bei den üblichen Materialien liegt σ
0 im Bereich von 0,09.
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Einige Beispiele sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Beispiele für Wirkungen und Beugungsordnungen mit m
M = m
G ± 1
SG [dpt] | SM [dpt] | ΔS [dpt] | SK [dpt] | Sdiff,G [dpt] (mG) | Sdiff,M [dpt] (mM) | Bemerkung |
+ 2,0 | + 5,0 | + 3,0 | + 2,0 | 0,0 (0) | + 3,0 (1) | Einfachster Fall Plusglas |
- 2,0 | + 1,5 | + 3,5 | - 2,0 | 0,0 | + 3,5 | Einfachster Fall |
| | | | (0) | (1) | Minusglas |
+ 10,0 | + 11,5 | + 1,5 | + 8,5 | + 1,5 (1) | +3,0 (2) | Farbfehlerkompensation Plusglas |
- 10,0 | - 8,5 | + 1,5 | - 8,5 | - 1,5 (1) | 0,0 (0) | Fabfehlerkompensation Minusglas |
+ 5,0 | + 7,5 | + 2,5 | 0,0 | +5,0 (2) | + 7,5 (3) | Dünnstes Glas ohne Grundwirkung |
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Wie ebenfalls weiter unten noch beschrieben, können dabei auch geringe Anteile des einfallenden Lichts in benachbarte Beugungsordnungen (hauptsächlich in die direkt benachbarten Beugungsordnungen mM-1 und mM + 2 bzw. mM -2 und mM+1) gelangen. Solang die Struktur aber eine hinreichende Qualität aufweist und damit die Beugung in ungewollte Ordnungen nicht zu hoch wird, ist dies aber vertretbar und behindert den Einsatz nicht. Vorzugsweise ist der Anteil der Beugung in ungewollte Ordnungen in Regionen, in denen Vollkorrektion erreicht werden soll (insbesondere in zentralen Durchblicksbereichen und/oder in Fernsichtbereichen und/oder in Nahsichtbereichen, also in hauptsächlich genutzten Durchblicksbereichen des Brillenglases) nicht größer als etwa 5%, noch mehr bevorzugt nicht größer als etwa 3%, am meisten bevorzugt nicht größer als etwa 1%. In übrigen Regionen könnte auch ein Anteil von 20% oder mehr in ungewollten Ordnungen noch tolerierbar sein. Es gibt Fälle, in denen man den Anteil fremder Ordnungen auch nicht weiter drücken kann. Sollen z.B. zwei benachbarte Ordnungen gleiche Intensität bekommen, dann gibt es ein theoretisches Minimum von etwas über 20% der Energie, die ungewollt in anderen Ordnungen landet. Nicht für jede Situation gibt es aber eine scharfe theoretische Grenze.
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Das Verwenden benachbarter Beugungsordnungen einer Sägezahnstruktur vermeidet unnötige Komplexität und erlaubt eine für die meisten Anwendungen ausreichende Flexibilität. So können alle gewünschten Zusatzwirkungen durch die Wahl des Gitterparameters A realisiert werden. Es besteht jedoch eine gewisse Abhängigkeit zwischen Grundwirkung und Zusatzwirkung, da nach Gleichung (G1) gilt
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In vielen Fällen ist der Spielraum jedoch ausreichend, da beispielsweise eine Farbfehlerkorrektur für hohe Wirkungen relevanter ist als für niedrige Wirkungen.
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Für einige Anwendungsfälle kann es sinnvoll sein, die Flexibilität in der Einstellung der Wirkungen zu erhöhen, indem keine Beschränkung auf benachbarte Beugungsordnungen vorgenommen wird. Dadurch werden Wirkungsverteilungen mit beliebigen ganzzahligen Verhältnissen möglich.
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Dadurch werden beispielsweise Farbfehlerkorrektur für geringere Grundwirkungen bzw. höhere Zusatzwirkungen möglich sowie eine bessere Abstimmung auf den Farbfehler des Grundglases. Weiterhin kann so die Zusatzwirkung feiner abgestimmt werden, wenn die Grundwirkung nur oder überwiegend durch das Gitter erzeugt werden soll.
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Einige Beispiele sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
SG [dpt] | SM [dpt] | ΔS [dpt] | SK [dpt] | Sdiff,G [dpt] (mG) | Sdiff,M [dpt] (mM) | Bemerkung |
+ 5,0 | + 8,5 | + 3,5 | + 4,5 | + 0,5 (1) | + 4,0 (8) | Farbfehlerkompensation Plusglas |
- 10,0 | - 6,5 | + 3,5 | - 9,0 | - 1,0 (-2) | + 2,5 (5) | Farbfehlerkompensation Minusglas |
+ 4,5 | + 8,0 | + 3,5 | 0,0 | + 4,5 (9) | + 8,0 (16) | Dünnstes Glas ohne Grundwirkung |
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Tabelle 2: Beispiele für Wirkungen und Beugungsordnungen mit mM ≠ mG± 1. Im Vergleich zur Situation aus Tabelle 1 ist die Farbfehlerkompensation hier nahezu vollständig und die Zusatzwirkung deutlich höher.
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Dabei können in der Intensitätsverteilung auch Nebenmaxima auftreten. Für die Grundwirkung ist anzustreben, nur ein Maximum (oder eng benachbarte Nebenmaxima) zu nutzen, um eine scharfe Abbildung zu gewährleisten. Für die Myopiestoppwirkung können dagegen auch mehrere Maxima (insbesondere Nebenmaxima) mit größerem Abstand verwendet werden, da hier eine scharfe Abbildung weniger von Bedeutung ist.
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Insgesamt werden die Einflussgrößen auf das Design der diffraktiven Mikrostrukturen durch die folgenden grundlegenden Erklärungen besser verständlich.
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Beispielsweise in
US 2013/0229619 A1 (und
US 2013/0235337 A1 ) wird beschrieben, welche optischen Eigenschaften eine (insbesondere zumindest lokal ebene) Fläche aufweist, die gemäß der Gleichung
eine periodische Pfeilhöhe z
D(x) besitzt. Fällt auf eine solche Fläche unter einem beliebigen Winkel ein paralleles Lichtbündel (ebene Wellenfront) ein, das die ganze Breite 0 ≤ x ≤ Nd abdeckt, dann besitzt das ausfallende Licht eine Winkelverteilung der Intensität I = I
F × I
D, die sich als Produkt aus einem Beugungsfaktor I
D und einem Formfaktor I
F auffassen lässt. Der Beugungsfaktor ist (abgesehen vom Einfallswinkel) dabei nur von der Periode d und der Anzahl der Perioden N abhängig. Der Formfaktor dagegen ist von N unabhängig, hängt dafür aber von der Form der Funktion z
D(x) innerhalb einer Periode ab.
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Hintergrund der Anwendung diffraktiver Strukturen in
US 2013/0229619 A1 ist die Möglichkeit zur Farbsaumkorrektur. Im Gegensatz dazu wir nunmehr vorgeschlagen, diffraktive Gitter zur Verbesserung des langfristigen Tragekomforts von Brillengläsern durch Unterdrückung einer Myopieprogression einzusetzen. Die erwünschten optischen Eigenschaften bestehen dabei darin, dass ein Glas neben einer Grundwirkung ein zweites Bild erzeugt, das vor der Netzhaut entsteht, typischerweise mit einer Zusatzwirkung von insbesondere etwa +3dpt. Insgesamt liegt diese Zusatzwirkung vorzugsweise in einem Bereich von etwa +1,5dpt bis etwa +5dpt.
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Zur Veranschaulichung des Prinzips soll im Folgenden vereinfachend das Prisma bzw. die ebene Fläche mit einem äquidistanten Gitter betrachtet werden. Dies beschreibt lokal (also für einen bestimmten Durchblickspunkt und dessen lokaler Umgebung) bereits sehr gut. Die Ergebnisse können dann analog zum Vorgehen in
US 2013/0229619 A1 auf Linsen übertragen werden. Somit wird im Folgenden erläutert, wie sich die Intensitätsverteilung verändert, wenn komplexere Strukturen innerhalb einer Gitterperiode zugelassen werden, wie z.B. unterschiedliche Gitterkonstanten und unterschiedliche Blaze-Winkel in Substrukturen.
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Zur besseren Übersicht wird hier die Ausgangssituation aus
US 2013/0229619 A1 bezüglich äquidistanter Gitter nochmals mit leicht veränderter Nomenklatur zusammenfassend dargestellt. Es wird dabei von einer Situation eines endlichen äquidistanten Gitters mit N Perioden ausgegangen, wobei das Gitterprofil zunächst beliebig sein darf. Die Normale der Fläche, auf der das Gitter aufgebracht ist, zeigt in z-Richtung, und das Gitter sei durch das Profil z
D(x), 0 ≤ x ≤ x
0 = Nd aus Gleichung (1) definiert.
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Fällt nun (über die gesamte Breite des Gitters kohärentes) Licht unter dem Einfallswinkel ϕ gegen die Flächennormale auf das Gitter ein, dann ist es sinnvoll, zunächst die auftretende Phasenverschiebung als Funktion von x zu bestimmen. Wie aus
2 zu entnehmen ist, treten zwei benachbarte Strahlen auch bei einem beliebig gearteten, nicht notwendig periodischen Gitter in eine Phasenbeziehung. Wenn die Durchstoßpunkte durch
gegeben sind, dann kann man die Projektionsabschnitte λ
1, λ
2 ausrechnen durch
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Die Phasendifferenz des Strahls 2 gegenüber dem Strahl 1 beträgt nun
mit den Abkürzungen
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Falls die brechende Fläche in Wirklichkeit eben ist, d.h. zD(x) ≡ 0 gilt, dann fällt der zweite Term weg, und aus dem ersten ergäbe sich das Brechungsgesetz durch die Forderung verschwindender Phasendifferenz für alle x.
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Die Phase eines beliebigen Strahls, definiert als die Phasendifferenz gegenüber dem Strahl bei x = 0, beträgt unter der Annahme z
D (0) = 0:
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Praktischerweise kann man die Phase auch noch einführen als die Funktion
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Die Amplitude in der Ausfallsrichtung ϕ' beträgt
mit k = 2π/λ (hierbei wurden Maßfaktoren vernachlässigt, die berücksichtigen sollen, dass verschieden schräge Stellen auf dem Gitter von verschiedenen „vielen“ Strahlen pro Flächeneinheit getroffen werden).
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Falls nun k = 2π/λ ist und die Periodizitätsbedingung aus GI.(1) gilt, dann kann man GI.(10) umschreiben in
wobei nach der Substitution die Periodizität ausgenutzt wurde. Der vordere Faktor ist ein Formfaktor U
F(d,p
s,p
c), und der hintere Faktor U
D(N,d,p
s) berücksichtigt die Periodizität des diffraktiven Gitters, ist also ein Beugungsfaktor.
Die Intensitätsverteilung ist damit gegeben durch
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Aus praktischen Gründen werden nun neue Bezeichnungen für das Argument eingeführt:
-
Der Beugungsfaktor kann dann umgeschrieben werden in
sowie
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Die Funktion sin(Nx)/sin x hat bekanntermaßen überall dort scharfe Maxima, wo x = πm, m ∈ Z ist. Dies bedeutet, dass Maxima dort auftreten, wo
ist. Dies ist die bekannte diffraktive Erweiterung des Brechungsgesetzes.
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Der Formfaktor ist gegeben durch
und kann ohne weitere Annahmen nicht weiter vereinfacht werden. Für den speziellen Fall eines Sägezahngitters jedoch gilt
wobei β der sog. Blazing-Winkel ist. Sein Vorzeichen ist zunächst willkürlich, und wird im Folgenden so gewählt, dass β > 0 den Fall beschreibt, dass ein Rückflächengitter auf einem Prisma mit Basis unten (siehe
3) das Prisma vergrößert. Somit gilt
wobei β als zusätzliches Argument mit aufgenommen wurde.
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Der Faktor
hat eine sehr anschauliche Bedeutung, nämlich
-
Damit hat man
sowie
-
Dabei ist sincx = sinx/x die Beugungsamplitude des Einfachspalts. Sie hat ihr Maximum dort, wo das Argument x = 0 ist, und an allen anderen Nullstellen des Zählers, x = πm
F,m
F ∈ Z\{0}, liegt eine Nullstelle. Dies bedeutet, dass man für
das Maximum zu erwarten hat, also in der Richtung, in der klassisch, d.h. ohne Wellennatur des Lichts, auch schon die Brechung stattfinden würde. Die Nullstellen liegen für m
F ≠ 0, in alternativen Schreibweisen, bei
-
Aus praktischen Gründen (zugunsten einer normierten Darstellung von Beugungsfaktor, Formfaktor und Gesamtintensität) werden für den Beugungsfaktor und den Formfaktor normierte Funktionen eingeführt, die am zentralen Maximum den Wert 1 besitzen:
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3 veranschaulicht ein komplexes bzw. kombiniertes Gitter und repräsentiert dabei eine Variante mit unterschiedlichen Substrukturen. Zu dessen mathematischer Beschreibung lässt sich ausgehend von der Pfeilhöhendarstellung in GL(18) die Periode der Länge d unterteilen gemäß
wobei bevorzugt im Abschnitt d
1 in M
1 Gitterlinien unterteilt ist mit einem Blaze-Winkel β
1, der Abschnitt d
z dagegen in M
2 Gitterlinien unterteilt ist mit einem Blaze-Winkel β
2. Dabei ist
-
Die Pfeilhöhe im Abschnitt d
1 ist dann beschrieben durch
und im Abschnitt d
2 durch
-
Die Gesamtintensität ist dann weiterhin beschrieben durch GI.(12), aber der Formfaktor kann statt durch die Amplitude aus GI.(22) beschrieben werden durch die Summe aus beiden Abschnitten
-
Für den Abschnitt d
h erhält man
-
Mit den Abkürzungen
erhält man nach Vereinfachung (wobei bei den Dummy-Argumenten der Index ,h' weggelassen wird):
sowie
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Setzt man wieder wie in GI.(13) als Abkürzung
dann ist
und insgesamt nach GI.(33)
mit
d.h.
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Insgesamt hat man dann für die Intensität des Formfaktors
-
Die normierte Formfaktor-Intensität ist dann nach GI.(27)
wobei für die Intensitäten der Subgitter die Abkürzungen
sowie für den Interferenzterm die Abkürzung
eingeführt wurden.
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Die normierte Beugungsfaktor-Intensität ist nach GI.(26) gegeben, so dass die gesamte normierte Intensität gegeben ist als
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Mit der hier vorgestellten Methodik kann die Struktur von Brillengläsern mit MyopieStopp-Wirkung ausgelegt werden. Das konkrete Vorgehen soll an drei Beispielen bevorzugter Ausführungsformen erläutert werden. Auch wenn diese Beispiele getrennt voneinander beschrieben werden, sind die konkreten Maßnahmen für das Design der diffraktiven Mikrostrukturen auch kombinierbar.
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Als erstes Beispiel wird vorgestellt, wie gezielt (insbesondere benachbarte) Beugungsordnungen eines einfachen Gitters für die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung genutzt werden können. Um die Intensitätsverteilung auf verschiedene Ordnungen zu untersuchen, müsste man genaugenommen durch Integralbildung den Energieinhalt jeder Beugungsordnung auswerten. Sind jedoch die Peaks des Beugungsfaktors scharf genug, dann genügt es, den Formfaktor an der Position des jeweiligen Ausfallswinkels auszuwerten, der zu einer bestimmten Beugungsordnung gehört.
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Dazu wird ein einfaches Beugungsgitter (also ohne Aufteilung) mit einem Blaze-Winkel von β = 3.8° betrachtet. Wertet man die Intensität I0 (ps, pc, d, 0, β, β, 1,1, N) für β = 3.8° (also tan β = 0.0664) aus, so erhält man für den Ausfallswinkel φ'0 = 15.09° in der Ordnung m = 0 eine Intensität von I0 = 0.1564. Die entsprechende Intensität für den Ausfallswinkel φ'-1 = 12.15° in der Ordnung m = -1 beträgt I0 = 0.6791. Das resultierende Spektrum ist in 5 gezeigt. Dabei zeigt 5 die Verteilungen von Beugungsfaktor ID0 (blau), Formfaktor IF0 (rot), und Gesamtintensität I0 (schwarz) als Funktion des Ausfallswinkels φ' für den Blaze-Winkel β = 3.8°. In diesem Fall sind die Ordnung m = 0 und die Ordnung m = -1 dominante Ordnungen, aber auch weitere Ordnungen sind besetzt.
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Durch eine geeignete Variation des Blaze-Winkels β kann die Intensität zwischen verschiedenen Beugungsordnungen aufgeteilt werden. Die Abhängigkeit der Intensität in den beiden Ordnungen m = 0 und m = -1 vom Blaze-Winkel zeigt 6. 6 stellt einen Verlauf der Intensität in den Ordnungen m = 0 (blau) und m = -1 (orange) sowie in der Summe der restlichen Ordnungen (grün) als Funktion des Blaze-Winkels β dar. Der eingezeichnete Blaze-Winkel von 3,8° entspricht der Situation aus 5. Für β ≈ 2.85° (also tan β ≈ 0.0497) entfällt auf beide Ordnungen m = 0 und m = -1 derselbe Anteil von I0 = 0.3956 und ein Rest von gut 20% auf die übrigen Ordnungen.
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Dieser Variation der Blaze-Winkels entspricht anschaulich der Variation der Sprunghöhe zwischen dem ganzzahligen Vielfachen der Designwellenglänge geteilt durch die Differenz der Brechungsindices der Medien und dem nächsthöheren ganzzahligem Vielfachen der Designwellenlänge geteilt durch die Differenz der Brechungsindices der Medien. Damit lassen sich die bereits weiter oben beschriebenen Ausführungsformen der Nutzung benachbarter Beugungsordnungen für die Grundwirkung und die Myopiestoppwirkung sehr gut gezielt umsetzen und optimieren.
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In einem zweiten Beispiel wird konkreter ausgeführt, wie die diffraktiven Mikrostrukturen durch Substrukturen unterschiedlicher Wirkung aufgebaut werden können. Um einen zusätzlichen Freiheitsgrad gegenüber einfachen Gittern zu erhalten, können die beiden gewünschten Wirkungen (Grundwirkung und Myopiestoppwirkung) durch unterschiedliche Subgitter (Substrukturen) bereitgestellt werden. Im einfachsten Fall entsprechen die beiden Wirkungen der m1-ten und der m2-ten Beugungsordnung eines Gitters mit der Gitterkonstanten (δ).
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Die weitere Flexibilisierung ergibt sich somit, indem anstelle einer einfach periodischen Struktur mit einem Gitterparameter A zwei Substrukturen, nämlich eine erste Substruktur mit dem jeweiligen Gitterparameter AG und eine zweite Substruktur mit dem Gitterparameter AM verwendet wenden. Diese wechseln sich vorzugsweise ausgehend vom Zentrum und vorzugsweise beginnend mit der ersten Struktur nach außen hin in ringförmigen Zonen ab. Dabei folgen auf ZG(j) Zacken (Anzahl der ersten Gitterperioden) der ersten Substruktur jeweils ZM(j) Zacken (Anzahl der zweiten Gitterperioden) der zweiten Substruktur und darauf ZG(j+1) Zacken der ersten Substruktur und so weiter. Der Parameter j ist dabei eine laufende Variable, zur Nummerierung der einzelnen Zonen (bzw. Substrukturen derselben Art von Substruktur, nämlich erste oder zweite).
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Die Gitterparameter AG bzw. AM und Beugungsordnung mG bzw. mM werden dabei so gewählt, dass die gewünschten Wirkungen Sdiff,G sowie Sdiff,M entstehen. Dabei steht „G“ jeweils für Grundwirkung und „M“ für Myopiestoppwirkung. Mit den Zackenzahlen ZG(j) bzw. ZM(j) (also der jeweiligen Anzahl an Gitterperioden) kann die Intensitätsverteilung zwischen den beiden Wirkungen gesteuert werden. Dies wird weiter unten noch näher beschrieben. Die Zackenzahlen ZG(j) bzw. ZM(j) können dabei über die Brillenglasfläche mit j variieren.
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Durch die Aufteilung der Struktur in Zonen bzw. Substrukturen kann es zur Interferenz zwischen benachbarten Zonen unterschiedlicher Substrukturenart und/oder zu Interferenzen zwischen aufeinander folgenden Zonen derselben Substrukturenart kommen. Diese Effekte sind bei der Auslegung der Struktur zu berücksichtigen.
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Eine Interferenz zwischen benachbarten Zonen unterschiedlicher Substrukturen kann beispielsweise zu Intensitäten in unerwünschten (Neben)ordnungen führen. Dieser Effekt lässt sich durch höhere Z verringern, da breitere Zonen die Interferenz zwischen benachbarten Zonen verringert. Weiterhin lässt sich dieser Effekt durch eine geeignete Abstimmung der AG bzw. AM und der ZG(j) bzw. ZM(j) aufeinander vermindern.
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7A bis 7D stellt unterschiedliche Anordnungen diffraktiver Mikrostrukturen einander gegenüber. Dabei stellt 7A ein periodisches Gitter mit nur einer (lokal konstanten) Gitterperiode dar. In den 7B bis 7D sind diffraktive Mikrostrukturen mit jeweils zwei Substrukturen schematisch veranschaulicht. Die beiden Substrukturen sind in der schematischen Darstellung durch unterschiedliche Schraffuren unterscheidbar und unterscheiden sich ansonsten technisch insbesondere durch eine unterschiedliche Gitterkonstante bzw. Gitterperiode. So ist in den 7B bis 7D eine erste Substruktur (vertikal gestreift) durch eine zweite Substruktur (horizontal gestreift) ununterbrochen. In den Ausschnitten von 7B bis 7D sind für die erste Substruktur zwei getrennte Zonen darstellt, welche durch eine Zone der zweiten Substruktur voneinander getrennt sind.
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Interferenzen zwischen aufeinanderfolgenden Zonen derselben Substrukturenart sind für eine Substruktur unproblematisch, wenn die Zackenzahlen so gewählt sind, dass die (j+1)-te Zone dieser Substrukturenart in Relation zur j-ten Zone nach der Unterbrechung durch die andere Substruktur (horizontal gestreifte Zacken in 7B, 7C und 7D) so verläuft (vertikal gestreifte Zacken in 7A und 7D), als wenn sie nicht durch die andere Substruktur unterbrochen wäre (7A). In diesem Fall tritt zwischen den beiden aufeinanderfolgenden Zonen der einen Substrukturenart konstruktive Interferenz auf.
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Dies lässt sich dadurch erreichen, dass die Summe der Breiten der einzelnen Zacken der unterbrechenden anderen Substruktur der Summe der Breiten der einzelnen Zacken der verdrängten einen Substruktur entspricht. (7C). Dies ist jedoch mit einer entsprechenden Einschränkung der Wirkungen der beiden Substrukturen verbunden.
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Diese Einschränkung kann umgangen werden, wenn die Phase der unterbrochenen einen Substruktur in der j+1-Zone derart gewählt wird, dass sie der Phasenlage im ununterbrochenen Fall (7A) entspricht.
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Wird diese Bedingung nicht erfüllt (7C) kann es in einer Richtung, in der konstruktive Interferenz notwendig wäre, zu destruktiver oder nicht vollständig konstruktiver Interferenz zwischen den beiden aufeinanderfolgenden Zonen der einen Substruktur (also Substrukturenart) kommen und in Richtungen in denen eine (möglichst vollständig) destruktive Interfenz angestrebt wird zu wenigstens teilweise konstruktiver Interferenz. Dadurch kann die Intensität in die angestrebte Wirkung vermindert und Intensität in unerwünschte Wirkungen bzw. Richtungen gebeugt werden.
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Wie im Fall der Interferenz zwischen benachbarten Zonen unterschiedlicher Substrukturen kann dieser Effekt durch die Wahl höherer Z verringert werden, da breitere Zonen die Interferenz zwischen unterschiedlichen Zonen verringern.
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Unabhängig davon erlauben höhere Z bei in etwa gleichem etwaigem Verhältnis eine feinere Steuerung der Intensitätsverteilung. Umgekehrt können zu hohe Z zu einzeln wahrnehmbaren Bereichen führen. Dies kann erwünscht sein, wenn beispielswiese in einem zentralen Bereich nur die Grundwirkung zur Verfügung gestellt werden soll. Sollen aber innerhalb eines Bereiches Grundwirkung und Myopiestoppwirkung vorliegen, kann dies unterwünscht sein. Maßgeblich ist hierfür der Bereich auf dem Brillenglas, durch den Licht bei entsprechender Auslenkung des Auges durch die Pupille dringt. Um dies zu vermeiden, kann innerhalb eines Bereiches einer Umgebung eines Durchblickspunktes, welcher einer soggenannten wirksamen Pupille entspricht, mindestens jeweils eine Zone jeder Substrukturenart liegen. Die wirksame Pupille lässt sich aus der Wirkung des Glases und der Größe der physischen Pupille berechnen und liegt typischerweise zwischen zwei und acht Millimeter.
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Im einfachsten Fall wird für beide Substrukturen die erste Beugungsordnung verwendet. Dies vereinfacht die analytische Betrachtung und sorgt für einheitliche, möglichst wenig hohe Strukturen. Es können aber auch höhere Beugungsordnungen verwendet werden. Die daraus resultierenden größeren Strukturen können unter Umständen leichter mit der notwendigen Präzision gefertigt werden. Die verwendete Beugungsordnung kann aber auch zwischen den beiden Substrukturen und sogar zwischen den einzelnen Zonen derselben Substruktur variieren. Dadurch entstehen zusätzliche Freiheitsgrade bei der Auslegung der Strukturen, die sich für die Optimierung des Beugungsverhaltens der Gesamtstruktur nutzen lassen.
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Für die Bedeutung von Nebenmaxima in Grund- bzw. Myopiestoppwirkung sowie das Auslegen zum Verringern von chromatischen Fehlern und deren Bedeutung in der Grund- bzw. Myopiestoppwirkung gilt das in zu einer einzelnen Struktur beschriebene analog.
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Gemäß nachfolgend beschriebenem Formalismus werden die beiden gewünschten Wirkungen durch die Kombination zweier Sub-Gitter (Substrukturen) mit insbesondere gleicher Gitterkonstanten (δ1 = δ2 = δ) aber unterschiedlichen Sprunghöhen (und damit Blaze-Winkeln) realisiert. Dies bietet eine höhere Flexibilität als das Beispiel mit nur einem einfach periodischen Gitter. Letzteres erlaubt nämlich nur die Verwendung zweier benachbarter Beugungsordnungen, während sich durch die Variation des Blaze-Winkels beliebige Beugungsordnungen kombinieren lassen.
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Dies lässt sich anhand eines Übergitters, das aus den zwei Sub-Gittern mit den vorgegebenen Eigenschaften besteht, betrachten. Als Grundlage kann man ein Gitter betrachten, das in erster Beugungsordnung wirkt und als erstes Sub-Gitter (erste Substruktur) verwendet wird. Für das zweite Sub-Gitter (zweite Substruktur) kann die gleiche Gitterperiode verwendet werden, aber mit einer Sprunghöhe, die der dreifachen Beugungsordnung entspricht.
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Für M1 = M2 = 1, erhält man für I0 eine relativ breite Verteilung aus jeweils vier Peaks um die zentrale Beugungsordnung der einzelnen Gitter (siehe 8). Dieses Verhalten lässt sich phänomenologisch durch die starke Interferenz der beiden Substrukturen verstehen. Bereits durch ein moderates Erhöhen der Parameter M1 und M2 lässt sich diese Verbreiterung verschmälern, wie Simulationsrechnungen mit M1 = M2 = 2 (9A), M1 = M2 = 5 (9B), M1 = M2 = 10 (9C) und M1 = M2 = 50 (9D) zeigen. Phänomenologisch lässt sich dies durch die Änderung des Phasenversatzes der Elemente der Sub-Gitter zueinander verstehen. Für die Grundwirkung ist eine schmale Verteilung besonders wichtig, für die Myopiestoppwirkung zumindest wünschenswert. Dies lässt sich wie oben gezeigt durch die moderate Erhöhung der Parameter M1 und M2 erreichen.
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Weiterhin kann man einen gänzlich anderen Effekt ausnutzen: In der in dem hier vorgestellten Modell verwendeten Näherungen wird von einer unendlichen Kohärenzlänge ausgegangen. In der Realität hat man es dagegen mit Licht von begrenzter Kohärenzlänge („im Bereich der mittleren Wellenlänge (Größenordnung 10-6 m)“ zu tun. Damit kommt es nur zwischen einigermaßen benachbarten Gitterelementen zur Interferenz. Dieser Effekt führt bei der Wahl höherer Parameter M1 und M2 zur Unterdrückung der parasitären Interferenz zwischen den Elementen unterschiedlicher Sub-Gitter im Vergleich zur Interferenz innerhalb der jeweiligen Subgitter. Die für die von einem Lichtbündel, das durch die Pupille des Auges fällt und zur Abbildung auf der Netzhaut beiträgt, eingenommene Fläche des Brillenglases kann dabei groß genug gegen die Gitterkonstante gewählt werden, um entsprechend große M (synonym für M1 und/oder M2) zu erlauben, ohne dass es zu Unregelmäßigkeiten im Sichteindruck kommt. Bevorzugte Werte für M liegen bevorzugt im Bereich von 5 bis 200, besonders bevorzugt von 10 bis 100. Weiterhin kann M auch über den Bereich variabel gestaltet sein. Da zur Peripherie hin die Gitterkonstante abnimmt, können die M bei gleicher Vignettierung durch die Eintrittspupille des Auges zur Peripherie hin zunehmen. Eine weitere Unterdrückung der parasitären Interferenzen kann dadurch erreicht werden, dass höhere Beugungsordnungen verwendet werden. Denn dadurch reduzieren sich die an der Beugung teilnehmenden Gitterelemente bei der gegeben Kohärenzlänge weiter.
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Wie bereits erwähnt, lässt sich als drittes Beispiel ein Gitter aus zwei Sub-Gittern mit unterschiedlichen Gitterkonstanten und angepassten Blaze-Winkeln betrachten, wie es schematisch beispielhaft auch mit Bezug auf 7 bereits beschrieben wurde. Dabei unterscheiden sich die Strukturen der jeweiligen Zonen nicht (notwendigerweise) durch die verwendete Beugungsordnung, sondern hinsichtlich der Gitterkonstanten. Dies erlaubt eine noch breitere Wahl der Wirkungen, da man für die Wirkung der beiden Substrukturen nicht mehr auf verschiedene Beugungsordnungen derselben Gitterkonstante angewiesen ist, sondern die Gitterkonstante gemäß der gewünschten Wirkung für jede Zone (Substruktur) frei wählen kann.
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Im hier verwendeten Formalismus werden die beiden gewünschten Wirkungen also durch die Kombination zweier Sub-Gitter mit gleichen Sprunghöhen aber unterschiedlichen Gitterkonstanten (und damit Blaze-Winkeln) realisiert.
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Dies wird wieder anhand eines Übergitters untersucht, das aus zwei Sub-Gittern mit den vorgegebenen Eigenschaften besteht. Als Grundlage lässt sich ein Gitter betrachten, das in erster Beugungsordnung wirkt und als erste Substruktur verwendet wird. Als zweites Sub-Gitter wird ein Gitter mit der vierfachen Gitterkonstanten betrachtet. Da die Intensität des Beitrags jedes Sub-Gitters von der Fläche, die es belegt abhängt, könnte für jedes Gitterelement aus dem Gitter mit der höheren Gitterkonstanten entsprechend viele Gitterelemente des Gitters mit der niedrigeren Gitterkonstante gewählt werden, um die gleiche Intensität zu erhalten. Davon wird vorzugsweise aber auch gezielt abgewichen soweit eine andere (insbesondere eine lokal unterschiedliche) Intensitätsverteilung erzielt werden soll.
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Auch hier erhält man für M1 = 1 und M2 = 4 für I0 eine relativ breite Verteilung aus jeweils fünf Peaks um die zentrale Beugungsordnung der einzelnen Gitter. Wiederum lassen sich auch hier bereits durch ein moderates Erhöhen der Ms diese Verbreiterung verschmälern, wie Simulationsrechnungen mit M1 = 2, 5 und 10 (und M2 = 4M1) zeigen. Für das phänomenologische Verständnis, die Anwendung für die Konstruktion eines Übergitters mit zwei schmalen Intensitätsverteilungen und das Ausnutzen der begrenzten Kohärenzlänge natürlicher Strahlung gilt das zum zweiten Beispiel bereits ausgeführte analog.
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Bei einem Brillenglas ist im Gegensatz zum Prisma die Gitter-„Konstante“ vorzugsweise nicht über das ganze Glas hinweg konstant, sondern langsam variabel. Speziell bei einer Linse offenbart der Stand der Technik als eine Möglichkeit eine Abhängigkeit entsprechend d(r)∼1/r, wobei r der Abstand von der Linsenmitte ist (siehe z.B.
US 2013/0235337 A1 ). Eine solche Abnahme der Gitterperiode zum Rand hin ist auch in
1A bis
1D schematisch veranschaulicht. Da in guter Näherung die Sprunghöhen der Gitterzacken auch bei einem Brillenglas konstant gewählt werden können, und da der Blaze-Winkel gegeben ist durch tan β = h/d(r), ergibt sich eine Zunahme der Steilheit der Gitterzacken für wachsenden Radius entsprechend tan β ∼ r.
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Mit dem hier vorgestellten Verfahren kann insbesondere die Wirkung eines ÜberGitters aus zwei Sub-Gittern in der Näherung Fraunhoferscher Beugung und unendlich langer Kohärenzlänge simuliert werden. Exemplarisch wurden drei verschiedene Gitterkonzepte untersucht. Dabei zeigt sich das Auftreten von für die Anwendung unerwünschter Interferenzen zwischen den Subgittern. Diese führen zu einer Verbreiterung der eigentliche gewünschten scharfen Beugungsordnungen. Diese lassen sich in der Realität aber durch eine Erhöhung der Gitterfaktoren M hinreichend verschmälern. Zusätzlich können diese parasitären Interferenzen durch den Übergang zu höheren Ms und/oder höheren Beugungsordnungen unterdrückt werden, da bei natürlicher Strahlung die Kohärenzlänge und damit die Fähigkeit zur Interferenz über entferntere Gitterelemente (lateral wie axial) begrenzt ist.
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Auch wenn die Untersuchung für Gitter mit prismatischen Wirkungen und konstanten Gitterkonstanten durchgeführt wurden, lassen sich die Ergebnisse und die Konstruktionsprinzipien andere erfindungsgemäße Gitter mit dioptrischer Wirkung und definierter Variation der Gitterkonstanten übertragen.
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Die Erfindung ist nicht auf die oben analytisch beschriebenen Strukturen beschränkt. Weitere Möglichkeiten stellen holographische Strukturen dar, bei denen ausgehend von der gewünschten Lichtverteilung bei gegebener Einstrahlung die Struktur als holographische Struktur bestimmt bzw. gefertigt wird.
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Die Intensitätsverteilung zwischen Grundwirkung und Myopiestoppwirkung kann über das ganze Glas konstant oder variabel vom jeweiligen Ort auf dem Glas abhängen. Dadurch lassen sich beispielsweise Zonen mit nur der Grundwirkung, Zonen mit beiden Wirkungen und Zonen mit nur der Myopiestoppwirkung bilden. Die Zonen können dabei beispielsweise ringförmig, vollsektorförmig oder ringsektorförmig sein. Ein Vorzug dieser Erfindung ist dabei, dass nicht nur zwischen einem Bereich der Grundwirkung und einem Bereich mit Myopiestoppwirkung unterschieden werden kann, sondern ein kontinuierlicher Übergang gebildet werden kann.
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Ein einfaches Gitter mit einer einzigen Beugungsordnung kann nur eine Wirkung bereitstellen. Die einfachste erfindungsgemäße Struktur wäre ein einfaches Gitter (insbesondere mit nach außen abnehmender Gitterkonstante und) mit einer vom Radius abhängigen Sprunghöhe, die die Wirkungsverteilung zwischen Grundwirkung (0te Beugungsordnung) und Myopiestoppwirkung (1te Beugungsordnung) steuert.
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Ein einfaches Ausführungsbeispiel für ein Myopiestopp-Glas könnte so aussehen: Ein diffraktives Gitter, das auf einer Linse aufgebracht ist und eine Gitterkonstante d(r)=A/r besitzt, wobei r der Abstand von der Glasmitte ist, besitzt bei der Wellenlänge λ und in der Beugungsordnung m eine Brechkraft von - mA/A. Die Sprunghöhe ist dabei h= mA/(n-1), wenn die Intensität in der m-ten Beugungsordnung landen soll. Will man ein Myopiestopp-Glas erzeugen, das in der Glasmitte keine diffraktive Zusatzwirkung hat aber außen in der Ordnung m = 1, dann kann die Sprunghöhe einen Übergang zwischen h= 0 und h= λ/(n-1) besitzen.
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Soll die Myopiestopp-Wirkung bei der Wellenlänge λ=550nm etwa ΔS=2.3dpt betragen, dann benötigt man dazu eine Konstante A=2.4 x 10-7 m2. Ein Gitter, das konstant eine Myopiestopp-Wirkung ΔS besitzt, ist in 10A gezeigt. Soll ein Übergang eingebaut werden, der in der Mitte Wirkung Null besitzt und in der Peripherie aber ΔS, dann kann die Mitte gedämpft werden wie in 10B gezeigt.
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Nachfolgend sollen beispielhafte Details über Formen und Dimensionierungen bevorzugter diffraktiver Mikrostrukturen zur Anwendung in der vorliegenden Erfindung dargelegt werden. Dabei wird zunächst insbesondere auf diffraktive Mikrostruktur mit einfacher Periodizität eingegangen. Bei diesen diffraktiven Mikrostruktur können entweder eine Beugungsordnung (vollständige Intensität in eine Beugungsordnung) oder beispielsweise zwei benachbarte Beugungsordnungen genutzt werden.
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Wie in den beispielhaften Ausführungsformen von 1A bis 2D dargestellt, sind die diffraktiven Mikrostrukturen vorzugsweise rotationssymmetrisch um eine Glasmitte, so dass eine Definition des Querschnitts entlang eines Meridians genügt. Dabei folgen vorzugsweise in definierten Abständen r1, r2, r3, ... jeweils eine Kante, wobei die ri von der Glasmitte vorzugsweise an in der Vertikalebene (also der tangentialen Ebene an der Glasmitte) als Projektionen senkrecht auf die Vertikalebene abgemessen werden. Vorzugsweise besitzen alle Kanten zumindest lokal im Wesentlichen die gleiche Sprunghöhe h. Vorzugsweise wird auch diese senkrecht zur Vertikalebene gemessen. Sie kann aber auch senkrecht zur Glasoberfläche gemessen werden. Der Unterschied ist in der Regel nur gering und in dieser Näherung nicht relevant. Vorzugsweise liegt auf den kantenfreien Abschnitten der diffraktiven Mikrostrukturen (also zwischen den Kanten) überall die gleiche Krümmung kG vor. Damit bilden die Kanten im dargestellten Querschnitt vorzugsweise ein Gitter mit einer radial variablen Gitterkonstante d. Insbesondere gilt di = ri+1 - ri oder di = ri - ri-1. Die Gitterkonstante d kann dabei besonders bevorzugt als Funktion d(r) von r aufgefasst werden (so dass im diskreten Fall die Größe di, die eigentlich eine Funktion von i ist, besonders bevorzugt auch als Funktion von ri geschrieben werden kann). Bevorzugt ist die Funktion d(r) eine Laurentreihe.
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In einer bevorzugten Ausführungsform sind die Gitterabstände, also die Abstände zwischen den Kanten gegeben durch d(r) = A/r, und damit ist
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In einer anderen bevorzugten Ausführungsform sind Radien r
i dabei direkt gegeben durch
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Gl. (A2) leitet sich aus Gl.(A1) dadurch ab, dass man i als reelle Variable auffasst und Gl. (A1) selbst als Differentialgleichung interpretiert. Deren Lösung ist dann Gl. (A2). Sie gibt für große Werte von i den gleichen Verlauf an wie Gl. (A1), weicht aber für kleine Werte, insbesondere für i ≤ 10 merklich davon ab. Daher wird Gl. (A2) hier als eigenständige Ausführungsform angegeben.
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Die dioptrische Wirkung eines Gitters mit Gitterkonstante d(r) ist dadurch gegeben, dass man den Beitrag
den das diffraktive Gitter zum prismatischen Ablenkungswinkel beiträgt, als Funktion von r auffasst und als Wirkung die Ableitung
definiert. In der bevorzugten Ausführungsform mit d(r) = 4/r ist diese Wirkung konstant und in der Beugungsordnung m bei der Wellenlänge λ durch Gleichung (A1) mit dem Gitterparameter λ gegeben.
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Die Gitterkrümmung k
G, also die Krümmung des Querschnitts der diffraktiven Mikrostruktur entlang des Meridians, ist gegeben durch
wobei k
1 die Krümmung der Basiskurve ist und k
diff die diffraktive Krümmungsänderung, die aufgrund des diffraktiven Gitters hinzukommt. Bevorzugt ist dann die Krümmung k
diff auf die Wirkung abgestimmt, d.h.
wobei n
K der Brechungsindex des Grundkörpers ist und n
S der Brechungsindex des Außenmaterials bzw. der Deckschicht.
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Die Sprunghöhe h für die diffraktiven Mikrostrukturen, deren maximale Beugungsintensität bei der Design-Wellenlänge λ
D auf die Beugungsordnung m
Max abgestimmt ist, ist gegeben durch
wobei φ
K der Winkel des Strahls innerhalb des Körpers ist und φ
S der Winkel in der Deckschicht, und der zweite Teilausdruck ohne cos-Terme der Kleinwinkelnäherung bei näherungsweise senkrechtem Einfall entspricht
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Soll dagegen der Anteil p
G in die Ordnung der Grundwirkung m
G und möglichst viel des verbleibenden Anteils in die Ordnung der Myopiestoppwirkung m
M = m
G ± 1 gebeugt werden, berechnet sich die Sprunghöhe zu
wobei x eine von p
G abhängige Zahl ist, für die sinc
2x = p
G ist. Naturgemäß kann bei dieser Art von Gitter nicht der gesamte verbleibende Anteil 1 - p
G in die Ordnung der Myopiestoppwirkung gebeugt werden, weil dann i.a. auch Intensität auf die restlichen Ordnungen entfällt.
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Soll auf Grundwirkung und Myopiestoppwirkung jeweils die gleiche Intensität (knapp 40%) entfallen, gilt
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In diesem Fall landet jeweils ein Anteil von etwa 10% in die jeweiligen benachbarten Beugungsordnungen mG - 1 und mG + 2 bzw. und mG - 2 und mG + 1.
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Dient das Gitter nicht der Farbsaumkorrektur, dann sind die Werte der Radien ri (bzw. die Funktion d(r)), die Werte der Sprunghöhe h sowie der Gitterkrümmung kg unabhängig vom Grundglas, also insbesondere vom Material des Brillenglases. Soll das Gitter dagegen bei Vorhandensein eines Grundglases, dessen Wirkung SK rein refraktiv ist, auf eine Farbsaumkorrektur abgestimmt sein, dann sind die Werte der Radien ri bzw. die Funktion d(r), die Werte der Sprunghöhe h sowie der Gitterkrümmung kg vorzugsweise festgelegt durch
- • den Brechungsindex n des Materials bei der Designwellenlänge λD
- • die Abbezahl vd des Materials
- • die refraktive Brechkraft SK des Grundglases bei der Designwellenlänge λD
- • die Basiskurve k1
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In dieser Ausführungsform (vollständige Farbsaumkompensation) ist der Gitterparameter A gegeben durch
wobei die Abbezahl nach (der sog. alten) Definition gegeben ist durch
wobei n
d, n
F, n
C die Brechungsindizes bei den konstanten Wellenlängen
sind.
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Näherungsweise ist die Abbezahl wegen
mit der Ableitung n'(λ
D) des Brechungsindex nach der Wellenlänge verknüpft.
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Da A nach Gl. (A2) von der Grundwirkung S
K abhängt, sind die Radien eine Funktion r
i(S
K) des Zählindex i und S
K. Im Falle eines refraktiven Grundglases ist die diffraktive Krümmungsänderung bestimmt durch:
womit die Gitterkrümmung insgesamt eine Funktion k
G = k
G(k
1,k
s) der Basiskurve und der Grundwirkung ist.
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Für eine zumindest teilweise Kompensation eines Farbfehlers kann die Wirkung als Funktion S(λ, m
G, Δm) der Wellenlänge und der beiden Ordnungen m
G und Δm aufgefasst werden, wobei Δm := m
M - m
G definiert ist. Definiert man den relativen Farblängsfehler FL
rL als Ableitung der Gesamtwirkung S, bezogen auf die Grundwirkung (Rezeptwirkung) S
G als Ableitung
nach der Wellenlänge λ, ausgewertet an einer bestimmten Design-Wellenlänge (Referenz-Wellenlänge) λ
D, dann erhält man eine Geradengleichung
als Funktion der Variablen σ, wobei
und wobei die Geradenparameter gegeben sind durch
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Der Farblängsfehler verschwindet an der Nullstelle der Geradengleichung, also für
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Die Nullstelle selbst ist auch eine Funktion von n'(λD) bzw. der Abbezahl.
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Um den Farbfehler zu verringern, können - sowohl im Bereich der Grundwirkung als auch im Bereich der Myopiestoppwirkung sogenannte MODs (engl. multi order diffractive structures) eingesetzt werden. Bei einfachen diffraktiven Strukturen sind die Beugungsordnung mit der meisten Intensität für alle Wellenlängen identisch. Bei MODs wird die Struktur dagegen so ausgelegt, dass verschiedene spektrale Bereiche ihre Beugungsmaxima in unterschiedlichen Ordnungen haben. Damit kann die Dispersion gesteuert und so der Farbfehler minimiert werden. Die Struktur kann dabei so ausgelegt werden, dass durch die diffraktive Struktur kein zusätzlicher Farbfehler eingebracht wird. Bevorzugt kann die Struktur auch so ausgelegt werden, dass sie (zusätzlich) den Farbfehler der refraktiven Wirkung des Grundglases kompensiert und so zu einem insgesamt minimalen Farbfehler führt. Derartige Strukturen können auch in den Zonen für die der Grundwirkung und/oder der Myopiestoppwirkung verwendet werden.
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Generell können die diffraktiven Mikrostrukturen entweder auf der Vorderfläche oder der Rückfläche des Brillenglases untergebracht sein. Bevorzugt werden sie dabei auf der Vorderfläche untergebracht. Durch die Form der Rückfläche kann dann mit konventioneller Technologie (Schleifschalen) oder Freiformtechnologie die Grundwirkung festgelegt werden.
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Insbesondere auch in Verbindung mit einem Basiskurvensystem kann die Wirkung der diffraktiven Mikrostrukturen ein Defokus sein („Sphäre“) und die refraktive Wirkung der Gegenfläche eine zusätzliche Defokuskomponente und eine astigmatische Komponente („Zylinder“) haben. Dadurch kann die Rotationssymmetrie der Vorderfläche erhalten bleiben und dennoch Brillengläser mit zylindrischer Grundwirkung zur Verfügung gestellt werden. Natürlich ist auch eine zylindrische Wirkung der diffraktiven Mikrostrukturen möglich, wozu aber eine nichtrotationssymmetrische Struktur erforderlich ist.
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Die diffraktiven Mikrostrukturen können ferner durch Überschichten mit einem Material, dessen Brechungsindex von dem des Brillenglases abweicht, geschützt werden. Diese Deckschicht kann sowohl während des Gebrauchs als auch während nachgelagerter Fertigungsschritte (z.B. mechanische Bearbeitung der gegenüberliegenden Fläche des Brillenglases) dienen und auch selbst durch weitere Schichten (z.B. Hartschicht, Antireflex-Schicht und/oder Top-Coat) überschichtet werden. Sie kann auch selbst als Hartschicht dienen.
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Die diffraktiven Mikrostrukturen können (z.B. durch spanende Bearbeitung oder Prägen) direkt in das Brillenglas eingebracht werden. Alternativ kann ein Negativ der diffraktiven Mikrostrukturen in die Gießform (z.B. durch spanende Bearbeitung oder Prägen) eingebracht werden und beim Gießen des Brillenglases in dieses übertragen werden. Weiterhin alternativ kann die Struktur auch als Negativ in eine auf dem späteren Brillenglas als Schutzschicht verbleibende Transferschicht eingebracht werden (z.B. durch spanende Bearbeitung, Prägen oder Abgießen) und das Brillenglas dann an diesen angegossen werden.
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Weiterhin können eine oder mehrere Gießformen (mit negativer Struktur) für das Brillenglas durch Abformen eines direkt strukturieren Masters (mit positiver Struktur) erfolgen. Dies kann aus folgenden Gründen vorteilhaft sein: Erstens ist die Abformung oft kostengünstiger als das direkte Strukturieren. Zweitens sind Materialien, die für die direkte Strukturierung gut geeignet sind (z.B. Nickel-Legierungen) oft weniger gut für das Abgießen von Brillenglasmaterialien geeignet bzw. umgekehrt (z.B. gehärtetes Kronglas).
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Weiterhin kann die Strukturierung photolithgraphisch (z.B. mit Maske oder mit Laserdirekt-Belichtung) erfolgen. Dies gilt für das Brillenglas selbst, eine etwaige Transferschicht, eine etwaige Gießform sowie einen etwaigen Master.
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Außerdem können die Strukturen auch durch eine lokale Änderung des Brechungsindex des Brillenglasmaterials im Inneren des Brillenglases realisiert werden.
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Sind die Strukturen rotationssymmeterisch, können sie besonders einfach mittels (Präzisions-)Drehmaschinen bzw. andere rotierende Fertigungssysteme (z.B. Laser) realisiert werden.
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Ist die Periodizität des Gitters rotationssymmetrisch um das Zentrum, nicht aber die Strukturhöhe, können sie ebenfalls mittels (Präzisions-)Drehmaschinen bzw. andere rotierende Fertigungssysteme (z.B. Laser) realisiert werden. Allerdings ist in diesem Fall eine Variation der Werkzeugposition bzw. der Energie mit dem Polarwinkel erforderlich.
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Nachfolgend werden nicht ausschließliche Beispiele für die verwendeten Materialien angegeben:
- Materialien für Brillengläser:
- • Perfalit 1.5 (Chemische Bezeichnung: Polyethylenglycolbisallylcarbonat, Grundlage ist CR 39 (Columbia Resin 39) von PPG, Brechungsindex 1,5, Abbezahl 58),
- • PCM 1.54 (Chemische Bezeichnung: Polyethylenglycoldimethacrylat, Brechungsindex 1,54, Abbezahl 43)
- • Polycarbonat (Brechungsindex 1,59, Abbezahl 29)
- • Perfalit 1.6 (Chemische Bezeichnung: Polythiourethan, Brechnugsindex 1,60, Abbezahl 41)
- • Perfalit 1.67 (Chemische Bezeichnung: Polythiourethan, Brechungsindex 1,67, Abbezahl 32)
- • Perfalit 1.74 (Chemische Bezeichnung: Polythiourethan, Brechungsindex 1,74, Abbezahl etwa 32)
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Materialien für Transferschichten:
- • TS56T (3) von Tokuyama (Brechungsindex von 1,49,)
- • IM-9200 von SDC Technologies (Brechkraft zwischen 1,585 und1,605)
- • Transhade von Tokuyama (gegebenenfalls mit Primer (Transhade-SC-P) als Haftvermittler, Brechungsindex 1,54)
- • Hi Guard 1080 von PPG
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Weiterhin können für die Transferschichten auch die unter Materialien für Brillengläser genannten Materialien verwendet werden.
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Materialien für Gießformen:
- • Kronglas (zum Beispiel gehärtetes Kronglas vom Typ CH-W 0991 (S-3) der Barberini GmbH auf Basis von Schott Materialien)
- • Quarzglas („fused silica“)
- • Metalle (z.B. Stahl, Nickel, Nickel-Legierungen)
- • Kunststoffe (z.B. Polycarbonat (PC), Polyamid (PA), Polymethylmethacrylat (PMMA)
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Materialien für Trägersubstrate:
- • Die unter Materialien für Brillengläser genannten Materialien
- • Die unter Materialien für Gießformen genannten Materialien
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Ein bevorzugte Materialkombination ist: Brillenglas: Perfalit 1.6 oder 1.67, Transferschicht: Transshade, Gießform: Kronglas CH-W 0991, Trägersubstrat: Perfalit 1.5
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Grundsätzlich sind verschiedenste Materialien möglich, wie zum Beispiel. Kunststoffe, Gläser oder Metalle sowohl einzeln als auch in Kombination. Die einzelnen Materialein können geschichtet und/oder in der Fläche strukturiert sein.