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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Oberflächenbehandlung, insbesondere zur oberflächlichen Umformung oder Oberflächenmodifikation einer additiv, vorzugsweise aus einem Pulverbett hergestellten Struktur. Weiterhin werden eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens, ein Herstellungsverfahren für ein Bauteil, umfassend das Verfahren zur Oberflächenbehandlung sowie ein entsprechend hergestelltes Bauteil angegeben.
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Das Bauteil ist vorzugsweise für den Einsatz im Heißgaspfad einer Gasturbine vorgesehen. Demgemäß kann das Bauteil vorzugsweise aus einer Superlegierung und/oder aus einem (härtbaren) Nickel- oder Kobaltbasis-Werkstoff hergestellt werden. Beispielsweise betrifft das Bauteil eine zu kühlende Komponente mit einem dünnwandigen oder filigranen Design. Alternativ oder zusätzlich kann es sich bei dem Bauteil um eine Komponente für den Einsatz in der Automobilität oder im Luftfahrtsektor handeln.
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Hochleistungs-Maschinenkomponenten sind Gegenstand stetiger Verbesserung, um insbesondere ihre Effizienz im Einsatz zu steigern. Bei Wärmekraftmaschinen, insbesondere Gasturbinen, führt dies allerdings unter anderem zu immer höheren Einsatztemperaturen. Die metallischen Materialien und das Komponentendesign hochbelastbarer Bauteile, wie Turbinenlaufschaufeln, insbesondere in den ersten Stufen, werden ständig hinsichtlich ihrer Festigkeit, Lebensdauer, Kriechbelastbarkeit und thermomechanischer Ermüdung, verbessert.
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Die generative oder additive Fertigung wird aufgrund technischer Weiterentwicklung zunehmend interessant auch für die Serienherstellung der oben genannten Bauteile, wie beispielsweise thermisch hochbelastbaren Komponenten.
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Additive Herstellungsverfahren (AM: „additive manufacturing“), umgangssprachlich auch als 3D-Druck bezeichnet, umfassen beispielsweise als Pulverbettverfahren das selektive Laserschmelzen (SLM) oder Lasersintern (SLS), oder das Elektronenstrahlschmelzen (EBM). Weitere additive Verfahren sind beispielsweise „Directed Energy Deposition (DED)“-Verfahren, insbesondere Laserauftragschweißen, Elektronenstrahl-, oder Plasma-Pulverschweißen, Drahtschweißen, metallischer Pulverspritzguss, sogenannte „sheet lamination“-Verfahren, oder thermische Spritzverfahren (VPS LPPS, GDCS).
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Ein Verfahren zum selektiven Laserschmelzen mit gepulster Bestrahlung ist beispielsweise bekannt aus
EP 3 022 008 B1 .
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Additive Fertigungsverfahren haben sich weiterhin als besonders vorteilhaft für komplexe oder filigran gestaltete Bauteile, beispielsweise labyrinthartige Strukturen, Kühlstrukturen und/oder Leichtbau-Strukturen erwiesen. Insbesondere ist die additive Fertigung durch eine besonders kurze Kette von Prozessschritten vorteilhaft, da ein Herstellungs- oder Fertigungsschritt eines Bauteils weitgehend auf Basis einer entsprechenden CAD-Datei und der Wahl entsprechender Fertigungsparameter erfolgen kann.
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Die Herstellung von Gasturbinenschaufeln mittels der beschriebenen pulverbett-basierten Verfahren (LPBF englisch für „Laser Powder Bed Fusion“) ermöglicht vorteilhaft die Implementierung von neuen Geometrien, Konzepten, Lösungen und/oder Design, welche die Herstellungskosten bzw. die Aufbau- und Durchlaufzeit reduzieren, den Herstellungsprozess optimieren und beispielsweise eine thermo-mechanische Auslegung oder Strapazierfähigkeit der Komponenten verbessern können.
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Auf konventionelle Art, beispielsweise gusstechnisch, hergestellte Komponenten stehen der additiven Fertigungsroute, beispielsweise hinsichtlich ihrer Formgebungsfreiheit und auch in Bezug auf die erforderliche Durchlaufzeit und den damit verbundenen hohen Kosten sowie dem fertigungstechnischen Aufwand, deutlich nach.
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Durch den Pulverbettprozess entstehen in der Bauteilstruktur inhärent jedoch hohe thermische Spannungen. Insbesondere führen zu kurz bemessene Bestrahlungswege oder -vektoren zu starken Überhitzungen, die wiederum zum Verzug oder Riss der Struktur führen. Ein starker Verzug während des Aufbauprozesses führt weiterhin leicht zu strukturellen Ablösungen, thermischen Verformungen oder geometrischen Abweichungen außerhalb einer zulässigen Toleranz.
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Bei einer sich an den additiven Aufbau anschließenden Wärmebehandlung von bestimmten Legierungen (Superlegierungen) kommt es aufgrund von Überlagerungen von Eigenspannungen - einerseits resultierend aus den hohen thermischen Gradienten im AM-Prozess, andererseits durch das Ausscheiden der Gamma-Strich-Phase (γ') in der Wärmebehandlung zur Rissbildung. Dieses Phänomen wird als „Strain-Age-Cracking“ (SAC) bezeichnet und führt dazu, dass bestimmte Legierungen als nichtschweißbar oder nur als schwer schweißbar gelten und damit für Schweißprozesse, insbesondere den LPBF-Prozess eine große Herausforderung darstellen, oder sogar gar nicht abbildbar sind. Das SAC, anderweitig auch als „post-weld heat treatment“ (PWHT)-cracking bezeichnet, hat insbesondere bei der Ausscheidung der Gammastrichphase zur Folge, dass durch die unterschiedlichen Gitterkonstanten von γ und γ' Eigenspannungen hervorgerufen werden, die zur Rissneigung des entsprechenden Werkstoffs führen.
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Diesem Problem wird durch verschiedene Ansätze begegnet; allerdings ist bis heute keine zufriedenstellende Lösung verfügbar, die das Problem löst, ohne dass dabei die Materialeigenschaften - und insbesondere die Hochtemperaturfestigkeit und/oder Zeitstandfestigkeit - des entsprechenden Werkstoffs zwangsläufig abgewertet werden.
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Es wird beispielsweise bereits versucht, eine chemische Zusammensetzung des zu schweißenden Werkstoffs anzupassen. In der Regel werden dazu die Gehalte von Legierungselementen, welche zur Bildung der Gamma-Strich-Phase beitragen, reduziert. Damit ist aber nachteilhaft auch eine Abwertung der Materialeigenschaften hinsichtlich Festigkeit bzw. thermischer und/oder mechanischer Beständigkeit, verbunden.
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Ein weiterer Ansatz betrifft die Anpassung oder Integration der Wärmebehandlung durch einen sogenannten HIP-Zyklus (hei-ßisostatisches Pressen). Damit lässt sich das Problem der mangelnden Schweißbarkeit bzw. Rissanfälligkeit in gewissen Grenzen halten oder unterdrücken. Bei besonders hochfesten Legierungen (z.B. CM247) wirkt dieser Ansatz jedoch allenfalls teilweise. Wenn außerdem insbesondere oberflächenoffene Defekte vorliegen kann selbst durch die Druckbeaufschlagung im HIP-Zyklus der Riss nicht geschlossen und an einer Ausbreitung (Rissfortschritt) auch nicht gehindert werden.
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Möglich ist es auch, Bauteiloberflächen vor einer ersten Wärmebehandlung einem Kugelstrahlprozess (vgl. „peening“) zu unterziehen, um in oberflächennahen Bereichen riss- und/oder spannungsstiftende Zugeigenspannungen zu reduzieren und im Idealfall sogar Druckeigenspannungen zu erzeugen. Damit kann zwar effektiv das SAC reduziert werden. Allerdings ist diese Maßnahme recht aufwendig und nur unzureichend reproduzierbar.
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Weiterhin ist die Abdeckung durch das Kugelstrahlen begrenzt. Insbesondere in engen Spalten oder Kerben ist die Zugänglichkeit des Strahlprozesses unzureichend. Denn, gerade in diesen schwer zugänglichen und/oder filigranen Bereichen komplizierter additiv hergestellter Geometrien tritt häufig eine Spannungskonzentration und/oder Kerbwirkung auf, die die SAC-Anfälligkeit deutlich verstärkt. Außerdem können innenliegende Bereiche, z.B. Kühlkanäle in Turbinenschaufeln, durch den Kugelstrahl überhaupt nicht erreicht werden, sodass hier keine Reduzierung der Zugeigenspannungen erfolgen kann.
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Eine weitere Herausforderung beim Kugelstrahlen besteht in der Vermeidung des Eindringens von Strahlgut in interne Strukturen (z.B. Kühlkanäle), welches dann in der anschließenden Wärmebehandlung sintert oder sogar schmilzt, und damit die Kavität oder den Kanal verschließen kann. Der genannte Verschluss kann dann (wirtschaftlich) nicht mehr beseitigt werden, was zur Unbrauchbarkeit des Bauteils für seinen bestimmungsgemäßen Einsatz führt. Weiterhin besteht beim Kugelstrahlprozess die Gefahr, dass - aufgrund der lokal begrenzten Wirkzone - Bauteilbereiche übermäßig deformiert werden können. Das kann insbesondere auf additiv gefertigte Austrittskanten von Turbinenschaufeln, aber auch bei jedwedem anderen filigran gestalteten Bauteil zutreffen.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, das genannte Problem auf andere, wirkungsvollere Art zu lösen, ohne dabei andere maßgebliche Eigenschaften des Bauteils zu beeinträchtigen.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche.
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Ein Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Oberflächenbehandlung oder Oberflächenumformung einer additiv aus dem Pulverbett heraus hergestellten Struktur, wobei die additiv aufgebaute Struktur einem Impuls oder Energieimpuls ausgesetzt wird, wobei Zugeigenspannungen in Oberflächenbereichen der Struktur durch den Impuls reduziert werden.
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Mit dem Impuls kann insbesondere eine Druckwelle oder ein Druckimpuls gemeint sein.
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Durch das vorliegend beschriebene Verfahren kann vorteilhafterweise eine gleichmäßige Beaufschlagung der gesamten Bauteiloberfläche, vorzugsweise in allen Oberflächenbereichen, erreicht werden, wodurch das Risiko des SAC einheitlich und umfassend reduziert werden kann. Mit anderen Worten ist das beschriebene Verfahren zur Oberflächenbehandlung bzw. Oberflächenmodifikation einheitlich zugänglich für alle relevanten Bauteilbereiche, auch umfassend Kerbgründe und innen liegende Oberflächen, wie Kühlkanalflächen.
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Weiterhin besteht vorteilhafterweise kein Risiko des Verschlusses oder des Verstopfens von internen Kavitäten des Bauteils durch Strahlgut oder (sonstige) Sintereffekte.
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Auch wird vorteilhafterweise inhärent verhindert, dass Strahlgutrückstände in dem Bauteil verbleiben und die Funktonalität (physikalisch oder chemisch) beeinträchtigen. Insbesondere kann das Risiko der Bildung intermetallischer Phasen (bei metallischem Strahlgut) oder niedrigschmelzendeneutektischen Phasen bei glasartigem Strahlgut mit Vorteil verhindert werden.
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Noch weiterhin kann durch den isotropen oder gleichmäßigen Druck oder Druckimpuls auf das Bauteil bzw. deren Oberflächenbereich eine Verformung des Bauteils als Ganzes vorteilhaft verhindert werden. Dies ist besonders bei filigranem Design wichtig.
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Der Prozess der Oberflächenbehandlung ist sogar skalierbar auf die gleichzeitige Behandlung einer Mehrzahl von (kleinen oder großen) additiv hergestellten Bauteilen, sofern alle Bauteile in einem gemeinsamen Formwerkzeug impulsbeaufschlagt werden können.
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In einer Ausgestaltung ist der Impuls ein nicht oder nicht ausschließlich thermischer Impuls.
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In einer Ausgestaltung wird die Struktur des Bauteils derart mit dem Impuls beaufschlagt, dass isotrop und/oder einheitlich auf die Oberflächenbereiche eingewirkt wird, bzw. diese umgeformt werden.
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In einer Ausgestaltung werden durch den Prozess Druckspannungen in den Oberflächenbereichen der Struktur induziert. Durch diese Ausgestaltung kann mit Vorteil nicht nur die Zugeigenspannung des Bauteils reduziert, sondern durch die Druckspannungen der SAC-Neigung der Bauteilstruktur noch wirkungsvoller entgegengewirkt werden.
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In einer Ausgestaltung wird durch den Impuls eine Hochenergieumformung bzw. Hochgeschwindigkeitsumformung der Oberflächenbereiche bewirkt, die lokal begrenzt ist, sodass sich keine plastische Verformung der Struktur als Ganzes ergibt. Durch diese Ausgestaltung ist insbesondere auch der Energieaufwand für die Oberflächenbehandlung moderat, da lokal begrenzt.
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In einer Ausgestaltung umfassen die Oberflächenbereiche eine innere Oberfläche bzw. innen liegende Oberfläche und/oder eine äußere Oberfläche der Bauteilstruktur.
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In einer Ausgestaltung haben die Oberflächenbereiche der Struktur eine feine oder scharfkantige Geometrie (siehe oben).
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In einer Ausgestaltung wird für die Anwendung des Impulses ein nicht oder quasi nicht kompressibles Medium oder Wirkmedium verwendet, dass in Kontakt mit den zu behandelnden Oberflächenbereichen steht. Dadurch wird mit Vorteil eine gleichmäßige Impulsbeaufschlagung der Oberflächenbereiche erreicht, und es werden weiterhin auch innenliegende Oberflächen der Bauteilstruktur gleichmäßig und wirkungsvoll beaufschlagt.
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In einer Ausgestaltung umfasst das genannte Wirkmedium Wasser oder Öl oder besteht aus diesen Stoffen.
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Durch die Anwendung des Wirkmediums kann beispielsweise zugleich ein Medium für die Druckwellen-Erzeugung als auch ein Mittel für die Übertragung des Impulses vorgegeben werden.
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In einer Ausgestaltung wird der Impuls durch eine Hydro-Impuls-Umformung angewendet. Dies kann beispielsweise durch oder über eine Explosion, eine Druckwelle, ein Geschoss oder ein Fallgewicht bewerkstelligt werden.
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In einer Ausgestaltung wird der Impuls durch eine elektrische Entladung, eine elektrohydraulische Umformung oder eine hydroelektrische Umformung angewendet.
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In einer Ausgestaltung wird der Impuls durch eine elektrodynamische oder elektromagnetische Umformung, insbesondere einen magnetischen Druckimpuls, angewendet.
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In einer Ausgestaltung entspricht eine Impulsstärke des angewendeten Impulses einer Almen-Intensität von mehr als 0,1 mmA.
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In einer Ausgestaltung entspricht eine Impulsstärke des angewendeten Impulses einer Almen-Intensität von mehr als 0,14 mmA.
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Durch diese Ausgestaltungen kann auf die Oberfläche insbesondere ähnlich wirkungsvoll oder impulsiv eingewirkt werden, wie dies bei verwandten Strahl- oder Kugelstrahlprozessen der Fall ist.
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In einer Ausgestaltung wird oder ist die Struktur aus einer Nickel- oder Kobaltbasislegierung hergestellt.
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Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens, wobei die Vorrichtung weiterhin ein Formwerkzeug und eine Einrichtung und ein Medium zur Anwendung des Impulses (wie oben beschrieben), umfasst.
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Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur additiven Herstellung eines Bauteils, umfassend das additive Aufbauen der Bauteilstruktur durch ein Pulverbett-Verfahren, wie selektives Laserschmelzen oder Elektronenstrahlschmelzen.
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Dieses Verfahren umfasst weiterhin das Beaufschlagen der Struktur mit dem Impuls, wobei eine Rissneigung der Struktur, insbesondere durch sogenanntes „Strain Age Cracking“, reduziert wird und, vorzugsweise, eine Wärmebehandlung der Struktur.
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Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft ein Bauteil, welches gemäß dem oder den beschriebenen Verfahren hergestellt oder herstellbar ist, wobei das Bauteil aus einer (konventionell) nicht schweißbaren Legierung hergestellt ist.
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Ausgestaltungen, Merkmale und/oder Vorteile, die sich vorliegend auf das Verfahren zur Oberflächenbehandlung bzw. die entsprechende Vorrichtung beziehen, können ferner das beschriebene additive Herstellungsverfahren sowie das entsprechend hergestellte Bauteil direkt betreffen, und umgekehrt.
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Der hier verwendete Ausdruck „und/oder“, wenn er in einer Reihe von zwei oder mehreren Elementen benutzt wird, bedeutet, dass jedes der aufgeführten Elemente alleine verwendet werden kann, oder es kann jede Kombination von zwei oder mehr der aufgeführten Elemente verwendet werden.
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Weitere Einzelheiten der Erfindung werden nachfolgend anhand der Figuren beschrieben.
- 1 zeigt eine schematische Schnittansicht einer additiv hergestellten Bauteilstruktur, sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des vorliegend beschriebenen Verfahrens.
- 2 zeigt ein schematisches Flussdiagramm, andeutend erfindungsgemäße Verfahrensschritte.
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In den Ausführungsbeispielen und Figuren können gleiche oder gleichwirkende Elemente jeweils mit den gleichen Bezugszeichen versehen sein. Die dargestellten Elemente und deren Grö-ßenverhältnisse untereinander sind grundsätzlich nicht als maßstabsgerecht anzusehen, vielmehr können einzelne Elemente, zur besseren Darstellbarkeit und/oder zum besseren Verständnis übertrieben dick oder groß dimensioniert dargestellt sein.
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Herstellungsanlagen zur pulverbett-basierten additiven Herstellung, beispielsweise durch selektives Lasersintern, selektives Laserschmelzen oder Elektronenstrahlschmelzen, sind im Stand der Technik hinlänglich bekannt.
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Eine additive Herstellung der Bauteilstruktur, wie sie vorliegend beschrieben ist, betrifft vorzugsweise die soeben genannten Verfahren. Demgemäß kann eine Bauteilstruktur 10, wie in 1 beschrieben, in einer LPBF-Anlage (nicht explizit in den Figuren gekennzeichnet) hergestellt werden. Alternativ kann die Anlage auch eine Anlage zum Elektronenstrahlschmelzen betreffen.
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Diesen Verfahren gemein ist, dass eine entsprechende Herstellungsanlage üblicherweise eine Bauplattform aufweist, auf der das Bauteil 10 entsprechend schichtweise durch selektives Bestrahlen eines Pulvers in einem Pulverbett bestrahlt wird. Das Pulver wird dabei durch eine Beschichtungseinrichtung schichtweise auf der Bauplattform verteilt.
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Nach dem Auftragen einer jeden Pulverschicht werden gemäß der vorgegebenen Geometrie des Bauteils 10 selektiv Bereiche der Schicht mit einem Energiestrahl, beispielsweise einem Laser oder Elektronenstrahl, von einer Bestrahlungseinrichtung aufgeschmolzen und anschließend verfestigt.
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Nach jeder Schicht wird die Bauplattform vorzugsweise um ein der Schichtdicke L entsprechendes Maß abgesenkt. Die Dicke beträgt üblicherweise lediglich zwischen 20 und 40 µm, so dass der gesamte Prozess leicht die selektive Bestrahlung von Tausenden bis hin zu Zehntausenden von Schichten umfassen kann.
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Dabei können durch den lediglich sehr lokal wirkenden Energieeintrag hohe Temperaturgradienten, von beispielsweise 106 K/s oder mehr auftreten. Dementsprechend groß ist selbstverständlich während des Aufbaus und danach auch ein Verspannungszustand des Bauteils, was die additiven Herstellungsprozesse erheblich verkompliziert. Der besagte Spannungszustand resultiert einerseits aus den hohen thermischen Gradienten im AM-Prozess. Andererseits wird bei einer sich an den additiven Aufbau anschließenden Ausscheidungs-Wärmebehandlung, bei der beispielsweise Phasenausscheidungen, insbesondere der Gammastrichphase, bewirkt werden, Spannungen aufgebaut, die durch die Phasenausscheidung selbst bewirkt werden. Dieses Phänomen wird als „Strain-Age-Cracking“ (SAC) bezeichnet und führt dazu, dass bestimmte Legierungen als kaum oder gar nicht schweißbar gelten, und damit AM-schweißtechnisch nicht bearbeitbar sind.
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Bei dem vorliegend beschriebenen Bauteil 10 kann es sich insbesondere um ein Bauteil einer Strömungsmaschine, beispielsweise um ein Bauteil für den Heißgaspfad einer Gasturbine, handeln. Insbesondere kann das Bauteil eine Lauf- oder Leitschaufel, ein Ringsegment, eine Brennkammer- oder ein Brennerteil, wie eine Brennerspitze, eine Zarge, eine Schirmung, ein Hitzeschild, eine Düse, eine Dichtung, einen Filter, eine Mündung oder Lanze, einen Resonator, einen Stempel oder einen Wirbler bezeichnen, oder einen entsprechenden Übergang, Einsatz, oder ein entsprechendes Nachrüstteil.
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Insbesondere ist das Bauteil 10 vorzugsweise auf additivem Wege und aus einer (ausscheidungshärtbaren) Superlegierung und/oder nickel- oder kobaltbasierten Legierung, besonders bevorzugt aus einer konventionell oder regelgerecht nicht schweißbaren Legierung (additiv) hergestellt.
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Die 1 zeigt schematisch eine Vorrichtung 100 zur Durchführung des vorliegend beschriebenen Verfahrens zur Oberflächenbehandlung. Die Vorrichtung 100 umfasst dazu insbesondere eine Einrichtung 101 und ein Medium 102 zur Anwendung eines Energie- oder Druckimpulses bzw. einer entsprechenden Druckwelle, sowie ein mit dem Bezugszeichen 103 gekennzeichnetes Formwerkzeug oder Umformgesenk.
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Die in 1 gekennzeichnete auf additivem Wege hergestellte Bauteilstruktur 10 kann durch die Vorrichtung 100 möglichst gleichförmig, isotrop und/oder homogen mit dem genannten Impuls (vgl. Pfeil zwischen der Einrichtung zur Erzeugung des Impulses 101 und der Bauteilstruktur 10 in 1) beaufschlagt werden, wobei Zugeigenspannungen in Oberflächenbereichen der Struktur wirksam reduziert werden können. Vorzugsweise können durch die beschriebene Behandlung in den Oberflächenbereichen sogar Druckspannungen induziert werden, welche die SAC-Rissneigung weiter signifikant reduzieren oder sogar vollständig verhindern.
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Durch die beschriebene Methodik lässt sich der Impuls 1 weiterhin besonders vorteilhaft lediglich auf die Oberflächenbereiche oder lokal begrenzt zur Umformung der Bauteilstruktur anwenden, wobei beispielsweise auch eine plastische Verformung der Struktur als Ganzes vermieden werden kann.
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Die gleichförmige Wirkung des Impulses kann vorzugsweise über das Medium 102 bewirkt werden, wobei es sich bei dem Medium vorzugsweise um ein Wirkmedium, wie Wasser und/oder Öl, handeln kann. Das genannte Wirkmedium 102 ist zweckmäßigerweise bei Anwendung der Oberflächenbehandlung in direktem Kontakt mit Oberflächenbereichen oder Oberflächen der Bauteilstruktur 10. Für die Anwendung bzw. Übertragung des Impulses ist das Wirkmedium 102 zweckmäßigerweise nicht, quasi-nicht oder kaum kompressible, um effizient auch einen mechanischen Impuls oder eine Verdichtung der Bauteilstruktur zumindest in den Oberflächenbereichen zu bewirken. Bei den Oberflächenbereichen kann sich um alle oberflächennahen Bereiche, d.h. innere Oberflächen 12 als auch äußere Oberflächen 13, des Bauteils oder besonders filigrane Bereiche 11 oder Kantenbereiche des Bauteils 10 handeln.
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In der 1 ist weiterhin gezeigt, dass das Bauteil eine Kavität 14, beispielsweise einen funktionalen Hohlraum oder einen Kühlkanal aufweist, dessen innere Oberflächen 12 mithin ebenfalls zuverlässig durch das beschriebene Verfahren modifiziert werden können, und so einem SAC auslösenden Zugspannungszustand effizient entgegengewirkt werden kann.
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Der Impuls 1 ist vorzugsweise nicht oder nicht ausschließlich thermischer Natur. Eine reine Wärmebehandlung kann das durch die Erfindung adressierte Problem nicht lösen; obgleich eine Wärmebehandlung für eine weitere oder allgemeine Spannungsrelaxation, als auch für eine Ausscheidungshärtung (bauteil- und materialabhängig) erforderlich sein kann.
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Der Impuls 1 bzw. eine entsprechende Druckwelle kann erfindungsgemäß beispielsweise durch eine Hydro-Ipul-Umformung angewendet werden. Dazu ist die Einrichtung 101 sowie das entsprechende Wirkmedium 102 vorzugsweise speziell für diese Art der Umformung ausgelegt.
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Analoges gilt für einen durch elektrische Entladung, elektrohydraulische oder hydroelektrische Umformung hervorgerufenen Impuls, welcher ebenfalls eine erfindungsgemäße Ausgestaltung des Verfahrens betreffen kann.
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Auch kann im Wege der beschriebenen Erfindung eine elektrodynamische oder elektromagnetische Umformung (Umformung durch magnetischen Druckimpuls) angewendet werden.
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Gemäß einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Oberflächenbehandlung entspricht eine Impulsstärke des angewendeten Impulses 1 vorzugsweise einer Almen-Intensität von mehr als 0,1 bzw. 0.14 mmA.
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Sofern nach dem pulverbett-basierten additiven Aufbau der Bauteilstruktur 10 noch eine Entpulverung oder Beseitigung von Pulverresten in der Kavität 14 erforderlich ist, erfolgt die beschriebene Oberflächenumformung vorzugsweise nach dieser Entpulverung, aber zugleich vor einer sich noch anschließenden Wärmebehandlung zu den oben genannten Zwecken.
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2 deutet anhand eines schematischen Flussdiagramms weiterhin einen erfindungsgemäßen Verfahrensgang zur Herstellung bzw. Fertigstellung eines Bauteils aus einer Hochleistungslegierung an. Das beschriebene Verfahren umfasst, (a), das additive Aufbauen der Bauteilstruktur 1 durch ein Pulverbett-Verfahren, wie selektives Laserschmelzen oder Elektronenstrahlschmelzen.
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Wie oben angedeutet, beschreibt der Verfahrensschritt aa) einen optionalen Verfahrensschritt der Entpulverung, welcher - abhängig von der Geometrie des Bauteils - entbehrlich sein kann.
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Das Verfahren umfasst weiterhin, in (b), dass Beaufschlagen der Struktur 10 mit einem Impuls 1, wie oben beschrieben, wobei eine Rissneigung der Struktur, insbesondere durch sogenanntes „strain age cracking“, reduziert wird, und in (c) eine Wärmebehandlung der Struktur, welche zu den oben beschriebenen Zwecken erforderlich sein kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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