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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Automatikgetriebes, insbesondere zum Synchronisieren und anschließendem Einlegen eines formschlüssigen Schaltelements in besagtem Automatikgetriebe.
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Bei bekannten Automatikgetrieben mit Planentenradsätzen werden verschiedene Getriebeübersetzungen eingestellt, indem die unterschiedlichen drehbaren Elemente der Planentenradsätze mittels reibschlüssiger und/oder formschlüssiger Schaltelemente miteinander gekoppelt oder mit dem Getriebegehäuse drehfest verbunden werden. Schaltelemente zur Koppelung von drehenden Getriebebauteilen bezeichnet man üblicherweise als Kupplungen, solche zum Festsetzen von drehenden Getriebeteilen am Getriebegehäuse bezeichnet man als Bremsen.
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Vor dem Schließen eines formschlüssigen Schaltelements, was auch als Einrücken der Schaltelementhälften ineinander bezeichnet wird, muss eine Synchronisierung der Drehzahlen der Schaltelementhälften erfolgen, um Beschädigungen zu vermeiden und einen gewissen Schaltkomfort sicher zu stellen. Unter einer Synchronisierung der Schaltelementhälften ist nachfolgend eine Angleichung derer Drehzahlen zu verstehen, wobei nicht zwangsläufig ein Gleichlauf erreicht werden muss, sondern auch das Einstellen eines zulässigen maximalen Betrags der Drehzahldifferenz. Bei exaktem Gleichlauf der Schaltelementhälften besteht die Gefahr, dass sich die formschlüssigen Schaltelementhälften in einer Zahn-auf-Zahn-Stellung gegenüberstehen, was ein Einrücken des formschlüssigen Schaltelements unmöglich macht oder zumindest erschwert. Solche Verfahren zum Synchronisieren des formschlüssigen Schaltelements sind beispielsweise aus der
DE 10 2009 028 305 A1 , der
DE 10 2008 001 566 A1 oder der
DE 10 2011 081 005 A1 , sowie der
DE 10 2006 019 239 A1 der Anmelderin bekannt.
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Aus der Anmeldung
DE10 2006 019 239 A1 ist ein Verfahren zur Schaltsteuerung eines automatisierten Schaltgetriebes mit unsynchronisierten Schaltkupplungen bekannt, bei dem die eingangsseitige Drehzahl einer Schaltkupplung des Zielgangs mit großem Drehzahlgradienten zu Beginn und mit kleinem Drehzahlgradienten zum Ende der Synchronisierung asymptotisch an die ausgangsseitige Drehzahl der Schaltkupplung angeglichen wird. Wegen der kleineren Drehzahlgradienten am Ende der Synchronisierung wird die eingangsseitige Drehzahl der Schaltkupplung des Zielgangs zudem mit geringer Drehzahldifferenz an die ausgangsseitige Drehzahl der Schaltkupplung angenähert. Dadurch kann das Einrücken der Schaltkupplung mit geringer Stellkraft und ohne einen großen Schaltruck erfolgen. Hieraus geht demnach die Abflachung eines Gradienten kurz vor Synchron auf einen neuen flachen Gradienten hervor, wodurch sich ein erster Synchronpunkt auf einen zweiten Synchronpunkt verschiebt. Zudem wird in der
DE 10 2006 019 239 A1 die Aktivierung der Schaltkupplung über ein Differenz-Drehzahl-Kriterium beschrieben.
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Die
DE10 2015 005 803 A1 betrifft ein Verfahren zur Ansteuerung einer Formschlussschalteinheit, bei dem ein Differenzdrehzahlverlauf für den Schließvorgang der Formschlussschalteinheit aktiv eingestellt wird, wodurch für den sogenannten Touchpoint eine Drehzahldifferenz vorgegeben werden kann, die einen komfortablen und verschleißarmen Schließvorgang ermöglicht. Für den Touchpoint wird ein abgeflachter Differenzdrehzahlgradient eingestellt, wodurch ein besonders hoher Komfort bei gleichzeitig geringem Verschleiß erreicht werden kann. Unter einem „Differenzdrehzahlgradient“ wird insbesondere eine Änderungsrate der Differenzdrehzahl verstanden. Unter einem „abgeflachten Differenzdrehzahlgradient“ wird hierbei verstanden, dass der Differenzdrehzahlgradient in einem Zeitraum vor dem Touchpoint, insbesondere in einem Zeitraum zwischen dem Durchgang der Synchrondrehzahl und dem Touchpoint, abnimmt. Demnach erfolgt eine Abflachung des Gradienten kurz vor einem ersten Synchronpunkt auf einen neuen flachen Gradienten, wodurch sich ein erster Synchronpunkt auf einen zweiten Synchronpunkt verschiebt. Zudem wird in diesem Dokument eine Aktivierung der Schaltkupplung über ein Differenz-Drehzahl-Kriterium beschrieben. Es wird hierbei vorgeschlagen, dass der Differenzdrehzahlverlauf durch Ansteuerung einer Antriebsmaschine eingestellt wird. Unter einer „Antriebsmaschine“ wird dabei insbesondere eine Antriebsmaschine zum Antrieb eines Kraftfahrzeugs verstanden, wie beispielsweise eine Brennkraftmaschine oder ein Elektromotor.
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Darüber hinaus offenbart die
DE 10 2013 222 381 A1 der Anmelderin ein Verfahren zum Schließen eines formschlüssigen Schaltelements bei einer Schubrückschaltung, bei welchem das übertragene Moment eines reibschlüssigen Schaltelements erhöht wird, in Abhängigkeit der Lage des formschlüssigen Schaltelements. Zudem ist aus der
DE 10 2014 219 304 A1 der Anmelderin ein Verfahren zum Schließen eines formschlüssigen Schaltelements eines Automatikgetriebes bekannt, bei welchem ein gefilterter Differenzdrehzahlgradient ermittelt und abhängig von einer Zeitverschiebung, die sich bei der Filterung der gemessenen antriebsseitigen und abtriebsseitigen Drehzahl und bei der Ermittlung des gefilterten Differenzdrehzahlgradienten einstellt, korrigiert wird.
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe ist es, ein Verfahren anzugeben, mittels welchem die Schaltelementhälften eines formschlüssigen Schaltelementes vor dessen Zuschalten synchronisiert werden, wobei ein hoher Schaltkomfort erreicht werden soll.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Es ist ein Verfahren zum Betreiben eines Automatikgetriebes angegeben, wobei das Automatikgetriebe mindestens ein formschlüssiges Schaltelement umfasst, und wobei vor dem Schließen des formschlüssigen Schaltelements anhand der ermittelten Drehzahlen von dessen Schaltelementhälften deren Differenzdrehzahl und ein Gradient der Differenzdrehzahl über der Zeit bestimmt wird. Hierbei wird aus dem Gradienten ein erster Synchronpunkt und damit ein erster Zeitpunkt zur Aktivierung des formschlüssigen Schaltelements errechnet, wenn der Gradient kleiner ist als ein bestimmter Wert.
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Erfindungsgemäß wird, wenn der Gradient größer ist als ein bestimmter Wert ist, der Verlauf der Differenzdrehzahl so verändert, dass sich ein weiterer, geringerer Gradient ergibt, aus welchem ein zweiter Synchronpunkt errechnet wird, wobei, wenn der weitere Gradient kleiner ist als ein weiterer bestimmter Wert ein zweiter Synchronpunkt anhand des Wertes der Differenzdrehzahl bestimmt wird, wobei beim Erreichen des zweiten Synchronpunktes das formschlüssige Schaltelement geschlossen wird.
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In einer besonderen Ausgestaltung des Verfahrens erfolgt die Druckbeaufschlagung der Schaltelementhälften, auch als Aktivierung des Schaltelements bezeichnet, zu deren Einrücken, um das Schaltelement zu schließen, zu einem Zeitpunkt erfolgt, welcher um einen bestimmten zeitlichen Abstand vor einem Zeitpunkt des Synchronpunktes liegt. Hierdurch wird vorteilhafterweise die Verzugszeit zwischen dem Auslösen der Druckbeaufschlagung des hydraulisch betätigbaren Schaltelements und dem tatsächlichen Druckaufbau, welcher zum Schließen des formschlüssigen Schaltelements führt, bzw. bis zur tatsächlichen Schließbewegung des Schaltelements, reduziert, bzw. ausgeglichen.
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In einer weiteren besonderen Ausgestaltung des Verfahrens erfolgt die Änderung der Differenzdrehzahl und damit des Gradienten mittels einer Beeinflussung der Antriebsdrehzahl des Automatikgetriebes.
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Ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens wird im Folgenden näher beschrieben.
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Es zeigt die einzige Figur
- 1 einen Verlauf einer Differenzdrehzahl n_diff_FS an einem formschlüssigen Schaltelement über der Zeit t.
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1 zeigt ein Diagramm, in welchem ein Verlauf einer Differenzdrehzahl n_diff_FS an einem formschlüssigen Schaltelement, welches von einem geöffneten in einen geschlossenen Zustand überführt wird, über der Zeit t dargestellt ist. Die Überführung eines formschlüssigen Schaltelements von einem geöffneten in einen geschlossenen Zustand wird auch als Aktivierung, Zuschalten, Schließen oder als Einrücken bezeichnet. Im geschlossenen Zustand besteht eine drehfeste Koppelung der Schaltelementhälften. Auf der Ordinate des Diagramms sind zwei Differenzdrehzahlwerte n0, n1 und n2 der Differenzdrehzahl n_diff eingezeichnet: dies ist zum einen der Differenzdrehzahlwert n0, bei welchem die Schaltelementhälften des formschlüssigen Schaltelements ineinander eingerückt werden können, wodurch die Schaltelementhälften drehfest miteinander verbunden sind. Der Differenzdrehzahlwert n0 kann damit entweder eine Differenzdrehzahl n_diff_FS von Null annehmen, so dass Gleichlauf herrscht, oder einem Wert entsprechen, bei dem zwar eine geringe Differenzdrehzahl besteht, die es allerdings ohne das Auftreten von Drehmomentstößen erlaubt, die Schaltelementhälften des formschlüssigen Schaltelements ineinander einzurücken. Nach dem Einrücken beträgt dann aufgrund der drehfesten Koppelung der Schaltelementhälften die Differenzdrehzahl gleich Null. In der Praxis ist wie eingangs beschrieben der Differenzdrehzahlwert n0 nicht gleich Null, da bei völligem Gleichlauf der Schaltelementhälften vor deren Einrücken ineinander die Gefahr einer Zahn-auf-Zahn-Stellung besteht, welche das Einrücken verhindert.
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Der Differenzdrehzahlwert n1 stellt sich ein, wenn das formschlüssige Schaltelement offen ist und die Differenzdrehzahl n_diff_FS am formschlüssigen Schaltelement den für die jeweilige Übersetzungsstufe und die jeweilige Antriebsdrehzahl maximalen Wert erreicht. Das heißt, dass sich in dem Diagramm in 1 die Differenzdrehzahl n_diff_FS beim Anstieg der Kurve verringert. Auf den Differenzdrehzahlwert n2 soll später eingegangen werden.
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Vor einem Zeitpunkt t0 befindet sich das formschlüssige Schaltelement in einem geöffneten Ausgangszustand, in welchem die Schaltelementhälften den maximalen Differenzdrehzahlwert n1 aufweisen. Ab dem Zeitpunkt t0 erfolgt in dem Beispiel ein Schaltbefehl und die Kurve der Differenzdrehzahl n_diff_FS steigt an, so dass der Betrag der Differenzdrehzahl n_diff_FS ausgehend von dem Differenzdrehzahlwert n1 abnimmt. Ab einem Zeitpunkt t0* erfolgt in der Darstellung diese Abnahme in einem linearen Verlauf mit einem Gradienten m1 bis zu einem Zeitpunkt t1.
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Ein Gradient m entspricht der Steigung des Verlaufes der Differenzdrehzahl n_diff_FS, welche sich allgemein als Quotient der Differenz Δy der Werte auf der Y-Achse und der zugehörigen Differenz Δx der Werte auf der X-Achse errechnet, und damit dem Wert des Tangens eines Steigungswinkels α entspricht. Der Steigungswinkel α ist zwischen einem zumindest annähernd linear ansteigenden Abschnitt des Verlaufes der Differenzdrehzahl n_diff_FS und der Horizontalen, die parallel zur X-Achse verläuft, eingeschlossen. Das Steigungsdreieck wird hierbei von einer Gegenkathete Δy und einer Ankathete Δx gebildet. Hierbei ist die Gegenkathete Δy eine Differenz der Werte zweier Punkte des Verlaufes der Differenzdrehzahl n_diff_FS, welche zwei Werten auf der Zeitachse t zugeordnet sind, die als Differenz die Ankathete Δx bilden.
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So verringert sich die Differenzdrehzahl n_diff_LS wie oben beschrieben in einem linearen Verlauf mit einem Gradienten m1. Aus dem Gradienten m1 wird ein Synchronpunkt SP1 berechnet, an welchem der Differenzdrehzahlwert n0 zu einem Zeitpunkt tS1 erreicht werden soll, welcher es erlaubt, die Schaltelementhälften des formschlüssigen Schaltelements ineinander einrücken zu können. Der Gradient m1 sollte deshalb bisher auch konstant gehalten werden, was auch als gradientenbasiertes Kriterium zur Berechnung eines Synchronpunktes bezeichnet wurde. Die Aktivierung des formschlüssigen Schaltelements, worunter dessen Druckbeaufschlagung zu dessen Schließen zu verstehen ist, erfolgt zu dem Zeitpunkt t1.
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Übersteigt der Gradient m1 jetzt jedoch einen bestimmten Wert, d,h, ist der Verlauf der Differenzdrehzahl n_diff_FS über der Zeit t zu steil, führt dies beim Einlegen eines formschlüssigen Schaltelements zu einer schlechten Schaltqualität, da sich die Drehzahldifferenz zwischen den Schaltelementhälften des formschlüssigen Schaltelements relativ schnell über der Zeit verringert.
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Aus diesem Grund wird in kritischen Fahrsituationen der Gradient m1 kurz vor der Synchronisierung zu einem Zeitpunkt t1 beim Erreichen eines Differenzdrehzahlwertes n2 auf einen geringeren Gradienten m2 abgesenkt, was sich in einem flacheren Verlauf des Graphs der Differenzdrehzahl n_diff_FS ab dem Zeitpunkt t1 zeigt. Da sich die Differenzdrehzahl n_diff_FS mit einem Gradienten m2 langsamer dem angestrebten Differenzdrehzahlwert n0 nähert, errechnet sich aus dem Gradienten m2 ein neuer Synchronpunkt SP2, welcher zu einem Zeitpunkt t2S erreicht werden soll. Die Aktivierung des formschlüssigen Schaltelements erfolgt in diesem Falle kurz vorm Erreichen des Synchronpunktes SP2, nämlich zu einem Zeitpunkt t2.
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Der Gradient m2 ist jedoch zu flach, um reproduzierbar über das alte, gradientenbasierte Kriterium, das formschlüssige Schaltelement mit guter Schaltqualität im neuen Synchronpunkt SP2 zu synchronisieren. Deshalb muss über ein neues Differenzdrehzahl-Kriterium das formschlüssige Schaltelement aktiviert werden. Unter dem Differenzdrehzahl-Kriterium ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass sich der Wert der Differenzdrehzahl in einem bestimmten Bereich befinden muss, innerhalb dessen dann die Aktivierung des zu schließenden formschlüssigen Schaltelements erfolgt. Dies geschieht, wenn der Wert des Gradienten m kleiner als ist als ein bestimmter Grenzwert. Ist der Wert des Gradienten m größer als dieser bestimmte Grenzwert, so wird der Synchronpunkt nach dem gradientenbasierten Kriterium errechnet.
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Bezugszeichenliste
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- m1
- Gradient
- m2
- Gradient
- n_diff
- Differenzdrehzahl
- n_diff_FS
- Differenzdrehzahlverlauf des formschlüssigen Schaltelements
- n0
- Differenzdrehzahlwert
- n1
- Differenzdrehzahlwert
- n2
- Differenzdrehzahlwert
- SP1
- Synchronpunkt
- SP2
- Synchronpunkt
- t
- Zeit
- t0
- Zeitpunkt
- t0*
- Zeitpunkt
- t1
- Zeitpunkt
- t1s
- Zeitpunkt
- t2
- Zeitpunkt
- t2s
- Zeitpunkt
- Δx
- Ankathete Steigungsdreieck
- Δy
- Gegenkathete Steigungsdreieck
- α
- Steigungswinkel