-
Die Erfindung betrifft eine Umfelderfassungseinrichtung. Die Erfindung betrifft auch ein Umfelderfassungsverfahren. Überdies betrifft die Erfindung ein Schienenfahrzeug.
-
Aufgrund der langen Bremswege im Schienenverkehr werden für das assistierte Fahren oder gar autonome Fahren von Schienenfahrzeugen Sensoreinrichtungen benötigt, mit denen ein von dem Schienenfahrzeug weit entfernt liegender Bereich, insbesondere im Umfeld der von dem Schienenfahrzeug befahrenen Schienenstrecke, überwacht werden kann. Die bisher verwendeten Sensoren weisen allerdings in der Regel nur eine geringe Auflösung auf, so dass bisher eine Klassifizierung bzw. Erkennung unterschiedlicher Objekte über große Entfernungen nicht möglich ist.
-
Herkömmlich überblickt ein Zugführer die vorausliegende Strecke und reagiert adäquat auf Hindernisse, Gefahren und Signale, die er visuell erfassen kann. Es wäre wünschenswert, derartige Funktionen zu automatisieren, um die Sicherheit im Schienenverkehr zu erhöhen und gegebenenfalls sogar Personal einzusparen. Für größere Distanzen ist eine Automatisierung dieser Funktionen allerdings bisher noch nicht möglich.
-
Es besteht also die Aufgabe, eine Objekterfassung und eine Objektidentifizierung auch über weite Entfernungen zu ermöglichen.
-
Diese Aufgabe wird durch eine Umfelderfassungseinrichtung für ein Schienenfahrzeug gemäß Patentanspruch 1, ein Umfelderfassungsverfahren gemäß Patentanspruch 12 und ein Schienenfahrzeug gemäß Patentanspruch 13 gelöst.
-
Die erfindungsgemäße Umfelderfassungseinrichtung für ein Schienenfahrzeug weist eine Schienenstreckenerfassungseinheit auf, welche dazu eingerichtet ist, eine Position und einen Verlauf einer Schienenstrecke im Umfeld des Schienenfahrzeugs, vorzugsweise im Frontbereich vor dem Schienenfahrzeug, zu detektieren. Teil der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung ist auch eine Umfelderfassungseinheit, welche in einer festen Orientierungsbeziehung zur Schienenstreckenerfassungseinheit angeordnet bzw. ausgerichtet ist und dazu eingerichtet ist, das ebenfalls vorzugsweise im Frontbereich vor dem Schienenfahrzeug befindliche Umfeld des Schienenfahrzeugs und den Schienenverlauf bzw. die Schienenstrecke, welche gegebenenfalls Teil des Umfelds ist, zu erfassen. Als feste Orientierungsbeziehung soll verstanden werden, dass die relative Orientierung der Schienenstreckenerfassungseinheit und der Umfelderfassungseinheit stets konstant sind. Sie können beispielsweise gleich bzw. parallel ausgerichtet sein oder derart ausgerichtet sein, dass sich eine Überschneidung ihres Sichtfelds in einem vorbestimmten Bereich in einem vorbestimmten Abstand ergibt. Weiterhin umfasst die erfindungsgemäße Umfelderfassungseinrichtung eine für die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit gemeinsame Lagerung bzw. Lagerungseinheit. Zudem umfasst die erfindungsgemäße Umfelderfassungseinrichtung eine Steuerungseinheit.
-
Die Lagerungseinheit ist dazu eingerichtet, die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit orientierungsstabil zu lagern. Als orientierungsstabile Lagerung soll in diesem Zusammenhang verstanden werden, dass eine durch die Steuerungseinheit eingestellte vorzugsweise gemeinsame Orientierung der Schienenstreckenerfassungseinheit und der Umfelderfassungseinheit durch die Lagerung beibehalten wird, auch wenn das Schienenfahrzeug seine Orientierung ändert. Die Lagerung muss also eine Drehbewegung oder Schwenkbewegung des Schienenfahrzeugs relativ zu der Schienenstreckenerfassungseinheit und der Umfelderfassungseinheit ermöglichen, ohne dass diese Bewegung des Schienenfahrzeugs auf die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit übertragen wird. Die Steuerungseinheit ist dazu ausgebildet, die Orientierung der Umfelderfassungseinheit auf die detektierte Position und den von der Schienenstreckenerfassungseinheit detektierten Verlauf der Schienenstrecke auszurichten, so dass der Bereich der Schienenstrecke und das Umfeld der Schienenstrecke durch die Umfelderfassungseinheit erfassbar ist. Anders ausgedrückt, findet eine selbstjustierende Überwachung einer vorzugsweise vor einem Schienenfahrzeug liegenden Schienenstrecke statt, indem die Schienenstrecke durch die Schienenstreckenerfassungseinheit detektiert und lokalisiert wird und diese zusammen mit der Umfelderfassungseinheit auf einen zu überwachenden Abschnitt der Schienenstrecke ausgerichtet wird. Die eigentliche Überwachung und Identifizierung von Objekten im Beobachtungsbereich wird dann auf Basis von Daten der Umfelderfassungseinheit durchgeführt. Ändert sich der Verlauf der Schienenstrecke, so wird diese Änderung durch die Schienenstreckenerfassungseinheit detektiert und die Umfelderfassungseinheit wird zusammen mit der Schienenstreckenerfassungseinheit durch die Steuerungseinheit exakt auf den Beobachtungsbereich um die Schienenstrecke ausgerichtet bzw. entsprechend nachgeführt. Durch die automatisierte Nachführung kann die Ausdehnung des Sichtfelds der Umfelderfassungseinheit im Vergleich zu einer Sensoreinheit ohne eine solche Nachführung um ein bis zwei Größenordnungen reduziert werden. Diese Reduktion ist mit einer Verbesserung der Richtschärfe, der Auflösung und der Reichweite der Umfelderfassungseinheit verbunden.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Umfelderfassungsverfahren werden eine Position und ein Verlauf einer Schienenstrecke im Umfeld eines Schienenfahrzeugs durch eine Schienenstreckenerfassungseinheit detektiert. Das Umfeld des Schienenfahrzeugs wird durch eine Umfelderfassungseinheit, welche in einer festen Orientierungsbeziehung zur Schienenstreckenerfassungseinheit angeordnet ist, erfasst.
-
Die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit werden durch eine gemeinsame Lagerungseinheit orientierungsstabil gelagert.
-
Die Orientierung der Umfelderfassungseinheit wird durch eine Steuerungseinheit auf den detektierten Verlauf der Schienenstrecke ausgerichtet, so dass der Bereich der Schienenstrecke und das Umfeld der Schienenstrecke durch die Umfelderfassungseinheit erfassbar ist. Das erfindungsgemäße Umfelderfassungsverfahren teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung.
-
Das erfindungsgemäße Schienenfahrzeug weist die erfindungsgemäße Umfelderfassungseinrichtung auf. Das erfindungsgemäße Schienenfahrzeug teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung.
-
Einige Komponenten der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung können, gegebenenfalls nach Ergänzung um Hardwaresysteme, wie zum Beispiel eine Sensoreinheit und mechanische Komponenten einer Lagerungseinheit, zum überwiegenden Teil in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere Teile der Steuerungseinheit und der Lagerungseinheit.
-
Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware, beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein. Ebenso können die benötigten Schnittstellen, beispielsweise wenn es nur um eine Übernahme von Daten aus anderen Softwarekomponenten geht als Softwareschnittstellen ausgebildet sein. Sie können aber auch als hardwaremäßig aufgebaute Schnittstellen ausgebildet sein, die durch geeignete Software angesteuert werden.
-
Eine weitgehend softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher in einem Schienenfahrzeug vorhandene Rechnersysteme nach einer eventuellen Ergänzung durch zusätzliche Hardwareelemente, wie zum Beispiel zusätzliche Sensoreinheiten, auf einfache Weise durch ein Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten. Insofern wird die Aufgabe auch durch ein entsprechendes Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm gelöst, welches direkt in eine Speichereinrichtung eines solchen Rechnersystems ladbar ist, mit Programmabschnitten, um die durch Software realisierbaren Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Rechnersystem ausgeführt wird.
-
Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls zusätzliche Bestandteile, wie z.B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten, auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung der Software, umfassen
-
Zum Transport zur Speichereinrichtung des Rechnersystems und/oder zur Speicherung an dem Rechnersystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick, eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.
-
Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer anderen Anspruchskategorie und deren Beschreibungsteilen weitergebildet sein. Zudem können im Rahmen der Erfindung die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.
-
In einer Variante der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung umfasst die Lagerungseinheit einen Gimbal. Als Gimbal ist eine motorisierte Lagerungseinheit zu verstehen, die Bewegungen einer Sensoreinheit flüssiger machen bzw. eine Stabilisierung eines Beobachtungs- oder Aufnahmebereichs bewirken kann. Auf dem Gimbal sind dann die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit in einer festen Orientierungsbeziehung angeordnet. Vorteilhaft müssen die beiden Sensoreinheiten nur einmal vorab aufeinander kalibriert werden, was ihre Orientierung angeht, da sie beide eine feste Orientierungsbeziehung zueinander haben, die sich während des Betriebs auch nicht mehr ändern kann.
-
Ein solcher Gimbal kann als Eingangsgrößen Befehlsdaten zur Ansteuerung einer auf Basis der Sensordaten der Schienenstreckenerfassungseinheit erzeugten oder ermittelten oder einzustellenden Orientierung umfassen. Eingangsgrößen können aber auch Bewegungen des Schienenfahrzeugs, ein sogenannter Sinuslauf sowie Abweichungen der Höhe in Folge von Unebenheiten der Strecke als auch eine aktuelle Steigung umfassen. Vorteilhaft kann eine Nachführung der Sensorik der Umfelderfassungseinrichtung präziser und störungsfreier erfolgen.
-
Eine solche Lagerungseinheit kann insbesondere eine kardanische Aufhängung umfassen, durch welche eine ungewollte Richtungsänderung der Sensorik aufgrund äußerer mechanischer Einwirkungen verhindert wird. Vorteilhaft lässt sich die Messgenauigkeit sowohl der Schienenstreckenerfassungseinheit als auch der Umfelderfassungseinheit erhöhen. Durch die Verwendung eines Gimbals lässt sich die Drift des Sichtfelds von passiven Sensoren, beispielsweise optischen Sensoren oder Infrarotsensoren, reduzieren. Damit lassen sich längere „Belichtungszeiten“ realisieren, wodurch die Sensitivität der passiven Sensorik verbessert wird.
-
Außerdem können inertiale Messeinheiten, Beschleunigungssensorsysteme oder Magnetfeldsensorsysteme zur Orientierungsmessung und Stabilisierung der Orientierung der Sensorik der Umfelderfassungseinrichtung genutzt werden.
-
In einer Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung umfasst die Schienenstreckenerfassungseinheit eine passive Erfassungseinheit. Eine solche passive Erfassungseinheit, beispielsweise eine passive Sensoreinheit, kann vorteilhaft mit einem ausgedehnten Sichtfeld ausgestaltet werden.
-
Die Schienenstreckenerfassungseinheit kann zum Beispiel als Aufnahmetechnologie eine vorzugsweise passive Infrarotbilderfassung oder eine Lidarsensortechnik verwenden. Sie kann auch eine optische Erfassungseinheit umfassen. Eine passive Infrarotsensoreinheit weist eine hohe Genauigkeit bei der Zielerfassung auf. Allerdings benötigt die Infrarotsensoreinheit Temperaturunterschiede. Lidar ermöglicht eine dreidimensionale Abtastung von Objekten ist allerdings aufgrund der pixelweise Abtastung der Umwelt weniger genau wie passive Sensorik, insbesondere Infrarotsensorik.
-
Die Umfelderfassungseinheit ist vorzugsweise dazu ausgebildet, eine der folgenden Erfassungstechniken zu nutzen:
- - Radar,
- - ein Ultraschallsensorsystem,
- - ein laserbasiertes Messsystem, vorzugsweise Lidar,
- - ein kamerabasiertes, vorzugsweise stereokamerabasiertes Messsystem.
-
Radar eignet sich besonders gut für die Erfassung einer hochgenauen Radarkarte oder von aufgelösten Details, um ein detektiertes Objekt zu klassifizieren bzw. zu identifizieren. Außerdem können die Radardaten komplementär zu passiv erfassten, beispielsweise optischen Daten oder Infrarotdaten genutzt werden, um die Datengrundlage für die Objekterkennung zu erweitern. Radar weist eine sehr gute Tiefenauflösung, insbesondere im Vergleich zu passiven Sensorverfahren auf.
-
Mit Radar kann die laterale Auflösung einer passiven Infrarotkamera komplementär verbessert werden.
-
Lidar weist im Vergleich zu Radar eine verbesserte Auflösung auf.
-
Stereokameras weisen ebenfalls den Vorteil einer guten Tiefenauflösung auf und verbinden diesen Vorteil mit einer allgemein erhöhten Auflösung im Vergleich zu aktiven Abtastsystemen.
-
Mithin sind die Schienenstreckenerfassungseinheit und die Umfelderfassungseinheit der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung besonders bevorzugt dazu eingerichtet, zueinander komplementäre Daten zu erfassen, die es erlauben, umfassende Information über Objekte im Umfeld eines Schienenfahrzeugs zu ermitteln.
-
Ebenfalls bevorzugt ist die Umfelderfassungseinheit der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung dazu eingerichtet, Daten von mindestens einem der folgenden Datentypen zu erfassen:
- - die Relativgeschwindigkeit zwischen einem erfassten Objekt und dem Schienenfahrzeug,
- - den Abstand eines erfassten Objekts zu dem Schienenfahrzeug,
- - die Egoposition des Schienenfahrzeugs.
-
Die Relativgeschwindigkeit zwischen einem erfassten Objekt und dem Schienenfahrzeug kann zum Beispiel durch eine exakte Messung einer radialen und einer lateralen Dopplerkomponente der von einem detektierten Objekt reflektierten Sensorwellen, vorzugsweise Radarwellen, ermittelt werden. Durch die Nutzung einer orientierungsstabilen Messapparatur können auch langsame Bewegungen gemessen werden. Die entsprechenden Geschwindigkeitswerte lassen sich für eine Klassifizierung und eine Identifizierung eines detektierten Objekts nutzen. Weiterhin lässt sich mit der orientierungsstabilen Messapparatur ein exakter Winkel der Bewegungsrichtung eines detektierten Objekts zu der Egogeschwindigkeit des Schienenfahrzeugs ermitteln und so eine Relevanz eines Objekts hinsichtlich eines Kollisionsereignisses zuverlässiger ermitteln. Die Kenntnis einer hochgenauen Geschwindigkeitsinformation lässt sich auch zur Stützung bzw. Genauigkeitsverbesserung bei der Ermittlung der Ego-Position eines Schienenfahrzeugs nutzen.
-
Die Schienenstreckenerfassungseinheit der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung ist vorzugsweise dazu eingerichtet, Daten von mindestens einem der folgenden Datentypen zu erfassen:
- - die laterale Struktur der Gleise der detektierten Schienenstrecke,
- - die relative Gleishöhe der Gleise der detektierten Schienenstrecke,
- - der Gleisverlauf der erwarteten Trajektorie des Schienenfahrzeugs.
-
Vorteilhaft lassen sich die genannten Größen für eine exakte Ermittlung einer Orientierung der Sensorik des Schienenfahrzeugs und gegebenenfalls auch für eine Verbesserung von digitalem Kartenmaterial hinsichtlich der befahrenen Schienenstrecke oder einer im Umfeld des Schienenfahrzeugs vorhandenen Schienenstrecke nutzen.
-
Diese Daten können für eine exaktere Ausrichtung des Gesamtsystems aus Umfelderfassungseinheit und Streckenerfassungseinheit genutzt werden, um so besonders genaue Positionsermittlungen von detektieren Objekten durchzuführen. Die Erfindung erlaubt auch die Generierung hochgenauer relativer Streckenkarten durch Anwendung aktiver Sensortechniken, wie zum Beispiel Radar, wobei die durch diese Sensorik erfassten Daten auf die Daten der komplementären passiven Sensorik, beispielsweise auf eine durch die passive Sensorik erfasste Gleismittenlinie bezogen werden. Auf Basis dieser relativen Streckenkarten können auch absolute Kartendaten mit Geokoordinaten gewonnen werden.
-
Die Steuerungseinheit der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung ist bevorzugt dazu ausgebildet, die Orientierung der Umfelderfassungseinheit so auszurichten, dass eine aktive Beschränkung des erfassten Umfelds erreicht wird. Vorteilhaft kann durch die Einschränkung des erfassten Umfelds eine Beeinträchtigung von in der Peripherie vorhandenen Personen oder technischen Einrichtungen durch aktive Sensorik, wie zum Beispiel Radarwellen verhindert werden. Außerdem lässt sich durch die aktive Beschränkung der Strahlrichtung durch die Steuerung des Erfassungsbereichs der Umfelderfassungseinheit bei aktiver Sensorik eine höhere Abstrahlleistung realisieren, insbesondere im Hinblick auf eine erleichterte Funkzulassung bzw. als Argumentationsgrundlage gegenüber regulierenden Stellen, um höhere Sendeleistungen zugelassen zu bekommen.
-
Die Steuerungseinheit der erfindungsgemäßen Umfelderfassungseinrichtung kann dazu ausgebildet sein, die Orientierung der Umfelderfassungseinheit über einen Erfassungsbereich der Schienenstreckenerfassungseinheit hinaus auszurichten. Dabei wird der Streckenverlauf auf Basis der erfassten Schienenstrecke und Kartendaten über die erfasste Schienenstrecke hinaus extrapoliert. Mithin kann eine Ausrichtung der Umfelderfassungseinheit auf eine Gleisposition im situativen Sichtbarkeitsbereich der Umfelderfassungseinheit über den situativen Sichtbarkeitsbereichs des Gleises für die Schienenstreckenerfassungseinheit hinaus erfolgen. Auf diese Weise wird eine Reichweitenerhöhung der Umfelderfassung erreicht, was mit einer erhöhten Sicherheit des Betriebs des Schienenfahrzeugs verbunden ist. Anders ausgedrückt kann die Umfelderfassungseinheit vorteilhaft auch auf einen Bereich ausgerichtet werden, der außerhalb der Reichweite der Streckenerfassungseinheit liegt.
-
Die Umfelderfassungseinheit kann auch eine elektronische Strahlschwenkungsfunktion aufweisen, insbesondere, wenn sie eine Radarsensoreinheit umfasst. Hierzu weist die Umfelderfassungseinheit eine Mehrzahl von Einzelkanälen auf. Die Strahlschwenkung kann über die Wahl der Phasenbeziehungen der Kanäle erfolgen. Insbesondere lässt sich über die Phasenbeziehungen der Empfangssignale eine Empfangsrichtung berechnen.
-
Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Schienenfahrzeugs mit einer Umfelderfassungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung,
- 2 ein Flussdiagramm, welches ein Umfelderfassungsverfahren gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht,
- 3 eine schematische Darstellung einer Erfassung von komplementären Daten durch ein Radar und eine passive Infrarotkamera einer Umfelderfassungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung,
- 4 ein Schaubild, welches eine Umfelderfassungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung mit SAR-Technologie zur Erweiterung des effektiven Aufnahmefensters veranschaulicht,
- 5 ein Schaubild, welches eine Umfelderfassungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung mit einem Radarsubsystem mit elektronischer Strahlschwenkung veranschaulicht,
- 6 ein Schaubild, welches eine Erweiterung der Reichweite einer Umfelderfassungseinrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung über die Reichweite einer als Schienenstreckenerfassungseinheit eingesetzten passiven Infrarotkamera hinaus veranschaulicht.
-
In 1 wird eine schematische Darstellung 10 eines Schienenfahrzeugs 2 mit einer Umfelderfassungseinrichtung 3 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Das Schienenfahrzeug 2 befindet sich auf einer Schienenstrecke 1 und erfasst durch die genannte Umfelderfassungseinrichtung 3 einen Beobachtungsbereich B, welcher vor dem Schienenfahrzeug 2 auf der Schienenstrecke 1 und um die Schienenstrecke 1 herum angeordnet ist.
-
Zur Anvisierung dieses gewünschten Beobachtungsbereichs B weist die Umfelderfassungseinrichtung 3 eine passive Infrarotsensoreinheit 6 als Schienenstreckenerfassungseinheit auf. Die Umfelderfassungseinrichtung 3 ist relativ zu dem Schienenfahrzeug 2 um drei Achsen schwenkbar ausgebildet, so dass sie den Kurven der Schienenstrecke 1 folgen kann. Damit eine eingestellte Richtung der Sensorik beibehalten werden kann, weist die Umfelderfassungseinrichtung 3 einen Gimbal 4 auf, auf dem die Sensorik 5, 6 montiert ist. Neben der bereits erwähnten Infrarotsensoreinheit 6 ist auf dem Gimbal 4 auch eine Radarsensoreinheit 5 als Umfelderfassungseinheit angeordnet. Die Radarsensoreinheit 5 ist vorab derart kalibriert, dass sie denselben Beobachtungsbereich B anvisiert wie die passive Infrarotsensoreinheit 6. Die passive Infraroteinheit 6 weist einen ausgedehnten Aufnahmebereich auf und ist daher zur Suche nach einem gewünschten Beobachtungsbereich B gut geeignet. Wurde der Beobachtungsbereich B identifiziert und geeignet für die passive Infrarotsensoreinheit 6 zentriert, wie es in 1 veranschaulicht ist, so ist automatisch auch die als Umfelderfassungseinheit ausgebildete Radarsensoreinheit 5 auf diesen Beobachtungsbereich B gerichtet. Auf diese Weise wird durch das weite Sichtfeld der passiven Infraroteinheit 6 die Beschränkung des Sichtfelds der Radarsensoreinheit 5 kompensiert.
-
Vorteilhaft weist die Radarsensoreinheit 5 eine hohe Lateralauflösung und eine hohe Reichweite auf, so dass Objekte O in dem Beobachtungsbereich B in ihren Einzelheiten erfasst werden können. Zur Ansteuerung und Ausrichtung der Umfelderfassungseinrichtung 3 weist das Schienenfahrzeug 2 eine Steuerungseinheit 7 auf.
-
In 2 ist ein Flussdiagramm 200 gezeigt, welches ein Umfelderfassungsverfahren gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Bei dem Schritt 2.1 werden Infrarotsensordaten SD durch eine als Schienenstreckenerfassungseinheit genutzte Infrarotsensoreinheit 5 von einem frontalen Überwachungsbereich vor einem Schienenfahrzeug 2 erfasst. Die Infrarotsensoreinheit 5 ist gemeinsam mit einer als Umfelderfassungseinheit ausgebildeten Radarsensoreinheit 6 auf einem Gimbal 4 orientierungsstabil gelagert.
-
Bei dem Schritt 2.II werden eine Position P und ein Verlauf VL des vor dem Schienenfahrzeug 2 liegenden Schienenstreckenabschnitts auf Basis der Infrarotsensordaten SD detektiert. Dabei wird auch ein Beobachtungsbereich B vor dem Schienenfahrzeug 2 ermittelt, der den Schienenstreckenabschnitt und gegebenenfalls einen Randbereich darum herum umfasst.
-
Der Gimbal 4 wird bei dem Schritt 2.III durch eine Steuerungseinheit 7 so ausgerichtet, dass das Sichtfeld der Infrarotsensoreinheit 5 auf den Bobachtungsbereich B zentriert ist. Damit ist aber die vorab auf die Infrarotsensoreinheit 5 kalibrierte Radarsensoreinheit 6 ebenfalls auf den Beobachtungsbereich B gerichtet.
-
Somit können dann bei dem Schritt 2.IV Radarsensordaten von dem Beobachtungsbereich B mit erhöhter lateraler Auflösung und Tiefenauflösung sowie großer Reichweite erfasst werden.
-
In 3 ist eine schematische Darstellung 30 einer Erfassung von komplementären Daten durch ein Radar 5 und eine passive Infrarotkamera 6 einer Umfelderfassungseinrichtung 3 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Im linken Bildabschnitt ist ein Schienenstreckenabschnitt 1 gezeigt, auf dem sich ein Schienenfahrzeug 2 mit der genannten Umfelderfassungseinrichtung 3 befindet. Die Umfelderfassungseinrichtung 3 erfasst nun komplementäre Daten d, v, M, h1, h2 über ihre beiden unterschiedlichen Sensoreinheiten 5, 6. Dabei erfasst die Radarsensoreinheit 5 des Schienenfahrzeugs 2 im Beobachtungsbereich B zum Beispiel ein Objekt O sowie dessen Relativgeschwindigkeit v und Distanz d zur Radarsensoreinheit 5 des Schienenfahrzeugs 2. Die Infrarotsensoreinheit 6 erfasst komplementär zu der Radarsensoreinheit 5 die laterale Struktur und die Höhe des Gleiskörpers GB. Beispielsweise werden die Höhe h1, h2 der Schienen 1a sowie die Abmessungen der Schwellen 1b sowie der Gleisverlauf bzw. der Verlauf der Mittenlinie M der Gleise erfasst. Im rechten Bildabschnitt sind drei unterschiedliche Ansichten eines Gleiskörpers GB gezeigt. In einer oberen Teildarstellung ist ein Querschnitt des Gleiskörpers GB gezeigt. Erfasste Abmessungen können zum Beispiel die Schienenhöhen h1, h2 der Schienen 1a, aber auch Abmessungen und Positionen der Schwellen 1b betreffen. In einer mittleren Teildarstellung im rechten Bildabschnitt ist eine Draufsicht auf den Gleiskörper GB dargestellt. In der Draufsicht ist insbesondere die Mittenlinie M des Gleisverlaufs veranschaulicht, die ebenfalls durch die Infrarotsensoreinheit 6 erfasst werden kann. In einer unteren Teildarstellung im rechten Bildabschnitt ist in 3 eine Seitenansicht auf einen Gleiskörper GB gezeigt. In dieser Darstellung ist der wegabhängige Höhenverlauf h1(s) einer Schiene 1a zu erkennen, der ebenfalls durch die Infrarotsensorreinheit 6 erfasst werden kann.
-
In 4 ist eine schematische Draufsicht 40 auf einen Schienenstreckenabschnitt 1 gezeigt, auf dem ein Schienenfahrzeug 2 mit einer Umfelderfassungseinrichtung 3 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht ist. Das Schienenfahrzeug 2 weist eine Relativgeschwindigkeit v mit einer Radialkomponente vr und einer Lateralkomponente v1 relativ zu einem detektierten Objekt O auf. Anders ausgedrückt, ist der Gimbal der Umfelderfassungseinrichtung 3 nicht in Fahrtrichtung ausgerichtet, sondern in einem Winkel α dazu. Während der Fahrt des Schienenfahrzeugs 2 auf das detektierte Objekt O zu ändert sich der Winkel α aufgrund der lateralen und radialen Bewegung des Schienenfahrzeugs 2. Die aus unterschiedlichen Richtungen durchgeführten Aufnahmen von dem Objekt O durch die Radarsensoreinheit 5 können durch Anwendung eines SAR-Algorithmus miteinander kombiniert werden, um so eine verbesserte Auflösung und ein vergrößertes effektives Sichtfeld des Radars 5 zu erreichen.
-
In 5 ist eine Draufsicht 50 auf ein Schienenfahrzeug 2 mit einer Umfelderfassungseinrichtung 3 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung mit einer Radarsensoreinheit 5a mit elektronischer Strahlschwenkung gezeigt. Die Radarsensoreinheit 5a schwenkt ihren Radarstrahl in unterschiedliche Richtungen, so dass ein vergrößertes Sichtfeld mit einer erhöhten Auflösung erreicht werden kann. Die Schwenkung des Radarstrahls kann sowohl in Elevationsrichtung als auch in Azimutrichtung erfolgen.
-
In 6 ist eine Draufsicht gezeigt, welche eine Erweiterung der Reichweite einer Umfelderfassungseinrichtung 3 eines Schienenfahrzeugs 1 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung über die Reichweite einer als Schienenstreckenerfassungseinheit eingesetzten passiven Infrarotsensoreinheit 6 hinaus veranschaulicht. Wie in 6 zu erkennen ist, reicht die Reichweite der Infrarotsensoreinheit 6 nicht aus, um den gewünschten Beobachtungsbereich B um das Objekt O zu erfassen. Um die Radarsensoreinheit 5 trotzdem auf diesen entfernten Bereich B ausrichten zu können, wird der erfasste Verlauf der Schienenstrecke 1 mit Kartendaten K, welche in 6 in einer rechten Teildarstellung gezeigt sind, ergänzt. Da in den Kartendaten K der Streckenverlauf auch über die Reichweite der Infrarotsensoreinheit 6 hinaus erkennbar ist, kann die Position des Beobachtungsbereichs B auf Basis der Infrarotmessung sowie der Kartendaten K ermittelt werden und es kann nun der Gimbal 4 der Umfelderfassungseinrichtung 3 so ausgerichtet werden, dass der gewünschte Beobachtungsbereich B im Sichtfeld des Radarstrahls der Radarsensoreinheit 5 liegt.
-
Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. Es wird der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten Artikel „ein“ bzw. „eine“ nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff „Einheit“ nicht aus, dass diese aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.