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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umgebungsrepräsentation mittels Radardaten.
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Aus der
DE 10 2019 001 043 A1 ist ein Verfahren zum Klassifizieren von statischen Objekten in einer Fahrzeugumgebung eines Kraftfahrzeugs bekannt. Das Verfahren umfasst folgende Schritte:
- - Erfassen von Radarquerschnittswerte umfassenden Sensordaten der Fahrzeugumgebung einer jeweiligen Fahrzeugposition mittels einer Sensoreinrichtung des Kraftfahrzeugs, welche einen Radarsensor aufweist;
- - Eintragen der erfassten Sensordaten in zugeordneten Zellen eines die Fahrzeugumgebung darstellenden Belegungsgitters;
- - Klassifizieren eines statischen Objekts in Abhängigkeit von in den jeweiligen Zellen des Belegungsgitters eingetragenen Sensordaten; und
- - Eintragung eines korrigierten Radarquerschnittsparameters, welcher unter Berücksichtigung einer Varianz von den erfassten Radarquerschnittwerten der entsprechenden Zelle ermittelt wird, in jede Zelle des Belegungsgitters.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein neuartiges Verfahren zur Umgebungsrepräsentation mittels Radardaten anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren, welches die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale aufweist.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In einem Verfahren zur Umgebungsrepräsentation mittels Radardaten werden die Radardaten in einem spezifischen Radar-Messmodell in einer Datenfusion verarbeitet, wobei in der Datenfusion sensorspezifische Information eines die Radardaten erfassenden Radarsensors auf zumindest ein Bayessches Belegungsgitter angewendet wird und Sensorartefakte berücksichtigt werden.
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Das Verfahren ermöglicht dabei insbesondere eine mathematische Modellierung als so genanntes Gaussian-Mixture-Modell. Durch ein derartiges Messmodell können mittels eines Radars durchgeführte Sensormessungen zuverlässig in Tracking- und Fusionsmethoden eingebunden werden. Eine Spezifikation auf den Radarsensor erlaubt eine optimale Ausnutzung der Sensormessungen, eine Berücksichtigung von Sensorartefakten, wie beispielsweise Mess-Mehrdeutigkeiten und Mehrfach-Reflexions-Charakteristiken, und eine Integration von zusätzlicher sensorspezifischer Information, wie beispielsweise einer Dopplergeschwindigkeit, eines Radarquerschnitts und polarimetrischer Information. Dies ermöglicht eine exakte Interpretation einer Radarwelt, so dass eine Präzision einer Umgebungserfassung, eine Eigenpositionierung und Schätzung einer Eigenbewegung sehr präzise und robust realisiert werden können. Gegenüber bisherigen Sensormodellen, welche lediglich eine Integration von Entfernungs-, Winkel- und Geschwindigkeitsmessungen erlauben, können mittels des vorliegenden Verfahrens zusätzlich zumindest Sensorartefakte, der Radarquerschnitt und eine Höheninformation in die Datenfusion eingebunden werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 schematisch ein Diagramm einer Belegungswahrscheinlichkeit von Radarmessungen und
- 2 schematisch ein Diagramm einer Geschwindigkeitswahrscheinlichkeit einer einzelnen Radarmessung des Diagramms gemäß 1.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein Diagramm einer Belegungswahrscheinlichkeit p1 bis ps von Radarmessungen in Abhängigkeit einer Azimutrichtung φ und einer radialen Distanz r ausgehend von einem Radarsensor.
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Korrekte Messmodelle sind entscheidend, um qualitativ hochwertige Ergebnisse bei einer Verwendung von Bayesschen Belegungsgittern, auch als Bayesian Occupancy Grids bezeichnet, zu erhalten. Für optimale Tracking- und Fusionsergebnisse muss sich das Messmodell an jeden Sensor und Sensortyp unterschiedlich anpassen. Ein solches Messmodell ist ein im Folgenden beschriebenes inverses Radar-Messmodell, welches zur Anwendung in einem so genannten UNIFY-Framework ausgebildet ist.
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Radarsensoren liefern bei jedem Scan Punktwolken mit einer unterschiedlichen Anzahl von Detektionen. Jede Detektion liefert Positionsinformationen als Entfernungs- und Azimutmessungen von erkannten Hindernissen zusammen mit einer Radialgeschwindigkeit φ̇ und entsprechenden Messgeräuschen. Häufig wird angenommen, dass Messfehler entsprechend einer Gaußverteilung mit dem Mittelwert verteilt sind.
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Allerdings können Mehrdeutigkeitsfehler bei einer Messung nicht vollständig durch eine Signalverarbeitungslogik des Radarsensors aufgelöst werden. Somit werden regelmäßig falsche Orte oder Geschwindigkeiten erhalten, bei denen Messfehler das bereitgestellte Messrauschen um eine signifikante Größenordnung übersteigen.
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Die vorgeschlagenen Radar-Messmodelle ermöglichen eine Berücksichtigung von Mehrdeutigkeiten in Bezug auf Positions- und Geschwindigkeitsmessungen, die aufgrund des Auftretens mehrerer Peaks in einer Likelihood-Funktion nicht von einer Gaußverteilung abgedeckt werden können.
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Hierbei wird davon ausgegangen, dass eine Position und Messungen nicht miteinander korreliert sind. Somit kann das Radarmessmodell für ein Positions- und Geschwindigkeitsupdate für ein so genanntes Particle-Update im UNIFY- Framework in eine Belegungswahrscheinlichkeit gemäß Gleichung (2) und eine Geschwindigkeitswahrscheinlichkeit gemäß Gleichung (7) unterteilt werden.
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Dabei ist:
| (1) |
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Im Falle einer rein statischen Dempster-Shafer-Belief-Schätzung müssen Messwertschätzer für eine Belegungsmasse und eine freie Masse nur in Abhängigkeit von Positionsmessungen modelliert werden. Entfernungsratenmessungen erlauben jedoch eine Unterscheidung zwischen statischer und dynamischer Belegung, was nur mit Radarsensoren möglich ist, so dass ein Raster mit nur statischen Zielen möglich ist.
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Bei Positionsmessungen wird vorliegend davon ausgegangen, dass die Belegungswahrscheinlichkeit p1 bis p5 umso höher ist, je näher eine Messung an einer Zelle einer Antenne des Radarsensors liegt. Hinsichtlich der Messmehrdeutigkeiten könnte eine erhaltene Messung um ganzzahlige Vielfache von einigen Δr in radialer Distanz r und Δr in Azimutrichtung φ falsch sein, beispielsweise wenn ein reflektierter Radarstrahl durch äußere Einflüsse abgelenkt wird und auf eine andere Zelle im Antennenarray des Radarsensors trifft. Daher sind die Verschiebungsgrößen Δr und Δr sensorspezifische Parameter in Abhängigkeit von einer Antennenauflösung des Radarsensors.
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Die ganzzahligen Verschiebungsgrößen iΔr und jΔr werden als i, j aus unabhängigen Binomialverteilungen mit dem Binomialparameter p = 0.5 auf einigen festen Indexmengen I =J = {-k, ..., k} c ℤ erzeugt. Im vorliegenden Fall ist k = 1. Dabei kann die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Paar (i, j) richtig ist, als ϕ
i,j abgeleitet werden, wobei Σ
i∈I Σ
i∈J Φ
ί,j = 1. Weiterhin wird angenommen, dass neben einer falschen Mehrdeutigkeitsauflösung Gaußsches Messrauschen vorhanden ist. Daher wird eine gemessene Belegungswahrscheinlichkeit für eine Zelle c und die Messung z = (r,φ) gemäß
mit:
- c
- Position Zelle
- I
- Anzahl der Hypothesen für Verschiebungen in der Entfernung
- J
- Anzahl der Hypothesen für Verschiebungen im Winkel
- N
- Dichtefunktion Normalverteilung
- P
- Position der Zelle und Verschiebungshypothese in Polarkoordinaten; siehe Gleichung (3);
- r
- gemessene Entfernung von z
- z
- Messung (r, φ)
- Φ
- Gewichts-Faktor der einzelnen Verschiebungshypothesen
- φ
- gemessener Winkel von z
- σ
- Messrauschen/Standardabweichung (vom Sensor geliefert)
- ρ
- Korrelation (vom Sensor geliefert)
modelliert.
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Dabei ist eine hypothetische Zellenposition um diskrete Schritte gemäß
und einen konstanten Faktor η
o > 0, ein Messrauschen
und eine Korrelation ρ = sign(φ
c+ jΔ
j) • ρ
0, ρ
0 ∈ (0,1) verschoben.
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Unter Berücksichtigung gleicher Annahmen werden die Messmehrdeutigkeitsfehler in gleicher Weise in ein Freiraum-Likelihood-Modell gemäß
mit:
- ηF
- Skalierfaktor Freiraum
mit Mittelwert und Kovarianz
mit:
- γ
- Skalierfaktor
integriert.
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Damit ergibt sich die Belegungswahrscheinlichkeit gemäß
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Die Belegungswahrscheinlichkeit p0 gibt dabei an, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Zelle c bedingt durch z belegt ist, vorausgesetzt eine Messung u existiert. Berechnet wird die Belegungswahrscheinlichkeit p0 aus einer Belegtheitsmasse mo für c bedingt durch z (berechnet durch die Gleichung (3)) und einer Freiheitsmasse mF für c bedingt durch z (berechnet durch die Gleichung (5)).
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Ein Beispiel für die neue Belegungswahrscheinlichkeit p1 bis p5 unter Berücksichtigung von Positionsmessmehrdeutigkeiten für das binäre Bayessche Update als Kombination der Gleichungen (2) und (4) ist in der vorliegenden 1 dargestellt.
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Im Gegensatz zu einem idealen Messmodell ist ein belegter Raum weiter verteilt und nicht um einen einzelnen Peak zentriert. Jedoch befindet sich der höchste Peak der Belegungswahrscheinlichkeit p1 bis p5 immer noch an der Objektposition. Weitere Peaks sind in beiden Dimensionen im festen Abstand zueinander verteilt. Dabei zeigen Bereiche mit den Belegungswahrscheinlichkeiten p1 bis p3 wahrscheinlich freien Raum zwischen dem Radarsensor und dem entsprechende Objekt an. Die Belegungswahrscheinlichkeiten p4 und p5 zeigen dagegen Bereiche an, in welche sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Objekt befindet. Dabei weist die Wahrscheinlichkeitsverteilung mehrere Täler auf, anstatt eines einzigen Tals, welches von einem Standardmodell bereitgestellt wird. Eine Auswirkung auf die beiden Belegungszustände „besetzt“ und „frei“ ist ersichtlich. Ein ideales Messmodell, welches auf Lidar-Messungen anwendbar ist, wird mit I =J = 0 erhalten.
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In 2 ist ein Diagramm einer Geschwindigkeitswahrscheinlichkeit pv1 bis pv5 einer einzelnen Radarmessung des Diagramms gemäß 1 in Abhängigkeit einer Radialgeschwindigkeit φ̇ und einer Quergeschwindigkeit r dargestellt.
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Ein Likelihood-Modell einschließlich der Radialgeschwindigkeit φ̇ ist erforderlich, um Radarentfernungsratenmessungen auszunutzen. Es ist wichtig in einem Geschwindigkeitslayer eine genaue Geschwindigkeitsschätzung bereitzustellen, da diese für eine Partikelerzeugung und eine Aktualisierung eines Partikelgewichts erforderlich ist.
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Hierbei werden die Radarentfernungsratenmessungen potenziell um ein ganzzahliges Vielfaches eines Intervalls Δ
ṙverschoben, das sensorspezifisch ist und einen gegebenen Verschiebungsindex von l ∈ L ⊂ ℤ aufweist. Das Particle-Update Λ
i,j wird mit der nächstgelegenen Messung
berechnet, so dass das Geschwindigkeitsmessmodell auch ein Gaussian-Mixture-Modell ergibt:
mit:
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- Partikel i zum Zeitpunkt k
- ηv
- Skalierfaktor Geschwindigkeit
- ϕl
- Gewicht der Hypothese
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- Doppler Messung
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- Doppler Messmodell, angewandet auf Partikel
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- Doppler Messrauschen
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Dabei ist hṙ(·) ein Doppler Messmodell gemäß „S. Haag, B. Duraisamy, F. Govaers, W. Koch, M. Fritzsche, und J. Dickmann: Extended Object Tracking assisted Adaptive Clustering for Radar in Autonomous Driving Applications; 2019 Symposium on Sensor Data Fusion: Trends, Solutions, Applications; SDF 2019, 2019“.
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In der vorliegenden 2 ist dabei das vorgeschlagene Radarmessmodell für eine Messzelle dargestellt, wobei eine Intensität über der Geschwindigkeitsverteilung einer Messzelle aufgetragen ist. Hierbei ist ersichtlich, dass eine Differenz zwischen einzelnen Geschwindigkeitshypothesen sehr groß sein kann, so dass eine Einbeziehung dieser Art von Fehlern in das Geschwindigkeitsmessmodell entscheidend ist. Aufgrund der großen Abstände zwischen den einzelnen Geschwindigkeitshypothesen mit den Geschwindigkeitswahrscheinlichkeiten pv1 bis pv5 wird ein Multi-Hypothesen-Tracking, beispielsweise mit einem Partikelfilter, durchgeführt, um alle unterschiedlichen Hypothesen abzudecken und vom neuen Modell zu profitieren. In den Geschwindigkeitswahrscheinlichkeiten pv1 bis pv5 stellt die Geschwindigkeitswahrscheinlichkeit pv1 die kleinste Wahrscheinlichkeit und die Geschwindigkeitswahrscheinlichkeit pv5 die größte Wahrscheinlichkeit dar.
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Ein statischer Zustand der Zellen des Belegungsgitters muss um eine erwartete Amplitude
und ihrer Varianz
erweitert werden, um Messungen eines Radarquerschnitts, auch Radar Cross Section (kurz: RCS) bezeichnet, zu verwenden. Bei statischer Belegung wird angenommen, dass die Amplitude linear von der Messentfernung abhängt. Mit dem vorliegenden Messmodell kann eine Detektion mehreren Zellen zugeordnet werden. Für jede Messung z
l werden Assoziationsgewichte zwischen der Messung z
l und der Zelle c
i,k mit dem oben beschriebenen Modell gemäß
mit:
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- Likelihood-Funktion
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- geschätzte Amplitude für die Messung zl
- i,j
- Index betroffener Nachbarzellen
berechnet, so dass sich die erwartete Amplitude als gewichtete Summe über alle Zeitschritte und Messungen gemäß
mit:
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- Erwartungswert Standardabweichung einer Amplitudenmessung
- σA
- Messrauschen Amplitude
mit einer Standardabweichung ähnlich zu „K. Werber, M. Rapp, J. Klappstein, M. Hahn, J. Dickmann, K. Dietmayer und C. Waldschmidt: Automotive radar gridmap representations‟; 2015 IEEE MTT-S International Conference on Microwaves for Intelligent Mobility, ICMIM 2015, no. 1, Seiten 1 bis 4, 2015" ergibt.
mit:
- mi,j
- Belegungsmasse RCS Zelle mit Index i; j
- T
- Zeitindex
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- gemessene Amplitude pro RCS
- rc(k)
- Entfernung Zelle - Sensor zum Zeitpunkt tk
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- Erwartungswert Amplitudenmessung der Zelle c
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Dadurch ergibt sich eine Amplitudenkarte mit der erwarteten Amplitude und deren Varianz. Daraus resultierendes ergibt sich ein Amplituden-RCS-Modell gemäß
mit:
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- Likelihood-Funktion der Zelle c für die Amplitude A
- ηA
- Skalierfaktor
- φi,j
- Gewicht der Verschiebungshypothese
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102019001043 A1 [0002]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „K. Werber, M. Rapp, J. Klappstein, M. Hahn, J. Dickmann, K. Dietmayer und C. Waldschmidt: Automotive radar gridmap representations‟; 2015 [0032]