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Die vorliegende Offenbarung betrifft ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrerassistenzsystem, ein Fahrerassistenzverfahren für ein Fahrzeug, und ein Speichermedium zum Ausführen des Fahrerassistenzverfahrens. Die vorliegende Offenbarung betrifft insbesondere ein Training eines Fahrers basierend auf einem Fahrerverhalten im realen Verkehr.
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Stand der Technik
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Fahranfänger oder Personen, die sich nach längerer Auszeit wieder an das Steuer setzen, können in herausfordernden Verkehrssituationen überfordert sein. Hierdurch können potenziell gefährliche Situationen entstehen, die den Fahrer selbst sowie andere Verkehrsteilnehmer gefährden können. In herkömmlichen Fahrzeugen sind Fahrerassistenzsystem bekannt, die den Fahrer beim Führen des Fahrzeugs unterstützen. Beispielsweise kann das Fahrzeug ein System zur Erkennung von Verkehrsschildern umfassen, das den Fahrer beispielsweise auf aktuelle Geschwindigkeitsbegrenzungen hinweist.
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Derartige herkömmliche Systeme und Verfahren geben jedoch lediglich passive Hinweise z.B. auf Verkehrsregeln und können den Fahrer, wie zum Beispiel Fahranfänger, nicht beim Erwerb von Praxiserfahrung unterstützen.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug, ein Fahrzeug mit einem solchen Fahrerassistenzsystem, ein Fahrerassistenzverfahren für ein Fahrzeug, und ein Speichermedium zum Ausführen des Fahrerassistenzverfahrens anzugeben, die Fahrer beim Erwerb von Praxiserfahrung unterstützen können. Insbesondere ist es eine Aufgabe der vorliegenden Offenbarung, eine Sicherheit im Straßenverkehr zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Gemäß einem unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrerassistenzsystem umfasst ein Identifikationsmodul, das eingerichtet ist, um eine Fahrzeugsituation als kritisch zu identifizieren, wenn wenigstens ein vorbestimmtes Kriterium erfüllt ist; ein Reaktionserfassungsmodul, das eingerichtet ist, um eine Fahrerreaktion auf die Fahrzeugsituation zu erfassen und zu bestimmen, ob die Fahrerreaktion von einer Referenzreaktion abweicht; und ein Ausgabemodul, das eingerichtet ist, um Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion an den Fahrer auszugeben, wenn bestimmt wird, dass die Fahrerreaktion von der Referenzreaktion abweicht.
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Erfindungsgemäß wird einem Fahrer des Fahrzeugs, wie einem Fahrschüler oder auch einem erfahrenen Fahrer, eine Fahrhilfe zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck analysiert das Fahrerassistenzsystem das Fahrverhalten des Fahrers und teilt ihm mit, wenn ein suboptimales Fahrverhalten vorliegt. Beispielsweise kann das Fahrerassistenzsystem dem Fahrer mitteilen, dass er in einer potenziell gefährlichen Situation falsch reagiert hat oder eine potenziell gefährliche Situation übersehen hat. Hierzu wird zuerst eine potenziell gefährliche Situation identifiziert und festgestellt, ob der Fahrer angemessen reagiert hat. Falls die Reaktion des Fahrers unzureichend war, kann dem Fahrer im Anschluss erklärt werden, welches Verhalten angemessen gewesen wäre und warum. Im Ergebnis kann der Fahrer beim Erwerb von Praxiserfahrung unterstützt werden, wodurch eine Sicherheit im Straßenverkehr verbessert werden kann.
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Das Identifikationsmodul und/oder das Reaktionserfassungsmodul und/oder das Ausgabemodul können in einem gemeinsamen Software- und/oder Hardware-Modul realisiert sein. Alternativ dazu können das Identifikationsmodul und/oder das Reaktionserfassungsmodul und/oder das Ausgabemodul jeweils in getrennten Software- und/oder Hardware-Modulen realisiert sein.
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Vorzugsweise ist das Ausgabemodul eingerichtet, um die Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion an den Fahrer auszugeben, wenn bestimmt wird, dass die Fahrerreaktion mehr als eine Schwelle von der Referenzreaktion abweicht. Damit kann sichergestellt werden, dass der Fahrer zum Beispiel im Falle einer nahezu optimalen und unkritischen Fahrerreaktion, die lediglich geringfügig von der Referenzreaktion abweicht, durch das Fahrerassistenzsystem belehrt wird.
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Das wenigstens eine Kriterium wird verwendet, um kritische Fahrzeugsituationen zu identifizieren. Beispielsweise können aus Flottendaten kritische Fahrzeugsituationen abgeleitet und zur Identifizierung zukünftiger kritischer Fahrzeugsituationen verwendet werden. Ergänzend oder alternativ können bestimmte Fahrzeugsituationen auch ohne Flottendaten oder andere reale Verkehrsdaten als kritisch definiert werden (z.B. ein vor das Fahrzeug laufendes Kind).
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In einigen Ausführungsformen kann eine z.B. aus den Flottendaten abgeleitete kritische Fahrzeugsituation mit wenigstens einem Label versehen sein (z.B. „Vollbremsung“, „Kreuzung“ etc.). Das Fahrassistenzsystem kann dann aktuelle Fahrzeugsituationen unter Verwendung der Label klassifizieren. Zum Beispiel kann eine aktuelle Fahrzeugsituation mit den Labeln „Vollbremsung“ und „Kreuzung“ versehen werden. Falls diese Label mit den Labeln einer als kritisch definierten Fahrzeugsituation übereinstimmen, kann die aktuelle Fahrzeugsituation als kritisch erkannt bzw. klassifiziert werden.
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Vorzugsweise gibt das wenigstens eine Kriterium an, dass die Fahrzeugsituation einer Situation entspricht, die vorab als kritisch eingestuft wurde. Insbesondere können bestimmte Situationen vorab beispielsweise durch einen Fahrzeughersteller als kritisch festgelegt werden, wie zum Beispiel ein Auftauchen einer Person vor dem Fahrzeug, ein Überfahren einer unübersichtlichen Kreuzung, das Befahren eines Bereichs mit einer Häufung an Unfällen etc. Anders gesagt können bestimmte Situationen mit dem Label „kritisch“ versehen sein, so dass entsprechende Fahrzeugsituationen direkt als kritisch eingestuft werden können.
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Vorzugsweise gibt das wenigstens eine Kriterium an, dass die Fahrzeugsituation einer früheren Situation entspricht, in der wenigstens ein anderer Fahrer mit einer bestimmten Fahrerreaktion reagiert hat. Beispielweise kann die bestimmte Fahrerreaktion der früheren Situation eine suboptimale Fahrerreaktion, wie eine Vollbremsung, sein. Wenn der Fahrer in der aktuellen Fahrzeugsituation mit derselben suboptimalen Fahrerreaktion wie der andere Fahrer reagiert, kann ihm dies mitgeteilt und eine angemessene Reaktionsweise, wie ein frühzeitiges Abbremsen, erläutert werden.
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Vorzugsweise gibt das wenigstens eine Kriterium an, dass die Fahrzeugsituation einer früheren Situation, in der ein Unfall aufgetreten ist, entspricht. Beispielweise kann der wenigstens eine andere Fahrer in der früheren Situation auf eine bestimmte Weise reagiert haben, die zu einem Unfall geführt hat. Wenn der Fahrer in der aktuellen Fahrzeugsituation mit derselben Fahrerreaktion wie der andere Fahrer reagiert und es glücklicherweise zu keinem Unfall kommt, kann ihm dies mitgeteilt und eine angemessene Reaktionsweise erläutert werden.
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Vorzugsweise gibt das wenigstens eine Kriterium an, dass die Fahrzeugsituation einer früheren Situation, in der eine Verletzung wenigstens einer Verkehrsregel durch den wenigstens einen anderen Fahrer aufgetreten ist, entspricht. Beispielweise kann der wenigstens eine andere Fahrer in der früheren Situation entgegen den Verkehrsregeln auf einen Gehweg ausgewichen sein, um einen Unfall zu vermeiden.
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Vorzugsweise gibt das wenigstens eine Kriterium an, dass in der Fahrzeugsituation eine potenzielle Kollision zwischen dem Fahrzeug und wenigstens einem Objekt (z.B. einer offenen Türe eines anderen Fahrzeugs, einem auf die Fahrbahn rollenden Ball etc.) und/oder wenigstens einem Subjekt (z.B. einer Person oder einem Tier) bevorsteht. Wenn der Fahrer in der aktuellen Fahrzeugsituation mit derselben Fahrerreaktion wie der andere Fahrer reagiert und es glücklicherweise zu keiner oder keiner ernsten Kollision kommt, kann ihm dies mitgeteilt und eine angemessene Reaktionsweise erläutert werden.
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Das Reaktionserfassungsmodul ist eingerichtet, um die Fahrerreaktion auf die Fahrzeugsituation zu erfassen. Die Fahrerreaktion kann auf geeignete Weise bzw. mittels eines definierten Vorgehens ermittelt werden. Beispielsweise kann das Reaktionserfassungsmodul eingerichtet sein, um die Fahrerreaktion basierend auf einer Betätigung wenigstens eines Steuerelements des Fahrzeuges (und optional einer Ausprägung der Betätigung des wenigstens einen Steuerelements) zu ermitteln, wie zum Beispiel einer Betätigung einer Bremse und/oder einem Lenkverhalten.
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Vorzugsweise ist die Referenzreaktion eine angemessene Reaktion auf die Fahrzeugsituation. Insbesondere kann die Referenzreaktion eine Reaktion sein, die ein Unfallrisiko bzw. ein Sicherheitsrisiko in der entsprechenden Fahrzeugsituation reduziert oder minimiert. Beispielsweise kann die Fahrerreaktion eine Vollbremsung sein, und die Referenzreaktion kann ein frühzeitiges und sanfteres Abbremsen sein.
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Vorzugsweise ist die Referenzreaktion im Wesentlichen eine frühere Reaktion wenigstens eines anderen Fahrers auf eine gleiche oder ähnliche Fahrzeugsituation. Beispielsweise kann die frühere Reaktion des wenigstens einen anderen Fahrers in der kritischen Fahrzeugsituation also als angemessen erkannt werden und als Grundlage für die Beurteilung des Fahrerverhaltens in der aktuellen Fahrzeugsituation verwendet werden.
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In anderen Ausführungsformen ist die Referenzreaktion von einer früheren Reaktion des wenigstens einen anderen Fahrers auf die gleiche oder ähnliche Fahrzeugsituation verschieden. Beispielsweise kann die frühere Reaktion des wenigstens einen anderen Fahrers in der kritischen Fahrzeugsituation als suboptimal erkannt werden und verwendet werden, um den Fahrer in der aktuellen Situation darauf hinzuweisen, wenn er auf dieselbe suboptimale Weise reagiert.
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Vorzugsweise basiert die Referenzreaktion auf Flottendaten einer Fahrzeugflotte. Beispielsweise können Flottendaten einer Fahrzeugflotte analysiert werden, um kritische Fahrzeugsituationen zu identifizieren und eine optimale Reaktion darauf zu bestimmen. Die optimale Reaktion kann wie oben erläutert einer Reaktion eines anderen Fahrers auf eine gleiche oder ähnliche Fahrzeugsituation entsprechen (falls dessen Reaktion als optimal eingestuft wird), oder kann von der Reaktion des anderen Fahrers verschieden sein (falls dessen Reaktion als suboptimal eingestuft wird).
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Vorzugsweise ist das Ausgabemodul eingerichtet, um die Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion während der Fahrt und/oder am Ende der Fahrt an den Fahrer auszugeben. Die Ausgabe der Informationen am Ende der Fahrt kann dabei eine Störung des Fahrers während der Fahrt vermeiden.
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Vorzugsweise ist das Ausgabemodul eingerichtet, um basierend auf der Fahrerreaktion eine Simulation der Fahrzeugsituation für ein Training des Fahrers durchzuführen. Beispielsweise kann der Fahrer am Ende der Fahrt bzw. nach einem Abstellen des Fahrzeugs mittels einer Simulation erneut durch die Fahrzeugsituation geführt werden, so dass der Fahrer gezielt auf bestimmte Fahrzeugsituationen trainiert werden kann.
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Vorzugsweise ist das Ausgabemodul eingerichtet, um eine Aufforderung zum Abbrechen der Fahrt und/oder zum Abstellen des Fahrzeugs an den Fahrer auszugeben, wenn zwei oder mehr Fahrerreaktionen auf zwei oder mehr entsprechende Fahrzeugsituationen von den jeweiligen Referenzreaktionen (z.B. während derselben Fahrt) abweichen. Damit kann festgestellt werden, dass der Fahrer (aktuell) nicht zum sicheren Führen des Fahrzeugs in der Lage ist, beispielsweise wenn an mehreren Stoppschildern während derselben Fahrt eine Vollbremsung durchgeführt wird, um Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden.
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Vorzugsweise ist das Fahrerassistenzsystem eingerichtet, um einen manuellen Fahrbetrieb des Fahrzeugs für den Fahrer zu sperren, wenn zwei oder mehr Fahrerreaktionen auf zwei oder mehr entsprechende Fahrzeugsituationen von den jeweiligen Referenzreaktionen (z.B. während derselben Fahrt) abweichen. Damit kann dem Fahrzeug ein Führen des Fahrzeugs verwehrt werden, wenn festgestellt wird, dass er (aktuell) zum sicheren Führen des Fahrzeugs nicht in der Lage ist, beispielsweise wenn an mehreren Stoppschildern während derselben Fahrt eine Vollbremsung durchgeführt wird.
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In einigen Ausführungsformen kann im Fall einer Sperre des manuellen Fahrbetriebs nur noch ein autonomer Fahrbetrieb des Fahrzeugs für diesen Fahrer möglich sein.
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Vorzugsweise ist das Ausgabemodul eingerichtet, um die Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion visuell und/oder akustisch auszugeben. Hierzu kann das Ausgabemodul wenigstens eine optische Ausgabeeinheit und/oder wenigstens eine Lautsprechereinheit umfassen. Die wenigstens eine optische Ausgabeeinheit kann zum Beispiel eine Anzeigevorrichtung, wie beispielsweise ein Display eines Infotainmentsystems, sein. Typischerweise ist das Display im oder am Armaturenbrett des Fahrzeugs installiert. Das Display kann zum Beispiel eine Headunit sein. In einigen Ausführungsformen ist das Display ein LCD-Display, ein Plasma-Display oder ein OLED-Display.
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Vorzugsweise ist das Fahrerassistenzsystem weiter zum automatisierten Fahren des Fahrzeugs eingerichtet. Das erfindungsgemäße Fahrerassistenzsystem erlaubt jedoch zumindest zeitweise eine (teil-)manuelle Steuerung des Fahrzeugs durch den Fahrer.
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Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ kann im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- oder Querführung oder ein autonomes Fahren mit automatisierter Längs- und Querführung verstanden werden. Bei dem automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens oder Rangierens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst ein automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe BASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012).
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Beim assistierten Fahren führt der Fahrer dauerhaft die Längs- oder Querführung aus, während das System die jeweils andere Funktion in gewissen Grenzen übernimmt. Beim teilautomatisierten Fahren (TAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum und/oder in spezifischen Situationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (HAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (VAF) kann das System für einen spezifischen Anwendungsfall das Fahren in allen Situationen automatisch bewältigen; für diesen Anwendungsfall ist kein Fahrer mehr erforderlich.
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Die vorstehend genannten vier Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 4 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Ferner ist in der SAE J3016 noch der SAE-Level 5 als höchster Automatisierungsgrad vorgesehen, der in der Definition der BASt nicht enthalten ist. Der SAE-Level 5 entspricht einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich.
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Vorzugsweise ist das Fahrerassistenzsystem zum automatisierten Fahren gemäß einem der SAE-Level 1-4 eingerichtet.
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Vorzugsweise umfasst das Fahrerassistenzsystem zum automatisierten Fahren ein Situationserkennungsmodul für das automatisierte Fahren, das eingerichtet ist, um Fahrzeugsituationen zu erkennen. Das Situationserkennungsmodul kann zudem verwendet werden, um die Fahrzeugsituationen der vorliegenden Offenbarung zu erkennen und optional als kritisch einzustufen. Dies kann zum Beispiel auch dann erfolgen, wenn das automatisierte Fahren deaktiviert ist, d.h. wenn der Fahrer manuell fährt. Damit können vorhandene Module eines Fahrerassistenzsystems zum automatisierten Fahren verwendet werden, um zumindest einige der erfindungsgemäßen Funktionalitäten zu implementieren.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrzeug, insbesondere Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrzeug umfasst das Fahrerassistenzsystem gemäß den Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Der Begriff Fahrzeug umfasst PKW, LKW, Busse, Wohnmobile, Krafträder, etc., die der Beförderung von Personen, Gütern, etc. dienen. Insbesondere umfasst der Begriff Kraftfahrzeuge zur Personenbeförderung.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Fahrerassistenzverfahren für ein Fahrzeug, insbesondere ein Kraftfahrzeug, angegeben. Das Fahrerassistenzverfahren umfasst ein Identifizieren einer Fahrzeugsituation als kritisch, wenn wenigstens ein vorbestimmtes Kriterium erfüllt ist; ein Erfassen einer Fahrerreaktion auf die Fahrzeugsituation; ein Bestimmen, ob die Fahrerreaktion von einer Referenzreaktion abweicht; und ein Ausgeben von Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion an den Fahrer, wenn bestimmt wird, dass die Fahrerreaktion von der Referenzreaktion z.B. mehr als eine Schwelle abweicht.
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Das Fahrerassistenzverfahren kann die Aspekte des in diesem Dokument beschriebenen Fahrerassistenzsystems implementieren.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Software (SW) Programm angegeben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Fahrerassistenzverfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist ein Speichermedium angegeben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem oder mehreren Prozessoren ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Fahrerassistenzverfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren unabhängigen Aspekt der vorliegenden Offenbarung ist eine Software mit Programmcode zur Durchführung des Fahrerassistenzverfahrens auszuführen, wenn die Software auf einer oder mehreren softwaregesteuerten Einrichtungen abläuft.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Offenbarung sind in den Figuren dargestellt und werden im Folgenden näher beschrieben. Es zeigen:
- 1 schematisch ein Fahrerassistenzsystem für ein Fahrzeug gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung,
- 2 schematisch ein Fahrzeug mit einem Fahrerassistenzsystem zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung, und
- 3 ein Flussdiagram eines Fahrerassistenzverfahrens gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Ausführungsformen der Offenbarung
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Im Folgenden werden, sofern nicht anders vermerkt, für gleiche und gleichwirkende Elemente gleiche Bezugszeichen verwendet.
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1 zeigt schematisch ein Fahrerassistenzsystem 100 gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Das Fahrerassistenzsystem 100 umfasst ein Identifikationsmodul 110, das eingerichtet ist, um eine Fahrzeugsituation als kritisch zu identifizieren, wenn wenigstens ein vorbestimmtes Kriterium erfüllt ist; ein Reaktionserfassungsmodul 120, das eingerichtet ist, um eine Fahrerreaktion auf die Fahrzeugsituation zu erfassen und zu bestimmen, ob die Fahrerreaktion von einer Referenzreaktion abweicht; und ein Ausgabemodul 130, das eingerichtet ist, um Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion an den Fahrer auszugeben, wenn bestimmt wird, dass die Fahrerreaktion von der Referenzreaktion abweicht.
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Das Fahrerassistenzsystem 100 erkennt also kritische bzw. gefährliche Situationen, ermittelt, ob der Fahrer angemessen reagiert hat, und erläutert anschließend, welches Verhalten angemessen gewesen wäre und warum.
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Im Detail kann zum Beispiel basierend auf Flottendaten und mittels maschinellem Lernens eine Reaktion anderer Fahrer auf bestimmte Situationen bestimmt und/oder vorhergesagt werden. Beispielsweise könnte eine Situation kritisch bzw. gefährlich gewesen sein, wenn viele Fahrer mit einer starken Bremsung auf eine bestimmte Situation reagiert haben. Alternativ kann ein Indikator für die Kritikalität einer Situation sein, dass sich in einer ähnlichen Situation ein Unfall ereignet hat. Außerdem könnte die Situation gefährlich gewesen sein, wenn ein Verstoß gegen die Verkehrsregeln z.B. in Gestalt eines gefährlichen Ausweichmanövers erforderlich war.
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Basierend darauf kann das Identifikationsmodul 110 nun kritische Fahrzeugsituationen identifizieren. Die Identifizierung der kritischen Situationen kann zum Beispiel durch ein Situationsvorhersagemodul eines (inaktiven) autonomen Fahrsystems erfolgen. Beispielsweise kann das Situationsvorhersagemodul eine sich öffnende Fahrzeugtür oder einen rollenden Ball als Gefahr erkennen und die Situation als kritisch einstufen.
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Das Fahrerassistenzsystem 100, insbesondere das Reaktionserfassungsmodul 120, ermittelt anschließend, ob der Fahrer angemessen auf die Fahrzeugsituation reagiert hat. Wenn beispielsweise die meisten Fahrer auf ähnliche Situationen mit einer starken Bremsung reagieren bzw. reagiert haben, der aktuelle Fahrer aber nicht, kann dies auf eine unangemessene Reaktion hindeuten.
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Anschließend kann das Fahrerassistenzsystem 100 dem Fahrer erläutern, welches Verhalten angemessen gewesen wäre und warum. Beispielsweise kann eine Erklärung der Situation erfolgen: zum Beispiel ist ein Ball auf die Straße gerollt und ein Kind war dahinter; oder ein menschliches Bein war hinter einem Auto zu sehen. Diese Situationen können dem Fahrer erklärt und angemessene Reaktionen darauf erläutert werden.
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Ergänzend oder alternativ können dem Fahrer Informationen zu früheren Vorkommnissen in ähnlichen Situationen, in denen andere Fahrer ähnlich reagiert haben, bereitgestellt werden. Zum Beispiel kann dem Fahrer mitgeteilt werden, dass 6/7 der Fahrer in einer ähnlichen Situation eine starke Bremsung durchgeführt haben, oder dass es in 1/20 der ähnlichen Situationen in der Vergangenheit zu Unfällen kam.
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2 zeigt schematisch ein Fahrzeug 10 mit einem Fahrerassistenzsystem 200 zum automatisierten Fahren gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung.
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Beim automatisierten Fahren erfolgt die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 10 automatisch. Das Fahrassistenzsystem 200 übernimmt also die Fahrzeugführung. Hierzu steuert das Fahrassistenzsystem 200 den Antrieb 20, das Getriebe 22, die hydraulische Betriebsbremse 24 und die Lenkung 26 über nicht dargestellte Zwischeneinheiten.
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Zur Planung und Durchführung des automatisierten Fahrens werden Umfeldinformationen einer Umfeldsensorik, die das Fahrzeugumfeld beobachtet, vom Fahrerassistenzsystem 200 entgegengenommen. Insbesondere kann das Fahrzeug wenigstens einen Umgebungssensor 12 umfassen, der zur Aufnahme von Umgebungsdaten, die das Fahrzeugumfeld angeben, eingerichtet ist. Der wenigstens eine Umgebungssensor 12 kann beispielsweise ein LiDAR-System, ein oder mehrere Radar-Systeme und/oder eine oder mehrere Kameras umfassen.
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Das Fahrerassistenzsystem 200 erlaubt jedoch zumindest zeitweise eine (teil-)manuelle Steuerung des Fahrzeugs durch den Fahrer und kann zumindest einige der Funktionalitäten des in Bezug auf 1 erläuterten Fahrerassistenzsystems implementieren. Beispielsweise umfasst das Fahrerassistenzsystem 200 ein Erkennungsmodul, das eingerichtet ist, um Fahrzeugsituationen zu erkennen. Das Erkennungsmodul kann verwendet werden, um die Fahrzeugsituation der vorliegenden Offenbarung zu erkennen und optional als kritisch einzustufen, d.h. das Erkennungsmodul für den automatisierten Fahrmodus kann zumindest teilweise die Funktionalitäten des erfindungsgemäßen Identifikationsmoduls bereitstellen oder das erfindungsgemäße Identifikationsmodul sein.
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3 zeigt schematisch ein Flussdiagramm eines Fahrerassistenzverfahrens 300 für ein Fahrzeug gemäß Ausführungsformen der vorliegenden Offenbarung. Das Fahrerassistenzverfahren 300 kann durch eine entsprechende Software implementiert werden, die durch einen oder mehrere Prozessoren (z.B. eine CPU) ausführbar ist.
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Das Fahrerassistenzverfahren 300 umfasst im Block 310 ein Identifizieren einer Fahrzeugsituation als kritisch, wenn wenigstens ein vorbestimmtes Kriterium erfüllt ist; im Block 320 ein Erfassen einer Fahrerreaktion auf die Fahrzeugsituation; im Block 330 ein Bestimmen, ob die Fahrerreaktion von einer Referenzreaktion abweicht; und im Block 340 ein Ausgeben von Informationen in Bezug auf die Fahrerreaktion an den Fahrer, wenn bestimmt wird, dass die Fahrerreaktion von der Referenzreaktion abweicht.
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Erfindungsgemäß wird einem Fahrer des Fahrzeugs, wie einem Fahrschüler oder auch einem erfahrenen Fahrer, eine Fahrhilfe zur Verfügung stellen. Zu diesem Zweck analysiert das Fahrerassistenzsystem das Fahrverhalten des Fahrers und teilt ihm mit, wenn ein suboptimales Fahrverhalten vorliegt. Beispielsweise kann das Fahrerassistenzsystem dem Fahrer mitteilen, dass er in einer potenziell gefährlichen Situation falsch reagiert hat oder eine potenziell gefährliche Situation übersehen hat. Hierzu wird zuerst eine potenziell gefährliche Situation identifiziert und festgestellt, ob der Fahrer angemessen reagiert hat. Falls die Reaktion des Fahrers unzureichend war, kann dem Fahrer im Anschluss erklärt werden, welches Verhalten angemessen gewesen wäre und warum. Im Ergebnis kann der Fahrer beim Erwerb von Praxiserfahrung unterstützt werden, wodurch eine Sicherheit im Straßenverkehr verbessert werden kann.
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Obwohl die Erfindung im Detail durch bevorzugte Ausführungsbeispiele näher illustriert und erläutert wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen. Es ist daher klar, dass eine Vielzahl von Variationsmöglichkeiten existiert. Es ist ebenfalls klar, dass beispielhaft genannte Ausführungsformen wirklich nur Beispiele darstellen, die nicht in irgendeiner Weise als Begrenzung etwa des Schutzbereichs, der Anwendungsmöglichkeiten oder der Konfiguration der Erfindung aufzufassen sind. Vielmehr versetzen die vorhergehende Beschreibung und die Figurenbeschreibung den Fachmann in die Lage, die beispielhaften Ausführungsformen konkret umzusetzen, wobei der Fachmann in Kenntnis des offenbarten Erfindungsgedankens vielfältige Änderungen beispielsweise hinsichtlich der Funktion oder der Anordnung einzelner, in einer beispielhaften Ausführungsform genannter Elemente vornehmen kann, ohne den Schutzbereich zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtliche Entsprechungen, wie etwa weitergehenden Erläuterungen in der Beschreibung, definiert wird.