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Die vorgestellte Erfindung betrifft ein Brennstoffzellensystem, ein Fahrzeug und ein Verfahren zum Betrieb eines Brennstoffzellensystems.
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Stand der Technik
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Brennstoffzellen sind elektrochemische Energiewandler, die Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) in Wasser (H2O), elektrische Energie und Wärme wandeln.
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Die Reaktionsgase Wasserstoff und Luft sowie Kühlflüssigkeit werden über eine Kanalstruktur in eine Brennstoffzelle geleitet. Durch eine Gasdiffusionslage diffundieren die Reaktionsgase in eine Katalysatorschicht, in der elektrochemische Reaktionen ablaufen.
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Bei Zellflächen von 150-400 cm2 erzeugt eine Brennstoffzelle Leistungen von <800W. Um eine Leistung zu erhöhen, werden mehrere Brennstoffzellen in Reihe zu einem Brennstoffzellenstapel gestapelt. Bei einer solchen Reihenschaltung summiert sich die Zellspannung auf während der elektrische Strom durch alle Brennstoffzellen gleich groß ist.
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In einem Brennstoffzellenfahrzeug mit 100kW Leistung sind 300-400 Brennstoffzellen zu einem Brennstoffzellenstapel gestapelt. Der Brennstoffzellenstapel wird über Endplatten verspannt, typischerweise
mit einer Flächenpressung von 15bar u.a. um eine Zellabdichtung gegenüber der Umgebung zu gewährleisten und einen geringen Kontaktwiderstand sicherzustellen.
Die Membran einer Brennstoffzelle trennt die Reaktionsgase nicht ideal, sodass ein konstanter Diffusionsaustausch zwischen den Gasräumen stattfindet. Bei längerem Abschalten eines Brennstoffzellenstapels in einem Zeitraum von bspw. größer als eine Minute, wird der verbleibende Wasserstoff auf der Anodenseite verbraucht. Weiterhin stellt sich durch Diffusionsprozesse von der Kathodenseite zu der Anodenseite oder von außerhalb des Brennstoffzellenstapels in den Brennstoffzellenstapel, eine Atmosphäre ein, die letztendlich auf Anodenseite und Kathodenseite aus Luft besteht.
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Beim Wiederstarten des Brennstoffzellenstapels wird Wasserstoff vom Anodeneinlass aus durch jeweilige Brennstoffzellen geleitet. Folglich wandert eine Grenzfront Luft/Wasserstoff entlang einer Kanalrichtung durch die Brennstoffzellen. Dies führt zu einer Potenzialumkehr, was bekanntermaßen erheblich für Alterungsprozesse in einer Brennstoffzelle verantwortlich ist.
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Offenbarung der Erfindung
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Im Rahmen der vorgestellten Erfindung werden ein Brennstoffzellensystem, ein Fahrzeug und ein Verfahren zum Betreiben des Brennstoffzellensystems vorgestellt. Weitere Merkmale und Details der Erfindung ergeben sich aus den jeweiligen Unteransprüchen, der Beschreibung und den Zeichnungen. Dabei gelten Merkmale und Details, die im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren beschrieben sind, selbstverständlich auch im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Brennstoffzellensystem bzw. dem erfindungsgemäßen Fahrzeug und jeweils umgekehrt, sodass bezüglich der Offenbarung zu den einzelnen Erfindungsaspekten stets wechselseitig Bezug genommen wird bzw. werden kann.
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Die vorgestellte Erfindung dient insbesondere dazu, ein langlebiges Brennstoffzellensystem bereitzustellen.
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Es wird somit gemäß einem ersten Aspekt der vorgestellten Erfindung ein Brennstoffzellensystem vorgestellt. Das Brennstoffzellensystem umfasst einen Brennstoffzellenstapel mit einem Anodenkreislauf und einem Kathodenkreislauf, einen Unterdruckerzeuger, eine Batterie und ein Kontrollgerät. Das Kontrollgerät ist dazu konfiguriert, den Unterdruckerzeuger bei einem Start des Brennstoffzellensystems mittels elektrischem Strom aus der Batterie zu betreiben. Der Unterdruckerzeuger ist dazu konfiguriert, den Anodenkreislauf zumindest teilweise zu evakuieren.
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Unter einem Unterdruck ist im Kontext der vorgestellten Erfindung ein Druck der unter einer Normalatmosphäre liegt, zu verstehen.
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Das vorgestellte Brennstoffzellensystem basiert auf einem Unterdruckerzeuger, wie bspw. einem Bremskraftverstärker oder einer entsprechenden Pumpe, der mittels elektrischen Strom aus einer Batterie betrieben wird, um einen Anodenkreislauf des Brennstoffzellensystems zumindest teilweise zu evakuieren, bevor das Brennstoffzellensystem gestartet wird bzw. Brennstoff in den Anodenkreislauf geleitet wird.
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Durch die erfindungsgemäß vorgesehene Versorgung des Unterdruckerzeugers mit elektrischen Strom aus einer Batterie kann der Unterdruckerzeuger unabhängig von einem Betriebszustand eines Brennstoffzellenstapels des Brennstoffzellensystems betrieben werden, sodass der Brennstoffzellenstapel zunächst, in einem ersten Schritt auf einen Start vorbereitet werden kann, indem dessen Anodenkreislauf mit Unterdruck beaufschlagt wird, und anschließend, in einem zweiten Schritt der Brennstoffzellenstapel gestartet bzw. mit Brennstoff versorgt wird.
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Durch die von einem Betriebszustand des Brennstoffzellenstapels unabhängige Versorgung des Unterdruckerzeugers mit elektrischem Strom aus der Batterie wird somit eine Schadenseinwirkzeit, bei der ein Luft-Luft Zustand während eines Starts des Brennstoffzellensystems schadhaft auf jeweilige Brennstoffzellen einwirkt, minimiert.
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Es kann vorgesehen sein, dass das Kontrollgerät dazu konfiguriert ist, den Unterdruckerzeuger zu betreiben, bevor eine Zufuhr von Brennstoff in den Anodenkreislauf erfolgt.
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Durch ein Betreiben des Unterdruckerzeugers vor einer Zufuhr von Brennstoff in den Anodenkreislauf wird der Anodenkreislauf zumindest teilweise evakuiert und in dem Anodenkreislauf befindliche Luft zumindest teilweise entfernt, sodass eine Potentialumkehr vermieden oder zumindest minimiert wird.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass der Unterdruckerzeuger ein Bremskraftverstärker ist, der fluidleitend mit dem Anodenkreislauf verbunden ist.
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Für den Fall, dass das vorgestellte Brennstoffzellensystem in einem Fahrzeug betrieben wird, kann ein fahrzeugseitig vorhandener Unterdruckerzeuger, wie bspw. ein Bremskraftverstärker zum zumindest teilweisen Evakuieren des Anodenkreislaufs verwendet werden, sodass das Brennstoffzellensystem besonders kompakt ausgestaltet werden kann.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass der Anodenkreislauf eine Schnittstelle zum fluidleitenden Verbinden mit dem Unterdruckerzeuger umfasst.
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Über eine Schnittstelle, wie bspw. ein Ventil, kann der Anodenkreislauf mit einem Unterdruckerzeuger verbunden werden. Dabei kann die Schnittstelle aktiv, d.h. durch das erfindungsgemäß vorgesehene Kontrollgerät zu steuern sein, sodass eine Evakuierung des Anodenkreislaufs durch Steuern der Schnittstelle kontrolliert werden kann.
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Bspw. kann die Schnittstelle mit einem Unterdruckreservoir verbunden sein, in dem bei Aktivierung des Brennstoffzellensystems ein Unterdruck bereitgestellt wird und das bei Aktivierung der Schnittstelle bzw. des Ventils Luft aus dem Anodenkreislauf aufnimmt, um diesen zumindest teilweise zu evakuieren.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass das Kontrollgerät dazu konfiguriert ist, den Unterdruckerzeuger solange zu aktivieren, bis mindestens ein vorgegebener Unterdruck in dem Anodenkreislauf anliegt und frühestens bei Anliegen von mindestens dem vorgegebenen Unterdruck in dem Anodenkreislauf eine Versorgung des Anodenkreislaufs mit Wasserstoff freizugegeben.
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Um bestmögliche Bedingungen zum Start des Brennstoffzellenstapels sicherzustellen, kann ein Wert eines einzustellenden Unterdrucks vorgegebenen werden, der erreicht werden muss, bevor eine Versorgung des Anodenkreislaufs mit Wasserstoff erfolgt. Dazu kann das erfindungsgemäß vorgesehene Kontrollgerät bspw. mit einem Drucksensor in dem Anodenkreislauf verbunden sein und den Unterdruckerzeuger in Abhängigkeit jeweilig durch den Drucksensor ermittelter Messwerte steuern bzw. regeln.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass das Kontrollgerät dazu konfiguriert ist, eine Aktivität des Unterdruckerzeuges und eine dadurch bedingte Inaktivität des Brennstoffzellenstapels einem Nutzer auf einer Ausgabeeinheit anzuzeigen.
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Durch eine Ausgabe eines Signals, wie bspw. einem Aufleuchten einer Lampe und/oder einem Aktivieren eines Lautsprechers kann ein Nutzer darüber informiert werden, dass aktuell eine Vorkonditionierung des Brennstoffzellensystems stattfindet und der Brennstoffzellenstapel gestartet wird, sobald die Vorkonditionierung beendet ist. Durch eine Ausgabe eines entsprechenden Signals wird ein ggf. von einem auf einen Start des Brennstoffzellenstapels wartenden Nutzer durchgeführter Neustart des Brennstoffzellensystems verhindert.
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Es kann weiterhin vorgesehen sein, dass das Kontrollgerät dazu konfiguriert ist, den Unterdruckerzeuger lediglich dann zu aktivieren, wenn seit einem Stopp des Brennstoffzellensystems ein Zeitraum vergangen ist, der größer ist als ein vorgegebener Schwellenwert.
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Da bei einem kurzzeitigen Stopp des Brennstoffzellensystems in der Regel kein oder nur ein minimaler Eintrag von Luft in den Anodenkreislauf erfolgt, kann auf eine Evakuierung bei einem kurzzeitigen Stopp verzichtet werden.
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In einem zweiten Aspekt betrifft die vorgestellte Erfindung ein Fahrzeug mit einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Brennstoffzellensystems.
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Das erfindungsgemäße Fahrzeug ist aufgrund des erfindungsgemäßen Brennstoffzellensystems besonders robust und zeigt eine entsprechend lange Standzeit bzw. ein entsprechend langes Wartungsintervall.
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In einem dritten Aspekt betrifft die vorgestellte Erfindung ein Verfahren zum Starten eines Brennstoffzellensystems, bei dem ein Unterdruckerzeuger mit elektrischem Strom aus einer Batterie betrieben wird, um einen Anodenkreislauf des Brennstoffzellensystems zumindest teilweise zu evakuieren, bevor Brennstoff in den Anodenkreislauf eingeleitet wird.
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Das vorgestellte Verfahren dient insbesondere zum Betrieb des vorgestellten Brennstoffzellensystems.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der unter Bezugnahme auf die Zeichnungen Ausführungsbeispiele der Erfindung im Einzelnen beschrieben sind. Dabei können die in den Ansprüchen und in der Beschreibung erwähnten Merkmale jeweils einzeln für sich oder in beliebiger Kombination erfindungswesentlich sein.
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Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer möglichen Ausgestaltung des vorgestellten Brennstoffzellensystems,
- 2 eine mögliche Ausgestaltung des vorgestellten Fahrzeugs,
- 3 eine mögliche Ausgestaltung des vorgestellten Verfahrens.
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In 1 ist ein Brennstoffzellensystem 100 dargestellt. Das Brennstoffzellensystem 100 umfasst einen Brennstoffzellenstapel 101 mit einem Anodenkreislauf 103 und einem Kathodenkreislauf 105, einen Unterdruckerzeuger 107, eine Batterie 109 und ein Kontrollgerät 111.
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Das Kontrollgerät 111 ist dazu konfiguriert, den Unterdruckerzeuger 107 bei einem Start des Brennstoffzellensystems 100 mittels elektrischen Stroms aus der Batterie 109 zu betreiben.
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Der Unterdruckerzeuger 107, der vorliegend beispielhaft eine Vakuumpumpe ist, ist dazu konfiguriert, den Anodenkreislauf 103 zumindest teilweise zu evakuieren, wenn dieser mit elektrischem Strom versorgt wird. Dazu ist der Unterdruckerzeuger 107 vorliegend über eine optionale Schnittstelle 113 in Form eines Ventils mit dem Anodenkreislauf 103 fluidleitend verbunden.
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In 2 ist ein Fahrzeug 200 dargestellt. Das Fahrzeug 200 umfasst das Brennstoffzellensystem 100 gemäß 1, wobei der Unterdruckerzeuger 107 vorliegend beispielhaft ein Bremskraftverstärker des Fahrzeugs 200 ist.
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In 3 ist ein Verfahren 300 dargestellt. Das Verfahren 300 umfasst einen Evakuierungsschritt 301, bei dem ein Unterdruckerzeuger mit elektrischem Strom aus einer Batterie betrieben wird, um einen Anodenkreislauf eines Brennstoffzellensystems zumindest teilweise zu evakuieren, bevor in einem Versorgungsschritt 303 Brennstoff in den Anodenkreislauf eingeleitet wird.