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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu einem Lokalisierungsergebnis einer GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung eines Fahrzeugs, bei sich abrupt und signifikant ändernder GNSS-Empfangssituation. Weiterhin werden ein Computerprogramm zur Durchführung des Verfahrens, ein maschinenlesbares Speichermedium sowie eine entsprechend eingerichtete Lokalisierungseinrichtung für ein Fahrzeug angegeben. Die Erfindung kann insbesondere bei GNSS-basierten Lokalisierungssystemen für das autonome oder teilautonome Fahren zur Anwendung kommen.
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Stand der Technik
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Mit Hilfe des Global Navigation Satellite System (GNSS) ist es möglich, an im wesentlichen jedem Punkt der Erde eine georäumliche Positionsbestimmung vorzunehmen. Ein GNSS-Satellit umkreist die Erde und sendet kodierte Signale, mit deren Hilfe der GNSS-Empfänger die Entfernung bzw. den Abstand vom Empfänger zum Satelliten berechnet, indem er die Zeitdifferenz zwischen dem Zeitpunkt des Signalempfangs und der Sendezeit schätzt. Die geschätzten Entfernungen zu Satelliten können in eine Schätzung für die Position des Empfängers umgewandelt werden, falls genügend Satelliten verfolgt werden (typischerweise mehr als 5). Derzeit gibt es mehr als 130 GNSS-Satelliten, die die Erde umkreisen, was bedeutet, dass üblicherweise höchstens 65 von ihnen im lokalen Horizont sichtbar sind
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Wenn über die Leistung des (GNSS/INS-)Lokalisierungssensors gesprochen wird, wird üblicherweise neben den drei Kriterien Genauigkeit, Kontinuität und Verfügbarkeit auch das Integritätskriterium erwähnt. Integrität ist in der Regel definiert als das Maß des Vertrauens, das in die Richtigkeit der von einem GNSS- oder GNSS/INS-System gelieferten Informationen gesetzt werden kann. Bisher untersuchte Integritätsermittlungsansätze beruhen im Wesentlichen auf der momentanen Varianz und/oder Standardabweichung zu der Parameterschätzung der Lokalisierungslösung. Diese hauptsächlich mathematische Herangehensweise kann jedoch den Nachteil aufweisen, dass Veränderungen der äußeren Einflüsse nicht ausreichend berücksichtigt werden können, sodass gegebenenfalls zumindest zeitweise Integritätswerte ermittelt werden, die der realen Situation nicht ausreichend gerecht werden, schlimmstenfalls eine zu hohe Integrität ausweisen. In diesem Zusammenhang stehen hier insbesondere im Fokus Lokalisierungslösungen, bei denen eine Integritätsermittlung vorgenommen wird, weiter zu verbessern.
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Offenbarung der Erfindung
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Hier vorgeschlagen wird gemäß Anspruch 1 ein Verfahren zum Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu einem Lokalisierungsergebnis einer (zumindest auch) GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung eines Fahrzeugs, bei sich abrupt und signifikant ändernder GNSS-Empfangssituation, umfassend zumindest folgende Schritte:
- a) Ermitteln der momentanen Eigenposition des Fahrzeugs mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung,
- b) Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu der in Schritt a) ermittelten Eigenposition mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung,
- c) Erkennen einer sich abrupt und signifikant ändernden oder signifikant veränderten GNSS-Empfangssituation,
- d) Anpassen der Ermittlung der mindestens einen Integritätsinformation an die sich ändernde oder veränderte GNSS-Empfangssituation.
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Die Schritte a), b), c) und d) können zur Durchführung des Verfahrens beispielsweise zumindest einmal und/oder wiederholt in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden. Weiterhin können die Schritte a), b), c) und d), insbesondere die Schritte a) und b) und ggf. c) zumindest teilweise parallel oder gleichzeitig durchgeführt werden.
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Das Verfahren kann insbesondere zum Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation, wie etwa eines sogenannten Protection Levels während eine Phase beitragen, in der eine (rein oder überwiegend) GNSS-basierte Lokalisierung nicht möglich ist, insbesondere während einer Koppelnavigation (sogenanntes Dead Reckoning; kurz: DR). Die Koppelnavigation betrifft dabei insbesondere eine Phase bzw. einen Betriebsmodus, in der bzw. dem die Lokalisierungseinrichtung auf eine inertiale Lokalisierungsmethode, wie etwa eine Trägheitsnavigation zurückgreift. Dies kann beispielsweise durchgeführt werden, wenn der GNSS-Empfang gestört oder stark eingeschränkt ist, wie dies beispielsweise in Häuserschluchten bzw. Straßenschluchten, neben Lastkraftwagen und/oder in Tunneln beobachtet werden kann.
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Bei der Lokalisierungseinrichtung (Lokalisierungssensor) kann es sich zum Beispiel um einen kombinierten GNSS-INS-Sensor handeln oder die Lokalisierung kann einen solchen umfassen. INS steht in diesem Zusammenhang für Inertial-Navigations-System (Inertial Navigation System). Die Lokalisierungseinrichtung kann somit dazu eingerichtet sein, zumindest auch basierend auf GNSS-Messungen eine Lokalisierung des Fahrzeugs durchzuführen. Vorzugsweise kann die Lokalisierungseinrichtung auch dazu eingerichtet sein, eine Lokalisierung des Fahrzeugs basierend auf GNSS-Messungen und Inertial-Messungen (Trägheitsmessungen) und/oder Fahrzeugsensordaten, wie etwa Umfeldsensordaten kombiniert bzw. fusioniert durchzuführen. Als Fahrzeugsensoren können beispielsweise Lenkwinkelsensoren und/oder Raddrehzahlsensoren zum Einsatz kommen. Als Umfeldsensoren können beispielsweise Kameras, RADAR-Sensoren, LIDAR-Sensoren und/oder Ultraschall-Sensoren zur Anwendung kommen. Weiterhin können Kartendaten aus einer digitalen Karte und/oder Nachrichten von anderen Fahrzeugen bei der Lokalisierung zum Einsatz kommen.
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In Schritt a) erfolgt ein Ermitteln der momentanen Eigenposition des Fahrzeugs mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung. Die Lokalisierungseinrichtung kann dabei eine kombinierte (hybride), GNSS- und INS-basierte Lokalisierung durchführen. Sollte eine GNSS-basierte Lokalisierung zeitweise nicht möglich sein, kann in Schritt a) auf eine INS-basierte Lokalisierung zurückgegriffen werden. Zur Lokalisierung kann die Lokalisierungseinrichtung mindestens eine Parameterschätzung durchführen. Als Parameter können beispielsweise, die (Eigen-)Position, (Eigen-)Geschwindigkeit, (Eigen-)Beschleunigung und/oder Ausrichtung des Fahrzeugs geschätzt werden. Insbesondere wird zumindest die (Eigen-)Position des Fahrzeugs geschätzt.
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In Schritt b) erfolgt ein Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu der in Schritt a) ermittelten Eigenposition mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung. Bei der Integritätsinformation kann es sich insbesondere um einen Integritätsbereich einer Parameterschätzung (des zuvor beschriebenen mindestens einen Parameters) handeln, wobei der Integritätsbereich den Bereich beschreibt, in dem ein geschätzter Parameter mit einer Mindestwahrscheinlichkeit liegt. Mit anderen Worten beschreibt der Integritätsbereich den Bereich, in dem ein geschätzter Parameterwert mit einer Mindestwahrscheinlichkeit tatsächlich liegt. Der geschätzte Parameter(-wert) beschreibt dabei grundsätzlich ein (einzelnes, insbesondere momentanes) Schätzergebnis der Parameterschätzung. Dies bedeutet mit anderen Worten insbesondere, dass der Integritätsbereich den Bereich beschreibt, in dem ein realer bzw. tatsächlicher Wert eines geschätzten Parameters mit einer Mindestwahrscheinlichkeit liegt. Ein solcher Integritätsbereich kann auch als sogenanntes „Protection Level“ bezeichnet werden.
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Bei der Mindestwahrscheinlichkeit handelt es sich in der Regel um eine vordefinierte Mindestwahrscheinlichkeit. Bevorzugt beträgt die Mindestwahrscheinlichkeit 90 %, besonders bevorzugt 95 % oder sogar 99 %.
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Vorzugsweise ist der Integritätsbereich ein Protection Level. Das Protection Level beschreibt dabei in der Regel den (räumlichen, insbesondere zwei- oder dreidimensionalen) Bereich, in dem ein geschätzter Parameter(-wert) mit einer Mindestwahrscheinlichkeit (tatsächlich) liegt. Der geschätzte Parameter(-wert) beschreibt dabei grundsätzlich ein (einzelnes, insbesondere momentanes) Schätzergebnis der Parameterschätzung. Dies bedeutet mit anderen Worten insbesondere, dass das Protection Level den Bereich beschreibt, in dem ein realer bzw. tatsächlicher Wert eines geschätzten Parameters mit einer Mindestwahrscheinlichkeit liegt.
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Mit noch anderen Worten ausgedrückt, beschreibt ein Protection Level insbesondere ein Konfidenzintervall oder einen (räumlichen) Konfidenzbereich, in dem sich der wahre Wert eines geschätzten Parameters mit einer Mindestwahrscheinlichkeit befindet. Dabei befindet sich der geschätzte Wert des Parameters üblicherweise in der Mitte bzw. dem Zentrum des Konfidenzintervalls bzw. Konfidenzbereichs.
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Die Mindestwahrscheinlichkeit mit der ein realer bzw. tatsächlicher Wert eines geschätzten Parameters tatsächlich in einem Protection Level liegt ist noch sehr viel höher als bei „üblichen“ Integritätsbereichen. Die Mindestwahrscheinlichkeit liegt hier üblicherweise über 99.99 %, besonders bevorzugt über 99.999 % oder sogar über 99.9999 %. Die Mindestwahrscheinlichkeit kann bei dem Protection-Level auch nicht in Prozent sondern in möglichen Fehlern in einem bestimmten Zeitintervall ausgedrückt werden. Ein Protection-Level kann beispielswiese so definiert sein, dass der fragliche Parameter maximal einmal in 10 Jahren außerhalb des Protection-Levels liegt. Das Protection Level kann beispielsweise entweder als einheitslose Wahrscheinlichkeit oder als Rate, d.h. als Fehlerauftretenswahrscheinlichkeit über einem Zeitintervall, ausgedrückt werden.
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Das Protection Level ist ein (Sicherheits-) Parameter des Integritätskonzepts, das in städtischen Fahrzeugkontexten zur Anwendung kommt. Das Protection Level kann dabei auch als eine statistische Fehlergrenze beschrieben werden, die so berechnet wird, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der absolute Positionsfehler eine Alarmgrenze überschreitet, kleiner oder gleich dem Zielintegritätsrisiko ist. Ähnlich wie die Definition von Alarmgrenzen kann auch das Protection Level üblicherweise getrennt für die horizontale Ebene (Horizontal Protection Level, HPL) und die vertikale Richtung (Vertical Protection Level, VPL) definiert werden. Hier liegt der Fokus insbesondere auf der horizontalen Dimension, die als das horizontale Protection Level mit dem Radius eines Kreises oder (allgemeiner) mit den Halbachsen einer Ellipse in der horizontalen Ebene (der lokalen Ebene, die das Ellipsoid WGS-84 tangiert) definiert ist, wobei sich ihr Zentrum an der wahren Position befindet, die den Bereich beschreibt, für den die Einhaltung der angegebenen horizontalen Position gewährleistet ist. Es handelt sich dabei insbesondere um eine horizontale Region, in der die Anforderungen an die Erkennung von Fehlfunktionen und Fehlalarmen für den gewählten Satellitensatz erfüllt werden, wenn die autonome Fehlererkennung verwendet wird. Im Allgemeinen wird die Alarmgrenze durch die Anwendungen spezifiziert und das Protection Level von der Lokalisierungseinrichtung berechnet. Da der Positionsfehler nicht beobachtbar ist, kann eine Entscheidung über eine Alarmierung durch den Vergleich einer angegebenen Alarmgrenze (AL) und des berechneten Protection Levels (PL) erfolgen, insbesondere wenn PL > AL, kann ein Alarm ausgelöst werden. Demgegenüber soll bei PL < AL üblicherweise kein Alarm ausgelöst werden.
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In Schritt c) erfolgt ein Erkennen einer sich abrupt und signifikant ändernden oder signifikant veränderten GNSS-Empfangssituation. Die GNSS-Empfangssituation wird insbesondere durch die Anzahl und/oder Konstellation (ungestört und/oder unreflektiert) empfangbarer GNSS-Satelliten charakterisiert. Dies betrifft üblicherweise diejenigen GNSS-Satelliten, die von dem Fahrzeug bzw. einer GNSS-Antenne des Fahrzeugs empfangen werden können. Unter „abrupt“ wird hier mit anderen Worten insbesondere eine plötzliche Änderung verstanden, beispielsweise eine Änderung, die über einen Zeitraum von 60 Sekunden oder weniger, vorzugsweise über einen Zeitraum von 30 Sekunden oder weniger, besonders bevorzugt über einen Zeitraum von 15 Sekunden oder weniger erfolgt. Unter „signifikant“ wir hier mit anderen Worten insbesondere eine gravierende Änderung verstanden, beispielswiese eine Änderung der GNSS-Empfangssituation um mindestens 50%, vorzugsweise um mindestens 70% und besonders bevorzugt um mindestens 90%. Eine signifikante Reduktion der GNSS-Empfangssituation kann beispielsweise bei Einfahrt in einen Tunnel beobachtet werden. Dabei reduziert sich die Anzahl an empfangbaren GNSS-Satelliten in der Regel abrupt um mindestens 90% oder sogar vollständig. Ein signifikanter Anstieg der GNSS-Empfangssituation kann beispielsweise bei Ausfahrt aus einem Tunnel beobachtet werden. Dabei erhöht sich die Anzahl an empfangbaren GNSS-Satelliten in der Regel abrupt. Eine signifikant veränderte GNSS-Empfangssituation kann beispielsweise während der Fahrt in einem Tunnel beobachtet werden. Der Tunnel ist dabei als ein Beispiel für Gebiete mit signifikanter GNSS-Abschattung gewählt. Als Vergleichsmaßstab dient insbesondere der übliche GNSS-Empfang auf freier Fläche.
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In Schritt d) erfolgt ein Anpassen der Ermittlung der mindestens einen Integritätsinformation an die sich ändernde oder veränderte GNSS-Empfangssituation. Zur Anpassung wird insbesondere künstlich in eine ansonsten mathematisch festgelegte Berechnung der Integritätsinformation eingegriffen. Bei normaler (ungestörter) GNSS-Empfangssituation kann die Integritätsinformation beispielsweise basierend auf mindestens einer Varianz und/oder Standardabweichung zu einer Schätzung der Eigenposition ermittelt werden. Hierzu kann beispielsweise ein Lokalisierungsfilter, wie etwa ein Kalmanfilter zum Einsatz kommen. In einem solchen Filter ist in der Regel ein Algorithmus hinterlegt, der als Eingangsgrößen GNSS-Daten und/oder INS-Daten verarbeiten kann, um im Rahmen einer Schätzung als Ausgangsgrößen ein Positionsergebnis und eine dazu zugehörige Integritätsinformation, wie beispielsweise eine Varianz (bzw. Standardabweichung) und/oder Kovarianzmatrix auszugeben. Das Anpassen kann in diesem Zusammenhang beispielsweise so erfolgen, dass die Integritätsinformation (Varianz und/oder Standardabweichung) mit einem Skalierungsfaktor multipliziert und/oder ein Aufschlag auf die Integritätsinformation addiert wird. Ein Abschlag ist in der Regel nicht erforderlich, da bei den hier im Fokus stehenden Änderungen der Empfangssituation typischerweise zu niedrige Werte für die Integritätsinformation, insbesondere das Protection Level beobachtet werden konnten. Dies bedeutet mit anderen Worten insbesondere, dass der Skalierungsfaktor und/oder der Aufschlag(-swert) in der Regel immer positiv sind.
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Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass in Folge der sich abrupt und signifikant ändernden oder signifikant veränderten GNSS-Empfangssituation auftretende Änderungen der Integritätsinformation gedämpft und/oder zumindest teilweise korrigiert werden. Unter „gedämpft“ ist insbesondere zu verstehen, dass zu starken Ausschlägen nach unten künstlich entgegengewirkt wird.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass während eines sich abrupt und signifikant verringernden GNSS-Empfangs die Integritätsinformation mit einem (positiven) Skalierungsfaktor skaliert und/oder mit einem ermittelten ersten (positiven) Aufschlagswert beaufschlagt wird. In diesem Zusammenhang kann das Skalieren mit dem und/oder das Beaufschlagen mit dem ermittelten ersten Aufschlagwert für eine vordefinierbare erste Zeitdauer (bzw. während einer ersten vordefinierbaren Zeitdauer) durchgeführt werden. Die erste Zeitdauer kann beispielsweise entsprechend der üblichen Transitionszeit bei Einfahrt in einen Tunnel gewählt werden.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass während eines signifikant verringerten GNSS-Empfangs die Integritätsinformation mit einem ermittelten zweiten (positiven) Aufschlagswert beaufschlagt wird. Eine zweite Zeitdauer ist in der Regel nicht vorgesehen, wäre jedoch denkbar, den zweiten Aufschlagwert für eine zweite Zeitdauer aufzuschlagen.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass während eines sich abrupt und signifikant erhöhenden GNSS-Empfangs eine die Integritätsinformation mit einem ermittelten dritten (positiven) Aufschlagswert beaufschlagt wird. In diesem Zusammenhang kann das Beaufschlagen mit dem ermittelten dritten Aufschlagwert für eine vordefinierbare dritte Zeitdauer (bzw. während einer vordefinierbaren dritten Zeitdauer) durchgeführt werden. Die dritte Zeitdauer kann beispielsweise entsprechend der üblichen Transitionszeit bei Ausfahrt aus einem Tunnel gewählt werden.
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Nach einem weiteren Aspekt wird ein Computerprogramm zur Durchführung eines hier vorgestellten Verfahrens vorgeschlagen. Dies betrifft mit anderen Worten insbesondere ein Computerprogramm(-produkt), umfassend Befehle, die bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, ein hier beschriebenes Verfahren auszuführen.
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Nach einem weiteren Aspekt wird ein Maschinenlesbares Speichermedium vorgeschlagen, auf dem das hier vorgeschlagene Computerprogramm hinterlegt bzw. gespeichert ist. Regelmäßig handelt es sich bei dem maschinenlesbaren Speichermedium um einen computerlesbaren Datenträger.
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Nach einem weiteren Aspekt wird eine Lokalisierungseinrichtung für ein Fahrzeug vorgeschlagen, wobei die Lokalisierungseinrichtung zur Durchführung eines hier beschriebenen Verfahrens eingerichtet ist. Die Vorrichtung kann beispielsweise einen Rechner und/oder ein Steuergerät (Controller) umfassen, der Befehle ausführen kann, um das Verfahren auszuführen. Hierzu kann der Rechner bzw. das Steuergerät beispielsweise das angegebene Computerprogramm ausführen. Beispielsweise kann der Rechner bzw. das Steuergerät auf das angegebene Speichermedium zugreifen, um das Computerprogramm ausführen zu können. Bei der Lokalisierungseinrichtung kann es sich zum Beispiel um einen Bewegungs- und Positionssensor handeln, der insbesondere in oder an dem Fahrzeug angeordnet ist.
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Die im Zusammenhang mit dem Verfahren erörterten Details, Merkmale und vorteilhaften Ausgestaltungen können entsprechend auch bei dem hier vorgestellten Computerprogram und/oder dem Speichermedium und/oder der Lokalisierungseinrichtung auftreten und umgekehrt. Insoweit wird auf die dortigen Ausführungen zur näheren Charakterisierung der Merkmale vollumfänglich Bezug genommen.
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Die hier vorgestellte Lösung sowie deren technisches Umfeld werden nachfolgend anhand der Figuren näher erläutert. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erfindung durch die gezeigten Ausführungsbeispiele nicht beschränkt werden soll. Insbesondere ist es, soweit nicht explizit anders dargestellt, auch möglich, Teilaspekte der in den Figuren erläuterten Sachverhalte zu extrahieren und mit anderen Bestandteilen und/oder Erkenntnissen aus anderen Figuren und/oder der vorliegenden Beschreibung zu kombinieren. Es zeigt schematisch:
- 1: einen beispielhaften Ablauf des hier vorgestellten Verfahrens, und
- 2: eine beispielhafte, hier beschriebene Lokalisierungseinrichtung in einem Fahrzeug.
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1 zeigt schematisch einen beispielhaften Ablauf des hier vorgestellten Verfahrens. Das Verfahren dient zum Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu einem Lokalisierungsergebnis einer GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung 2 eines Fahrzeugs 1, bei sich abrupt und signifikant ändernder GNSS-Empfangssituation. Die mit den Blöcken 110, 120, 130 und 140 dargestellte Reihenfolge der Schritte a), b), c) und d) ist beispielhaft und kann zur Durchführung des Verfahrens beispielsweise zumindest einmal in der dargestellten Reihenfolge durchlaufen werden.
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In Block 110 erfolgt gemäß Schritt a) ein Ermitteln der momentanen Eigenposition des Fahrzeugs 1 mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung 2. In Block 120 erfolgt gemäß Schritt b) ein Ermitteln mindestens einer Integritätsinformation zu der in Schritt a) ermittelten Eigenposition mittels der GNSS-basierten Lokalisierungseinrichtung 2. In Block 130 erfolgt gemäß Schritt c) ein Erkennen einer sich abrupt und signifikant ändernden oder signifikant veränderten GNSS-Empfangssituation. In Block 140 erfolgt gemäß Schritt d) ein Anpassen der Ermittlung der mindestens einen Integritätsinformation an die sich ändernde oder veränderte GNSS-Empfangssituation.
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Das Anpassen in Schritt d) kann so erfolgen, dass in Folge der sich abrupt und signifikant ändernden oder signifikant veränderten GNSS-Empfangssituation auftretende Änderungen der Integritätsinformation gedämpft und/oder zumindest teilweise korrigiert werden.
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Das Anpassen in Schritt d) kann so erfolgen, dass während eines sich abrupt und signifikant verringernden GNSS-Empfangs die Integritätsinformation mit einem Skalierungsfaktor skaliert und/oder mit einem ermittelten ersten Aufschlagswert beaufschlagt wird. In diesem Zusammenhang kann das Skalieren mit dem und/oder das Beaufschlagen mit dem ermittelten ersten Aufschlagwert für eine vordefinierbare erste Zeitdauer durchgeführt werden.
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Beispielsweise kann bei oder unmittelbar nach Einfahrt in einen Dead Reckoning-Bereich für die erste Zeitdauer ein als Integritätsinformation beispielhaft verwendetes (momentanes) Protection Level (PL) gemäß folgender Formel berechnet werden:
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Dabei sind t die (momentane) Zeit, s der erste Skalierungsfaktor, b der erste Aufschlagswert und sigma die (momentane) Standardabweichung (bzw. Wurzel der Varianz) der Schätzung der Eigenposition.
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Die erste Zeitdauer kann experimentell bestimmt werden. Beispielhaft können hier 10 Sekunden verwendet werden. Der erste Skalierungsfaktor kann ebenfalls experimentell ermittelt werden. Sigma ist die geschätzte (momentane) Standardabweichung aus beispielsweise einem Lokalisierungsfilter der Lokalisierungseinrichtung.
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Der erste Aufschlagswert kann zum Ausgleich eines systematischen Fehlers (bias) dienen und wie folgt ermittelt werden:
wenn PL_zuletzt - PL_DR > 0, ansonsten 0 (Null)
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Dabei sind PL_zuletzt der letzte Protection Level-Wert vor Eintritt in den Dead-Reckoning-Bereich und PL_DR der erste Protection Level-Wert nach Eintritt in den Dead-Reckoning-Bereich.
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Anfang und Ende eines Dead-Reckoning-Bereichs bzw. eines Dead-Reckoning-Modus, kann beispielsweise von (übergeordneten) Systemen des Fahrzeugs und/oder der Lokalisierungseinrichtung erkannt werden, insbesondere durch eine Erkennen, dass die Lokalisierungsmethode umgestellt wird und/oder der GNSS-Empfang signifikant abnimmt oder zunimmt.
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Weiterhin kann vorgesehen sein, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass während eines signifikant verringerten GNSS-Empfangs die Integritätsinformation mit einem ermittelten zweiten Aufschlagswert beaufschlagt wird.
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Beispielsweise kann nach Einfahrt in einen Dead Reckoning-Bereich und nach Ablauf der ersten Zeitdauer ein als Integritätsinformation beispielhaft verwendetes Protection Level (PL) gemäß folgender Formel berechnet werden:
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Dabei ist delta der zweite Aufschlagswert und kann wie folgt ermittelt werden:
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Dabei sind PL_DR,a der Protection Level-Wert bei Ablauf der ersten Zeitdauer und sigma (a) die Standardabweichung der Schätzung der Position bei Ablauf der ersten Zeitdauer.
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Weiterhin kann vorgesehen sein, dass das Anpassen in Schritt d) so erfolgt, dass während eines sich abrupt und signifikant erhöhenden GNSS-Empfangs eine die Integritätsinformation mit einem ermittelten dritten Aufschlagswert beaufschlagt wird. In diesem Zusammenhang kann das Beaufschlagen mit dem ermittelten dritten Aufschlagwert für eine vordefinierbare dritte Zeitdauer durchgeführt werden.
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Beispielsweise kann bei oder unmittelbar nach Ausfahrt aus einem Dead Reckoning-Bereich für die dritte Zeitdauer ein als Integritätsinformation beispielhaft verwendetes (momentanes) Protection Level (PL) gemäß folgender Formel berechnet werden:
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Dabei ist D der dritte Aufschlagswert und kann wie folgt ermittelt werden:
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Dabei sind PL_DR,zuletzt der letzte Protection Level-Wert im Dead Reckoning-Bereich und t_zuletztDR die letzte Zeit im Dead Reckoning-Bereich, sodass sigma (t_zuletztDR) die letzte Standardabweichung im Dead Reckoning-Bereich ist.
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2 zeigt schematisch eine beispielhafte, hier beschriebene Lokalisierungseinrichtung 2 in einem Fahrzeug 1. Die Lokalisierungseinrichtung 2 ist eingerichtet zur Durchführung des hier beschriebenen Verfahrens. Die Lokalisierungseinrichtung 2 ist hier beispielhaft eine GNSS-INS-Lokalisierungseinrichtung.
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Bei der Lokalisierung mit Hilfe einer GNSS-INS-Lokalisierungseinrichtung ist es häufig der Fall, dass die Anzahl der verfügbaren GNSS-Signale aufgrund von Umgebungshindernissen oder Fahrt im Tunnel reduziert wird oder verloren geht. Diese Situation wird üblicherweise als Dead Reckoning (DR)-Modus bezeichnet. Daher ist es für die Berechnung der Integritätsinformation, beispielsweise des Protectioin Level (PL) vorteilhaft, einen hybriden Ansatz zu haben, um einen korrekten PL-Übergang beim Eintritt in den DR-Modus zu erreichen, einen zuverlässigen PL während des DR-Modus zu erhalten und einen korrekten Übergang beim Verlassen des DR-Modus zu erreichen.
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Das vorgeschlagene Verfahren kann in vorteilhafter Weise zu einem entsprechenden hybriden Ansatz beitragen, um die Integrität eines GNSS/INSbasierten Lokalisierungssensors auch im DR-Modul aufrechtzuerhalten und/oder wenn plötzliche Änderungen des GNSS-Empfangs vom Normalzustand auftreten. Insbesondere kann das Verfahren vorteilhaft dazu beitragen, dass auch bei einem plötzlichen Wechsel zwischen DR-Zustand und Normalzustand ein Protection Level nicht sinnlose und plötzliche Änderungen erfährt.