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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Diagnose eines Prozesses nach der Gattung des unabhängigen Patentanspruchs. Es sind bereits Verfahren zur Diagnose eines Prozesses durch Vergleichen von Messwerten mit einer Normkurve bekannt, wobei ein Abstand der einzelnen Messpunkte zur Norm Kurve bestimmt wird. Wenn dabei einzelne Messpunkte einen Hüllbereich der Normkurve verlassen, so wird ein Fehler festgestellt.
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Vorteile der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs hat demgegenüber den Vorteil, dass mittels DTW (Dynamic Time Warping) ein besonders geeignetes Maß zur Beurteilung der Qualität eines Prozesses d.h. zur Diagnose verwendet wird. Insbesondere können zeitliche Verschiebungen oder Verzerrungen, die bei einer Messung im realen Betrieb immer auftreten, sinnvoll berücksichtigt werden bzw. es wird eine Bewertung trotz derartiger Verzerrungen ermöglicht. Das erfindungsgemäße Verfahren ist daher besonders geeignet um reale Messkurven mit einer Normkurve zu vergleichen. Besonders einfach wird dazu ein DTW-Abstand erzeugt, der für die Diagnose verwendet wird.
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Weitere Vorteile und Verbesserungen ergeben sich durch die Maßnahmen der abhängigen Patentansprüche. Besonders einfach kann der DTW-Abstand mit einem Schwellwert verglichen werden. Eine derartige Diagnose ist besonders einfach und zuverlässig. Weiterhin kann der so erkannte fehlerhafte Prozess auch als Hinweis auf eine fehlerhafte Maschine, die den Prozess ausführt, oder eine verminderte Qualität eines gefertigten Produkts, verwendet werden. Besonders vorteilhaft wird die Normkurve aus einer Vielzahl von Messkurven gebildet. Auch für die Bildung dieser Normkurve aus den Messkurven wird DTW verwendet, um so eine Mittelwertbildung nicht nur hinsichtlich der gemessenen Werte, sondern auch der zeitlichen Anordnung zu erreichen. Dazu wird in einem 1. Schritt zu einer Vielzahl von Messkurven jeweils der DTW-Abstand der Messkurven zueinander gebildet und jede dieser initialen Messkurven mit einer Gewichtung von 1 Gewichtet. Zunächst werden die beiden Kurven mit dem geringsten DTW-Abstand zu einer Mittelwertkurve vereinigt, und die Gewichtungen summiert d.h. einer Gewichtung von 2. Die so gebildete Mittelwertkurve und die übrigen Messkurven werden dann in einem 2. Schritt als neue Menge von Messkurven definiert und das Verfahren erneut durchgeführt und eine weitere Mittelwertkurve gebildet. Die Gewichtungen werden wieder addiert. Wenn dabei die im 1. Schritt erzeugte Mittelwertkurve verwendet wurde so erhält die neue Mittelwertkurve die Gewichtung 3. Wenn zwei ursprüngliche Messkurven für die Bildung der 2. Mittelwertkurve verwendet wurden so erhält die neue Mittelwertkurve die Gewichtung 2. Die Gewichtung der Mittelwertkurve richtet sich somit immer nach der Anzahl der insgesamt verwendeten Messkurven. Dieses Verfahren wird solange durchgeführt bis ein Abbruchkriterium erreicht wird. Ein sinnvolles Abbruchkriterium ist beispielsweise wenn alle Messkurven zu einer einzigen Mittelwertkurve vereinigt sind. Alternativ besteht ein Abbruchkriterium auch darin, dass eine vorgegebene Zahl an Mittelwertkurve erreicht wird. Eine weitere Alternative ist darin zu sehen, dass die noch in der neugebildeten Menge an Messkurven verbliebenen Kurven DTW-Abstände aufweisen, die über einem Schwellwert liegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die verbliebenen Messkurven stark von den anderen Messkurven unterscheidet und es sich vermutlich um Fehlmessungen handelt. Weiterhin kann ein Prozess auch dann als fehlerhaft identifiziert werden, wenn ein einzelner Messwert zu stark von der Normkurve abweicht. Die Abweichung kann dabei sowohl in positiver wie auch in negativer Richtung vorliegen.
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Figurenliste
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
- 1 eine Erläuterung des DTW-Abstand,
- 2 einen Vergleich eine Messkurve mit einer Normkurve, und
- 3 einzelne Schritte des Verfahrens zur Ermittlung einer Normkurve.
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Beschreibung
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in der 1 wird das Verfahren des Dynamic Time Warping DTW erläutert. Bei dem DTW-Verfahren handelt es sich um ein Verfahren bei dem zwei Signalfolgen, die zeitlich zueinander verzerrt sind, miteinander verglichen werden. Als Ergebnis des DTW-Verfahrens wird der DTW-Abstand ermittelt, der ein Maß für die Ähnlichkeit der Signalfolgen ist. In der 1 wird dazu eine erste Signalfolge 11 und eine zweite Signalfolge 12 dargestellt. Aufgetragen ist das Signal S gegenüber der Zeit T.
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Wie durch einen Vergleich der beiden Signalfolgen 11 und 12 zu erkennen ist, weisen die Signalfolgen eine gewisse Ähnlichkeit auf, da beide im zeitlichen Verlauf zunächst ein lokales Maximum und dann zeitlich danach ein weiteres absolutes Maximum aufweisen. Zur Ermittlung des DTW-Abstands wird jedem Signalpunkt der Signalfolge 11 ein Signalpunkt der Signalfolge 12 zugeordnet, der den geringsten Abstand aufweist. Durch die Verbindungslinien 13 wird angegeben welcher Signalpunkt der Signalfolge 11 welchem Signalpunkt der Signalfolge 12 zugeordnet wird.
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Zum Zeitpunkt T0 startet die Signalfolge 11 beim Wert S1, der bis zum Zeitpunkt T1 beibehalten wird. Zwischen T1 und T2 steigt die Signalfolge 11 an und erreicht zum Zeitpunkt T2 ein lokales Maximum. Danach fällt die Folge bis zum Zeitpunkt T3 ab und behält den Wert S1 bis zum Zeitpunkt T5 bei. Zwischen T5 und T6 steigt die Signalfolge 11, erreicht zum Zeitpunkt T6 ein absolutes Maximum und fällt dann von T6 bis T7 wieder auf den Wert S1 ab.
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Die Signalfolge 12 startet zum Zeitpunkt T0 bei einem Signalwert S2. Zum Zeitpunkt T1 erfolgt aber kein Anstieg, sondern die Signalfolge 12 verharrt bis zum Zeitpunkt T2 auf dem Signalwert S2. Zwischen T2 und T3 erfolgt dann ein Anstieg, zum Zeitpunkt T3 wird ein lokales Maximum erreicht und fällt dann bis zum Zeitpunkt T4 auf den Wert S2 ab. Zum Zeitpunkt T5 erfolgt ein Anstieg, zum Zeitpunkt T6 wird ein absolutes Maximum erreicht und ab dem Zeitpunkt T7 hat die Signalfolge 12 wieder den Wert S2 angenommen.
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Durch die Verbindungslinien 13 wird nun angegeben welche Punkte der Signalfolge 11 welchen Punkte der Signalfolge 12 zugeordnet werden, d.h. welche Punkte der Signalfolgen 11, 12 als zueinander ähnlich betrachtet werden bzw. nach dem DTW-Verfahren den geringsten Abstand zueinander aufweisen. Der Zeitpunkt T1 der Signalfolge 11 wird dabei zum gesamten Intervall T1 bis T2 der Signalfolge 12 als ähnlich betrachtet, da in diesem Intervall kein Anstieg der Signalfolge 12 zu beobachten ist. Das Intervall T1 bis T2 der Signalfolge 11 wird dann als ähnlich zum Intervall T2 bis T3 der Signalfolge 12 erkannt, da in beiden Intervallen ein Ansteigen beider Signalfolgen erfolgt. Ebenso wird das Intervall T2 - T3 der Signalfolge 11 als ähnlich zum Intervall T3 - T4 der Signalfolge 12 erkannt, da in beiden Intervallen eine Verringerung der Signalfolgen erfolgt. Bezüglich der Intervalle T5 bis T6 und T6 bis T7 weisen die beiden Signalfolgen keinen zeitlichen Versatz auf, so dass diese unmittelbar als zueinander ähnlich betrachtet werden.
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Durch diese Form der Zuordnung der einzelnen Signalpunkte der Signalfolgen 11, 12 werden zeitliche Verzerrungen zwischen den beiden Signalfolgen für die Auswertung eine Ähnlichkeit der Signalfolgen eliminiert. Es wird so möglich Signalfolgen zu vergleichen, die zeitlich zueinander eine Verzerrung aufweisen. Wenn die Signalfolgen beispielsweise Messwerte eines Prozesses darstellen, so werden zeitliche Unterschiede der Abarbeitung des Prozesses für die Ähnlichkeit nicht berücksichtigt. Wenn beispielsweise der Prozess 11 mit etwas schnellerer Geschwindigkeit erfolgt als der Prozess 12, so können diese immer noch eine große Ähnlichkeit zueinander aufweisen. Weiterhin kann eine zeitliche Verzerrung auch darin bestehen, dass der eine Prozess etwas schneller beginnt als der andere Prozess.
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Um die Ähnlichkeit von zwei derartigen Signalfolgen 11, 12 messbar zu machen, werden die Verbindungslinien 13, die ja die minimalen Abstände zwischen den zueinander ähnlichen Messpunkten darstellen, aufaddiert. Da die Verbindungslinien 13 jeweils die minimalen Abstände zwischen den zueinander ähnlichen Punkten der Signalfolgen darstellen, bildet diese Summe die Ähnlichkeit zweier Signalfolgen in einem einzigen Wert dar. Dieser Wert wird im Folgenden auch als DTW-Abstand bezeichnet.
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Dieser DTW-Abstand ist somit ein geeignetes Maß um eine gemessene Signalfolge mit einer Normfolge oder Normenkurve zu vergleichen. Die Bildung des DTW-Abstand ist er somit ein Mittel um zu überprüfen ob ein Prozess ordnungsgemäß erfolgt ist oder nicht. Dazu wird ein Messwert des Prozesses gemessen und mit einer Normkurve des Prozesses verglichen. Um dabei eine zeitliche Verzerrung zwischen der Normkurve und der gemessenen Kurve nicht zu berücksichtigen, wird der DTW-Abstand verwendet, um die Ähnlichkeit zwischen der Normkurve und der gemessenen Kurve zu bewerten.
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In der 2 wird schematisch eine Normkurve 21 und eine Messkurve 22 gezeigt. Dazu wird für beide Kurven ein Signal S gegenüber der Zeit T aufgetragen. Weiterhin sind die Abstände 23 zwischen der Normkurve 21 und der Messkurve 22 aufgetragen. Zur Beurteilung der Ähnlichkeit der Messkurve 22 mit der Normkurve 21 werden die Abstände 23 aufaddiert und es wird so der DTW-Abstand gebildet. Für einen Vergleich der Ähnlichkeit kann dann einfach der so gebildete DTW-Abstand mit einem Schwellwert verglichen werden. Wenn der DTW-Abstand den Schwellwert überschreitet, so wird der Prozess, aus dem die Messkurve 22 gemessen wurde, als fehlerhaft betrachtet.
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Derartige Vergleiche mittels eines DTW-Abstands sind besonders gut geeignet diskrete Fertigungsprozesse zu beurteilen. Derartige diskrete Fertigungsprozess finden beispielsweise in einer Fertigung bei der Herstellung von einzelnen Werkstücken statt. Ein Prozess mit einer kontinuierlichen Ausbringung lässt sich mittels DTW nicht sinnvoll beurteilen. Ein derartiger Fertigungsprozess hat also einen Anfang und ein Ende, wobei am Ende ein erzeugtes Produkt des Fertigungsprozesses steht. Durch den DTW-Abstand kann die Qualität des Fertigungsprozesses bzw. die Qualität des durch den Fertigungsprozess erzeugtes Werkstücks beurteilt werden.
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In der 2 werden noch zusätzlich eine obere Vergleichskurve 24 und eine untere Vergleichskurve 25 gezeigt, die im Wesentlichen durch eine Parallelverschiebung der Normkurve 21, ggf. mit noch einer zeitlichen Streckung oder Verkürzung, gebildet wurden. Die Vergleichskurven stellen übliche Mittel zur Beurteilung von Messwerten eines Prozesses dar, und können hier als zusätzliche Maßnahme vorgesehen sein. Ein Prozess würde dann als fehlerhaft angesehen werden, wenn ein einzelner Messwert (oder eine vorgegebene Anzahl von Messwerten) die obere Vergleichskurve 24 überschreitet oder die untere Vergleichskurve 25 unterschreitet. Derartige Vergleichskurven sind aber nicht geeignet eine Bewertung der in 2 gezeigten Messkurve 22 vorzunehmen, die zwischen den Vergleichskurven wiederholt Abweichungen in positiver und/oder negativer Weise von der Normkurve 21 zeigt.
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Der DTW-Abstand kann auch genutzt werden um aus einer Vielzahl von Messkurven eine Normkurve zu ermitteln. 3 zeigt die dafür verwendeten einzelnen Prozessschritte anhand von Blöcken 31 bis 34. In einem ersten Prozessschritt 31 werden eine Vielzahl von Messkurven gemessen. Diese Messkurven werden jeweils mit einer Gewichtung von 1 versehen und es wird zwischen allen Messkurven mit dem oben beschriebenen Verfahren der DTW-Abstand ermittelt. Im Folgenden Block 32 wird ausgehend von den beiden Messkurven, die den geringsten DTW-Abstand zueinander aufweisen, eine neue Kurve durch eine Mittelwertbildung gebildet. Die Mittelwertbildung erfolgt dabei aber anhand der in der 1 gezeigten Verbindungslinien 13, d.h. es handelt sich nicht nur um eine Mittelwertbildung der Messwerte, sondern auch um eine zeitliche Mittelwertbildung der zueinander ähnlichen Messpunkte. Die so gebildete Mittelwerkkurve, die aus zwei initialen Messkurven gebildet wurde, erhält eine Gewichtung von 2, das heißt die initialen Gewichtungen (von jeweils 1) werden addiert. Die für die Mittelwertbildung verwendeten Messkurven werden gelöscht und die gebildete Mittelwertkurve wird als neue Messkurve allerdings mit der Gewichtung 2 weiterverwendet.
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Es werden dann in einem 2. Schritt im Block 33 wieder die DTW-Abstände aller Messkurven gebildet, und es erfolgt wie im 1. Schritt eine Mittelwertbildung der Messkurven, die den geringsten DTW-Abstand zueinander aufweisen. Die so gebildete Mittelwertkurve erhält dann die Summe der Gewichtungen der verwendeten Messkurven. Wenn somit für die so gebildete Mittelwertkurve bereits eine zuvor gebildete Mittelwertkurve (mit der Gewichtung 2 oder mehr) benutzt wurde, so erhält die neue Mittelwertkurve eine entsprechend höhere Gewichtung. Im darauffolgenden Block 34 wird überprüft ob ein Abbruchkriterium erreicht wurde. Wenn das Abbruchkriterium nicht erreicht wurde so folgt auf dem Block 34 wieder der Block 33, in dem auch die neue Mittelwertkurve wieder als Messkurve für einen erneuten Durchlauf des Verfahrens definiert wird. Dr zweite Schritt des Verfahrens wird also wiederholt. Mit jedem Durchlauf der Blöcke 33 und 34 wird somit die Menge an Messkurven reduziert bis das Abbruchkriterium erreicht wird. Wenn das Abbruchkriterium erreicht wird, so folgt auf den Block 34 der Block 35 mit dem das Verfahren endet.
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Ein triviales Abbruchkriterium besteht beispielsweise darin, dass die Menge der Messkurven soweit reduziert wurde, das nur noch eine einzige Messkurve vorhanden ist, d.h. alle initialen Messkurven wurden zu einer einzigen Mittelwertkurve vereinigt. Alternativ kann ein Abbruchkriterium auch darin bestehen, dass eine minimale Menge von Mittelwertkurven erreicht wurde. Weiterhin kann ein Abbruchkriterium darin bestehen, dass der DTW-Abstand zwischen den Messkurven der Menge einen zu großen Wert aufweist. Dies kann beispielsweise darin begründet sein, dass in der ursprünglichen Menge an Messkurven viele zueinander sehr ähnlich sind und einige nur eine sehr geringe Ähnlichkeit aufweisen. Es ist dann wahrscheinlich, dass es sich bei diesen Messkurven mit geringer Ähnlichkeit um fehlerhafte Messungen handelt. Derartige Fehlmessungen sollten dann nicht für eine Mittelwertbildung zur Ermittlung einer Normkurve berücksichtigt werden.