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Die Offenbarung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben eines Kommunikationssystems zur Optimierung von Parametern einer Konfiguration des Kommunikationssystems.
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Stand der Technik
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Aus dem Stand der Technik sind beispielsweise maschinelle Lernverfahren zur Optimierung von Parametern bekannt. Die Ermittlung einer optimalen Übertragungskonfiguration eines Kommunikationssystems ist bekanntermaßen ein multikriterielles Entscheidungsproblem. Im Bereich des maschinellen Lernens sind mehrere Methoden bekannt, um ein optimales Parameterset auch im Fall einer Vielzahl unterschiedlicher Kriterien zu ermitteln, bei dem ein entsprechendes Gütemaß einen möglichst optimalen Wert annimmt. Deep Reinforcement Learning und Deep Neural Networks sind neuartige Methoden der Machine Learning-Theorie, die für die Szenarien mit sehr großen Parameter- und Zustandsräumen geeignet sind. Dies ist beispielhaft beschrieben in J. Wang, J. Hu, G. Min, W. Zhan, Q. Ni, and N. Georgalas. Computation offloading in multiaccess edge computing using a deep equential model based on reinforcement learning. IEEE Communications Magazine, 57(5):64-69, May 2019. Diese Methoden behandeln das Kommunikationssystem wie eine Blackbox und Lernen die optimalen Parametersets durch Beobachtung. Das Modellieren der Systemdynamik ist dabei nicht notwendig.
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Aufgabe der Offenbarung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, dass ein Überprüfen und Optimieren von Parametern ermöglicht.
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Offenbarung der Erfindung
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Eine Ausführungsform betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Kommunikationssystems umfassend wenigstens zwei Kommunikationsteilnehmer, wobei die wenigstens zwei Kommunikationsteilnehmer periodisch in Übertragungszyklen Daten miteinander austauschen, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:
- Bereitstellen einer ersten Menge an Parametersets umfassend wenigstens ein zu prüfendes Parameterset und Bereitstellen einer zweiten Menge an Parametersets umfassend wenigstens ein sicheres Parameterset; Ermitteln einer Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen; Auswählen von zu prüfenden Parametersets aus der ersten Menge an Parametersets zum Anwenden einem jeweiligen unkritischen Übertragungszyklus und Auswählen eines sicheren Parametersets aus der zweiten Menge an Parametersets zum Anwenden in einem kritischen Übertragungszyklus, und Anwenden einer Konfiguration gemäß dem gewählten Parameterset in einem jeweiligen Übertragungszyklus.
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Die wenigstens zwei Kommunikationsteilnehmer tauschen Daten drahtlos über Funk miteinander aus. Bei zeitkritischen Anwendungen werden Daten periodisch zwischen den beteiligten Komponenten ausgetauscht. Dabei bezeichnet die Dauer eines Übertragungszyklus die Dauer zwischen zwei gleichartigen Datenübertragungen. Die Übertragung zwischen den beteiligten Komponenten muss dabei innerhalb bestimmter Zeitfenster erfolgen. Kommt es bis zu dem erwarteten Zeitpunkt nicht zu einer erfolgreichen Datenübertragung, erscheint die Kommunikationsschicht aus Sicht der Anwendung als gestört. Bei vielen zeitkritische Anwendungen führt jedoch ein fehlerhafter Übertragungszyklus nichts sofort zu einem Fehlerzustand. Üblicherweise können zeitkritische Anwendungen eine gewisse Zeitspanne, beispielsweise einen oder sogar mehrere Übertragungszyklen tolerieren, in denen die Kommunikationsschicht nicht verfügbar ist, bevor auch die Anwendung selbst in den Fehlerzustand übergeht. Diese Eigenschaft macht sich das erfindungsgemäße Verfahren zu Nutze, indem eine Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen ermittelt wird.
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Das Verfahren ermöglicht die Überprüfung von zur prüfenden Parametersets während der Ausführung von, insbesondere zeitkritischen, Anwendungen. Dadurch, dass ein zu prüfendes Parameterset während eines unkritischen Übertragungszyklus angewendet wird, ist es möglich die Prüfung während der Laufzeit von zeitkritischen Anwendungen durchzuführen, ohne dabei die Ausführung der Anwendung zu gefährden.
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Mit dem Verfahren ist es möglich, fortlaufend die Parameter für eine Konfiguration des Kommunikationssystems zu optimieren, beispielsweise um sich verändernde Kanalbedingungen anzupassen, ohne dass es bei dieser Optimierung zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall einer kritischen Anwendung kommt.
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Aus diesem Grund ist es vorteilhaft, eine erste Menge, beispielsweise umfassend eine bestimmte Anzahl N1 an zu prüfenden Parametersets, in einem Speicher vorzuhalten. Diese Parametersets können dann während unkritischen Übertragungszyklen angewendet und somit überprüft werden.
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In Kommunikationssystemen mit einem auf Funk basierenden Datenaustausch mit bewegten bzw. sich bewegenden Kommunikationsteilnehmern und /oder einer sich veränderlichen Umgebung kann sich ein optimales Parameterset über die Zeit verändern. So kann es sein, dass Parameter, die in der Vergangenheit zu einer hohen, insbesondere der besten Kommunikationsgüte geführt haben, zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr die optimale Parameterkombination darstellen, sondern eine andere Parameterkombination eine bessere, insbesondere die beste, Konfiguration darstellt.
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Aus diesem Grund ist es vorteilhaft, eine zweite Menge, beispielsweise umfassend eine bestimmte Anzahl N2 sicheren Parametersets, insbesondere zusammen mit deren Gütewerten, in einem Speicher vorzuhalten, die in einem bestimmten Zeitraum in der der jüngeren Vergangenheit zu guten, insbesondere zu den besten, Übertragungseigenschaften geführt haben. Diese sicheren Parametersets können dann während kritischen Übertragungszyklen, während denen eine erfolgreiche Übertragung stattfinden muss, um zu verhindern, dass die Anwendung in einen Fehlerzustand übergeht, angewendet werden.
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Vorteilhaftweise wird beim Ermitteln der Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen eine Survival Time des Datenaustauschs zwischen den zwei Kommunikationsteilnehmern berücksichtigt. Die Survival Time bezeichnet die Zeitspanne zwischen einem Ausfall oder Störung der Kommunikation, also einer fehlerhaften Übertragung, und einem Ausfall oder einer Störung der Anwendung, also einem Fehlerzustand der Anwendung. Ein typischer Wert für die Survival Time ist eine Zeitspanne, die in der Regel größer als die Zeitspanne eines Übertragungszyklus ist. In diesem Fall führt also ein einzelner Übertragungsfehler zwar zu einem kurzzeitigen Ausfall der Kommunikationsschicht, wenn die folgende Übertragung allerdings wieder erfolgreich ist, ist die Kommunikationsschicht vor Ablauf der Survival Time wieder verfügbar und die Anwendung kann ohne Fehler ausgeführt werden. Das Berücksichtigen der Survival Time des Datenaustauschs erfolgt beispielsweise derart, dass die Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen ermittelt wird, wobei die Anzahl an unkritischen Übertragungszyklen, die Anzahl an Übertragungszyklen ist, bei denen die Survival Time ab dem aktuellen Übertragungszyklus gezählt nicht überschritten wird.
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Das Verfahren ermöglicht also die kontinuierliche Prüfung und damit Optimierung von Parametern eines Kommunikationssystems unter Berücksichtigung der Survival-Time einer zeitkritischen Anwendung. Mit der Erfindung ist es möglich, das Kommunikationssystem an sich verändernde Kanalbedingungen anzupassen, ohne dass es bei dieser Optimierung zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für ein Überschreiten der „Survival time“ einer zeitkritischen Anwendung kommt.
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Gemäß einer Ausführungsform wird für eine Survival Time mit einer M-fachen Dauer eines Übertragungszyklus eine Anzahl an M oder M-1 unkritischen Übertragungszyklen ermittelt. Die Überlegung der Parametersetoptimierung während eines unkritischen Übertragungszyklus lässt sich also auf M unkritische Übertragungszyklen erweitern, wenn die Survival Time mindestens dem M-fachen der Zykluszeit entspricht. Alternativ kann der letzte Zyklus vor Ablauf der Survival Time bereits als ein kritischer Übertragungszyklus bestimmt werden, so dass sich eine Anzahl an M-1 unkritischen Übertragungszyklen ergibt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren weiter umfasst: Empfangen von Informationen betreffend den Datenaustausch zwischen den zwei Kommunikationsteilnehmern umfassend wenigstens eine oder mehrere der folgenden Informationen:
- - eine Zykluszeit TC und/oder
- - Informationen über die Kommunikationsteilnehmer und/oder
- - eine Survival Time TS, und/oder
- - Informationen über eine Datenmenge.
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Die Informationen, auch als Kommunikationsanforderungen bezeichnet, werden beispielsweise von einer Anwendung, insbesondere von einem die Anwendung ausführenden Kommunikationsteilnehmer, gesendet. Auf Basis dieser Informationen kann dann die maximal mögliche, oder alternativ eine andere zweckmäßige Anzahl unkritischer Übertragungszyklen für jeden Kommunikationsteilnehmer ermittelt werden. Beispielsweise kann die Anzahl unkritischer Zyklen berechnet werden über M = floor(TS/TC) mit Survival time TS und Zykluszeit TC.
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Bei aktuellen Kommunikationssystemen gibt es eine Vielzahl von Parametern, die sich je nach Kanalbedingung auf die Übertragungseigenschaften und die Güte der Übertragung auswirken können. Die Parameter eines Parametersets können beispielsweise aber nicht ausschließlich Parameter einer oder mehreren der folgenden Kenngrößen umfassen:
- - Frequenzkanal/band und/oder
- - Modulationsverfahren und/oder
- - Kodierung zur Übertragungsfehlerkorrektur und/oder
- - Antennenkonfiguration und/oder -ausrichtung und/oder
- - Sendeleistung und/oder
- - Beamformingeigenschaften, insbesondere Keulenbreite und/oder Keulenrichtung, und/oder
- - Redundante Kanäle und/oder
- - Handover-Parameter.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass für einen Datenaustausch in einem Übertragungszyklus ein Gütewert für das angewandte Parameterset ermittelt wird. Der Gütewert beschreibt den Erfolg eines Datenaustausches. Je höher ein Gütewert ist, umso sicherer ist ein Parameterset.
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Ein Gütewert ist beispielsweise abhängig von einer oder mehreren der folgenden Kenngrößen:
- - einer Paketfehlerwahrscheinlichkeit, engl. Packet Error Ratio, PER und/oder
- - einer Bitfehlerwahrscheinlichkeit, engl. Bit Error Ratio, BER, und/oder
- - Signal-zu-Rauschverhältnis, engl. Signal-to-Noise Ratio, SNR, und/oder
- - einer Ende-zu-Ende-Latenz zwischen Sender und Empfänger, und/oder
- - Jitter
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Vorteilhafterweise kann vorgesehen sein, dass das Verfahren weiter umfasst: Quantifizieren eines Einflusses einer Konfiguration auf das Kommunikationssystem. Eine Konfiguration eines Datenaustausches kann sich auch auf das Kommunikationssystem im Gesamten auswirken. Ein Beispiel ist die spektrale Effizienz des Kommunikationssystems, die wiederrum Einfluss auf die Gesamtdatenrate hat, die im Kommunikationssystemübertragen werden kann.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Kommunikationssystem mehr als zwei Kommunikationsteilnehmer, und die Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen wird basierend auf einer minimalen teilnehmerspezifischen Anzahl unkritischer Übertragungszyklen ermittelt. Es ist denkbar, dass M teilnehmerspezifisch ist. Da Parametersetänderungen in der Regel die Kommunikation aller Teilnehmer beeinflussen, kann die Anzahl unkritischer Zyklen für das Gesamtsystem aus der minimalen teilnehmerspezifischen Anzahl unkritischer Zyklen abgeleitet werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Auswählen von Parametersets auf einer heuristischen Methode oder auf einer Methode umfassend maschinellen Lernens basiert. Maschinelles Lernen kann angewandt werden, um eine möglichst gute Schätzung des Gütewerts in Abhängigkeit des anzuwendenden Parametersets zu liefern. Methoden wie Reinforcement Learning, Deep Reinforcement Learning und Deep Neural Networks liefern erfahrungsgemäß zuverlässige Ergebnisse für die Szenarien mit großen und sehr großen Parameter- und Zustandsräumen trotz strenger Zeitanforderungen.
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Ein zu prüfendes Parameterset ist beispielsweise ein altes Parameterset, dessen Anwendung eine bestimmte Anzahl von Übertragungszyklen und/oder eine bestimmte Zeitdauer zurückliegt, oder ein neues Parameterset, das bisher noch nicht angewandt wurde.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren weiter einen Schritt zum Zuordnen eines Parametersets zu der ersten Menge an Parametersets umfassend zu prüfende Parametersets oder zu der zweiten Menge an Parametersets umfassend sichere Parametersets, umfasst. Beispielsweise kann ein altes Parameterset, dessen Anwendung eine bestimmte Anzahl von Übertragungszyklen und/oder eine bestimmte Zeitdauer zurückliegt, das aber vor einer gewissen Zeit als sicheres Parameterset eingestuft wurde, nach Ablauf einer gewissen Zeit und/oder einer gewissen Anzahl von Übertragungszyklen von der zweiten Menge entfernt und der ersten Menge zugeordnet werden. Dies ist zweckmäßig um gute Konfigurationen immer wieder auszuprobieren und deren aktuelle Kommunikationsgüte zu bestimmen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Weiter kann ein angewandtes, zu prüfendes Parameterset, nach erfolgreichem Datenaustausch als sicheres Parameterset eingestuft werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren einen Schritt zum Erstellen von zu prüfenden Parametersets, insbesondere neuen Parametersets, umfasst. Das Erstellen kann insbesondere Maschinelles Lernen umfassen. Neue Parametersets basieren beispielsweise auf einer Variation sicherer Parametersets.
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Weitere Ausführungsformen betreffen eine Vorrichtung zum Betreiben eines Kommunikationssystems umfassend wenigstens zwei Kommunikationsteilnehmer, wobei die Vorrichtung zum Ausführen von Schritten des Verfahrens gemäß den beschriebenen Ausführungsformen ausgebildet ist.
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Die hier beschriebene Erfindung kann bei zeitkritischen Anwendungen eingesetzt werden, bei denen einzelne Paketausfälle toleriert werden können, Mehrfachfehler allerdings unbedingt vermieden werden müssen. Dies ist insbesondere bei industriellen Anwendungen und/oder bei, insbesondere autonomen oder teilautonomen, Kraftfahrzeugen der Fall. Die Erfindung eignet sich insbesondere für die Fälle, wo solche zeitkritischen Anwendungen mittels Kommunikationssystemen kommunizieren, die eine Vielzahl von Parametern besitzen und deren Optimum nicht einfach analytisch ermittelt werden kann. Ein weiteres Beispiel sind Kommunikationssysteme basierend auf Mobilfunk, insbesondere der 5. Generation, 5G, und/oder die nachfolgenden Generationen.
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Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die in den Figuren der Zeichnung dargestellt sind. Dabei bilden alle beschriebenen oder dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Patentansprüchen oder deren Rückbeziehung sowie unabhängig von ihrer Formulierung bzw. Darstellung in der Beschreibung bzw. in der Zeichnung. In der Zeichnung zeigt
- 1 eine schematische Darstellung eines Kommunikationssystems gemäß einer beispielhaften Ausführungsform;
- 2 Schritte eines Verfahrens zum Betreiben ein Kommunikationssystem aus 1, und
- 3 eine schematische Darstellung von Aspekten des Kommunikationssystems aus 1 und des Verfahrens aus 2.
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In 1 ist schematisch eine Kommunikationssystem 100 dargestellt. Das Kommunikationssystem ist beispielsweise ein 5G System. Mit der Ausprägung „Ultra reliability low latency communication“, uRLLC, ist es in 5G Systemen möglich, kurze Übertragungslatenzen und damit kurze Kommunikationszykluszeiten zu gewährleisten. Der Parameter einer Survival Time ist im 5G-Kontext als Parameter verfügbar.
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Beispielhaft umfasst das Kommunikationssystem 100 zwei Kommunikationsteilnehmer 110-1 und 110-2 und eine Vorrichtung 120, insbesondere eine übergeordnete Einheit, zum Betreiben des Kommunikationssystems 100.
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Die zwei Kommunikationsteilnehmern 110-1 und 110-2 führen beispielsweise eine zeitkritische Anwendung aus oder sind beteiligt an der Ausführung der zeitkritischen Anwendung. Das bedeutet, dass der Datenaustausch zwischen den zwei Kommunikationsteilnehmern 110-1 und 110-2 periodisch erfolgt. Dabei bezeichnet die Dauer eines Übertragungszyklus die Dauer zwischen zwei gleichartigen Datenübertragungen. Die Übertragung zwischen den zwei Kommunikationsteilnehmern 110-1 und 110-2 muss dabei innerhalb bestimmter Zeitfenster erfolgen. Kommt es bis zu dem erwarteten Zeitpunkt nicht zu einer erfolgreichen Datenübertragung, erscheint die Kommunikationsschicht aus Sicht der Anwendung als gestört. Bei vielen zeitkritischen Anwendungen führt jedoch ein fehlerhafter Übertragungszyklus nichts sofort zu einem Fehlerzustand. Üblicherweise können zeitkritische Anwendungen eine gewisse Zeitspanne, beispielsweise einen oder sogar mehrere Übertragungszyklen tolerieren, in denen die Kommunikationsschicht nicht verfügbar ist, bevor auch die Anwendung selbst in den Fehlerzustand. Diese Zeitspanne wird auch als Survival Time bezeichnet, also die Zeitspanne zwischen einem Ausfall oder Störung der Kommunikation, also einer fehlerhaften Übertragung, und einem Ausfall oder einer Störung der Anwendung, also einem Fehlerzustand der Anwendung. Ein typischer Wert für die Survival Time ist eine Zeitspanne, die in der Regel größer als die Zeitspanne eines Übertragungszyklus. In diesem Fall führt also ein einzelner Übertragungsfehler zwar zu einem kurzzeitigen Ausfall der Kommunikationsschicht, wenn die folgende Übertragung allerdings wieder erfolgreich ist, ist die Kommunikationsschicht vor Ablauf der Survival Time wieder verfügbar und die Anwendung kann ohne Fehler ausgeführt werden.
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Weitere Aspekte werden unter Bezugnahme auf 2 erläutert. Die dargestellte Reihenfolge der Verfahrensschritte ist beispielhaft. Die Schritte können auch in einer anderen Reihenfolge und/oder teilweise auch zeitgleich ausgeführt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass ein Verfahren 200 zum Betreiben des Kommunikationssystems 100 umfasst:
- Empfangen 210 von Informationen betreffend den Datenaustausch zwischen den zwei Kommunikationsteilnehmern 110-1, 110-2 umfassend wenigstens eine oder mehrere der folgenden Informationen:
- - eine Zykluszeit TC und/oder
- - Informationen über die Kommunikationsteilnehmer und/oder
- - eine Survival Time TS, und/oder
- - Informationen über eine Datenmenge.
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Die Informationen, auch als Kommunikationsanforderungen bezeichnet, werden beispielsweise von einer Anwendung, insbesondere von dem oder den die Anwendung ausführenden Kommunikationsteilnehmer 110-1, 100-2 an die Vorrichtung 120, gesendet.
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Das Verfahren 200 umfasst weiter einen Schritt 220 zum Bereitstellen einer ersten Menge 130-1 an Parametersets umfassend wenigstens ein zu prüfendes Parameterset PP, PP-1 und Bereitstellen einer zweiten Menge 130-2 an Parametersets umfassend wenigstens ein sicheres Parameterset SP, SP-1.
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Die erste Menge 130-1 und die zweite Menge 130-2 an Parametersets werden beispielsweise durch die Vorrichtung 120 bereitgestellt. Gemäß 1 umfasst die Vorrichtung 120 Zugriff auf eine Speichervorrichtung 140. In der Speichervorrichtung ist die erste Menge 130-1 an Parametersets gespeichert, wobei die erste Menge 130-1 beispielhaft drei zu prüfende Parametersets PP-1, PP-2 und PP-3 umfasst. In der Speichervorrichtung ist weiter die zweite Menge 130-2 an Parametersets gespeichert, wobei die zweite Menge 130-2 beispielhaft drei sichere Parametersets SP-1, SP-2 und SP-3 umfasst.
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Ein sicheres Parameterset ist beispielsweise ein zuverlässiges Parameterset, dessen Konfiguration mit ziemlich hoher Sicherheit zu einem erfolgreichen Datenaustausch führt.
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Für ein zu prüfendes Parameterset ist die Wahrscheinlichkeit, ob dessen Konfiguration zu einem erfolgreichen Datenaustausch führt, nicht zwangsläufig bekannt. Ein zu prüfendes Parameterset ist beispielsweise ein altes Parameterset, dessen Anwendung eine bestimmte Anzahl von Übertragungszyklen und/oder eine bestimmte Zeitdauer zurückliegt, oder ein neues Parameterset, das bisher noch nicht angewandt wurde.
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Die Parameter eines Parametersets können beispielsweise aber nicht ausschließlich Parameter einer oder mehreren der folgenden Kenngrößen umfassen:
- - Frequenzkanal/band und/oder
- - Modulationsverfahren und/oder
- - Kodierung zur Übertragungsfehlerkorrektur und/oder
- - Antennenkonfiguration und/oder -ausrichtung und/oder
- - Sendeleistung und/oder
- - Beamformingeigenschaften, insbesondere Keulenbreite und/oder Keulenrichtung, und/oder
- - Redundante Kanäle und/oder
- - Handover-Parameter.
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In einem weiteren Schritt 230 des Verfahrens 200 wird eine Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen ermittelt. Beim Ermitteln 230 wird beispielsweise die Survival Time TS berücksichtigt. Das Berücksichtigen der Survival Time TS des Datenaustauschs erfolgt beispielsweise derart, dass die Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen ermittelt wird, wobei die Anzahl an unkritischen Übertragungszyklen, die Anzahl an Übertragungszyklen ist, bei denen die Survival Time ab dem aktuellen Übertragungszyklus gezählt nicht überschritten wird. Beispielsweise kann die Anzahl M unkritischer Zyklen berechnet werden über M = floor(TS/TC) mit Survival time TS und Zykluszeit TC.
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Das Verfahren umfasst weiter einen Schritt zum Auswählen 240-1 von zu prüfenden Parametersets PP aus der ersten Menge 130-1 an Parametersets zum Anwenden in einem jeweiligen unkritischen Übertragungszyklus und Auswählen 240-2 eines sicheren Parametersets SP aus der zweiten Menge 130-2 an Parametersets zum Anwenden in einem kritischen Übertragungszyklus.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Auswählen 240-1, 240-2 von Parametersets auf einer heuristischen Methode oder auf einer Methode umfassend maschinellen Lernens basiert. Maschinelles Lernen kann angewandt werden, um eine möglichst gute Schätzung des Gütewerts in Abhängigkeit des anzuwendenden Parametersets zu liefern. Methoden wie Reinforcement Learning, Deep Reinforcement Learning und Deep Neural Networks liefern erfahrungsgemäß zuverlässige Ergebnisse für die Szenarien mit großen und sehr großen Parameter- und Zustandsräumen trotz strenger Zeitanforderungen.
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Das Verfahren 200 umfasst weiter das Anwenden 250 einer Konfiguration gemäß dem gewählten Parameterset in einem jeweiligen Übertragungszyklus.
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Das Verfahren 200 ermöglicht die Überprüfung von zur prüfenden Parametersets PP während der Ausführung von, insbesondere zeitkritischen, Anwendungen. Dadurch, dass ein zu prüfendes Parameterset PP während eines unkritischen Übertragungszyklus angewendet wird, ist es möglich die Prüfung während der Laufzeit von zeitkritischen Anwendungen durchzuführen, ohne dabei die Ausführung der Anwendung zu gefährden.
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Mit dem Verfahren ist es möglich, fortlaufend die Parameter für eine Konfiguration des Kommunikationssystems zu optimieren, beispielsweise um sich verändernde Kanalbedingungen anzupassen, ohne dass es bei dieser Optimierung zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall einer kritischen Anwendung kommt.
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Aus diesem Grund wird die erste Menge 130-1, umfassend eine bestimmte Anzahl N1 an zu prüfenden Parametersets PP, in dem Speicher 140 vorgehalten. Diese Parametersets PP können dann während unkritischen Übertragungszyklen angewendet und somit überprüft werden.
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In Kommunikationssystemen 100 mit einem auf Funk basierenden Datenaustausch mit bewegten bzw. sich bewegenden Kommunikationsteilnehmern 110-1, 110-2 und /oder einer sich veränderlichen Umgebung kann sich ein optimales Parameterset über die Zeit verändern. So kann es sein, dass Parameter, die in der Vergangenheit zu einer hohen, insbesondere der besten Kommunikationsgüte geführt haben, zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr die optimale Parameterkombination darstellen, sondern eine andere Parameterkombination eine bessere, insbesondere die beste, Konfiguration darstellt.
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Weiter wird die zweite Menge 130-2, umfassend eine bestimmte Anzahl N2 sicheren Parametersets SP, insbesondere zusammen mit deren Gütewerten, in dem Speicher 140 vorgehalten, die in einem bestimmten Zeitraum in der der jüngeren Vergangenheit zu guten, insbesondere zu den besten, Übertragungseigenschaften geführt haben. Diese sicheren Parametersets SP können dann während kritischen Übertragungszyklen, während denen eine erfolgreiche Übertragung stattfinden muss, um zu verhindern, dass die Anwendung in einen Fehlerzustand übergeht, angewendet werden.
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Zum Bewerten der Parametersets PP, SP umfasst das Verfahren weiter einen Schritt 260 zum Ermitteln eines Gütewerts für einen Datenaustausch in einem Übertragungszyklus für das angewandte Parameterset PP, SP. Der Gütewert beschreibt den Erfolg eines Datenaustausches. Je höher ein Gütewert ist, umso sicherer ist ein Parameterset.
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Ein Gütewert ist beispielsweise abhängig von einer oder mehreren der folgenden Kenngrößen:
- - einer Paketfehlerwahrscheinlichkeit, engl. Packet Error Ratio, PER und/oder
- - einer Bitfehlerwahrscheinlichkeit, engl. Bit Error Ratio, BER, und/oder
- - Signal-zu-Rauschverhältnis, engl. Signal-to-Noise Ratio, SNR, und/oder
- - einer Ende-zu-Ende-Latenz zwischen Sender und Empfänger, und/oder
- - Jitter
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Vorteilhafterweise kann vorgesehen sein, dass das Verfahren 200 weiter umfasst: Quantifizieren 260-1 eines Einflusses einer Konfiguration auf das Kommunikationssystem 100. Eine Konfiguration eines Datenaustausches kann sich auch auf das Kommunikationssystem 100 im Gesamten auswirken. Ein Beispiel ist die spektrale Effizienz des Kommunikationssystems 100, die wiederrum Einfluss auf die Gesamtdatenrate hat, die im Kommunikationssystem 100 übertragen werden kann.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren 200 weiter einen Schritt 270 zum Zuordnen eines Parametersets zu der ersten Menge 130-1 an Parametersets umfassend zu prüfende Parametersets PP oder zu der zweiten Menge 103-2 an Parametersets umfassend sichere Parametersets SP, umfasst. Beispielsweise kann ein altes Parameterset, dessen Anwendung eine bestimmte Anzahl von Übertragungszyklen und/oder eine bestimmte Zeitdauer zurückliegt, das aber vor einer gewissen Zeit als sicheres Parameterset eingestuft wurde, nach Ablauf einer gewissen Zeit und/oder einer gewissen Anzahl von Übertragungszyklen von der zweiten Menge 130-2 entfernt und der ersten Menge 130-1 zugeordnet werden. Dies ist zweckmäßig um gute Konfigurationen immer wieder auszuprobieren und deren aktuelle Kommunikationsgüte zu bestimmen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Weiter kann ein angewandtes, zu prüfendes Parameterset, nach erfolgreichem Datenaustausch als sicheres Parameterset eingestuft werden und damit zu der Menge 130-2 hinzugefügt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform ist vorgesehen, dass das Verfahren 200 einen Schritt 280 zum Erstellen von zu prüfenden Parametersets PP, insbesondere neuen Parametersets, umfasst. Das Erstellen kann insbesondere Maschinelles Lernen umfassen. Neue Parametersets basieren beispielsweise auf einer Variation sicherer Parametersets SP.
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3 zeigt eine schematische Darstellung beispielhafter Übertragungszyklen C1, C2, C3 und C4 einer Anwendung die beispielsweise eine Kommunikation zwischen Kommunikationsteilnehmern 110-1 und 110-2 umfasst. Weiter ist beispielhaft die Zykluszeit TC, also die Dauer eines Übertragungszyklus, dargestellt.
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Im Übertragungszyklus C1 ist beispielhaft ein erfolgreicher Datenaustausch D, beispielsweise zwischen den Kommunikationsteilnehmern 110-1 und 110-2, dargestellt.
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Die Anwendung umfasst gemäß der Darstellung eine Survival Time TS mit einer dreifachen Dauer einer Zykluszeit TC eines Übertragungszyklus.
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Gemäß einer vereinfachten Ausführungsform kann basierend auf der Zykluszeit und der Survival Time TS die Anzahl an verbleibenden unkritischen Übertragungszyklen ermittelt werden.
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Beispielsweise können in diesem Fall mit M = floor(TS/TC) eine Anzahl an M=3 unkritischen Übertragungszyklen bestimmt werden. D.h. konkret, dass in den Übertragungszyklen C2, C3 und C4 eine Konfiguration gemäß zu prüfender Parametersets PP ausgewählt werden kann.
Es können als für drei Übertragungszyklen C2, C3, C4 Parametersets gewählt werden, die nicht zwangsläufig zu den zuverlässigsten Parametersets gehören. Aufgrund der Survival Time führen fehlerhafte Übertragungen während den Übertragungszyklen nicht zu einem Fehlerzustand der Anwendung. Nach den drei Übertragungszyklen C2, C3, C4 müsste dann wieder ein sicheres Parameterset gewählt werden.
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Alternativ kann auch eine Anzahl an M-1=3-1=2 unkritischen Übertragungszyklen bestimmt werden. In diesem Fall wird eine zusätzliche Sicherheit erreicht. D.h. konkret, dass in den Übertragungszyklen C2 und C3 eine Konfiguration gemäß zu prüfender Parametersets PP ausgewählt werden kann. Für den Übertragungszyklus C4 wird eine Konfiguration gemäß einem sicheren Parameterset gewählt.
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Verallgemeinert kann die Parametersetoptimierung also auf M unkritische Übertragungszyklen erweitern, wenn die Survival Time mindestens dem M-fachen der Zykluszeit entspricht. Alternativ kann der letzte Zyklus vor Ablauf der Survival Time bereits als ein kritischer Übertragungszyklus bestimmt werden, so dass sich eine Anzahl an M-1 unkritischen Übertragungszyklen ergibt.