DE102019116185A1 - Verfahren zum Herstellen einer Schiene - Google Patents
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Abstract
Offenbart ist ein Verfahren zum Herstellen einer Schiene (1) für Zähne (2) eines Patienten, wobei ein virtuelles Istmodell der Zähne (2) aufgenommen wird, dann ein virtuelles Sollmodell (3) der Zähne (2) mit unter sich gehenden Stellen (4) erzeugt wird und anhand des Sollmodells (3) ein Echtmodell der Zähne (2) hergestellt wird, die unter sich gehenden Stellen (4) ermittelt und ausgeblockt werden und schließlich eine Kunststofffolie (5) in einem Tiefziehverfahren auf das ausgeblockte Echtmodell aufgebracht, gehärtet und als Schiene (1) von dem Echtmodell abgenommen wird.Um das Ausblocken zu vereinfachen wird vorgeschlagen, dass die unter sich gehenden Stellen (4) im virtuellen Sollmodell (3) automatisch ermittelt und ausgeblockt werden.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Schiene für Zähne eines Patienten, wobei ein virtuelles Sollmodell der Zähne mit unter sich gehenden Stellen erzeugt und anhand des Sollmodells ein Echtmodell der Zähne hergestellt wird, die unter sich gehenden Stellen ermittelt und ausgeblockt werden und schließlich eine Kunststofffolie in einem Tiefziehverfahren auf das ausgeblockte Echtmodell aufgebracht, gehärtet und als Schiene von dem Echtmodell abgenommen wird.
- Die Herstellung von Schienen (auch: Aligner) nach dem vorstehenden Verfahren ist allgemein bekannt. Die Zähne im Kiefer von Patienten weisen insbesondere im Übergangsbereich zwischen Zahn und Zahnfleisch als „unter sich gehende Stellen“ bezeichnete Hinterschneidungen auf, die am Echtmodell manuell mittels Dentalwachs oder Flüssigkunststoff aufgefüllt werden, um ein Klemmen der Schiene auf dem Echtmodell und beim Einsetzen oder Abnehmen im Mund des Patienten zu vermeiden. Diese Tätigkeit wird als „Ausblocken“ bezeichnet.
- Aufgabe
- Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das Ausblocken zu vereinfachen.
- Lösung
- Ausgehend von dem bekannten Verfahren wird nach der Erfindung vorgeschlagen, dass die unter sich gehenden Stellen im virtuellen Sollmodell automatisch ermittelt und ausgeblockt werden. Die Bearbeitung im virtuellen Modell erlaubt die algorithmische Ermittlung der unter sich gehenden Stellen und eine Automatisierung der im Stand der Technik aufwändigen manuellen Tätigkeit.
- Vorzugsweise wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren im Sollmodell eine Kaufläche zwischen den Zähnen im Unterkiefer und im Oberkiefer ermittelt, dann werden automatisch Oberflächenelemente des Sollmodells, die senkrecht zu der Kaufläche in die Kaufläche projizieren, ermittelt und den unter sich gehenden Stellen zugeordnet. Die Kaufläche als Kollisionsbereich von Zähnen des Ober- und Unterkiefers ebenso wie Oberflächenelemente des Sollmodells, die senkrecht in die Kaufläche projizieren, lassen sich algorithmisch gut bestimmen. Durch Ausblocken der so ermittelten Oberflächenelemente wird ein Klemmen der Schiene auf dem Echtmodell bereits weitestgehend vermieden.
- Vorzugsweise werden in einem solchen erfindungsgemäßen Verfahren automatisch zunächst alle den unter sich gehenden Stellen zugeordneten Oberflächenelemente aus dem Sollmodell entfernt und zum Ausblocken anschließend die hierdurch im Sollmodell entstandenen Lücken durch Interpolation geschlossen. Das Ausblocken der unter sich gehenden Stellen ist so besonders einfach möglich. Zur Interpolation von Lücken in einem Oberflächenmodell sind verschiedene Algorithmen allgemein bekannt. Alternativ können in einem erfindungsgemäßen Verfahren die den unter sich gehenden Stellen zugeordneten Oberflächenelemente parallel zu der Kaufläche derart verschoben werden, dass sie nicht mehr in die Kaufläche projizieren.
- Vorzugsweise wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren, in dem die Kaufläche ermittelt wird, im Sollmodell ein Zahnfach zwischen mit Abstand benachbarten Zähnen automatisch in Richtung der Kaufläche aufgefüllt. Das Auffüllen von Zahnfächern (ugs.: „Zahnlücken“) im Rahmen des Ausblockens mittels Dentalwachs ist allgemein bekannt. So werden tiefe Einschnitte in der Schiene vermieden, die einerseits zum Verklemmen am Echtmodell oder am Kiefer des Patienten neigen, und andererseits einen häufig als unangenehm empfundenen Kontakt zwischen Schiene und Zahnfleisch herstellen.
- Weiter vorzugsweise wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren im Sollmodell eine Fissur zwischen eng benachbarten Zähnen automatisch entfernt und aufgefüllt. Als Fissur werden im Kontext der Herstellung von Schienen enge und spitz zulaufende Zwischenräume zwischen benachbarten Zähnen bezeichnet. Solche Fissuren können sich im Sollmodell anhand von lokal hohen Gradienten zwischen benachbarten Oberflächennormalen ermittelt werden.
- Vorzugsweise wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren zunächst ein virtuelles Istmodell mit einer Fehlstellung der Zähne aufgenommen, die Zähne werden im Istmodell segmentiert und Interdentalflächen der Zähne interpoliert und in dem Sollmodell aus der Fehlstellung in eine Sollstellung verschoben. Das Istmodell kann beispielsweise mittels eines Intraoralscanners oder vom Gipsmodell mittels eines Modellscanners aufgenommen und anschließend an einem Universalrechner bearbeitet werden. Als „Segmentieren“ wird die zumeist halbautomatische Auswahl von Teilflächen des Istmodells und Zuordnung zu spezifischen Zähnen bezeichnet. Die Interpolation der Interdentalflächen zum Schließen der entstehenden Lücken in den Oberflächen der einzelnen Zähne sowie die Extrapolation der Zahnwurzeln sind allgemein bekannt. Die segmentierten Zähne werden im Sollmodell einzeln oder gruppiert in ihre jeweilige Sollstellung verschoben.
- Vorzugsweise werden in einem solchen erfindungsgemäßen Verfahren automatisch den Interdentalflächen zugeordnete Oberflächenelemente des Sollmodells vor dem Ausblocken entfernt. Das Entfernen der Interdentalflächen vor dem Ausblocken vermindert die Komplexität des Sollmodells und vereinfacht so die weiteren Schritte der Berechnung zum Ausblocken des Sollmodells.
- Vorzugsweise ist in einem erfindungsgemäßen Verfahren das Sollmodell ein Oberflächenmodell, das automatisch zunächst in eine Punktwolke mit Oberflächenpunkten und den Oberflächenpunkte zugeordneten Oberflächennormalen konvertiert wird, wobei anschließend zum Ausblocken den unter sich gehenden Stellen zugeordnete Oberflächenpunkte der Punktwolke ermittelt werden und nach dem Ausblocken aus der Punktwolke erneut ein Oberflächenmodell berechnet wird. Die Erzeugung eines polygonalen Oberflächenmodells durch Triangulation des Istmodells ist allgemein bekannt, ebenso wie die Berechnung einer Punktwolke mit Oberflächenpunkten und ihren Normalen aus Dreiecksflächen im Raum. In der Punktwolke können einzelne Punkte verschoben oder gelöscht werden, ohne benachbarte Oberflächenelemente zu beeinflussen. Auch umgekehrt ist die Berechnung eines Oberflächenmodells aus einer Punktwolke allgemein bekannt, beispielsweise durch das unter Stichwort „MPU-Implicits“ aus Ohtake Y. et al.: Multi-level Partition of Unity Implicits bekannte Verfahren.
- Vorzugsweise wird in einem solchen erfindungsgemäßen Verfahren eine Kollision von Kugeln um benachbarte Oberflächenpunkte automatisch ermittelt und die benachbarten Oberflächenpunkte werden auf einer mittleren Position vereinigt. Die Kollisionsbestimmung benachbarter Kugeln („Sphere-Collision“), deren Mittelpunkte auf den Punkten einer Punktwolke liegen, ist allgemein bekannt und erlaubt es, sehr schnell eng benachbarte Oberflächenelemente zu ermitteln und zu eliminieren.
- Vorzugsweise wird in einem erfindungsgemäßen Verfahren das Echtmodell in einem Rapid-Prototyping-Verfahren hergestellt, vorzugsweise gedruckt. Rapid Prototyping erlaubt die kosteneffiziente und schnelle Fertigung von Einzelstücken unmittelbar aus einem Oberflächenmodell.
- Das erfindungsgemäße Verfahren vereinfacht und beschleunigt das Ausblocken derart, dass auch mehrere individuell ausgeblockte Zwischenschritte zwischen Ist- und Sollmodell schnell und vor allem wirtschaftlich herstellt werden können.
- Figurenliste
- Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels erläutert. Es zeigen
-
1a ein Detail eines Sollmodells, -
1b den Verlauf einer Schiene ohne Ausblocken und -
1c den Verlauf der Schiene mit Ausblocken, sowie -
2a /b das Sollmodell nach dem Ausblocken. - Zur Herstellung einer Schiene
1 wird zunächst mittels eines Intraoralscanners ein virtuelles Istmodell der Zähne2 eines Patienten aufgenommen und als trianguliertes Oberflächennetz auf einem Universalrechner in Dateiform gespeichert. Im Rahmen einer Segmentierung werden in dem Istmodell die den einzelnen Zähnen2 zugeordneten Oberflächenelemente selektiert und gespeicherten Zahntypen zugeordnet, die an jedem einzelnen Zahn2 nach dem Scan fehlenden Interdentalflächen werden durch Interpolation und die fehlenden Zahnwurzeln durch Extrapolation anhand des jeweils gewählten Zahntypus ergänzt. In dem Istmodell werden die Zähne2 in Ihre Sollstellung verschoben.1a zeigt im Detail einen Zahn2 des so entstandenen Sollmodells3 . - Das Sollmodell
3 weist unter sich gehende Stellen4 auf, die in1b eingekreist sind: Würde eine Kunststofffolie5 - wie gestrichelt dargestellt - in diesem Zustand auf das Sollmodell3 tiefgezogen und gehärtet, dann würde sie an den unter sich gehenden Stellen4 den Zahn2 hintergreifen und sich (wenn überhaupt) nur schwer von dem Sollmodell3 lösen lassen. Das Ergebnis wäre so als Schiene für die Korrektur der Fehlstellung der Zähne2 des Patienten nicht brauchbar. - Aus dem Sollmodell
3 wird nun eine Punktwolke mit Oberflächenpunkten und den Oberflächenpunkten zugeordneten Oberflächennormalen berechnet. Dann wird eine Kaufläche6 ermittelt, in der die Zähne2 des Unterkiefers und des in2a und b dargestellten Oberkiefers7 des Patienten in Kontakt stehen. Oberflächenpunkte, die senkrecht zu der Kaufläche6 in die Kaufläche6 projizieren, werden den unter sich gehenden Stellen4 zugeordnet und aus der Punktwolke entfernt. - Bereiche zwischen voneinander mit größerem Abstand benachbarten Zähnen
2 werden als Zahnfach8 erkannt. Die dort liegenden Punkte der Punktwolke werden gleichfalls entfernt. Schließlich werden durch Prüfung der Gradienten zwischen benachbarten Oberflächennormalen Fissuren9 zwischen eng benachbarten Zähnen2 ermittelt. Auch hier werden die zugeordneten Punkte der Punktwolke entfernt. - Interdentalen Flächen zugeordnete Punkte der Punktwolke werden durch Kollisionsbestimmung von Kugeln ermittelt, deren Mittelpunkte auf den Punkten liegen. Auch diese Punkte werden aus der Punktwolke entfernt.
- Aus der derart vereinfachten Punktwolke wird durch ein MPU-Implicits-Verfahren wieder ein trianguliertes Oberflächenmodell berechnet. Dieses Verfahren ergänzt automatisch die entstandenen Lücken und blockt damit die unter sich gehenden Stellen
4 und Fissuren9 aus und füllt die Zahnfächer in Richtung der Kaufläche6 auf. -
1a sowie2a und2b zeigen das Ergebnis im Sollmodell3 , anhand dessen ein Echtmodell im 3D-Druck hergestellt wird. Über das Echtmodell wird die Kunststofffolie5 im Tiefziehverfahren aufgebracht und gehärtet und als fertige Schiene1 von dem Echtmodell abgenommen. - In den Figuren sind
- 1
- Schiene
- 2
- Zahn
- 3
- Sollmodell
- 4
- unter sich gehende Stelle
- 5
- Kunststofffolie
- 6
- Kaufläche
- 7
- Oberkiefer
- 8
- Zahnfach
- 9
- Fissur
Claims (10)
- Verfahren zum Herstellen einer Schiene (1) für Zähne (2) eines Patienten, wobei ein virtuelles Sollmodell (3) der Zähne (2) mit unter sich gehenden Stellen (4) erzeugt und anhand des Sollmodells (3) ein Echtmodell der Zähne (2) hergestellt wird, die unter sich gehenden Stellen (4) ermittelt und ausgeblockt werden und schließlich eine Kunststofffolie (5) in einem Tiefziehverfahren auf das ausgeblockte Echtmodell aufgebracht, gehärtet und als Schiene (1) von dem Echtmodell abgenommen wird, dadurch gekennzeichnet, dass die unter sich gehenden Stellen (4) im virtuellen Sollmodell (3) automatisch ermittelt und ausgeblockt werden.
- Verfahren nach dem vorgenannten Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass im Sollmodell (3) eine Kaufläche (6) zwischen den Zähnen (2) im Unterkiefer und im Oberkiefer (7) ermittelt wird und automatisch Oberflächenelemente des Sollmodells (3), die senkrecht zu der Kaufläche (6) in die Kaufläche (6) projizieren, ermittelt und den unter sich gehenden Stellen (4) zugeordnet werden.
- Verfahren nach dem vorgenannten Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass automatisch zunächst alle den unter sich gehenden Stellen (4) zugeordneten Oberflächenelemente aus dem Sollmodell (3) entfernt und zum Ausblocken anschließend die hierdurch im Sollmodell (3) entstandenen Lücken durch Interpolation geschlossen werden.
- Verfahren nach einem der
Ansprüche 2 oder3 , dadurch gekennzeichnet, dass im Sollmodell (3) ein Zahnfach (8) zwischen mit Abstand benachbarten Zähnen (2) automatisch in Richtung der Kaufläche (6) aufgefüllt wird. - Verfahren nach einem der vorgenannten Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Sollmodell (3) eine Fissur (9) zwischen eng benachbarten Zähnen (2) automatisch entfernt und aufgefüllt wird.
- Verfahren nach einem der vorgenannten Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zunächst ein virtuelles Istmodell mit einer Fehlstellung der Zähne (2) aufgenommen wird, die Zähne (2) im Istmodell segmentiert, Interdentalflächen der Zähne (2) interpoliert und die Zähne (2) in dem Sollmodell aus der Fehlstellung in eine Sollstellung verschoben werden.
- Verfahren nach dem vorgenannten Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass automatisch den Interdentalflächen zugeordnete Oberflächenelemente des Sollmodells (3) vor dem Ausblocken entfernt werden.
- Verfahren nach einem der vorgenannten Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Sollmodell (3) ein Oberflächenmodell ist und automatisch zunächst in eine Punktwolke mit Oberflächenpunkten und den Oberflächenpunkte zugeordneten Oberflächennormalen konvertiert wird, anschließend zum Ausblocken den unter sich gehenden Stellen (4) zugeordnete Oberflächenpunkte der Punktwolke ermittelt werden und nach dem Ausblocken aus der Punktwolke erneut ein Oberflächenmodell berechnet wird.
- Verfahren nach dem vorgenannten Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass eine Kollision von Kugeln um benachbarte Oberflächenpunkte automatisch ermittelt und die benachbarten Oberflächenpunkte vereinigt werden.
- Verfahren nach einem der vorgenannten Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Echtmodell in einem Rapid-Prototyping-Verfahren hergestellt, vorzugsweise gedruckt wird.
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