-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur verbesserten Ermittlung von Material- bzw. Werkstoffmodellen.
-
Zur auf physikalischen Annahmen basierenden Erzeugung von Materialmodellen für Finite Elemente Simulationen werden kostenintensive Versuchsreihen mit definierten Standardversuchen unter Einsatz einer aufwendigen Messtechnik durchgeführt. Ein prinzipieller Ablauf ist in 2 dargestellt. Dabei wird bei einem neuen Werkstoff 2 mit dem Wissen oder groben Annahmen 4 über das Werkstoffverhalten ein erstes Materialmodell 6 erstellt. Gleichzeitig werden mit dem neuen Werkstoff 2 standardisierte Elementarversuche 8, wie beispielsweise Zugversuche durchgeführt. Mit den Ergebnissen der Elementarversuche 8 erfolgt unter Verwendung des ersten Materialmodells 6 eine Angleichung der Simulation und ein Versuch einer Parameteroptimierung 10, woraus ein zweites Materialmodell 61 erstellt wird. Es werden weitere Versuche 12 mit Prinzipkomponenten, durchgeführt, die aus dem neuen Material 2 bestehen. Bei diesen Komponenten kann es sich um Profile, Rohre oder ähnliches handeln. Auch mit diesen Versuchsergebnissen wird auf Grundlage des zweiten Materialmodells 61 eine Angleichung der Simulation und ein Versuch einer Parameteroptimierung 14 durchgeführt. Das Ergebnis dieser Simulation stellt ein weiteres Materialmodell 62 dar. Die Versuche und Simulationen können in der beschriebenen Art und Weise weitergeführt werden, bis in einer letzten Stufe Versuche 16 mit Teilaufbauten oder einem Gesamtprodukt ausgeführt werden. Auch diese Ergebnisse werden bei einer Angleichung der Simulation 18 und dem Versuch einer Parameteroptimierung unter Verwendung der zuletzt generierten Materialkomponente 6n-1 zugeführt, aus welcher sich ein letztes physikbasiertes Materialmodell 6n (im Folgenden: PB- Materialmodell) ergibt. Ein solches Vorgehen ist sehr zeit- und kostenintensiv.
-
Aus der
DE 10 2017 009 428 A1 ist eine Maschinenlernvorrichtung bekannt, die einen Einstellwert eines Bearbeitungsprogrammes einer Werkzeugmaschine lernt. Dabei werden die verschiedensten maschinellen Lernmethoden betrachtet.
-
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur verbesserten Ermittlung von Material- bzw. Werkstoffmodellen anzugeben, welches kostengünstig und ohne aufwendige Messtechnik durchführbar ist.
-
Die Erfindung ergibt sich aus den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Weitere Merkmale, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, sowie der Erläuterung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die in den Figuren dargestellt sind.
-
Die Aufgabe ist mit einem Verfahren dadurch gelöst, dass ein Video von mindestens einem Material- bzw. Werkstoffversuch erstellt wird, welches mittels maschinellen Lernens analysiert und ausgewertet wird, wobei aus den ausgewerteten Bilddaten des Videos automatisiert mittels maschinellem Lernen ein trainiertes Materialmodell generiert wird. Durch die Auswertung einer Vielzahl von Bilddaten des gesamten Videos kann ein trainiertes datengetriebenes Machine-Learning-Materialmodell, welches im weiteren als ML- Materialmodell bezeichnet wird, ohne weitere Versuchsreihen und aufwendige Messtechnik zur Charakterisierung von Materialien und Werkstoffen für eine Finite Elemente-Simulation verwendet werden.
-
Vorteilhafterweise wird aus Bilddaten des mindestens einen Material- bzw. Werkstoffversuchs mittels einer bildbasierten Metrik ein Abstandsmaß ermittelt, welches beim maschinellen Lernen zur Generierung des austrainierten Materialrechenmodells berücksichtigt wird. Anhand des Abstandsmaßes wird der Fehler des ML-Materialmodells durch die Optimierung der Modellparameter, z.B. Gewichte eines neuronalen Netzwerks, minimiert.
-
In einer Ausgestaltung wird das Abstandsmaß aus einer Differenz zwischen den Bilddaten des aufgenommenen Videos und Simulation ermittelt, welche dem maschinellen Lernen zur Erstellung eines Trainingsmodells zugeführt wird, wobei das Trainingsmodell bei einer darauffolgenden Simulation berücksichtigt wird. Dadurch wird der Zeitaufwand zur Erstellung des ML-Materialmodells im Vergleich zum PB-Materialmodells reduziert.
-
In einer Variante wird bei der ersten Simulationsanimation als Trainingsmodell ein vorhandenes ML-Materialmodell, welches anhand vergleichbarer Materialien bzw. Werkstoffe gewählt wird, als vortrainiertes initiales ML-Materialmodell verwendet. Somit kann mittels Transfer-Learning der Zeitaufwand weiter verringert werden.
-
In einer Alternative wird bei der ersten Simulationsanimation als Trainingsmodell ein definiertes ML- Materialmodell verwendet, welches mit zufälligen Werten initialisiert wird. Dies kann z.B. ein mit zufälligen Gewichten initialisiertes neuronales Netzwerk sein.
-
Es ist von Vorteil, wenn zum maschinellen Lernen ein neuronales Netzwerk oder ein Genetic Programming verwendet wird. Das maschinelle Lernen ist aber nicht auf diese Methoden beschränkt, sondern kann auch mit jeder anderen bekannten Methode zur datengetriebenen nichtlinearen Regression ausgeführt werden.
-
In allen Ausführungsformen liefert das Verfahren ein trainiertes ML-Materialmodell, das eine Approximation der Materialeigenschaften des charakterisierten Werkstoffs bereitstellt, die innerhalb von in Finite-Elemente-Simulationen nutzbar sind. Das ML-Materialmodell hat dabei dieselben Ein-/Ausgangsgrößen wie ein entsprechendes PB-Materialmodell
-
Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung, in der - gegebenenfalls unter Bezug auf die Zeichnung - zumindest ein Ausführungsbeispiel im Einzelnen beschrieben ist. Beschriebene und/oder bildlich dargestellte Merkmale können für sich oder in beliebiger, sinnvoller Kombination den Gegenstand der Erfindung bilden, gegebenenfalls auch unabhängig von den Ansprüchen, und können insbesondere zusätzlich auch Gegenstand einer oder mehrerer separater Anmeldung/en sein. Gleiche, ähnliche und/oder funktionsgleiche Teile sind mit gleichen Bezugszeichen versehen.
-
Es zeigen:
- 1 ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens,
- 2 ein Ausführungsbeispiel eines Verfahrens nach dem Stand der Technik.
-
In 1 ist ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt. Im Fall der Herstellung eines Fahrzeuges werden Prinzipbauteile, wie Hutprofile oder Komponenten, wie beispielsweise ein Längsträger, die aus einem zu charakterisierenden Werkstoff 1 bestehen, mindestens einem komplexen Versuch 3 mit vielen unterschiedlichen Belastungszuständen unterzogen. Von dem gesamten Versuch 3 wird mit High-Speed-Kameras aus verschiedenen Perspektiven ein Video 5 aufgenommen. Gleichzeitig wird ein vortrainiertes datengetriebenes Modell, im Weiteren als ML-Materialmodell 7 bezeichnet, auf Grund von Untersuchungen ähnlicher Werkstoffe erstellt. Ist ein solch vortrainiertes Modell nicht vorhanden wird ein neues ML-Materialmodell 7 auf Grund zufälliger Daten erzeugt.
-
Die Bilder des Videos 5 werden mit dem ML-Materialmodell einer Einheit 9 zum maschinellen Lernen zugeführt. Anhand einer bildbasierten Metrik, z.B. der Lage von Kanten oder extra auf die zu untersuchenden Komponenten aufgebrachten Markierungen, wird ein Abstandsmaß für eine Simulationsanimation 11 mit jeweils gleicher Perspektive aus Simulationen mit dem ML-Materialmodell 7 in einem Initialisierungsvorgang definiert. Dieses Abstandsmaß stellt eine Differenz dar und geht als sogenannte Loss-Funktion in das maschinelle Lernverfahren ein.
-
Dabei wird die Animation der Simulation 11 des ML-Materialmodells 7 mit dem Video 5 verglichen, wobei die Differenz 13 zwischen Video 5 und Simulationsanimation 11 zur Bestimmung des aktuellen Abstandsmaßes gebildet wird. Die so gebildete Differenz 13 wird einem neuronalem Netzwerk 15 oder anderen maschinellen Lernmethoden zugeführt, welches ein neues, verbessertes Trainingsmodell 17 erzeugt. Mit dem verbesserten Trainingsmodell 17 wird die nächste Simulation 11 durchgeführt, deren Animation dann erneut mit dem Video 5 zur Bildung der Differenz 13 verglichen wird. Dieser Kreislauf wird solange wiederholt, bis die Differenz 13 nicht mehr kleiner wird oder einen vorgegebenen Wert unterschreitet. Danach wird von dem neuronalen Netzwerk 15 das trainierte, datengetriebene ML-Materialmodell 19 ausgegeben.
-
Das trainierte Materialrechenmodell 19 entspricht mit seinem Ein-/Ausgabeverhalten einem Materialmodell, das in einem Finite-Elemente-Solver verwendet wird. Das gelernte trainierte ML-Materialmodell 19 ist daher eine Funktion, die einen Vektor aus Spannung, Dehnungsänderungen und plastischen Dehnungen zusammen mit einem Zustandsvektor, sogenannten History-Variablen, im Zeitabschnitt t auf einen Vektor aus Spannung, plastischer Dehnung und einem Zustandsvektor im Zeitabschnitt t+1 abbildet.
Das bildbasierte Verfahren ersetzt die messtechnische Erfassung von Kräften und die explizite Erfassung von Dehnungen und erlaubt die Materialcharakterisierung allein auf Basis der Versuchsvideos.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102017009428 A1 [0003]