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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Lösen einer Bremse eines stehenden Schienenfahrzeugs sowie ein Bremssystem für ein Schienenfahrzeug.
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Schienenfahrzeuge, insbesondere im Personennahverkehr, sind zumindest in Stoßzeiten eng getaktet, so dass sie in kurzen Intervallen, beispielsweise innerhalb von weniger als 5 Minuten, an den jeweiligen Stationen anhalten. Zur Verringerung des Taktes ist die jeweilige Haltezeit auf ein Minimum zu reduzieren.
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Beispielsweise wird ein Schienenfahrzeug, wie ein U-Bahn-Zug, in der Station oder einem sonstigen Haltepunkt mittels einer pneumatischen Bremse gegen ein Wegrollen gesichert. Soll die Haltestelle wieder verlassen werden, ist folglich zunächst die pneumatische Bremse zu lösen, um die Traktion durch die Fahrmotoren aufschalten zu können. Endlagekontakte in jeder der Bremszangen geben dabei ein Freigabesignal an die Motorsteuerung. Erst wenn alle Endlagekontakte melden, dass die Bremse gelöst ist, kann das Schienenfahrzeug beschleunigen. Die Dauer, die für diesen Vorgang benötigt wird, wird maßgeblich durch die sogenannte Lösezeit der Pneumatik beeinflusst. Die Lösezeit ist dabei die Zeit, die benötigt wird, um den Bremsdruck aus den Bremszylindern über ein Bremsventil wieder abzubauen, um die Bremse in den gelösten Zustand zu überführen. Erst wenn der Druck abgebaut ist, lösen sich die Bremszangen, woraufhin die Endlagekontakte das Freigabesignal an die Motorsteuerung weitergeben. Die Entlüftungsdauer ist dabei eine zentrale Stellgröße, um den Lösevorgang bzw. die Lösezeit und somit die Haltezeit eines Schienenfahrzeugs zu beeinflussen.
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Bestehende Schienenfahrzeuge weisen zur Entlüftung der Bremsen beispielsweise ein zentrales Bremsventil auf, über das alle Bremszylinder eines Wagens entlüftet werden. Zum Lösen der Bremskraft muss dabei nicht nur das Luftvolumen der angeschlossenen Bremszylinder, sondern auch das Luftvolumen der Verrohrung zwischen dem zentralen Bremsventil und den Bremszylindern entlüftet werden. Dies stellt einen limitierenden Faktor für die Entlüftungsleistung dar.
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Beispielhaft ist eine Vorrichtung zur Regelung eines pneumatischen Bremsdrucks aus der
DE 10 2018 215 295 A1 bekannt, wobei die bekannte Vorrichtung ein Relaisventil und zumindest ein Membranventil umfasst.
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In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist es somit Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Lösen einer Bremse eines stehenden Schienenfahrzeugs sowie ein Bremssystem für ein Schienenfahrzeug bereitzustellen, durch die die Leistung zum Abbau einer Bremskraft erhöht und somit die Lösezeit verringert werden kann.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Lösen einer Bremse eines stehenden Schienenfahrzeugs und ein Bremssystem für ein Schienenfahrzeug gemäß den unabhängigen Ansprüchen gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen enthalten.
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Erfindungsgemäß umfasst ein Verfahren zum Lösen einer Bremse eines stehenden Schienenfahrzeugs die Schritte:
- - Halten des Schienenfahrzeugs mittels der Bremse im stehenden Zustand,
- - Initiierung eines Steuerungssignals zum Lösen der Bremse, und damit verbundene
- - Ansteuerung zumindest eines Gleitschutzventils zur zumindest teilweisen Aufhebung einer Bremskraft der Bremse auf Basis des Steuerungssignals, wobei das zumindest eine Gleitschutzventil zwischen einem Bremsaktuator und einem Bremsventil in fluidischer Verbindung angeordnet ist, und wobei das Bremsventil während des Lösens der Bremse parallel oder seriell angesteuert wird; und
- - Übermitteln eines Freigabesignals an eine Motorsteuerung des Schienenfahrzeugs, wenn die Bremse gelöst ist.
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Das Gleitschutzventil kann somit nicht nur zur Verringerung der Bremskraft im Sinne eines Gleitschutzes herangezogen werden, sondern auch zum Lösen einer Halte- oder Betriebsbremse des Schienenfahrzeugs. Gleitschutzventile sind im Vergleich zu einem Bremsventil, insbesondere einem zentralen Bremsventil, in geringerer Entfernung zur Bremse angeordnet, so dass der Druckaufbau über ein Gleitschutzventil räumlich und somit zeitlich früher erfolgen kann. Insbesondere ist aber auch das abzubauende Druckmittelvolumen, also das Luftvolumen bei pneumatischen Bremssystemen oder das Hydraulikvolumen bei hydraulischen Bremssystemen, durch die kürzere Fluidverbindung geringer. Zudem ist die Anzahl der Gleitschutzventile eines Schienenfahrzeugs zumindest höher als die der zentralen Bremsventile, so dass auch hierüber eine Leistung zum Abbau der Bremskraft erhöht werden kann. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Begriff „zentrales Bremsventil“ auf ein Bremsventil für mehrere Achsen eines Wagens. Hierdurch können mehrere lokale Bremsventile durch ein zentrales Bremsventil ersetzt werden.
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Der Begriff des Ventils, wie beispielsweise des Gleitschutzventils oder auch des Bremsventils, umfasst auch eine aus mehreren Ventilen gebildete Ventileinheit. Entsprechend sind die Begriffe Ventil und Ventileinheit synonym zu verstehen, sofern hier nicht eine explizite Unterscheidung vorgenommen wird, der eine spezifische Funktionsweise zugrunde liegt.
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Die Initiierung des Steuersignals zur Ansteuerung des zumindest einen Gleitschutzventils zur zumindest teilweisen Aufhebung der Bremskraft einer Betriebsbremse oder Haltebremse als Bremse kann durch eine direkte Signalübermittlung erfolgen, wenn der Lösebefehl ausgelöst wird. Der Lösebefehl kann aber auch an eine Steuerungsvorrichtung, wie die Bremssteuerung, weitergegeben werden, die eine Anpassung der Applikationssoftware vornimmt, um das zumindest eine Gleitschutzventil in die Aufhebung der Bremskraft einzubinden. Die Anpassung der Applikationssoftware kann somit zu einem Umschalten eines Bremssystems in einen veränderten Schaltungszustand korrespondieren.
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Die Nutzung des zumindest einen Gleitschutzventils zur Erhöhung der Leistung zum Abbau der Bremskraft kann demnach durch entsprechende Ansteuerung umgesetzt werden. Somit können bereits eingesetzte Bremssysteme mit Gleitschutzventilen in einfacher Weise nachgerüstet werden, ohne bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen.
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Der Einsatz des zumindest einen Gleitschutzventils beschränkt sich somit nicht mehr nur auf eine Reduzierung der Bremskraft während eines Bremsvorgangs im Sinne seiner üblichen Funktion als Gleitschutz. Gemäß der vorstehenden und nachfolgenden Ausführungen kann das zumindest eine Gleitschutzventil entsprechend auch für weitere Funktionen, wie hier das Lösen der Bremse bei stehendem Schienenfahrzeug, in vorteilhafterweise genutzt werden.
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Erfindungsgemäß entlüftet das Gleitschutzventil durch die Ansteuerung zumindest teilweise einen Abschnitt zwischen einem Bremsaktuator der Bremse und dem Gleitschutzventil.
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Die Bremskraft wird demnach pneumatisch aufgebracht und durch Entlüften gelöst. Alternativ ist dieses Prinzip aber auch analog auf eine hydraulisch aufgebrachte Bremskraft anwendbar, so dass der Begriff „entlüftet“ auf durch Abbauen eines Hydraulikdrucks ersetzt werden könnte. Aufgrund der guten Verfügbarkeit von Luft ist jedoch bei Schienenfahrzeugen vielfach von Entlüftungsvorgängen zum Lösen einer Bremskraft auszugehen.
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Als Bremsaktuator kann beispielsweise ein Bremszylinder eingesetzt werden, dessen Bremskolben als Aktuator für eine Bremszange wirkt. Das Gleitschutzventil ist dabei in fluidischer Verbindung mit dem Bremsaktuator, also beispielsweise der Zylinderkammer des Bremszylinders zur Kolbenbewegung, angeordnet. Die fluidische Verbindung kann direkt oder auch über eine Fluidleitung, wie eine Verrohrung, erfolgen. Soll die Bremskraft gemäß einem Steuerungssignal im Falle eines stehenden Schienenfahrzeugs abgebaut werden, wird das Gleitschutzventil dabei derart angesteuert, dass es zumindest teilweise die Zylinderkammer sowie das bei entsprechender Fluidleitung vorgesehene Fluidleitungsvolumen in dem Abschnitt zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil entlüftet. Der Begriff „zwischen“ umfasst im Hinblick auf den Bremsaktuator somit auch dessen jeweiliges Fluidvolumen zum Aufbringen der Bremskraft und nicht nur alleinig das Fluidleitungsvolumen.
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Erfindungsgemäß ist das Gleitschutzventil zwischen dem Bremsaktuator und einem Bremsventil, insbesondere einem zentralen Bremsventil, in fluidischer Verbindung angeordnet.
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Durch die Anordnung des Gleitschutzventils zwischen dem Bremsaktuator und dem Bremsventil muss keine gesonderte fluidische Verbindung vorgesehen werden. Mit anderen Worten kann auf einen gesonderten Fluidkreislauf für das Gleitschutzventil verzichtet werden. Zudem wird aus dieser Anordnung die kürzere Wegstrecke der fluidischen Verbindung vom Gleitschutzventil zum Bremsaktuator im Vergleich zur Wegstrecke vom Bremsventil über das Gleitschutzventil zum Bremsaktuator deutlich. Zur Verringerung der Anzahl an Bremsventilen können diese oder zumindest ein Teil davon auch durch ein zentrales Bremsventil ersetzt werden. Aussagen zum allgemeinen Begriff des Bremsventils treffen somit gleichermaßen auf ein lokales wie auch zentrales Bremsventil zu, sofern nicht spezifische Ausgestaltungsmerkmale zu berücksichtigen sind.
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In einer Ausgestaltung wird das zentrale Bremsventil während des Lösens der Bremse parallel oder seriell angesteuert.
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Bei einer parallelen Ansteuerung des Bremsventils kann die Aufhebung der Bremskraft durch das Gleitschutzventil durch das Bremsventil unterstützt werden. Das Bremsventil muss dabei nicht, wie dies später noch beschrieben wird, direkt auf die Bremskraft des Bremsaktuators wirken, sondern kann auch nur auf einen Teilabschnitt des Bremssystems gerichtet sein. Das Bremsventil muss jedoch bei einer parallelen Ansteuerung nicht immer auch parallel betrieben werden, sondern kann nur zeitweise gemäß einem vorbestimmten Muster oder auslösender Momente zugeschaltet werden. Das Gleitschutzventil wird bei paralleler Ansteuerung des Bremsventils kontinuierlich, wenn auch nicht zwingend konstant, betrieben, während der Betrieb des Bremsventils zuschaltbar ist. Bei einer seriellen Ansteuerung des Bremsventils wird der Betrieb des Gleitschutzventils durch den Betrieb des Bremsventils ersetzt. Demnach kann eine Ansteuerung zur zumindest teilweisen Aufhebung einer Bremskraft eine Serie paralleler und serieller Ansteuerungsvorgänge des Bremsventils enthalten.
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Das Gleitschutzventil und/oder das Bremsventil müssen das Fluidvolumen und/oder das jeweilige Fluidleitungsvolumen nicht vollständig abbauen, also beispielsweise nicht vollständig entlüften. Es kann ausreichend sein, entsprechende Volumina lediglich auf ein vorbestimmtes Minimum zu reduzieren. Ein solches Minimum kann auch bedarfsweise anpassbar sein. Vorsorglich sei angemerkt, dass der Begriff des Entlüftens nicht auf die Erzeugung eines Unterdrucks gerichtet ist, sondern einen Vorgang des Ablassens von Luft bis hin zum Gleichgewichtsdruck eines pneumatischen Systems bei vollständiger Entlüftung meint.
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In einer Weiterbildung wird die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil zumindest während der parallelen Ansteuerung zumindest zeitweise unterbrochen.
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Durch die Unterbrechung können die Abschnitte und somit Fluidvolumina zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil sowie dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil zumindest während der parallelen Ansteuerung vorübergehend voneinander getrennt werden. Somit ist es möglich, die jeweiligen Fluidvolumina unabhängig voneinander abzubauen. Beispielsweise können in den jeweiligen Abschnitten unterschiedliche Druckniveaus einstellbar oder unterschiedliche Ventilarbeitsparameter wirksam sein. Eine solche Unterbrechung ist insbesondere dann hinsichtlich der Reduzierung von Lösezeiten vorteilhaft, wenn der Abschnitt zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil durch das Gleitschutzventil schneller auf ein Druckniveau gebracht werden kann, bei dem sich beispielsweise eine Bremszange löst und über ihre Endlagekontakte ein Freigabesignal an eine Motorsteuerung leitet, als bei Unterstützung durch das Bremsventil, aber größerem zu reduzierenden Fluidvolumen.
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Alternativ oder ergänzend steht das Gleitschutzventil mit dem Bremsventil zumindest während der seriellen Ansteuerung zumindest zeitweise in fluidischer Verbindung.
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Somit kann der Druck im Abschnitt zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil, wenn dieses nicht zum Lösen der Bremse betrieben wird, durch das Bremsventil abgebaut werden. In dieser Zeit kann die Bremskraft also ohne Zuschaltung des Gleitschutzventils abgebaut werden.
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Insbesondere wird das Lösen der Bremse durch das Gleitschutzventil auf das Bremsventil umgestellt, wenn eine vorbestimmte Zeitdauer zum Lösen der Bremse überschritten wird.
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Durch die Umstellung des Lösens der Bremse durch das Gleitschutzventil auf das Bremsventil wird das Lösen der Bremse durch das Bremsventil übernommen und das der Bremse zugeordnete Gleitschutzventil zumindest vorübergehend nicht mehr weiter zum Lösen der Bremse betrieben. Vor einer entsprechenden Umstellung kann das Lösen der Bremse durch das Gleitschutzventil alleine oder durch parallele Ansteuerung des Bremsventils erfolgt sein.
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In einer Weiterbildung ist die vorbestimmte Zeitdauer kleiner oder gleich einer Diagnosezeit für die Diagnose der Gleitschutzfunktion des Gleitschutzventils, insbesondere kleiner oder gleich 7 s.
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Eine solche Umstellung kann zum Beispiel dann vorgesehen werden, wenn während des Lösens der Bremse eine Gleitschutzventilüberwachung für die konventionelle Gleitschutzfunktion aktiv ist. Würde die Dauer des Lösens der Bremse dabei die Diagnosezeit zur Überwachung der Gleitschutzventile überschreiten, würde dies in die Überwachung eingehen. Um dies zu vermeiden, sollte somit das Gleitschutzventil zum Lösen der Bremse lediglich über eine Zeit betrieben werden, die kleiner ist als die Diagnosezeit. Alternativ kann auch vorgesehen werden, dass die Überwachung des jeweiligen Gleitschutzventils im Hinblick auf seine Gleitschutzfunktion über die Dauer des Lösens der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs ausgesetzt oder die Diagnosezeit verlängert wird. Übliche Diagnosezeiten für eine Überwachung der Gleitschutzfunktion liegen im Bereich von 7 s, so dass die vorbestimmte Zeit zur Umstellung bei Überschreitung nicht länger als 7 s sein sollte.
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Die vorbestimmte Zeit muss sich aber nicht auf eine Diagnosezeit beschränken, sondern kann gleichermaßen auch durch andere Zeitvorgaben bestimmt oder mitbestimmt werden. Ist beispielsweise nach einer vorbestimmten Zeit kein Freigabesignal von den Endlagekontakten an die Motorsteuerung gegangen, so kann beispielsweise vermutet werden, dass das Gleitschutzventil keine ausreichende Leistung aufbringt oder defekt ist, so dass eine Weiterführung des Lösens über das Gleitschutzventil als nicht weiter zielführend unterbunden werden kann. Wird nur noch das Bremsventil zum Lösen der Bremse betrieben und auch dann nach angemessener Zeit kein Freigabesignal weitergeleitet, so ist eine Funktionsstörung im Hinblick auf die Bremse oder deren Signalweiterleitung oder hinsichtlich des Bremsventils anzunehmen. Werden über das Bremsventil als zentrales Bremsventil mehrere Bremsaktuatoren, wie in der Praxis häufig üblich, angesteuert und über die übrigen Bremsen ein Freigabesignal weitergeleitet, so kann die Fehlerursache weiter eingegrenzt werden.
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In einer Ausgestaltung basiert die Ansteuerung des zumindest einen Gleitschutzventils zur zumindest teilweisen Aufhebung einer Bremskraft der Bremse auf einem Steuerungssignal, das zumindest einem vorbestimmten Betriebsmodus des Schienenfahrzeugs zuordenbar ist.
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Demnach muss das zumindest eine Gleitschutzventil nicht bei jedem Lösen der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs initial und/oder temporär zugeschaltet werden. Die Zuschaltung kann beispielsweise nur in einem Betriebsmodus zugeschaltet werden, in dem eine kurze Lösedauer auch genutzt werden kann. Hierzu könnte beispielsweise zwischen einem Fahrplanbetriebsmodus und einem Betriebsfahrtbetriebsmodus unterschieden werden. Die Unterbindung der Zuschaltung kann auch gewünscht sein, wenn im Rahmen von Wartungsarbeiten das Bremsventil an sich überprüft werden soll.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Bremssystem für ein Schienenfahrzeug, das zumindest einen über ein Fluid betätigbaren Bremsaktuator, zumindest ein mit dem Bremsaktuator in fluidischer Verbindung stehendes Gleitschutzventil sowie eine Steuerungsvorrichtung aufweist, wobei die Steuerungsvorrichtung derart ausgebildet ist, den zumindest einen Bremsaktuator zum Halten des Schienenfahrzeugs in einem stehenden Zustand anzusteuern und das zumindest eine Gleitschutzventil bei Vorliegen eines Steuerungssignals zum Lösen einer Bremskraft des zumindest einen Bremsaktuators bei Stillstand des Schienenfahrzeugs anzusteuern, wobei das zumindest eine Gleitschutzventil zwischen einem mit dem zumindest einen Gleitschutzventil in fluidischer Verbindung stehenden Bremsventil und dem zumindest einen Bremsaktuator angeordnet ist, und wobei das Bremsventil während des Lösens der Bremse parallel oder seriell ansteuerbar ist.
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Die Steuerungsvorrichtung kann als zentrale Steuerungsvorrichtung in einem Wagen des Schienenfahrzeugs pro Wagen oder pro Schienenfahrzeug vorgesehen werden. Alternativ kann die Steuerungsvorrichtung auch dezentral jeweils in einem Drehgestell des Schienenfahrzeugs angeordnet werden. Die zentrale und dezentrale Ansteuerung des Bremssystems kann auch aus Redundanzgründen oder aufgrund anderweitiger Rahmenbedingungen kombiniert werden.
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Das Gleitschutzventil ist zwischen einem mit dem Gleitschutzventil in fluidischer Verbindung stehenden Bremsventil, insbesondere einem zentralen Bremsventil, und dem Bremsaktuator angeordnet.
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Das Gleitschutzventil kann sich direkt an den Bremsaktuator anschließen oder auch über eine Verrohrung und/oder anderweitige Fluidleitungen, wie Schläuche, mit dem Bremsaktuator in fluidischer Verbindung stehen. Je kleiner das Fluidvolumen ist, dessen Druck durch das Gleitschutzventil zum Lösen der Bremse zu mindern ist, desto mehr Einfluss kann durch das Gleitschutzventil auf die Lösezeit genommen werden. Diesbezüglich kann es besonders vorteilhaft sein, das Gleitschutzventil möglichst nahe an dem zumindest einen Bremsaktuator anzuordnen, also die fluidische Verbindungsstrecke vergleichsweise kurz zu halten, und ein auf der dem Bremsaktuator abgewandten Seite des Gleitschutzventils nachgelagertes Fluidvolumen während des Lösens der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs geringhalten zu können. Hierzu können zumindest Teilabschnitte der fluidischen Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil vorübergehend gegeneinander verschlossen werden. Dies kann beispielsweise über ansteuerbare Ventile oder ansteuerbare bewegliche Blenden umgesetzt werden.
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Die Vorteile des Bremssystems ergeben sich entsprechend der Ausführungen zum vorstehend beschriebenen Verfahren zum Lösen einer Bremse eines stehenden Schienenfahrzeugs.
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Gemäß einer Weiterbildung ist die Steuerungsvorrichtung derart konfiguriert, dass die fluidische Verbindung zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil und die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil bei Ansteuerung des Gleitschutzventils und/oder des Bremsventils getrennt voneinander, insbesondere unabhängig voneinander, entlüftbar sind.
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Die getrennte Entlüftung bezieht sich dabei auf eine räumliche Trennung, wie sie vorstehend schon adressiert wurde und hier bei pneumatischen Systemen gut umsetzbar ist. Insbesondere können das Gleitschutzventil und/oder das Bremsventil dabei mit unterschiedlicher und/oder variabler Entlüftungsleistung oder -einstellung betrieben, also unabhängig, entlüftet werden. Die Entlüftung kann somit nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich oder hinsichtlich anderer Parameter flexibel gesteuert werden.
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Insbesondere sind die fluidische Verbindung zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil und die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil durch das Gleitschutzventil trennbar.
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Beispielsweise kann das Gleitschutzventil derart angesteuert werden, dass es einerseits die fluidische Verbindung zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil entlüftet und andererseits die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil fluiddicht sperrt. Das Gleitschutzventil verfügt demnach über einen bremsaktuatorseitigen Verbindungsabschnitt, einen Entlüftungsausgang und einen offen- und schließbaren Verbindungsabschnitt auf der dem Bremsventil zugewandten Seite. Durch den offen- und schließbaren Verbindungsabschnitt auf der dem Bremsventil zugewandten Seite können demnach die fluidische Verbindung zwischen dem Bremsaktuator und dem Gleitschutzventil und die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil durch Ansteuerung des Gleitschutzventils räumlich voneinander getrennt durch das jeweilige Ventil entlüftet werden.
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In einer Ausgestaltung weist ein Wagen des Schienenfahrzeugs jeweils zumindest ein Bremsventil, insbesondere ein Relaisventil als Bremsventil, auf.
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Somit kann das Lösen der Bremse des stehenden Fahrzeugs in Verbindung mit der Ansteuerung des zumindest einen Gleitschutzventils einerseits für die jeweiligen Wagen unabhängig von den übrigen Wagen eines Schienenfahrzeugs erfolgen. Dies kann beispielsweise dazu genutzt werden, einen Wagen aus einem Wagenverbund zu entkoppeln bzw. den Wagen nach der Entkopplung wegzubewegen. Durch die Anordnung des Bremsventils in einem dem Bremssystem zugehörigen Wagen ist es aber auch möglich, den Abschnitt der fluidischen Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremssystem gegenüber einem außerhalb des dem Bremssystem zugehörigen Wagens angeordneten Bremsventils in seiner Länge zu begrenzen, so dass auch in diesem im Bedarfsfall der Druck schneller abgebaut werden kann.
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Gemäß einer Ausführung ist das Gleitschutzventil an einem Drehgestell des Schienenfahrzeugs angeordnet.
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Durch die Anordnung des zumindest einen Gleitschutzventils an bzw. im Drehgestell des Schienenfahrzeugs kann das Gleitschutzventil im Vergleich zu einer Anordnung an bzw. im Wagen näher an dem zumindest einen Bremsaktuator, dessen Bremskraft zum Lösen der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs reduziert werden soll, positioniert werden. Demnach wird auch die Länge der fluidischen Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsaktuator begrenzt. Je kürzer die fluidische Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsaktuator ist, desto schneller kann beispielsweise bei einer Trennung dieses Abschnitts von der fluidischen Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil die Bremskraft über das Gleitschutzventil abgebaut werden. Die Endlagekontakte der Bremszange können in einem solchen Fall auch das Freigabesignal an die Motorsteuerung geben, während das Bremsventil unter Umständen noch den Druck im Abschnitt der fluidischen Verbindung zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil auf einen vorbestimmten Sollwert reduziert.
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Die Lösezeit kann schon durch ein Gleitschutzventil pro Drehgestell in fluidischer Verbindung mit den dem Drehgestell zugeordneten Bremsaktuatoren verbessert werden, da hierdurch gegenüber dem Bremsventil eine gesteigerte Entlüftungsleistung bereitgestellt werden kann und das abzubauende Fluidvolumen pro Ventil verringert wird. Wie bereits angeführt, kann sich das abzubauende Fluidvolumen insbesondere durch die Trennung der fluidischen Verbindung zwischen dem jeweiligen Bremsaktuator und dem Bremsventil in Teilabschnitte reduzieren. Das zum Lösen der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs zu mindernde Fluidvolumen reduziert sich insbesondere durch die räumliche Nähe des Gleitschutzventils, wobei zum Lösen der Bremse das Fluidvolumen zwischen dem Gleitschutzventil und dem Bremsventil bei entsprechender Trennung entfällt.
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Bevorzugt ist das Bremssystem ein pneumatisches Bremssystem, bei dem die Bremskraft des Bremsaktuators durch dessen Entlüftung verminderbar ist.
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Die Verwendung pneumatischer Bremssysteme bietet den Vorteil der hohen Verfügbarkeit von Luft.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand einer Ausführungsform unter Hinzuziehung der beigefügten Figur näher erläutert.
- 1 zeigt eine schematische Darstellung eines Schienenfahrzeugs mit einem Bremssystem gemäß einer exemplarischen Ausführungsform der Erfindung.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Schienenfahrzeugs 100 mit einem Bremssystem 1 gemäß einer exemplarischen Ausführungsform der Erfindung. Das Schienenfahrzeug 100 weist zumindest einen Wagen 110 mit zwei Drehgestellen 120 auf, wobei jedoch hier nur eines der zwei Drehgestelle 120 gezeigt ist. Die Drehgestelle 120 umfassen jeweils zwei Achsen mit daran angeordneten Rädern 121. Die Räder 121 können über das pneumatische Bremssystem 1 gebremst werden. Alternativ zu dem pneumatischen Bremssystem kann auch ein hydraulisches Bremssystem eingesetzt werden, wobei sich das hydraulische Bremssystem dabei im Wesentlichen durch die Verwendung der Hydraulikflüssigkeit als Bremsfluid gegenüber Luft als Bremsfluid unterscheidet.
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Das Bremssystem 1 weist pro Achse einen Bremsaktuator 10, hier einen Bremszylinder, auf. Je nach aufzubringender Bremskraft und technischer Ausgestaltung können jedoch auch mehr Bremsaktuatoren oder andere Bremsaktuatorprinzipien angewendet werden. Die Bremsaktuatoren 10 sind über Fluidleitungen 31 mit einem Gleitschutzventil 30, das im Drehgestell 120 angeordnet ist, in fluidischer Verbindung. Das Gleitschutzventil 30 ist wiederum über eine weitere Fluidleitung 31 mit einem im Wagen 110 angeordneten Bremsventil 20, hier als ein zentrales Bremsventil ausgebildet, fluidisch verbunden. Das Bremssystem 1 umfasst zudem eine Steuerungsvorrichtung 50, über die das Bremsventil 20 und das Gleitschutzventil 30 gemäß den dargestellten Signalleitungen 51 ansteuerbar sind. Alternativ kann die Ansteuerung des Bremsventils 20 und des Gleitschutzventils 30 durch eine kabellose Signalübertragung erfolgen.
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Soll die Bremse des Schienenfahrzeugs nach dessen Stillstand für eine Weiterfahrt gelöst werden, ist das in den Bremsaktuatoren 10 und in den Fluidleitungen 31, insbesondere in den Fluidleitungen zwischen den Bremsaktuatoren 10 und dem Gleitschutzventil 30, befindliche Fluidvolumen zumindest teilweise abzubauen, hier zu entlüften. Liegt der Steuerungsvorrichtung 50 eine entsprechende Anforderung zum Lösen der Bremse des stehenden Schienenfahrzeugs vor, steuert diese das Bremsventil 20 und das Gleitschutzventil 30 derart an, dass diese jeweils einen Entlüftungsausgang öffnen. Zudem wird das Gleitschutzventil 30 derart von der Steuerungsvorrichtung 50 angesteuert, dass dieses seine fluidische Verbindung zur Fluidleitung 31 zwischen dem Gleitschutzventil 30 und dem Bremsventil 20 sperrt. Somit werden zwei Entlüftungsabschnitte ausgebildet. Der erste Entlüftungsabschnitt wird zwischen den Bremsaktuatoren 10 und dem Gleitschutzventil 30 gebildet und der zweite Entlüftungsabschnitt zwischen dem Gleitschutzventil 30 und dem Bremsventil 20. Da der erste und zweite Entlüftungsabschnitt gegenüber einem durchgängigen Entlüftungsabschnitt von den Bremsaktuatoren 10 zum Bremsventil 20 jeweils ein geringeres Fluidvolumen aufweisen, kann die Lösezeit reduziert werden.
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Die Erfindung ist nicht auf die beschriebene Ausführungsform beschränkt. Auch wenn das Gleitschutzventil hier im Drehgestell angeordnet ist, kann es auch im Wagen des Schienenfahrzeugs angeordnet sein. Ebenso kann der Wagen des Schienenfahrzeugs auch über mehr als zwei Drehgestelle verfügen oder die Drehgestelle mehr oder weniger als zwei Achsen aufweisen. Neben dem Gleitschutzventil können auch weitere Ventile entlang der fluidischen Verbindung zwischen dem Bremsventil und den Bremsaktuatoren vorgesehen sein, um den Abbau der Bremskraft vergleichbar zum Gleitschutzventil zu unterstützen. Entsprechend kann die fluidische Verbindung auch in weitere Teilabschnitte unterteilt werden.