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Die Erfindung bezieht sich auf die Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) unter Verwendung von elektromagnetischen Wellen, insbesondere von Mikrowellen. Diese sind elektromagnetische Wellen mit Frequenzen zwischen 300 MHz und 300 GHz.
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Die Mikrowellenprüfung ist ein elektromagnetisches Prüfverfahren und eignet sich zur zerstörungsfreien Untersuchung von elektrisch isolierenden, also dielektrischen Bauteilen auf Materialinhomogenitäten im Volumen des Bauteils. Die auffindbaren Materialinhomogenitäten sind lokale Veränderungen der Permittivität wie z.B. Poren in Kunststoff und Harzanreicherungen in glasfaserverstärktem Kunststoff.
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Ab etwa 100 GHz wird die elektromagnetische Prüfung auch Terahertz(THz)-Prüfung genannt. Zu tieferen Frequenzen, d. h. unterhalb von etwa 2 GHz schließt sich an die Mikrowellenprüfung das Boden-und Bauwerksradar an, das wegen seiner groben Ortsauflösung für Bauteiluntersuchungen in der Regel nicht geeignet ist.
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Bei der Mikrowellenprüfung und der elektronischen Terahertzprüfung wird das zu untersuchende Bauteil an der Oberfläche in der Regel rasterförmig abgetastet, wobei Transmissions- oder Reflexionsverfahren eingesetzt werden können. Beim Reflexionsverfahren liegt im Grundsatz dabei die in
beschriebene Situation vor. Ein Sende-Empfänger (
1) mit einer Antenne (
2) wird entlang einer Ebene (
3) über einer dielektrischen Inhomogenität (
4) hinweg z. B. mäanderförmig verschoben. Ziel ist es, die dielektrische Inhomogenität zu detektieren. Dafür wird das vom Sender erzeugte Signal über die Antenne abgestrahlt und das von der dielektrischen Inhomogenität reflektierte Signal vom Empfänger aufgenommen und dann weiter verarbeitet. Die Übertragungsfunktion von der Antenne auf die dielektrische Inhomogenität ist dabei im Grundsatz
mit dem Abstand zwischen Antenne und dielektrischer Inhomogenität (
5), der Wellenzahl
der Frequenz f, der relativen Permittivität ε
r des Materials zwischen Antenne und dielektrischer Inhomogenität, der imaginären Einheit
sowie der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c
0. Dieser Weg dwird zweimal durchlaufen. Die Stärke des Empfangssignals ist proportional zum elektromagnetischen Kontrast der Inhomogenität in ihrer Umgebung.
zeigt den Verlauf (
6) von R(x,y) in der komplexen Ebene bei einem Scan entlang einer Linie über die Inhomogenität hinweg. Der Ausschlag wird maximal, wenn der Abstand minimal wird, d.h. die Antenne sich direkt über der Inhomogenität befindet. Die Länge des Vektors (
7) zum Maximalausschlag ist ein Maß für die Stärke der Inhomogenität, sein Winkel gegenüber der Realteil-Achse entspricht der Tiefenlage.
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Wenn nicht nur eine lokalisierte dielektrische Inhomogenität vorliegt sondern eine Verteilung
mit dem Ortsvektor
im Raum V', ergibt sich für das komplexe Empfangssignal R(x,y) im Punkt x,y der Ebene (
3)
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Dabei ist der Abstand
mit der Tiefenlage z' des Inhomogenitätsvoxels.
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Bei einer digitalisierten Datenaufnahme und -auswertung geht der Ausdruck für das Empfangssignal über in
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Dabei beschreiben die Pixelnummern m und n die Position der Antenne in x- bzw. y-Richtung sowie die Voxelnummern m', n' und p' die laterale und Tiefenposition des jeweils reflektierenden Elements mit dem lokalen Reflexionsfaktor DI.
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Die Darstellung der Prüfergebnisse erfolgt als Draufsicht auf die Bauteiloberfläche (C-Scan), aus der die Stärke der jeweiligen Inhomogenitätsverteilung hervorgeht. Dabei liegt zunächst nur eine laterale Ortsbestimmung der gefundenen Materialinhomogenitäten vor und keine Tiefenlagenbestimmung.
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Die THz-Prüfung bietet darüber hinaus bei Verwendung des Reflexionsverfahrens aber auch eine Tiefenlagenbestimmung und damit die Möglichkeit tomografischer Darstellungen z. B. in Querschnitten und Höhenschnitten, d.h. oberflächenparallelen Schnitten. Die THz-Prüfung verwendet dazu das FMCW-Radar-Verfahren (FMCW -frequency modulated continuous wave), also nicht nur eine konstante Frequenz sondern einen Frequenzbereich erheblicher Breite. Dieses hat den Nachteil, dass dafür solche Frequenzbänder von erheblicher Breite zur Verfügung stehen müssen. Das kann zu Problemen bei der Funkzulassung kommerzieller Produkte führen. Ein weiterer prinzipieller Nachteil ist, dass es derart breite Frequenzbänder nur bei Verwendung hoher Frequenzen gibt, was zu hohen Kosten der verwendeten Technik führt.
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Im Bereich der Mikrowellenprüfung wurde bisher zwar gezeigt, dass bei Verwendung monofrequenter Signale die Phase des Reflexionsfaktors im Zusammenhang mit der Tiefenlage einer Inhomogenität steht [Hinken, Beller]. Hinweise dazu, wie dieser Zusammenhang für eine tomografische Darstellung genutzt werden kann, gibt es aber nicht.
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Es besteht also das Problem, mit monofrequenter zerstörungsfreier Mikrowellenprüfung für dielektrische Bauteile eine tomografische Darstellung von Materialinhomogenitäten mit Stärken- und dreidimensionaler Lageinformation zu schaffen.
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Dieses Problem wird durch die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale
- - Aufnahme des monofrequenten komplexen Reflexionsfaktors R(x,y) in einem Oberflächenscan,
- - Multiplikation von R(x,y) mit den inversen Quadraten der Übertragungsfunktionen von der Sende- und Empfangsantenne zu angenommenen Materialinhomogenitäten mit gleichem x,y-Wert aber unterschiedlichen Tiefenlagen,
- - Projektionen dieser Produkte in der komplexen Ebene auf eine Gerade mit einem bestimmten Phasenwinkel,
- - Darstellung der Längen dieser Projektionen in Abhängigkeit von der angenommenen Tiefenlage
gelöst.
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Am ersten Ausführungsbeispiel soll dieses Verfahren detaillierter erläutert werden. Dazu zeigt eine Probeplatte (8) aus Polycarbonat mit einer Dicke von 11 mm. Innerhalb des Scanbereichs von 220 mm x 160 mm liegen fünf lokalisierte Poren in unterschiedlichen Tiefenlagen zwischen 2,0 mm und 3,6 mm unterhalb der Oberfläche.
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Es sei für die folgende Erläuterung darauf hingewiesen, dass der lokale Reflexionsfaktor DI einer Pore reell und größer als Null ist. Denn die relative Permittivitätskonstante der aus Luft oder Vakuum bestehenden Pore ist gleich eins und damit kleiner als die relative Permittivitätskonstante des umgebenden Materials. Entsprechend ist der Feldwellenwiderstand einer Pore größer als der der Umgebung, und damit ist der lokale Reflexionsfaktor positiv reell.
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Durch Abscannen der Probeplatte (
8) mit einer Frequenz von 24,125 GHz wird der Reflexionsfaktor R(x,y) aufgenommen. Das Auswertungsverfahren geht davon aus, dass von den Summengliedern aus obiger Darstellung diejenigen am größten sind, bei denen der Abstand d am kleinsten, also m' = m und n' = n sind. Dann ergibt sich mit der Voxeldicke Δz
und näherungsweise
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Diese Gleichung wird nun versuchsweise durch die Quadrate der Übertragungsfunktionen zu verschiedenen Tiefenlagen p'Δz dividiert. Weil DI positiv reell ist, ergibt sich bei der richtigen Tiefenlage ein positiver, rein reeller Wert. Je falscher die Tiefenlage, desto kleiner ist der Realteil. In der praktischen Ausführung wird daher jeweils der Realteil dieses Quotienten in Abhängigkeit von der Tiefenlage dargestellt. Ein negativer Realteil wird in diesem Fall unterdrückt. Der Realteil ist maximal bei der richtigen Tiefenlage.
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zeigt für alle aufgenommenen x,y-Werte der Platte aus diesen Realteil für verschiedene versuchsweise angenommene Tiefenlagen. Sie betragen 2,0 mm links oben bis 3,6 mm rechts unten. Die Poren wandern durch die einzelnen Höhenschnitte hindurch.
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(nicht maßstäblich) zeigt die Querschnittsdarstellungen (B-Scans), links durch die untere Porenreihe und rechts durch die obere Porenreihe.
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Bei der Anwendung dieses Auswerteverfahrens ist es nötig, dass die Darstellung in der komplexen Ebene an defektfreien Stellen null anzeigt. Die dafür notwendige Verschiebung in der komplexen Ebene, also die Nullung, kann im verwendeten Sende-Empfänger erfolgen oder, wie hier im ersten Anwendungsbeispiel, softwaremäßig. Die Nullung wurde für jede Zeile erneut durchgeführt. Sie kann auch spaltenweise oder bei geeigneter Bauteilgeometrie nur an einem Punkt des Bauteils durchgeführt werden.
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Zur besseren Übersichtlichkeit der Ergebnisse wurde die Darstellung schwacher Signale wie z. B. Rauschsignale dadurch unterdrückt, dass nur Werte oberhalb eines Schwellenwertes zur Anzeige kamen.
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Die oben dargestellte Übertragungsfunktion gilt für infinitesimal kleine Antennen und im Fernfeld. In der Praxis verwendete Antennen haben eine von null verschiedene Ausdehnung. Ihre Amplitudencharakteristik im Nahfeld kann von der oben beschriebenen 1/d-Charakteristik abweichen. So ist im praktischen Fall ggf. eine Korrektur an der Übertragungsfunktion anzubringen. Im vorliegenden Beispiel wurde anstelle von 1/z die Funktion 1/(z+b) gewählt, wobei b die Breitseitenabmessung des als Antenne verwendeten offenen K-Band-Hohlleiters ist.
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Auch die Phasencharakteristik von Antennen im Nahfeld kann Abweichungen von der Charakteristik in der Übertragungsfunktion im Fernfeld haben. Weitere Phasenabweichungen können hinzukommen durch nicht-kalibrierte Antennen und Antennenabstände von der Bauteiloberfläche sowie durch Reflexionen an der Vorderseite und an der Rückseite des Bauteils sowie ggf. an durchgehenden Zwischenlagen. Solche konstanten Phasenabweichungen führen dazu, dass nicht der Realteil, also die Projektion auf eine Gerade unter null Grad, der oben genannten Produkte auszuwerten ist, sondern auf eine Projektionsgerade unter einem bestimmten Winkel. Dieser ist z.B. durch eine Kalibrierung an einem Defekt in bekannter Tiefenlage zu bestimmen. Wenn die Phasenabweichung sich allmählich ändert, z.B. wenn sich über der Scanfläche die Bauteildicke oder der Antennenabstand ändert, können mehrere Kalibrierpunkte verwendet werden und der Winkel der Projektionsgeraden als ortsabhängige Größe durch Inter- und Extrapolation bestimmt und dann verwendet werden.
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Das zweite Ausführungsbeispiel ist der Mikrowellentest einer sehr inhomogenen GFK-Platte, die aus einer Bootswand herausgeschnitten ist. Im Scanbereich von 140 mm x 100 mm ist die Platte 14 mm bis 18 mm dick. Es befindet sich auf etwa mittlerer Tiefenlage eine streifenförmige Harzanreicherung zusammen mit Delaminationen sowie auf der Rückseite, etwa im Zentrum des Scanbereichs, eine künstlich eingebrachte etwa 2 mm tiefe Flachbodenbohrung. Der Scan wurde bei einer Frequenz von 5,8 GHz durchgeführt. Die Auswertung erfolgte nach dem in Anspruch 1 beschriebenen Verfahren. zeigt Höhenschnitte durch Tiefenlagen von 2 mm bis 14 mm mit 2 mm Abstand, dargestellt von links oben nach rechts unten. Die Höhenschnitte bei 6 mm, 8 mm und 10 mm zeigen am linken Rand die streifenförmige Harzanreicherung mit Delamination. Die Höhenschnitte bei 12 mm und 14 mm zeigen im Zentrum die 2 mm tiefe Flachbodenbohrung.
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(nicht maßstäblich) zeigt drei Querschnitte dieser Auswertung, berechnet für Tiefenlagen von 0 mm bis 14 mm. Von links nach rechts sind es Schnitte nahe der oberen Kante der Einzelbilder in , im mittleren Bereich und nahe an der unteren Kante.
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Dieses zweite Ausführungsbeispiel zeigt, dass das erfindungsgemäße Auswerteverfahren nicht nur konzentrierte Inhomogenitäten darstellen kann wie im ersten Ausführungsbeispiel sondern auch verteilte Inhomogenitäten.
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Für den Test im zweiten Ausführungsbeispiel wurde eine tiefere Frequenz gewählt als im ersten Ausführungsbeispiel, weil die gesuchten Inhomogenitäten über einen größeren Tiefenlagenbereich verstreut sind. Denn für Tiefenlagenunterschiede von mehr als eine halbe Wellenlänge im Material werden für positiv reelle Werte von DI die Winkelunterschiede des Vektors (7) in Abbildung (2) größer als 360°. Die Darstellung wäre dann nicht mehr eindeutig. Entsprechend niedrig ist die Prüffrequenz zu wählen. Wenn die Permittivität der Inhomogenität größer als die des umgebenden Materials ist oder sie aus Metall besteht, ist der lokale Reflexionsfaktor DI negativ reell. Wenn davon auszugehen ist, dass solche Inhomogenitäten ebenfalls vorliegen, muss für eine eindeutige Darstellung die verwendete Frequenz so niedrig sein, dass ein Viertel der Wellenlänge größer ist als der Bereich der Tiefenlagenunterschiede.
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In den und sind die Anzeigen in unterschiedlichen Intensitäten, die proportional zu den Längen der Vektoren 7 sind, dargestellt. So wird dem Betrachter ein Eindruck von der Stärke der Inhomogenität vermittelt. Statt einer proportionalen Darstellung ist auch eine logarithmische möglich.
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Die Vorteile dieser Erfindung liegen vor allem darin, dass tomografische Darstellungsmöglichkeiten erreicht werden durch Verwendung nur einer Prüffrequenz. Denn das erlaubt die Verwendung von Frequenzen innerhalb der schmalen ISM-Frequenzbänder, z.B. bei 2,4 GHz, 5,8 GHz oder 24 GHz, für die keine spezielle Zulassung beantragt werden muss, sondern für die die Allgemeinzulassung von ISM-Bändern genutzt werden kann. Außerdem ist die monofrequente Technik einfacher und damit preisgünstiger als die breitbandige FMCW-Technik. Darüber hinaus erlaubt die Erfindung die Nutzung vergleichsweise niedrige Frequenzen, deren Technik ebenfalls nur niedrige Kosten verursacht.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Sende-Empfänger
- 2
- Antenne
- 3
- Scanebene
- 4
- Dielektrische Inhomogenität
- 5
- Abstand zwischen Antenne und dielektrischer Inhomogenität
- 6
- Verlauf des Reflexionfaktors in der komplexen Ebene
- 7
- Länge des Vektors zum Maximalausschlag
- 8
- Probeplatte