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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein System zur Simulation von Eigenschaften, insbesondere den Sende- und Empfangseigenschaften eines Radarsensors in einer Fahrsituationsumgebung, insbesondere einer sich dynamisch ändernden Fahrsituationsumgebung.
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Bei der Entwicklung und Absicherung von Radarsensoren, die in Fahrzeugen Anwendung finden, besteht der Bedarf, mittels einer Simulationsumgebung die Eigenschaften des Radarsensors in einer Fahrsituation testen und überprüfen zu können, d.h. virtuelle Daten für die Entwicklung der Sensoren zu erzeugen und zu nutzen.
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Für die Erzeugung der virtuellen Daten in der Simulationsumgebung werden Modelle entwickelt und verwendet, die physikalische Effekte modellieren, um möglichst reale, dem physikalischen Sensor sehr nahekommende Daten zu erzeugen. Die Möglichkeit, die mathematischen Gleichungen, die die Sensorumgebung exakt beschreiben (z.B. die Maxwell-Gleichungen) direkt zu lösen, um die benötigten Daten zu erzeugen, scheitert zum einen an der benötigten Rechenzeit und zum anderen an dem Fehlen der Kenntnisse von Randbedingungen.
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Es ist bekannt, mittels Ray-Tracing (engl. Strahlverfolgung) die Ausbreitung von elektro-magnetischen Wellen zu modellieren. Hierbei müssen beispielsweise Effekte wie Brechung oder Beugung bei der Ausbreitung der Strahlen modelliert werden, um die tatsächlich auftretende Wellenausbreitung möglichst exakt nachbilden zu können. Mittels Ray-Tracing wird eine Wellenfront durch einzelne Strahlen diskret dargestellt. Für den Fall, dass aufgrund der Reflektionseigenschaften des Objekts, der Größe des Empfangsbereichs des Radarsensors und der Diskretisierung der Wellenausbreitung nur ein oder wenige Strahlen berücksichtigt werden, wird die Ausbreitung der Radarstrahlung als Wellenfront in der Simulation nicht adäquat repräsentiert, was zu unzureichenden Simulationsergebnissen führt.
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Komplex geformte Objekte wie beispielsweise Fahrzeuge werden in der Simulationsumgebung häufig durch eine Vielzahl von geometrischen Grundelementen, auch als „Primitive“ bezeichnet, nachgebildet.
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Diese Nachbildung der Objektoberfläche verschärft das durch Ray-Tracing auftretende Problem, da beispielsweise nach der Reflektion eines Strahles an einem Primitiv wieder nur ein Strahl oder, je nach Modellierung, eine endliche Anzahl von Strahlen erzeugt wird. Je nach Ausrichtung dieses Primitives, welche auch fehlerbehaftet sein kann, zeigen die durch die Reflexion erzeugten Strahlen ebenfalls in beliebig fehlerhafte Richtungen. Die Welle, die nach dem Huygensschen Prinzip an der reflektierenden Oberfläche erzeugt werden würde, wird somit in bekannten Simulationsumgebungen nicht richtig modelliert, was zur Folge hat, dass am Radarsensor empfangsseitig kein oder nur ein geringeres Empfangssignal erhalten wird. Dieses ist wiederum stark von der Auflösung, also der Anzahl der erzeugten Strahlen und der Modellgenauigkeit der Oberfläche des reflektierenden Objektes abhängig.
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Ausgehend hiervon ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Simulation von Eigenschaften eines Radarsensors in einer Fahrsituationsumgebung anzugeben, das eine verbesserte Simulation der Eigenschaften eines Radarsensors bei Nutzung des Ray-Tracing-Prinzips ermöglicht.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Ein System zur Simulation von Eigenschaften eines Radarsensors in einer Fahrsituationsumgebung ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 9.
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Gemäß einem ersten Aspekt bezieht sich die Erfindung auf ein computerimplementiertes Verfahren zur Simulation von Eigenschaften, insbesondere den Empfangseigenschaften, zumindest eines Radarsensors in einer Fahrsituationsumgebung, insbesondere einer sich dynamisch ändernden Fahrsituationsumgebung (beispielsweise durch die Eigenbewegung des Fahrzeugs, das den Radarsensor aufweist und/oder die Bewegung von Umgebungsobjekten in der Szene). Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
- Zunächst wird eine Simulationsumgebung mit zumindest einem virtuellen Radarsensor und zumindest einem reflektierenden Objekt bereitgestellt, dessen Objektgeometrie und Ausrichtung relativ zu dem zumindest einen Radarsensor bekannt ist. Die Simulationsumgebung ist eine softwareimplementierte Simulationsumgebung, in der der zumindest eine Radarsensor und die Szene, die den Radarsensor umgibt, d.h. auch das zumindest eine reflektierende Objekt, modelliert sind.
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Anschließend wird das Aussenden eines Radarsignals mittels eines Bündels von Radarstrahlen simuliert, d.h. die sich tatsächlich ausbreitende Wellenfront wird durch einen oder mehrere diskrete Radarstrahlen nachgebildet.
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Daraufhin wird die sich aufgrund der ausgesandten, einzelnen Radarstrahlen ergebende Strahlausbreitung im Simulationsraum berechnet. Ebenso werden die aufgrund der ausgesandten, einzelnen Radarstrahlen entstehenden reflektierten Radarstrahlen berechnet, die durch Reflexion an dem zumindest einen reflektierenden Objekt entstehen.
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Anschließend werden diejenigen reflektierten Radarstrahlen ermittelt, die eine virtuelle Empfangsebene, in der der zumindest eine empfangende Radarsensor liegt, treffen. Die Empfangsebene umspannt dabei eine gesamte Raumebene und ist in ihrer Ausdehnung nicht begrenzt. In anderen Worten werden damit nicht nur Radarstrahlen betrachtet, die auf den flächenmäßig sehr begrenzten Empfangsbereich des Radarsensors treffen, sondern es wird der Empfangsbereich des Radarsensors sowohl in der Höhe als auch in der Breite derart erweitert, dass die sich ergebende virtuelle Empfangsebene die gesamte Raumebene umspannt, in der der Empfangsbereich des Radarsensors liegt.
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Daraufhin wird die Amplitude und Phase der reflektierten Radarstrahlen derart korrigiert, dass diese Radarstrahlen entsprechen, die zwischen dem reflektierenden Objekt und dem empfangenden Radarsensor verlaufen. In anderen Worten werden also die auf die Empfangsebene auftreffenden Radarstrahlen derart modifiziert, dass diese Amplituden- und Phaseneigenschaften aufweisen, die Radarstrahlen entsprechen, die zwischen dem reflektierenden Objekt, insbesondere dem letzten Reflexionspunkt in der Szene, und dem Empfangsbereich des Radarsensors verlaufen.
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Zuletzt wird ein Radarempfangssignal basierend auf den korrigierten, reflektierten Radarstrahlen berechnet.
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Der technische Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass durch das Einbeziehen von Radarstrahlen, die nicht den Radarsensor selbst, aber die erweiterte Empfangsebene treffen, die tatsächliche Wellenausbreitung, die in Form von Wellenfronten stattfindet, trotz Anwendung eines Ray-Tracing-Verfahrens, das eine effiziente Berechnung der Wellenausbreitung ermöglicht, besser berücksichtigt wird und damit auch bei auftretenden Modellierungsfehlern der Szene eine Simulation der Eigenschaften des Radarsensors möglich wird.
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Das Verfahren kann zur Simulation von monostatischen Radarsystemen verwendet werden, d.h. das Senden und Empfangen der Radarstrahlen erfolgt von ein und denselben Radarsensor. Alternativ kann das Senden und Empfangen der Radarstrahlen auch von unterschiedlichen Radarsensoren erfolgen, d.h. ein oder mehrere Radarsensoren senden Radarstrahlen aus und ein oder mehrere andere Radarsensoren empfangen die an Umgebungsobjekten reflektierten Radarstrahlen (bistatisches oder multistatisches Radarsystem). In dem Fall, dass das Senden und der Empfang durch unterschiedliche Radarsensoren erfolgt, liegt die virtuelle Empfangsebene im Bereich des zumindest einen empfangenden Radarsensors.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden zumindest teilweise die reflektierten Radarstrahlen, die sich von dem reflektierenden Objekt in die Hälfte des Simulationsraums ausbreiten, in der der virtuelle, die reflektierten Radarstrahlen empfangende Radarsensor angeordnet ist, in ihrer Amplitude und Phase korrigiert und nach der Korrektur zum Berechnen des Radarempfangssignals verwendet. Dadurch können die Amplituden- und Phasenfehler, die aufgrund der Berücksichtigung von nicht auf den Empfangsbereich des empfangenden Radarsensors selbst, sondern auf die Empfangsebene auftreffenden Radarstrahlen entstehen, kompensiert werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt das Korrigieren der Amplitude und Phase der reflektierten Radarstrahlen dadurch, dass die Amplitude und Phase des auf die Empfangsebene außerhalb des Empfangsbereichs des Radarsensors treffenden Radarstrahls derart angepasst wird, dass diese der Amplitude und Phase eines reflektierten Radarstrahls entspricht, der zwischen dem reflektierenden Objekt und dem Empfangsbereich des empfangenden Radarsensors verläuft. Damit wird die Amplitude und Phase des Radarstrahls so angepasst, wie wenn der Radarstrahl direkt auf den empfangenden Radarsensor auftreffen würde, wodurch die durch die Erweiterung des Erfassungsbereichs entstehenden Amplituden- und Phasenfehler reduziert werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird zu jedem reflektierten Radarstrahl der letzte Reflexionspunkt im Simulationsraum bestimmt und ausgehend von diesem die Korrektur der Amplitude und Phase des reflektierten Radarstrahls vorgenommen. Dadurch kann selbst bei Mehrfachreflektionen des Radarstrahls eine der tatsächlichen Wellenausbreitung entsprechende Berücksichtigung der Radarstrahlen und Kompensation von Amplituden- und Phasenfehlern erfolgen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird an dem Reflexionspunkt des Radarstrahls die Reflektionsart, beispielsweise diffuse oder spiegelnde Reflektion, bestimmt. Zudem wird die Leistung des reflektierten Radarstrahls abhängig von der Reflektionsart berechnet, d.h. abhängig davon, ob eine spiegelnde oder diffuse Reflexion an dem Reflexionspunkt auftritt. Durch die Berücksichtigung des Reflektionsverhaltens des reflektierenden Objekts kann die in der Realität auftretende Wellenausbreitung exakter nachgebildet werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel ist ein Leistungsschwellwert vorgegeben und es werden nur die auf die Empfangsebene treffenden reflektierten Radarstrahlen berücksichtigt, die diesen Leistungsschwellwert überschreiten. Dadurch können sehr leistungsschwache Radarstrahlen bei der Berechnung des Radarempfangssignals ausgeschlossen werden, da diese lediglich einen sehr geringen Beitrag zum Gesamtergebnis leisten.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel werden die korrigierten, reflektierten Radarstrahlen einer Radarsignalverarbeitung unterzogen, und zwar derart, dass die Amplitude der korrigierten, reflektierten Radarstrahlen auf Basis der Antennencharakteristik angepasst, einer Analog-Digital-Wandlung unterzogen und digitale Basisbandsignale erzeugt werden. Damit werden die korrigierten, reflektierten Radarstrahlen durch den empfangenden Radarsensor in gleicher Weise weiterverarbeitet wie Radarstrahlen, die direkt von dem reflektierenden Objekt auf den Empfangsbereich des Radarsensors auftreffen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Computerprogramm offenbart, das Befehle umfasst, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, das Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ausführungsformen auszuführen.
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Gemäß einem nochmals weiteren Aspekt wird ein System zur Simulation von Eigenschaften zumindest eines Radarsensors in einer Fahrsituationsumgebung offenbart. Das System weist eine Rechnereinheit auf, die eine Simulationsumgebung mit zumindest einem virtuellen Radarsensor und zumindest einem reflektierenden Objekt, dessen Objektgeometrie und Ausrichtung relativ zu dem zumindest einen Radarsensor bekannt ist, bereitstellt. Die Rechnereinheit ist dazu konfiguriert, die folgenden Schritte zu vollziehen:
- - Simulieren des Aussendens eines Radarsignals mittels eines Bündels von Radarstrahlen;
- - Berechnen der Strahlausbreitung der ausgesandten, einzelnen Radarstrahlen im Simulationsraum und der aufgrund der ausgesandten, einzelnen Radarstrahlen entstehenden reflektierten Radarstrahlen, die durch Reflexion an dem zumindest einen reflektierenden Objekt entstehen;
- - Ermitteln derjenigen reflektierten Radarstrahlen, die eine virtuelle Empfangsebene, in der der zumindest eine Radarsensor (empfangender Radarsensor) liegt, treffen, wobei die Empfangsebene eine gesamte Raumebene umspannt und in ihrer Ausdehnung nicht begrenzt ist;
- - Korrigieren der Amplitude und Phase der reflektierten Radarstrahlen derart, dass diese Radarstrahlen entsprechen, die zwischen dem reflektierenden Objekt und dem Radarsensor verlaufen; und
- - Berechnen eines Radarempfangssignals basierend auf den korrigierten, reflektierten Radarstrahlen.
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Unter „Radarstrahl“ im Sinne der vorliegenden Erfindung wird eine Repräsentation der Ausbreitung der von dem Radar ausgesendet elektromagnetischen Welle durch einen oder mehrere in die Szene ausgesendeten Strahlen verstanden. Insbesondere bezieht sich der Begriff „Radarstrahl“ auf einen Strahl, der in einem „Ray-Tracing“-Verfahren zur Ermittlung der Ausbreitung eines Radarsignals in einer Szene unter dem Auftreten einer oder mehrerer Reflexionen verwendet wird.
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Die Ausdrücke „näherungsweise“, „im Wesentlichen“ oder „etwa“ bedeuten im Sinne der Erfindung Abweichungen vom jeweils exakten Wert um +/- 10%, bevorzugt um +/- 5% und/oder Abweichungen in Form von für die Funktion unbedeutenden Änderungen.
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Weiterbildungen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen und aus den Figuren. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination grundsätzlich Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung. Auch wird der Inhalt der Ansprüche zu einem Bestandteil der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figuren an Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 beispielhaft eine schematische Darstellung der tatsächlichen Wellenausbreitung zwischen einem Radarsensor und einem reflektierenden Objekt (dargestellt durch die kreisbogenförmigen Wellenfronten) und die Diskretisierung der Wellenausbreitung mittels Bündeln von Radarstrahlen;
- 2 beispielhaft und grob schematisch die aufgrund der Diskretisierung der Wellenfronten auftretende Auffächerung der rückreflektierten Radarstrahlen;
- 3 beispielhaft und grob schematisch die Darstellung einer virtuellen Empfangsebene zur Erfassung der rückreflektierten Radarstrahlen, die nicht auf den Empfangsbereich des Radarsensors treffen;
- 4 beispielhaft und grob schematisch die Darstellung von rückreflektierten Radarstrahlen, die derart korrigiert wurden, dass diese auf den Empfangsbereich des Radarsensors treffen; und
- 5 beispielhaft und grob schematisch ein Ausführungsbeispiel ähnlich dem der 4, wobei von einem ersten Radarsensor die Radarstrahlen emittiert werden und von einem zweite Radarsensor die reflektierten Radarstrahlen empfangen werden (bistatischer Fall).
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1 zeigt beispielhaft und grob schematisch die Ausbreitung von Radarstrahlen, die von einem Radarsensor 1 generiert wurden. Die sich vom Radarsensor 1 von links nach rechts ausbreitende Wellenfront, die durch nach links offene Kreisbogensegmente angedeutet ist, breitet sich in der Realität gemäß dem huygensschen Prinzip aus. Die Berechnung sich aus dem huygensschen Prinzip ergebenden Wellenfronten ist sehr rechenaufwändig, insbesondere bei dynamischen Fahrsituationen, bei denen sich das Ego-Fahrzeug bzw. die Umgebungsobjekte bewegen. Zur Verringerung des Rechenaufwands wird häufig die sog. Ray-Tracing-Methode angewandt, bei der die Wellenfronten durch mehrere, einzelne Strahlen diskretisiert werden. Die vom Radarsensor 1 ausgesandten Radarstrahlen 3 (gemäß der Ray-Tracing-Methode) sind in 1 durch das linke Strahlenbündel dargestellt, wobei sich die ausgesandten Radarstrahlen 3 von links nach rechts ausbreiten.
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Treffen die Radarstrahlen 3 auf ein Objekt 2, entstehen Reflexionen. Die reflektierte Welle entspricht in Realität wiederum einer Wellenfront die gemäß dem huygensschen Prinzip und basierend auf den Gleichungen nach Maxwell berechenbar sind (s. die sich von rechts nach links ausbreitende Wellenfront in 1). Jedoch gilt auch hier, dass dies sehr hohen Rechenaufwand nach sich zieht und darüber hinaus auch notwendige Randbedingungen zur Lösung der Gleichungen nicht bekannt sind.
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Um den Rechenaufwand zu verkleinern, kann zu jedem vom Radarsensor 1 ausgesandten Radarstrahl 3, der auf das Objekt 2 trifft, ein reflektierter Radarstrahl 4 bestimmt werden. Abhängig vom Einfallswinkel und der Oberflächenkontur des Objekts kann sich eine divergente Ausbreitungsrichtung der reflektierten Radarstrahlen 4 ergeben, so dass lediglich ein Teil der reflektierten Radarstrahlen 4 auf den Radarsensor 1 auftreffen und damit zu einem Detektionssignal beitragen. Eine derartige Erfassungssituation ist in 2 skizziert, wobei die reflektierten Radarstrahlen 4 gestrichelt eingezeichnet sind und in dem gezeigten Ausführungsbeispiel lediglich ein reflektierter Radarstrahl 4 auf den Radarsensor 1 trifft, die übrigen reflektierten Radarstrahlen jedoch an dem Radarsensor 1 vorbeigehen und damit nicht berücksichtigt werden.
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In Simulationsumgebungen, in denen der Radarsensor virtuell mit dessen Sende- und Empfangseigenschaften nachgebildet wird, und die aktuelle Fahrsituation bzw. die reflektierenden Objekte 2 im Umgebungsbereich des Radarsensors 1 des Ego-Fahrzeugs ebenso modelliert sind, treten Empfangssituationen, wie sie in 2 beschrieben sind, häufig auf. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die Oberflächenform eines reflektierenden Objekts 2 häufig durch eine Vielzahl von ebenen Vielecken (sog. Primitive) approximiert wird, wobei sich durch diese diskrete Approximation der Oberfläche des Objekts und die Nachbildung der Wellenfront mittels einzelner, diskreter Radarstrahlen eine divergente Ausbreitung der reflektierten Radarstrahlen 4 ergibt. Damit können Situationen auftreten, in denen trotz bestehender Rückreflexionen keine oder im Wesentlichen keine reflektierten Radarstrahlen auf den Empfangsbereich des Radarsensors 1 fallen und trotz bestehender Rückreflexionen in der Simulation damit kein Empfangssignal am Radarsensor 1 entsteht.
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Um den vorbeschriebenen Nachteilen zu begegnen, wird der Empfangsbereich des Radarsensors 1 auf eine virtuelle Empfangsebene 5 erweitert. Die virtuelle Empfangsebene 5, die in 3 durch die vertikal verlaufende gestrichelte Linie dargestellt ist, umfasst den Erfassungsbereich des Radarsensors 1, ist jedoch nicht auf diesen begrenzt, sondern umfasst die gesamte Raumebene, d.h. ist in Länge und Breite unbegrenzt. Dadurch wird erreicht, dass auch die reflektierten Radarstrahlen 4, die aufgrund des geänderten Ausfallwinkels nicht direkt auf den Empfangsbereich des Radarsensors 1 auftreffen, jedoch die virtuelle Empfangsebene 5 schneiden, bei der Berechnung des Radarempfangssignals berücksichtigt werden. Damit kann die Charakteristik einer sich gemäß dem huygensschen Prinzip ausbreitenden Wellenfront modelliert werden und die Simulation wird unempfindlicher gegen Modellierungsfehler der reflektierenden Oberflächen, die beispielsweise aufgrund der diskreten Nachbildung der Objektoberfläche durch eine Vielzahl von Primitive entsteht.
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Vorzugsweise erfolgt eine Kompensation von Amplituden- und Phasenfehlern, die durch die Berücksichtigung von reflektierten, auf die virtuelle Empfangsebene 5 außerhalb des Empfangsbereichs des Radarsensors 1 fallenden Radarstrahlen 4 entstehen. Wie in 4 schematisch dargestellt, werden die reflektierten Radarstrahlen 4 derart in deren Ausbreitungsrichtung korrigiert, dass diese auf den Empfangsbereich des Radarsensors 1 treffen, beispielsweise auf den geometrischen Mittelpunkt des Empfangsbereichs des Radarsensors 1.
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Vorzugsweise wird zu jedem ausgesandten Radarstrahl 3, der auf ein reflektierendes Objekt 2 trifft, der Auftreffpunkt auf dem Objekt 2 bestimmt. Von diesem Auftreffpunkt wird anschließend ein korrigierter, reflektierter Radarstrahl 4' bestimmt, der von dem Auftreffpunkt in Richtung des Empfangsbereichs des Radarsensors 1 verläuft. In anderen Worten wird damit die Ausbreitungsrichtung der reflektierten Radarstrahlen 4 derart geändert, dass diese nicht auf der virtuellen Empfangsebene 5 außerhalb des Empfangsbereichs des Radarsensors 1 auftreffen, sondern direkt auf dem Empfangsbereich des Radarsensors 1.
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Diese Veränderung des Ausbreitungswinkels bedingt Änderungen der Ausbreitungsrichtung und damit der Weglänge der Ausbreitung. Um diese Änderungen der Ausbreitungsrichtung bzw. der Weglänge zu berücksichtigen, wird die Amplitude und Phase des reflektierten Radarstrahls 4 angepasst, und zwar derart, dass die Amplitude und Phase dem Ausbreitungsweg entsprechen, den der korrigierte, reflektierte Radarstrahl 4' zwischen dem Auftreffpunkt am Objekt 2 und dem Empfangsbereich des Radarsensors 1 zurücklegen würde.
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Vorzugsweise wird auch die Art der Reflexion an dem Auftreffpunkt bei der Berechnung der Amplitude der reflektierten Radarstrahlen 4 berücksichtigt, beispielsweise, ob eine spiegelnde Reflexion erfolgt oder eine diffuse Reflexion.
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Zudem wird die Amplitude der reflektierten Radarstrahlen 4 dahingehend geprüft, ob diese beim Auftreffen auf die virtuelle Empfangsebene 5 oberhalb eines Amplitudenschwellwerts liegt. Falls dies nicht der Fall ist, kann dieser reflektierte Radarstrahl verworfen werden. Dadurch kann erreicht werden, dass weit von dem Radarsensor entfernt auf die virtuelle Empfangsebene 5 auftreffende Radarstrahlen 4, die in der Regel eine geringe Amplitude haben, verworfen werden.
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5 zeigt in Abweichung von den vorherigen Ausführungsbeispielen ein Ausführungsbeispiel eines bistatischen Falls, bei dem das Emittieren der Radarstrahlen durch einen sendenden Radarsensor 1' und das Empfangen der Radarstrahlen durch einen empfangenden Radarsensor 1 erfolgt.
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Dieses Ausführungsbeispiel unterscheidet sich von den vorherigen Ausführungsbeispielen lediglich dadurch, dass der sendende Radarsensor 1' durch einen separaten Radarsensor gebildet wird. Im Übrigen gelten alle vorher im Zusammenhang mit den übrigen Ausführungsbeispielen beschriebenen Merkmale und Eigenschaften auch für dieses Ausführungsbeispiel. Insbesondere wird im Bereich des empfangenden Radarsensors 1 auch hier eine virtuelle Empfangsebene 5 verwendet, die den Erfassungsbereich des Radarsensors 1 umfasst, jedoch nicht auf diesen begrenzt ist, sondern die gesamte Raumebene umfasst, d.h. in Länge und Breite unbegrenzt ist.
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Es versteht sich, dass die vorliegende Erfindung auch bei einer Simulationsumgebung mit mehr als zwei Radarsensoren 1, 1' angewandt werden kann, d.h. nicht nur in einem monostatischen oder bistatischen Fall, sondern auch in multistationären Fällen mit drei oder mehr Radarsensoren. Erfindungsgemäß weisen jedoch die empfangenden Radarsensoren jeweils eine virtuelle Empfangsebene 5 auf, die den Erfassungsbereich des jeweiligen empfangenden Radarsensors umfasst, jedoch nicht auf diesen begrenzt ist, sondern die gesamte Raumebene umfasst, d.h. in Länge und Breite unbegrenzt ist.
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Die Erfindung wurde voranstehend an Ausführungsbeispielen beschrieben. Es versteht sich, dass zahlreiche Änderungen sowie Abwandlungen möglich sind, ohne dass dadurch der durch die Patentansprüche definierte Schutzbereich verlassen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1, 1'
- Radarsensor
- 2
- Objekt
- 3
- ausgesandte Radarstrahlen
- 4
- reflektierte Radarstrahlen
- 4'
- korrigierte reflektierte Radarstrahlen
- 5
- virtuelle Empfangsebene