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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bereitstellung einer maschinell gelernten Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung anhand bereitgestellter Fahrzeugsensordaten.
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Fahrzeuge verfügen heutzutage über Steuereinheiten, welche von einem Systementwickler festgelegte Steuerfunktionen ausführen. Das Fahrzeug verfügt dabei über eine Vielzahl von Sensoren, welche Fahrzeugsensordaten für die Steuerfunktion bereitstellen, anhand derer die Steuerfunktion Steuerbefehle generiert. Dabei hat der Fahrer des Fahrzeugs oft keinen unmittelbaren Einfluss auf den von der Steuerfunktion generierten Steuerbefehl. Beispiele für Steuerfunktionen stellen dabei beispielsweise ein Tempomat, ein Abstandsregler oder ein Spurwechselwarnsystem dar, welche auf Fahrzeugsensordaten von Radar, Lidar oder Kamera zurückgreifen.
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Bekannte Verfahren zur Bereitstellung einer Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung umfassen dabei die Bereitstellung von ausgebbaren Steuerbefehlen durch ein deterministisch/algorithmisch entwickeltes und in der Steuereinheit des Fahrzeugs implementiertes Computerprogramm. Dabei werden ausgebbare Steuerbefehle durch den Entwickler des Computerprogramms derart definiert, dass die Steuerbefehle explizit vorbestimmten Szenarien zugeordnet werden. Diese Art der Bereitstellung einer Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung ist nicht geeignet, um komplexe Steuerfunktionen bereitzustellen, da die Realität komplexe Fahrszenarien bereitstellt, die von einem Entwickler des Computerprogramms bedacht werden müssten, um eine Steuerfunktion bereitzustellen, welche keinen gefahrenauslösenden Steuerbefehl ausgibt. Dies ist jedoch nur in sehr begrenztem Maße und für wenige Fahrszenarien durchführbar, weshalb die so bereitgestellte Steuerfunktion unter realen Bedingungen, insbesondere auf unbekannte Fahr-Situationen, fehleranfällig reagiert.
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Ein weiteres Verfahren zur Bereitstellung einer Steuerfunktion umfasst das Bereitstellen einer Steuerfunktion aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk. Hierbei wird das künstliche neuronale Netzwerk an einem Trainingsdatensatz, der möglichst viele und kategorisch unterschiedliche Fahrszenarien abbildet, trainiert, um selbständig Regeln abzuleiten, nach denen die definierten Steuerbefehle ausgeführt werden. Dies ermöglicht die Bereitstellung komplexer Steuerfunktionen, da keine konkreten Regeln in das Computerprogrammprodukt implementiert werden müssen. Verfahren zur Bereitstellung maschinell gelernter Steuerfunktionen zur Fahrzeugsteuerung sind dennoch fehleranfällig, da das beteiligte künstliche neuronale Netzwerk für Szenarien, welche durch den Trainingsdatensatz nicht oder nur ungenügend abgebildet werden, eine Ausgabe generiert, welche mit einer niedrigen Konfidenz bzw. einer großen statistischen Unsicherheit behaftet ist.
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Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Verfahren zur Bereitstellung einer maschinell gelernten Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung anhand bereitgestellter Fahrzeugsensordaten bereitzustellen, welches die Nachteile aus dem Stand der Technik überwindet.
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Die Erfindung umfasst ein Verfahren zur Bereitstellung einer maschinell gelernten Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung anhand bereitgestellter Fahrzeugsensordaten umfassend die Verfahrensschritte:
- A) Bereitstellen einer Steuerfunktion aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk (einer Machine-learning-Komponente) umfassend mindestens einen ausgebbaren Steuerbefehl;
- B) Bereitstellen eines Bewertungskatalogs zur Bewertung von Fahrszenarien;
- C) Bereitstellen eines Trainingsdatensatzes umfassend Fahrszenarien;
- D)Trainieren der Steuerfunktion an dem Trainingsdatensatz;
- E) Anwenden der Steuerfunktion auf einen Testdatensatz umfassend Fahrszenarien und Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs;
- F) Erweitern des Trainingsdatensatzes und/oder des Testdatensatzes oder Komplexitätsreduktion oder Komplexitätserhöhung der trainierten Steuerfunktion.
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Die Steuerfunktion steuert mit dem mindestens einen Steuerbefehl eine Funktion eines Fahrzeugs. Als Steuerfunktionen werden all jene Funktionen bezeichnet, die einen Einfluss auf die Steuerung (des Fahrzeugs) haben, sei es durch die Bereitstellung von Informationen oder konkreten Handlungsanweisungen.
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Als Steuerbefehl wird eine konkrete Handlungsanweisung und/oder ein Signal zum Auslösen einer Steuerfunktion bezeichnet, welche automatisiert ausgeführt wird. Das künstliche neuronale Netzwerk kann auf einer Steuereinheit des Fahrzeugs implementiert sein oder auf einem Server außerhalb des Fahrzeugs implementiert sein und mit der Steuereinheit des Fahrzeugs in Wechselwirkung stehen.
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Der Bewertungskatalog kann derart ausgelegt sein, um Fahrszenarien in bekannte oder unbekannte, nicht-gefahrenauslösend oder gefahrenauslösend und sichere oder unsichere Szenarien zu kategorisieren und danach zu bewerten.
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Unbekannte Fahrszenarien sind Fahrszenarien, welche nicht durch den Trainingsdatensatz abgebildet sind. Unbekannte Fahrszenarien sind Fahrszenarien, die vom Entwickler nicht bedacht, im Bewertungskatalog und/oder im Trainingsdatensatz aufgenommen wurden.
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Unsichere Fahrszenarien sind Szenarien, für die das künstliche neuronale Netzwerk eine Ausgabe generiert, welche mit einer niedrigen Konfidenz bzw. einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet ist. Unsichere Fahrszenarien können zu gefahrenauslösenden Steuerbefehlen der Steuerfunktion führen.
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Der Trainingsdatensatz kann eine simulierte Fahrt des Fahrzeugs abbilden. Eine Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion kann erfolgen, wenn die Ausführung der Steuerfunktion, beispielsweise auf einer Steuereinheit des Fahrzeugs, entweder zu langsam ist oder der Speicherbedarf der Steuerfunktion selbst zu groß ist. Die Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion kann zu einer Reduzierung oder Vermeidung einer Überanpassung (over-fitting) durch das künstliche neuronale Netzwerk führen, um die Steuerfunktion zu verbessern. Eine Komplexitätserhöhung der Steuerfunktion kann vorgenommen werden, falls die Steuerfunktion nicht ausreichend an den im Trainingsdatensatz bereitgestellten Fahrszenarien angepasst (trainiert) werden kann, was sich beispielsweise in einem fehlerhaften Verhalten der Steuerfunktion manifestieren kann.
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Nach einem bevorzugten Aspekt umfasst das Verfahren den Verfahrensschritt des iterativen Wiederholens der Verfahrensschritte D) und/oder E) und/oder F) mit dem erweiterten Trainingsdatensatz und/oder Testdatensatzes und/oder der komplexitätsreduzierten Steuerfunktion und/oder der komplexitätserhöhten Steuerfunktion. Das iterative Wiederholen kann beispielsweise solange erfolgen, bis anhand des Bewertungskatalogs alle Fahrszenarien als nicht gefahrauslösend bewertet werden.
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Nach einem weiteren bevorzugten Aspekt umfasst das Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs das Ermitteln unbekannter Fahr-Szenarien.
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Nach einem besonders bevorzugten Aspekt umfasst das Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs das Ermitteln unsicherer Fahrszenarien.
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Nach einem vorteilhaften Aspekt erfolgt das Erweitern des Trainingsdatensatzes und/oder des Testdatensatzes anhand der als unbekannt bewerteten Fahrszenarien. Dies ermöglicht das sukzessive und gezielte Erweitern des Trainingsdatensatzes und Trainieren der Steuerfunktion auf für die Erhöhung der Sicherheit relevanten Fahr-Szenarien.
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Nach einem weiteren vorteilhaften Aspekt erfolgt das Erweitern des Trainingsdatensatzes und/oder des Testdatensatzes anhand der als unsicher bewerteten Fahrszenarien. Dies ermöglicht das sukzessive und gezielte Erweitern und Trainieren der Steuerfunktion zur Vermeidung gefahrenauslösender Steuerbefehle. Die Steuerbefehle beruhen auf Ausgaben des künstlichen neuronalen Netzes, wobei die Ausgabe des künstlichen neuronalen Netzes als sicher bezeichnet wird, wenn diese mit einer ausreichenden Konfidenz bzw. statistischen Sicherheit getroffen wird.
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Nach einem besonders vorteilhaften Aspekt umfasst das Verfahren den Verfahrensschritt der analytischen Verifikation der Steuerfunktion unter Berücksichtigung eines definierten Wertebereichs von Parametern. Dabei kann der Wertebereich von Parametern die Fahrzeugsensordaten und/oder aus Fahrzeugsensordaten abgeleitete Daten betreffen. Methoden zur analytischen Verifikation sind beispielsweise bekannter Methoden, wie „Reluplex“ oder „ReluVal“.
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Nach einem besonders vorteilhaften Aspekt umfasst das Verfahren den Verfahrensschritt der probabilistischen Verifikation der Steuerfunktion. Unter probabilistischer Verifikation wird die datengetriebene Bewertung und Optimierung der Testfallabdeckung verstanden. Testfallabdeckung bedeutet die Quantifizierung der von dem künstlichen neuronalen Netz gelernten Regeln durch induktive und deduktive Analyse.
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Nach einem vorteilhaften Aspekt umfasst die Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion die Vereinfachung des künstlichen neuronalen Netzwerks. Eine Vereinfachung des künstlichen neuronalen Netzwerks kann derart erfolgen, um eine für das künstliche neuronale Netzwerk erforderliche Rechen- und/oder Speicher-Ressource zu erniedrigen.
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Nach einem weiteren vorteilhaften Aspekt umfasst die Vereinfachung die Reduktion der Neuronen und/oder der Schichten des künstlichen neuronalen Netzwerks.
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Nach einem besonders vorteilhaften Aspekt umfasst die Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion die Reduktion von bereitzustellenden Fahrzeugsensordaten. Dabei kann die Reduktion die Erniedrigung der Frequenz darstellen, mit der Fahrzeugsensordaten bereitgestellt werden.
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Nach einem besonders vorteilhaften Aspekt erfolgt eine Auslegung der Rechen- und Speicherkapazität in einer Steuereinheit eines Fahrzeugs anhand des künstlichen neuronalen Netzwerks.
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Nach einem bevorzugten Aspekt erfolgt eine Auslegung (der Komplexität) des künstlichen neuronalen Netzwerks anhand der Rechen- und Speicherkapazität der Steuereinheit eines Fahrzeugs.
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Nach einem weiteren bevorzugten Aspekt wird die Steuerfunktion in einem Fahrzeug bereitgestellt und im laufenden Betrieb getestet. Das Fahrzeug kann ein reales oder virtuelles/simuliertes Fahrzeug sein. Dabei kann die Steuerfunktion im laufenden Betrieb getestet werden, indem die Steuerfunktion die auszugebenden Steuerbefehle simuliert (generiert) und diese nicht tatsächlich von dem Fahrzeug ausgeführt werden.
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Nach einem besonders bevorzugten Aspekt wird die Steuerfunktion in einem Fahrzeug bereitgestellt und der Trainingsdatensatz und/oder Testdatensatz anhand von während (oder durch) einer Fahrt bereitgestellten Fahrszenarien erweitert. Das Fahrzeug kann ein reales oder virtuelles/simuliertes Fahrzeug sein. Die während einer Fahrt für die Erweiterung des Trainingsdatensatzes bereitgestellten Fahrszenarien können dabei anhand des Bewertungskatalogs bewertet werden.
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Die Erfindung umfasst ein Fahrzeug mit einem Steuergerät ausführend eine Steuerfunktion, welche nach dem Verfahren bereitgestellt ist.
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Die Erfindung soll im Folgenden anhand eines Beispiels näher erläutert werden.
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Als erfindungsgemäßes Beispiel wird ein Verfahren zur Bereitstellung einer maschinell gelernten Steuerfunktion zur Fahrzeugsteuerung anhand bereitgestellter Fahrzeugsensordaten beschrieben, wobei die Steuerfunktion ein Spurwechselwarnsystem ist, aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk zur Vorhersage eines Spurwechselmanövers umgebender Fahrzeuge (LCMP; engl.: lane change maneuver predictor). Dabei werden dem LCMP Fahrzeugsensordaten von Radar- und Lidar-Sensoren und Kameras bereitgestellt.
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Das Verfahren umfasst die Verfahrensschritte:
- A) Bereitstellen der Steuerfunktion, in diesem Beispiel das Spurwechselwarnsystem, aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk zur Vorhersage eines Spurwechselmanövers umgebender Fahrzeuge (LCMP), umfassend ausgebbare Steuerbefehle; dabei können die Steuerbefehle auf Grundlage des LCMP, welches einen „Spurwechsel rechts“, einen „Spurwechsel links“ und „keinen Spurwechsel“ eines umgebenden Fahrzeugs vorhersehen kann, ausgegeben werden.
- B) Bereitstellen eines Bewertungskatalogs zur Bewertung von Fahrszenarien; Der Bewertungskatalog definiert auf Grundlage implementierter Verifikations- und Validierungsziele, ob ein Fahrszenario bekannt oder unbekannt und sicher oder unsicher ist. Unsichere Fahrszenarien sind Szenarien, für die der LCMP eine Ausgabe generiert, welche mit einer niedrigen Konfidenz bzw. einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet ist. Zur Überprüfung der Sicherheit können beispielsweise potentiell gefahrauslösende Szenarien unter Bezugnahme von Kriterien des Bewertungskatalogs, wie einem Mindestabstand zwischen sich in der Umgebung befindlichen Fahrzeugen, verwendet werden.
- C) Bereitstellen eines Trainingsdatensatzes umfassend Fahrszenarien; Der Trainingsdatensatz kann beispielsweise Simulationen von Fahrtsituationen umfassen.
- D) Trainieren der Steuerfunktion an dem Trainingsdatensatz; Dabei wird das künstliche neuronale Netzwerk mit bekannten Verfahren trainiert.
- E) Anwenden der Steuerfunktion auf einen Testdatensatz umfassend Fahrszenarien und Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs; Der Testdatensatz kann beispielsweise Simulationen von Fahrtsituationen umfassen, insbesondere solchen, die nicht von dem Trainingsdatensatz abgebildet werden. Das Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs kann die Einteilung in sichere oder unsichere und bekannte oder unbekannte Fahrszenarien umfassen.
- F) Erweitern des Trainingsdatensatzes und/oder des Testdatensatzes oder Komplexitätsreduktion oder Komplexitätserhöhung der trainierten Steuerfunktion. Der Trainingsdatensatz wird erweitert, wenn unsichere Fahrszenarien bei der Bewertung gefunden werden.
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Am Beispiel des LCMP kann eine Komplexitätsreduktion durch die Reduzierung der Zahl der Schichten und/oder durch die Reduzierung der Zahl von Neuronen pro Schicht des künstlichen neuronalen Netzes erfolgen. Eine Komplexitätserhöhung kann durch die Erhöhung der Zahl der Schichten und/oder durch die Erhöhung der Zahl von Neuronen pro Schicht des künstlichen neuronalen Netzes erfolgen. Zur Komplexitätsreduktion/-erhöhung der trainierten Steuerfunktion kann das ursprüngliche künstliche neuronale Netz dabei durch das komplexitätsreduzierte/- erhöhte künstliche neuronale Netz ersetzt werden. Dabei kann beispielsweise das komplexitätsreduzierte/-erhöhte künstliche neuronale Netz auf den bereitgestellten Trainingsdatensatz neu trainiert werden ohne das ursprüngliche künstliche neuronale Netz zu dessen Training heranzuziehen, oder das ursprüngliche künstliche neuronale Netz kann dabei herangezogen werden.
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Es werden die Verfahrensschritte D) und/oder E) und/oder F) iterativ wiederholt, wobei nach jeder Wiederholung der in F) erweiterte Trainingsdatensatz und/oder Testdatensatz verwendet wird und/oder die in F) komplexitätsreduzierte oder komplexitätserhöhte Steuerfunktion verwendet wird. Dies stellt sicher, dass der Trainingsdatensatz sukzessiv für das Trainieren der Steuerfunktion optimiert wird, die Anzahl an unsicheren Fahrszenarien reduziert wird, sowie die Anzahl an sicheren Fahrszenarien erhöht wird, um die Steuerfunktion zu verbessern.
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Die Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion umfasst dabei die Vereinfachung des künstlichen neuronalen Netzwerks durch die Reduktion der Neuronen und der Schichten des künstlichen neuronalen Netzwerks. Weiterhin umfasst die Komplexitätsreduktion der Steuerfunktion die Reduktion von bereitzustellenden Fahrzeugsensordaten. Am Beispiel des Spurwechselwarnsystems werden dann Daten aus Radar- und Lidar-Sensoren und Kameras mit reduzierter Frequenz bereitgestellt.
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Das Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs umfasst das Ermitteln unbekannter Fahrszenarien. Dabei sind unbekannte Fahrszenarien solche, die durch den Trainingsdatensatz nicht oder nur unzureichend abgebildet werden. Dabei können unbekannte Fahrszenarien gezielt erzeugt werden.
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Ein Beispiel einer Methode zur gezielten Erzeugung unbekannter Fahrszenarien ist „DeepXplore“. Dabei werden die Eingangsdaten für das künstliche neuronale Netz durch Gradientenverfahren modifiziert. Dies geschieht derart, dass eine falsche Klassifikation durch das künstliche neuronale Netz forciert wird. Folglich werden systematisch neue, dem künstlichen neuronalen Netz zuvor unbekannte Fahrszenarien erzeugt. Dieser Vorgang geschieht unter der zusätzlichen Nebenbedingung, dass die Neuronen-Abdeckung sich kontinuierlich erhöht. Die Neuronen-Abdeckung gibt an, wie viele der Neuronen nach Durchlauf eines Testdatensatzes aktiv waren, gemessen relativ zur Gesamtheit aller Neuronen im künstlichen neuronalen Netz. Ein Neuron zählt dabei als aktiv, wenn sein Aktivierungswert einen zuvor festgelegten Schwellwert überschreitet.
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Das Bewerten der Fahrszenarien anhand des Bewertungskatalogs umfasst das Ermitteln unsicherer Fahrszenarien. Für das gegebene Beispiel sind unsichere Fahrszenarien solche, für die der LCMP eine Ausgabe generiert, welche mit einer niedrigen Konfidenz bzw. einer hohen statistischen Unsicherheit behaftet ist. Unsichere Fahrszenarien können gezielt erzeugt werden.
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Ein Beispiel einer Methode zur gezielten Erzeugung gefahrenauslösender Fahrszenarien ist das Gradientenverfahren „Fast Gradient Sign“, mit dessen Hilfe gezielt die Eingangsdaten aus den Fahrszenarien derart manipuliert werden, dass das neuronale Netz zu einer falschen Prädiktion veranlasst wird, wodurch diese gefahrauslösende Fahrsituation systematisch aufgedeckt wurde. Die dabei entstehenden Fahrszenarien repräsentieren neue Fahrszenarien, für die das neuronalen Netz eine unsichere Ausgabe erzeugt.
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Übertragen auf das Beispiel des Spurwechselwarnsystems aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk zur Vorhersage eines Spurwechselmanövers umgebender Fahrzeuge (LCMP) bedeutet dies, dass solche Fahrszenarien Spurwechselmanöver abbilden, die durch den LCMP falsch eingeschätzt werden (beispielsweise wird durch den LCMP ein Spurwechsel vorhergesehen, obwohl kein Spurwechsel erfolgt) und deshalb das Spurwechselwarnsystem einen gefahrenauslösenden Steuerbefehl ausgibt.
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Der Trainingsdatensatz und der Testdatensatz werden anhand der als unbekannt oder unsicher bewerteten Fahrszenarien erweitert, woraufhin die Verfahrensschritte D), E) und F) iterativ wiederholt werden. Dabei wird für jede Wiederholung der erweiterte Trainingsdatensatz und der erweiterte Testdatensatz verwendet und/oder die in F) komplexitätsreduzierte Steuerfunktion verwendet.
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Das Verfahren umfasst zudem den Verfahrensschritt der analytischen Verifikation der Steuerfunktion unter Berücksichtigung eines definierten Wertebereichs von Parametern. Dabei betrifft der Wertebereich von Parametern die Fahrzeugsensordaten und aus Fahrzeugsensordaten abgeleitete Daten. Die analytische Verifikation der Steuerfunktion unter Berücksichtigung eines definierten Wertebereichs von Parametern stützt sich auf parametrisierbare Fahrszenarien. Für das Beispiel des Spurwechselwarnsystems aufbauend auf einem künstlichen neuronalen Netzwerk zur Vorhersage eines Spurwechselmanövers umgebender Fahrzeuge (LCMP) ist ein parametrisierbares Fahrszenario das Folgende:
- Das zu steuernde Fahrzeug ist auf einer dreispurigen Autobahn auf dem mittleren Fahrstreifen unterwegs und ein weiteres Fahrzeug mit einer longitudinalen Geschwindigkeit zwischen 100 km/h und 120 km/h, sowie mit einer lateralen Geschwindigkeit zwischen 2 km/h und 4 km/h bewegt sich über ein Zeitintervall von 1s von der rechten Spur in Richtung der mittleren Spur. Dabei definieren die angegebenen Geschwindigkeiten und Zeiten den definierten Wertebereich der Parameter.
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Für die analytische Verifikation dieses Szenarios ist sicherzustellen, dass für kein, diesem Wertebereich konformes, Fahrszenario ein gefahrenauslösender Steuerbefehl vom LCMP ausgegeben wird, und in Folge dessen das Spurwechselwarnsystem einen gefahrenauslösenden Steuerbefehl ausgibt.
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Die analytische Verifikation kann mittels bekannter Methoden, wie „Reluplex“ oder „ReluVal“ erfolgen. Ein Vorteil dieses Verfahrensschritts ist die Aussage darüber, ob das künstliche neuronale Netz der Steuerfunktion bei Fahrszenarien, welche durch Werte des betrachteten Wertebereichs von Parametern gekennzeichnet sind, zu einer Ausgabe führt, die keine gefahrenauslösende Situation zur Folge hat.
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Die Auslegung der Rechen- und Speicherkapazität der Steuereinheit des Fahrzeugs erfolgt in dem betrachteten Beispiel anhand des künstlichen neuronalen Netzwerks. Dabei werden insbesondere die zentrale Recheneinheit und der Arbeitsspeicher der Steuereinheit geeignet ausgelegt.
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In einem weiteren Verfahrensschritt wird die trainierte Steuerfunktion in einem Fahrzeug bereitgestellt und im laufenden Betrieb getestet. Die dabei während einer Fahrt bereitgestellten Fahrszenarien können dem Trainingsdatensatz und/oder Testdatensatz erweitern, wobei die vorherigen Verfahrensschritte wiederholt werden können.