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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur sicheren Netzbetriebsführung eines elektrischen Übertragungsnetzes durch Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen zur Netzstabilisierung.
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Der strukturelle Wandel des Energieversorgungssystems in Deutschland sowie in anderen Ländern und die zunehmende Substitution konventioneller Kraftwerke zugunsten dezentraler Erzeugungseinheiten und die damit verbundene steigende volatile und lastferne Einspeisung stellen neuartige Anforderungen an die Netzbetriebsführung elektrischer Übertragungsnetze dar. Insbesondere aufgrund der Verzögerungen bei dem geplanten Netzausbau werden die Übertragungsnetzbetreiber vor Probleme gestellt, da eine höhere Netzauslastung gefordert ist, die aber aufgrund der bisherigen Netzstruktur sowie bestehender Netzbetriebsführungskonzepte nicht zuverlässig gewährleistet werden kann. Aufgrund dessen werden immer häufiger leistungsflusssteuernde Komponenten im Übertragungsnetz eingesetzt, die eine Homogenisierung der Leistungsflüsse erreichen und somit eine möglichst effiziente Auslastung der bestehenden Netzinfrastruktur ermöglichen sollen.
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Die derzeitige Netzbetriebsführung basiert auf einer weitgehend präventiven Implementierung von Maßnahmen zur Gewährleistung der Systemsicherheit und -stabilität. In der Regel ist zur Gewährleistung der Systemsicherheit und -stabilität das (n-1)-Sicherheitskriterium zu erfüllen. Das (n-1)-Kriterium stellt hierbei ein Betriebs- und Planungsgrundsatz für die Sicherstellung von zusätzlichen Übertragungskapazitäten zur Kompensation von einfachen Betriebsmittelausfällen, wie z.B. Leitungen, Leistungstransformatoren oder Erzeugungseinheiten. Zur Sicherstellung der Systemsicherheit und -stabilität können im Rahmen der Netzplanung daher unter Berücksichtigung der thermischen Grenzwerte umfangreiche Stabilitätsanalysen durchgeführt werden. Beim Auffinden einer Instabilität können die betrieblichen Grenzwerte für den (n-0)- oder (n-1)-Fall unter die thermischen Betriebsmittelgrenzwerte abgesenkt werden, so dass innerhalb der betrieblichen Grenzwerte keine Instabilitäten auftreten. Aufgrund dessen werden heutzutage präventive Maßnahmen vorgenommen, d. h. die Durchführung der Maßnahmen erfolgt vor Eintritt des Fehlerfalls. Hierzu überwachen die Übertragungsnetzbetreiber ihr eigenes Netzgebiet sowie benachbarte Netzgebiete, um jederzeit einen (n-1)-sicheren Netzzustand gewährleisten zu können. Bei Verletzung der (n-1)-Sicherheit können dann gezielt Engpassmanagementmaßnahmen durchgeführt werden, welche die Leistungsflüsse steuern und wodurch die zulässigen Strom- und Spannungsgrenzwerte eingehalten werden.
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Der Einsatz solcher Maßnahmen ermöglicht zwar einen (n-1)-sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes, gleichzeitig werden jedoch vorhandene Transportkapazitäten aufgrund des seltenen Auftretens von Fehlern nicht vollständig ausgenutzt. Aufgrund dessen werden sehr hohe Sicherheitsmargen im Bereich der Grenzwerte der Systemsicherheit und -stabilität vorgesehen, welche jedoch nur eine deutlich geringere Auslastung der vorhandenen Netzinfrastruktur zur Folge haben als dies theoretisch notwendig wäre. Eine höhere Auslastung des Übertragungsnetzes geht jedoch mit einem Betrieb des Übertragungsnetzes nahe der Stabilitätsgrenze einher. Dies hat zur Folge, dass vor allem in Engpasssituationen technische Grenzwerte überschritten werden können, wodurch ein sicherer Netzbetrieb nicht mehr gewährleistet werden kann.
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Vor diesem Hintergrund stellt sich die Erfindung die Aufgabe, ein Verfahren anzugeben, mittels welchem eine sichere Netzbetriebsführung auch bei hoher Auslastung des Übertragungsnetzes gewährleistet werden kann.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gelöst, bei welchem der Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen zur Sicherstellung der Systemsicherheit vorgesehen ist, wobei der prognostizierte und/oder reale Netzzustand des Übertragungsnetzes kontinuierlich ermittelt und der prognostizierte und/oder reale Netzzustand einer ersten, eine dynamische Netzsicherheitsberechnung durchführenden Analyseeinheit und einer zweiten, eine stationäre Netzsicherheitsberechnung durchführenden Analyseeinheit zugeführt wird, wobei die auf den in den Analyseeinheiten durchgeführten Netzsicherheitsberechnungen basierenden Ergebnisse der jeweils anderen Analyseeinheit zur Verfügung gestellt und bei der Netzsicherheitsberechnung berücksichtigt werden.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren ist eine Analyse der tatsächlichen, d. h. des real auftretenden Netzzustands sowie des prognostizierten, d. h. des aufgrund von vorgenommen Veränderungen zu erwartenden Netzzustandes im Übertragungsnetz, möglich. Durch eine kontinuierliche Ermittlung und Überwachung des Netzzustands, ist es möglich, Informationen über den Netzzustand für jeden Zeitpunkt zu erfassen und so einen guten Überblick über die aktuelle Netzsicherheit zu erhalten. Durch den Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen zur Sicherstellung der Systemsicherheit und zur Netzstabilisierung können die vorhandenen Transportkapazitäten besser genutzt und so eine höhere Auslastung des Übertragungsnetzes erreicht werden. Dabei wird die Netzsicherheit und insbesondere die Netzstabilität auch dynamisch im Zeitbereich überprüft. Präventive Maßnahmen können dabei insbesondere solche sein, welche eingesetzt werden, bevor der Fehlerfall auftritt. Kurative Maßnahmen können hingegen solche Maßnahmen sein, welche während und/oder nach dem Fehlerfall eingesetzt werden. Kurative Maßnahmen können dabei insbesondere auch reaktive Maßnahmen sein.
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Aufgrund dessen ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorgesehen, dass der prognostizierte und/oder der reale Netzzustand zum einen an eine erste, eine dynamische Netzsicherheitsberechnung durchführende Analyseeinheit übergeben werden, welche insbesondere die Stabilität des Übertragungsnetzes analysiert und bewertet. Zudem wird der prognostizierte und/oder der reale Netzzustand einer zweiten, eine stationäre Netzsicherheitsberechnung durchführende Analyseeinheit zugeführt, welche wiederum die Systemsicherheit überwacht und bewertet. Die resultierenden Ergebnisse werden jeweils an die andere Analyseeinheit übermittelt, so dass die Ergebnisse bei der jeweils anderen Analyse und Durchführung der Netzsicherheitsberechnung berücksichtigt werden.
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Die Erfindung ermöglicht es somit, potenzielle Gefahren und/oder Probleme während des Betriebs zu detektieren und diese im Rahmen der Netzbetriebsführung zu berücksichtigen. Durch die Kombination von dynamischen Netzsicherheitsberechnungen und stationären Netzsicherheitsberechnungen und die Rückkopplung der Ergebnisse kann insbesondere eine höhere Netzsicherheit bei gleichzeitig höherer Netzauslastung gewährleistet werden. Das Übertragungsnetz kann so auch nahe der Stabilitätsgrenzen sicher betrieben werden. Insbesondere können die Wechselwirkungen zwischen den Analyseeinheiten und insbesondere zwischen den stationären und dynamischen Analysen bei der Beurteilung der Systemsicherheit des Übertragungsnetzes berücksichtigt werden. Durch die so resultierende kontinuierliche Ermittlung geeigneter präventiver und/oder kurativer Maßnahmen ergibt sich ein verbessertes Betriebsführungskonzept.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung sieht vor, dass bei der stationären Netzsicherheitsberechnung zur Gewährleistung einer präventiven und/oder kurativen (n-1)-Sicherheit die Netzsicherheit des zu erwartenden Netzzustandes überprüft wird. Die präventive (n-1)-Sicherheit bezeichnet dabei einen Systemzustand der bei Ausfall eines Betriebsmittels nicht zu einer Überlastung eines weiteren Betriebsmittels führt, während bei der kurativen (n-1)-Sicherheit nach einem Betriebsmittelausfall zunächst eine vorab definierte kurative Maßnahme durchgeführt werden muss, um evtl. resultierende Betriebsmittelüberlastungen zu beseitigen. Insbesondere kann geprüft werden, ob der Ausfall eines oder mehrerer Betriebsmittel zu einer Verletzung der Strom- und/oder Spannungsgrenzwerte führt und das (n-1)-Sicherheitskriterium somit nicht mehr erfüllt wäre. Besonders bevorzugt können zur Gewährleistung einer (n-0)-Sicherheit in erster Linie präventive Maßnahmen eingesetzt werden, welche die Netzsicherheit verbessern und eine Stabilität des zu erwartenden Netzzustandes gewährleisten.
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Zur Gewährleistung der kurativen (n-1)-Sicherheit können insbesondere derartige Maßnahmen eingeleitet werden, welche erst im Fehlerfall eingesetzt werden. Beim Auftreten eines Fehlers, beispielsweise bei Ausfall einer Leitung können kurzfristig und insbesondere teilautomatisiert kurative Maßnahmen eingesetzt werden. Das (n-1)-Kriterium bezeichnet dabei einen Betriebs- und Planungsgrundsatz für die Sicherstellung von zusätzlichen Übertragungskapazitäten zur Kompensation von einfachen Betriebsmittelausfällen, wie z. B. Leitungen oder Erzeugungseinheiten. Sind beispielsweise für eine Aufgabe n-Objekte zuständig oder verfügbar, so kann bei Einhaltung der (n-1)-Sicherheit beim Ausfall eines Objekts der Betrieb oder die Funktionstüchtigkeit durch die anderen (n-1)-Objekte sicher gewährleistet werden. Im Bereich von Übertragungsnetzen kann das (n-1)-Kriterium bevorzugt angewendet werden, um bei Ausfall oder Abschaltung eines Betriebsmittels, wie eines Leistungstransformators, Generators oder einer Freileitung, den Gesamtbetrieb des Stromversorgungsnetzes aufrechtzuerhalten. Vorteilhafterweise ist das (n-1)-Kriterium für die maximale Höchstlast erfüllt. Bei einer geringeren Auslastung können auch höhere Stufen, wie (n-2) erreicht werden. Die (n-1)-Sicherheit kann zusätzlich als Kriterium zur Engpassdetektion dienen und von den Übertragungsnetzbetreibern zur Abschätzung der Auswirkungen von Topologie-Änderungen in vermaschten Stromnetzen durchgeführt werden, beispielsweise vor einer konkreten Schalthandlung in einem Umspannwerk. Als besonders vorteilhaft im Hinblick auf die kurative Sicherheit hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn durch entsprechende kurative Maßnahmen eine (n-1)-Sicherheit gewährleistet werden kann. Die (n-0)-Sicherheit kann bevorzugt mittels präventiver Maßnahmen sichergestellt werden. Auf diese Weise können insbesondere Wirk- und Blindleistungseinspeisungen und -lasten, die Topologie des Übertragungsnetzes, die Stufung von Transformatoren, die dynamischen Parametersätze sowie daraus resultierende Spannungswinkel, -amplituden und Leistungsflüsse oder dergleichen charakterisiert und zyklisch erfasst werden.
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In diesem Zusammenhang ist es ferner bevorzugt, wenn bei der stationären Netzsicherheitsberechnung Ausfallvariantenrechnungen und/oder Leistungsflussoptimierungen zur Ermittlung präventiver und/oder kurativer Maßnahmen durchgeführt werden. Ausfallvariantenrechnungen können insbesondere in Form von Simulationsrechnungen für geplante Topologie-Änderungen oder Störungsszenarien durchgeführt werden. Alternativ oder zusätzlich können Leistungsflussberechnungen vorgenommen werden, bei welchen die Leistungsflüsse sowie die Wirk- und Blindstromverteilung berücksichtigt werden. Mit Hilfe der Ausfallvariantenrechnung kann auf einfache Art und Weise methodisch eine Betriebssicherheitsanalyse durchgeführt werden, wobei bei der Ausfallvariantenrechnung auf Grundlage einer durch den Übertragungsnetzbetreiber als kritisch einzuschätzenden Betriebsmittelliste, insbesondere einer Ausfallvarianten-Liste, durchgeführt werden kann. Diese Ausfallvariantenrechnungen können dabei insbesondere auf der Basis von Prognosen und/oder Echtzeitbetriebsdaten erfolgen.
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Besonders bevorzugt ist in diesem Zusammenhang, wenn vor der Leistungsflussoptimierung Leistungsflussberechnungen durchgeführt werden. Bei der Leistungsflussberechnung können verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie beispielsweise Lasten, Kraftwerke, Knoten in Form von Leistungsflussgleichungen, wobei zu beachten ist, dass die geforderte Wirk- und Blindleistung stets sicher zur Verfügung steht. Auf diese Weise kann eine Berechnung der Leistungsflüsse, Knotenspannungen und Phasenwinkel für eine definierte Topologie und Kraftwerkseinsatz erfolgen.
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Im Rahmen der Leistungsflussoptimierung kann dann die Ermittlung präventiver und/oder kurativer Maßnahmen zur Sicherstellung der Systemsicherheit vorgenommen werden. Diese Maßnahmen können dann als Einzelmaßnahmen oder als Maßnahmenbündel als weiter zu verwendende Ergebnisse ausgegeben werden. Insbesondere kann im Rahmen der Leistungsflussoptimierung eine Maßnahmenregelung getroffen werden, so dass die erforderlichen Strom- und Spannungsgrenzwerte eingehalten werden können. Insbesondere können bei der Leistungsflussoptimierung auch wirtschaftliche Aspekte sowie der Einsatz der vorhandenen Flexibilitäten, wie etwa die Verluste oder das Spannungsband zu minimieren, berücksichtigt werden.
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Bei der Leistungsflussoptimierung kann zudem bevorzugt auf marktkonforme und/oder netzkonforme Leistungsflussberechnungen zurückgegriffen werden. Die Berechnung der Leistungsflüsse kann bevorzugt mithilfe eines Optimierungsmodells zur Bestimmung des kostenoptimalen Kraftwerkseinsatzes der im Netz vorhandenen Kraftwerke unter Einhaltung von Netzrestriktionen erfolgen. Insbesondere können dabei auch Stellgrößen von leistungsflusssteuernden Netzkomponenten und Schaltmaßnahmen in die Optimierung integriert und deren Betriebsführung durch die Leistungsflussoptimierung modelliert werden. Auf diese Weise ist eine möglichst genaue Abbildung der Leistungsflüsse unter Berücksichtigung des Strommarkts und der Möglichkeiten betrieblicher Maßnahmen möglich.
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Als besonders vorteilhaft hat es sich ferner erwiesen, wenn als präventive und/oder kurative Maßnahmen marktbezogene und/oder netzbezogene Maßnahmen ausgewählt werden. Dabei können insbesondere netzbezogene und/oder marktbezogene Maßnahmen ausgewählt werden, die unter Berücksichtigung des damit verknüpften monetären und betrieblichen Aufwandes Grenzwertverletzungen aufheben. Besonders bevorzugt ist dabei, wenn zuerst netzbezogene und erst danach marktbezogene Maßnahmen durchgeführt werden. Als netzbezogene Maßnahmen können beispielsweise Topologie-Schaltmaßnahmen, die Stufung von Leistungs- und Phasenschiebertransformatoren, der Einsatz von HGÜ-Systemen, der Einsatz leistungselektronischer Komponenten zur Leistungsflusssteuerung oder der Einsatz von Blindleistungskompensationsanlagen oder dergleichen umfassen. Marktbezogene Maßnahmen können Anpassungen der Wirk- und Blindleistungseinspeisung konventioneller Kraftwerke, Speicheranlagen oder von Anlagen in unterlagerten Verteilnetzen, das Einspeisemanagement erneuerbarer Energien, den Einsatz vertraglich vereinbarter zu- und abschaltbarer Lasten oder die Aktivierung von Netzreservekraftwerken oder dergleichen umfassen. Dabei kann bei der Wahl der marktbezogenen und/oder netzbezogenen Maßnahmen bevorzugt berücksichtigt werden, welche Umsetzungszeiten und/oder welche Kosten entsprechende Maßnahmen bewirken.
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In Weiterbildung der Erfindung hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn bei der dynamischen Netzsicherheitsberechnung die Netzstabilität basierend auf den zu erwartenden Netzzuständen ermittelt und analysiert wird. In diesem Zusammenhang kann überprüft werden, ob bestimmte Maßnahmen die Anforderungen an die Netzstabilität erfüllen. Die vorgesehenen Maßnahmen können bevorzugt dahingehend analysiert werden, ob diese die vorgegebenen Strom- und/ oder Spannungsgrenzwerte einhalten und das System stets in einem stabilen Zustand gehalten oder in einen stabilen Zustand zurückgeführt werden kann. Hierzu können Stabilitätsanalysen durchgeführt und die Systemstabilität der zu erwartenden Netzzustände bewertet werden. Basierend auf diesen Ergebnissen kann bevorzugt eine Identifizierung unzulässiger Maßnahmen und/oder eine Dimensionierung stabilitätsfordernder Maßnahmen vorgenommen werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass sich das Übertragungsnetz innerhalb des vorgegebenen, stabilen Betriebsbereichs befindet oder durch die Aktivierung geeigneter identifizierter Maßnahmen in diesen vorgegeben, stabilen Betriebsbereich zurückkehrt.
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In diesem Zusammenhang ist es bevorzugt, wenn ein im Rahmen der stationären Netzsicherheitsberechnung ermittelter Transitionspfad der dynamischen Netzsicherheitsberechnung zugeführt und hinsichtlich der Stabilität überprüft wird. Als Transitionspfad kann dabei insbesondere eine Verkettung aus mehreren Einzelmaßnahmen angesehen werden, welche zu einem Maßnahmenbündel zusammengefasst sein können. Alternativ kann der Transitionspfad auch nur eine Einzelmaßnahme umfassen. Als Maßnahmen können insbesondere präventive und/oder kurative Maßnahmen in dem Transitionspfad angewendet werden. Bevorzugt kann der Transitionspfad eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen umfassen, welche innerhalb einer bestimmten zeitlichen Abfolge durchgeführt werden können. Mit Hilfe des Transitionspfads kann der Übergang von einem ersten, insbesondere einem gefährdeten, Arbeitspunkt zu einem zweiten, insbesondere einem sicheren, Arbeitspunkt beschrieben werden.
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Durch die Rückkopplung des Transitionspfades aus der stationären Netzsicherheitsberechnung in die dynamische Netzsicherheitsberechnung kann der Transitionspfad, und insbesondere die in dem Transitionspfads enthaltenen Maßnahmen, hinsichtlich ihrer Eignung, der Netzsicherheit sowie der Netzstabilität überprüft werden. Auf diese Weise kann überprüft werden, ob das Netz und die gewählten Maßnahmen immer innerhalb der vorgegebenen Grenzwerte liegen oder ob der Transitionspfad eine Verletzung der Grenzwerte zur Folge hätte. Derart können zusätzliche Informationen über den Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen gewonnen werden, wodurch sich die Netzsicherheit weiter erhöhen lässt. Alternativ oder zusätzlich können kurative Maßnahmen abgeleitet werden, die eine Rückkehr in den stabilen Betriebsbereich innerhalb kürzester Zeit ermöglichen.
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Weiter bevorzugt ist, wenn den im Transitionspfad enthaltenen Maßnahmen eine zeitliche Umsetzungsfolge zugeordnet wird. Durch die Zuordnung einer zeitlichen Umsetzungsfolge kann ein Transitionspfad erzeugt werden, welcher die erforderlichen Stabilitätsgrenzen einhält. Insbesondere kann beispielsweise durch eine Umsortierung der Einzelmaßnahmen die Netzsicherheit weiter erhöht und der Transitionspfad innerhalb eines stabilen Bereichs gehalten werden.
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Ferner vorteilhaft ist, wenn der Transitionspfad daraufhin überprüft wird, ob die Umsetzung darin enthaltener Maßnahmen einen instabilen Systemzustand zur Folge haben. Sofern im Rahmen der Überprüfung instabile Systemzustände ermittelt werden, können diese aus dem Transitionspfad ausgeschlossen oder in der zeitlichen Abfolge umsortiert werden, wodurch sich dann ein stabiler Systemzustand realisieren lässt.
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In Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, dass im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung ermittelte Sicherheitskriterien, insbesondere auf Grundlage der Analyse des Transitionspfades, der stationären Sicherheitsberechnung zugeführt und bei der stationären Netzsicherheitsberechnung berücksichtigt werden. Die ermittelten Sicherheitskriterien können dabei besonders bevorzugt als Restriktionen und/oder Nebenbedingungen in der stationären Netzsicherheitsberechnung Verwendung finden. Auf diese Weise können unter Berücksichtigung der dynamischen Netzsicherheitsberechnungen präventive und/oder kurative Maßnahmen identifiziert werden, mit denen keine Verletzungen der Stabilitätsgrenzen einhergehen. Dies kann insbesondere sowohl Ziel- als auch Zwischenzustände betreffen. Auf diese Weise können somit immanente Wechselwirkungen zwischen der stationären Leistungsflussoptimierung und der Analyse der Systemstabilität zur Gewährleistung der Systemsicherheit betrachtet und berücksichtigt werden.
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Ferner können basierend auf den Ergebnissen der stationären Netzsicherheitsberechnung und/oder der dynamischen Netzsicherheitsberechnung kurative und/oder präventive Maßnahmen selektiert und/oder priorisiert und/oder dimensioniert werden. Durch die Selektierung und/oder Priorisierung und/oder Dimensionierung der Maßnahmen können geeignete Maßnahmenbündel und insbesondere geeinigte Transitionspfade erzeugt werden, welche die Vorgaben für die sichere Netzbetriebsführung erfüllen. Insbesondere können beispielsweise präventive Maßnahmen direkt in der Systemführung angewandt und umgesetzt werden. Dabei können die Maßnahmen entsprechend der zu erwartenden Auswirkungen auf den Netzzustand in ihrem Umfang, der zeitlichen Abfolge und Effektivität sowie der damit einhergehenden Kosten ausgewählt werden. Alternativ oder zusätzlich können beispielsweise kurative Maßnahmen, die sich insbesondere aus Maßnahmen zur Beeinflussung der Leistungsflüsse und zur Netzstabilisierung zusammensetzen können, priorisiert und in einen Maßnahmenkatalog aufgenommen werden.
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Weiter vorteilhaft ist, wenn im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung eine Identifizierung unzulässiger Maßnahmen und/oder eine Identifizierung und Dimensionierung stabilitätsfördernder Maßnahmen vorgenommen wird. Diese können dann bei der Maßnahmenselektion, -priorisierung und -dimensionierung bevorzugt berücksichtigt werden. Unzulässige Maßnahmen können zudem von der Verwendung ausgeschlossen werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung können ermittelte kurative Maßnahmen einem Maßnahmenkatalog zugeführt werden, auf welchen im Störungsfall zugegriffen werden kann. Im Falle des Auftretens eines Fehlers und/oder einer Netzstörung, beispielsweise durch Ausfall eines oder mehrerer Betriebsmittel, einer Erzeugungsanlage oder das Auftreten eines Kurzschlusses, kann dann die Umsetzung einer oder mehrerer für die entsprechende Netzsituation geeigneter kurativer Maßnahmen, insbesondere ausgehend von dem Maßnahmenkatalog, erfolgen. Besonders bevorzugt ist, wenn basierend auf der dynamischen und/oder stationären Netzsicherheitsberechnung eine Aktualisierung des kurativen Maßnahmenkatalogs vorgenommen wird, wenn eine Anpassung der implementierten präventiven Maßnahmen vorgenommen wird. Auf diese Weise kann der Maßnahmenkatalog laufend aktualisiert und somit stets an die gegenwärtige Netzsituation angepasst sein.
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Eine bevorzugte Ausgestaltung sieht ferner vor, dass ermittelte präventive Maßnahmen direkt im Übertragungsnetz umgesetzt werden. Auf diese Weise kann der Netzzustand kontinuierlich stabil gehalten werden. Insofern ist es nicht zwingend erforderlich, auch entsprechende kurative Maßnahmen umzusetzen. Das Netz kann so stabil gehalten werden und eine (n-1)-Sicherheit gewährleistet werden. Alternativ oder zusätzlich können präventive Maßnahmen auch derart eingesetzt werden, dass eine (n-0)-Sicherheit sichergestellt werden kann. Kurative Maßnahmen können dann bevorzugt im Fehlerfall eingesetzt werden.
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In vorteilhafter Weise werden die präventiven und/oder kurativen Maßnahmen im Fehlerfall und/oder nach Fehlerklärung automatisiert und/oder teilautomatisiert und/oder manuell umgesetzt. Eine automatische Umsetzung kann beispielsweise in Form einer Systemautomatik erfolgen. Eine manuelle Umsetzung kann hingegen beispielsweise durch einen Systemführer, welcher in einer Leitstelle sitzt, erfolgen. Alternativ oder zusätzlich können die durchzuführenden Maßnahmen automatisiert ermittelt werden, die Umsetzung hingegen teilautomatisiert erfolgen, d. h. die Umsetzung der Maßnahmen kann beispielsweise durch einen Systemführer manuell bestätigt werden. Die tatsächliche Umsetzung, also das Versenden der Signale an die einzelnen Komponenten über IT-Systeme, kann anschließend automatisiert erfolgen, d. h. der Systemführer muss nicht jede Einzelmaßnahme manuell umsetzen. Je nachdem, ob eine automatische, teilautomatische und/oder händische Umsetzung der Maßnahmen erfolgt, ist zu berücksichtigen, dass die damit verbundenen Zeitkonstanten bis zur Umsetzung der Maßnahmen im Rahmen der stationären Netzsicherheitsberechnung berücksichtigt werden und diese entsprechend mit präventiven Maßnahmen koordiniert werden. Steigt beispielsweise die Zeit zwischen dem Auftreten der Fehlersituation und der Umsetzung kurativer Maßnahmen, ist es besonders bevorzugt, wenn verstärkt präventive Maßnahmen eingesetzt werden.
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Die einzelnen Verfahrensschritte können bevorzugt kontinuierlich wiederholt werden, wodurch ein iterativer Anpassungs- und Optimierungsprozess und damit der sicheren Netzbetriebsführung vorgenommen wird. Auf diese Weise können die einzelnen Maßnahmen kontinuierlich überprüft und angepasst werden, so dass keine Verletzung der stationären und/oder dynamischen Grenzwerte erfolgt. Auf diese Weise können Veränderungen der Netzsituation und die gegenseitige Beeinflussung sowie die daraus resultierende Koordination präventiver und/oder kurativer Maßnahmen berücksichtigt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass zu jedem Zeitpunkt ein geeigneter Maßnahmenkatalog zur Beherrschung auftretender Netzstörungen zur Verfügung steht.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sollen nachfolgend anhand der in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiele näher erläutert werden. Hierin zeigt:
- 1 ein schematisches Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 2 eine exemplarische Darstellung eines Transitionspfades.
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Übertragungsnetze 1 stellen eine Verteilungsebene im elektrischen Stromnetz, insbesondere die überregionalen Stromnetze zur elektrischen Energieübertragung, dar. Die Übertragungsnetze 1 sind in der Regel über Transformatoren in Umspannwerken an die engmaschigeren Netze mit geringerer Nennspannung der Verteilnetzbetreiber angeschlossen, die in der Regel die Versorgung der Endkunden üblicherweise in Nieder- und Mittelspannungsnetzen gewährleisten. Üblicherweise sind Übertragungsnetze 1 in Form eines Maschennetzes ausgeführt. Spannungsebenen der Übertragungsnetze 1 in Deutschland liegen beispielsweise bei 220 kV und 380 kV.
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Die Übertragungsnetze 1 werden von Übertragungsnetzbetreibern betrieben, welche Dienstleistungsunternehmen sind, die die Infrastruktur der Übertragungsnetze 1 operativ betreiben, für die bedarfsgerechte Instandhaltung und Dimensionierung sorgen und Stromhändlern bzw. Lieferanten diskriminierungsfrei Zugang zu diesen Netzen 1 gewähren. Darüber hinaus haben sie die Aufgabe, bei Bedarf Regelleistung zu beschaffen und dem System zur Verfügung zu stellen, um Frequenzungleichgewichte und - schwankungen, die sich durch ein Missverhältnis zwischen einem Zeitpunkt erzeugter und verbrauchter elektrischer Energie ergeben, zu begrenzen und auszugleichen.
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Aufgrund des strukturellen Wandels der Energieversorgung, der zunehmenden Substitution konventioneller Kraftwerke zugunsten dezentraler Erzeugungseinheiten und die damit einhergehende steigende volatile und lastferne Einspeisung stellen dabei neuartige Anforderungen an die Netzbetriebsführung entsprechender elektrischer Übertragungsnetze 1 dar. Insbesondere aufgrund von Verzögerungen bei den geplanten Netzausbaumaßnahmen kommt es zunehmend zum Einsatz leistungsflusssteuernder Komponenten im Übertragungsnetz 1, welche eine Homogenisierung der Leistungsflüsse und somit eine effiziente Auslastung der bestehenden Netzinfrastruktur ermöglichen sollen.
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Bestehende Netzbetriebsführungskonzepte basieren auf einer weitgehend präventiven Implementierung von Maßnahmen 8 zur Gewährleistung einer (n-1)-Sicherheit, d. h. die Durchführung der Maßnahmen erfolgt vor Eintritt eines Fehlerfalls. Hierzu überwachen die Übertragungsnetzbetreiber ihr eigenes Netzgebiet sowie benachbarte Netzgebiete, um jederzeit einen (n-1)-sicheren Netzzustand gewährleisten zu können. Bei Verletzung der (n-1)-Sicherheit werden gezielte Engpassmanagementmaßnahmen durchgeführt, um die Leistungsflüsse zu steuern und dadurch die zulässigen Strom- und Spannungsgrenzwerte einzuhalten.
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Insbesondere der Einsatz präventiver Maßnahmen 8 ermöglicht einen (n-1)-sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes 1. Gleichzeitig werden jedoch vorhandene Transportkapazitäten aufgrund des seltenen Auftretens von Fehlern nicht vollständig ausgenutzt. Mit Hilfe kurativer Maßnahmen 8, die nicht im Normalbetrieb, sondern erst im Fehlerfall aktiviert werden, kann dem Grunde nach eine höhere Auslastung der vorhandenen Netzinfrastruktur erreicht werden. Die Umsetzung kurativer Maßnahmen 8 und die damit einhergehende höhere Auslastung der bestehenden Netzinfrastruktur führt jedoch vermehrt zu einem Betrieb des Übertragungsnetzes 1 nahe der Stabilitätsgrenze.
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Es werden somit ausreichend Sicherheitsmargen vorgehalten, um auch bei Netzstörungen sämtliche betrieblichen Grenzwerte einzuhalten. Aufgrund des seltenen Auftretens von Fehlern resultieren daraus ungenutzte Transportkapazitäten. Aufgrund dessen ist eine grundsätzliche Verbesserung der bestehenden Netzbetriebsführungskonzepte, insbesondere vor dem Hintergrund einer höheren Auslastung der Übertragungsnetze 1 notwendig, um einen sicheren Betrieb auch bei höherer Auslastung gewährleisten zu können.
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Um diese Transportkapazitäten zu nutzen und gleichzeitig einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten, ist das erfindungsgemäße Verfahren vorgehsehen, welches eine sichere Netzbetriebsführung eines elektrischen Übertragungsnetzes 1 durch Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 zur Netzstabilisierung ermöglicht.
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In der 1 ist in schematischer Weise ein Ablaufdiagramm des erfindungsgemäßen Verfahrens zur sicheren Netzbetriebsführung eines elektrischen Übertragungsnetzes 1 durch Einsatz präventiver und/oder kurativen Maßnahmen 8 zur Gewährleistung der Systemsicherheit und zur Netzstabilisierung dargestellt. Mit Hilfe dieses Verfahrens kann nicht nur eine kontinuierliche Überwachung der Netzsituation, sondern es kann auch eine automatisierte zyklische Ermittlung geeigneter präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 vorgenommen werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass stets ein geeigneter Maßnahmenkatalog 4 zur Beherrschung auftretender Netzstörungen zur Verfügung steht. Die ermittelten Maßnahmen 8 können dann je nach Bedarf umgesetzt werden.
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Wie dies die 1 zeigt, wird bei dem Verfahren zunächst der prognostizierte und/oder reale Netzzustand des Übertragungsnetzes 1 kontinuierlich ermittelt. Hierzu wird eine Messdatenerfassung I durchgeführt, um so möglichst viele reale Daten über den Netzzustand ermitteln zu können. Dabei werden eventuell bereits durchgeführte präventive Maßnahmen 8 bei der Ermittlung des Netzzustandes I berücksichtigt. Umgesetzte Maßnahmen 8 haben dabei einen direkten Einfluss auf den Netzzustand.
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Der prognostizierte und/oder reale Netzzustand wird dann einer ersten, eine dynamische Netzsicherheitsberechnung II durchführenden Analyseeinheit 2 zugeführt.
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Bei der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II wird die Netzstabilität basierend auf den zu erwartenden Netzzuständen ermittelt und analysiert. Es werden Stabilitätsanalysen durchgeführt und die Systemstabilität der erwarteten Netzzustände bewertet. Hierzu können beispielsweise entsprechende dynamische Simulationen durchgeführt werden. Dabei können insbesondere netzbezogene Maßnahmen, wie Topologie-Schaltmaßnahmen, die Stufung von Transformatoren oder der Einsatz von Blindleistungskompensationsanlagen bewertet werden.
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Insbesondere können mit Hilfe der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II ein oder mehrere Transitionspfade 9 identifiziert und hinsichtlich der Systemstabilität analysiert werden. Auf Basis der Stabilitätsanalysen, die sowohl die erwarteten Netzzustände als auch den Transitionspfad 9 für die Überführung des Systems in den ermittelten Zielzustand umfassen, erfolgt dann die Identifizierung unzulässiger, im Rahmen der stationären Optimierung bestimmter Maßnahmenbündel und Dimensionierung stabilitätsfördernder Maßnahmen 8. Diese stellen sicher, dass sich der Zielzustand und alle Zwischenzustände des Transitionspfades 9 innerhalb des stabilen Systembereichs befinden.
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Ein solcher exemplarischer Transitionspfad 9 ist beispielhaft in 2 dargestellt. Wie dies in der 2 zu erkennen ist wird der Transitionspfad 9 durch den Übergang zwischen einem ersten, einen gefährdeten Arbeitspunkt darstellenden Arbeitspunkt 6 und einem zweiten, einen sicheren Arbeitspunkt darstellenden Arbeitspunkt 7 gebildet. Als gefährdete Arbeitspunkte 6 werden dabei solche Systemzustände angesehen, welche sich nahe der Stabilitätsgrenze befinden und bei welchem der Ausfall eines Betriebsmittels einen unsicheren Netzzustand zur Folge haben würde. Zudem könnte es ebenfalls sein, dass sich das System aufgrund eines zuvor aufgetretenen Betriebsmittelausfalls in einen instabilen Arbeitspunkt, also einem gefährdeten Arbeitspunkt befindet. Das System könnte in diesem Fall dann durch den Abruf einer oder mehrerer Maßnahmen wieder in einen sicheren Systemzustand überführt werden. Insoweit ist es erforderlich, entsprechende geeignete Maßnahmen 8 zu implementieren, welche sicherstellen, dass ein sicherer Netzzustand gewährleistet ist, sich das Netz 1 also in einem sicheren Arbeitspunkt 7 befindet oder innerhalb kürzester Zeit in einen sicheren Arbeitspunkt 7 zurückkehrt.
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Um nun von dem gefährdeten Arbeitspunkt 6 zu dem sicheren Arbeitspunkt 7 zu gelangen, ist vorgesehen, dass eine oder mehrere Einzelmaßnahmen 8 durchgeführt werden, um so eine sichere Netzbetriebsführung zu gewährleisten. Als Maßnahmen 8 können insbesondere präventive und/oder kurative Maßnahmen 8 in dem Transitionspfad 9 angewendet werden. Dabei können netz- und/oder marktseitige Maßnahmen 8 ausgewählt werden, die unter Berücksichtigung des damit verknüpften monetären und betrieblichen Aufwandes Grenzwertverletzungen aufheben. Netzseitige Maßnahmen 8 können beispielsweise Topologie-Schaltmaßnahmen, die Stufung von Leistungs- und Phasenschiebertransformatoren, der Einsatz von HGÜ-Systemen, der Einsatz leistungselektronischer Komponenten zur Leistungsflusssteuerung (FACTS) oder der Einsatz von Blindleistungskompensationsanlagen sein. Marktbezogene Maßnahmen 8 können hingegen Anpassungen der Wirk- und Blindleistungseinspeisung konventioneller Kraftwerke, Speicheranlagen oder von Anlagen im unterlagerten Verteilungsnetzen, das Einspeisemanagement erneuerbarer Energien, der Einsatz vertraglich vereinbarter zu- und abschaltbarer Lasten oder die Aktivierung von Netzreservekraftwerken umfassen. Entsprechende marktbezogene und/oder netzbezogene Maßnahmen 8 können dann je nach Bedarf als präventive und/oder kurative Maßnahmen 8 ausgewählt und eingesetzt werden.
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Im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II wird der Transitionspfad 9 dahingehend überprüft, ob die Umsetzung darin enthaltener Maßnahmen 8 einen instabilen Systemzustand zur Folge haben. Sofern im Rahmen der Überprüfung instabile Systemzustände ermittelt werden, können diese beispielsweise aus dem Transitionspfad 9 ausgeschlossen oder in der zeitlichen Abfolge umsortiert werden, wodurch sich dann ein stabiler Systemzustand realisieren lässt. Wie dies die 2 beispielhaft zeigt, umfasst der dort dargestellte Transitionspfad 9 zwei Systemzustände, welche außerhalb des stabilen Bereichs liegen. Die hier vorgesehenen Maßnahmen 8.1, 8.2 würden zu einer Verletzung der Grenzwerte führen. Insoweit ist es erforderlich, diese Maßnahmen 8.1, 8.2 zu eliminieren, durch andere Maßnahmen 8 zu ersetzen, den Maßnahmen 8 eine andere zeitliche Umsetzungsfolge zuzuordnen oder zusätzliche Gegenmaßnahmen 8 zu implementieren, um die vorgesehenen Schaltmaßnahmen doch durchführen zu können (z.B. Entkoppeln von Sammelschienen bei zu hoher Kurzschlussleistung). Durch die Zuordnung einer zeitlichen Umsetzungsfolge kann ein Transitionspfad 9 erzeugt werden, welcher die erforderlichen Stabilitätsgrenzen einhält. Insbesondere kann beispielsweise durch eine Umsortierung der Einzelmaßnahmen 8 die Netzsicherheit weiter erhöht und der Transitionspfad 9 innerhalb eines stabilen Bereichs gehalten werden.
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Basierend auf den im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II durchgeführten Analysen, welche sowohl die zu erwartenden Netzzustände als auch den Transitionspfad 9 für die Überführung des Netzes 1 in den ermittelten Zielzustand berücksichtigen, erfolgt dann die Identifizierung unzulässiger Maßnahmen 8 und die Dimensionierung stabilitätsfördernder Maßnahmen 8. Diese stellen sicher, dass sich der Zielzustand und alle Zwischensystemzustände des Transitionspfads 9 innerhalb des stabilen Systembereichs befinden.
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Neben der die dynamische Netzsicherheitsberechnung II durchführenden Analyseeinheit 2 wird der prognostizierte und/oder reale Netzzustand gleichzeitig einer zweiten, eine stationäre Netzsicherheitsberechnung III durchführenden Analyseeinheit 3 zugeführt. Insoweit wird parallel zur dynamischen Netzsicherheitsberechnung II auch eine stationäre Netzsicherheitsberechnung III durchgeführt.
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Bei der stationären Netzsicherheitsberechnung III wird zur Gewährleistung einer präventiven und/oder kurativen (n-1)-Sicherheit die Netzsicherheit des zu erwartenden Netzzustandes überprüft. Zur Gewährleistung einer (n-0)-Sicherheit werden in erster Linie präventive Maßnahmen 8 eingesetzt, welche die Netzsicherheit verbessern und eine Stabilität des zu erwartenden Netzzustandes gewährleisten. Zur Gewährleistung der kurativen (n-1)-Sicherheit werden insbesondere derartige Maßnahmen 8 eingeleitet, welche erst im Fehlerfall eingesetzt werden. Beim Auftreten eines Fehlers, beispielsweise bei Ausfall einer Leitung können kurzfristig und insbesondere teilautomatisiert kurative Maßnahmen 8 eingesetzt werden. Die stationäre Netzsicherheitsberechnung III kann dabei beispielsweise mit Hilfe von Ausfallvariantenrechnungen vorgenommen werden. Im Rahmen der Ausfallvariantenrechnung wird geprüft, ob der Ausfall eines oder mehrerer Betriebsmittel zu einer Verletzung der Strom- und Spannungsgrenzwerte führen würde und das (n-1)-Sicherheitskriterium in diesem Fall nicht mehr erfüllt wäre. Alternativ oder zusätzlich können Leistungsflussoptimierungen zur Ermittlung präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 durchgeführt werden. Im Rahmen der Leistungsflussoptimierung kann wiederum die Ermittlung präventiver und/oder kurativer Maßnahmen zur Sicherstellung der Systemsicherheit vorgenommen werden. Auch hier können ein oder mehrere Transitionspfade 9 ermittelt werden.
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Wie dies die 1 weiter zeigt, werden die auf den in der Analyseeinheit 2 und Analyseeinheit 3 durchgeführten Netzsicherheitsberechnungen II, III basierenden Ergebnissen der jeweils anderen Analyseeinheit 2 und Analyseeinheit 3 zur Verfügung gestellt und bei der Netzsicherheitsberechnung II, III berücksichtigt. Diese Rückkopplung ist durch die Verfahrensschritte IV, V näher beschrieben.
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Insbesondere kann ein im Rahmen der stationären Netzsicherheitsberechnung III ermittelter Transitionspfad 9 der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II zugeführt und hinsichtlich der Stabilität überprüft werden. Diese Rückkopplung ist durch den Verfahrensschritt IV dargestellt. Der so ermittelte Transitionspfad 9 kann dann ebenfalls im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II analysiert und den im Transitionspfad 9 enthaltenen Maßnahmen 8 eine zeitliche Umsetzungsfolge zugeordnet werden, sofern erforderlich. Ferner wird überprüft, ob die Umsetzung der im Transitionspfad 9 enthaltenen Maßnahmen 8 einen instabilen Systemzustand zur Folge hat.
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Basierend auf den im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II ermittelten Systemzuständen und den daraus ermittelten Sicherheitskriterien, insbesondere auf Grundlage der Analyse des Transitionspfades 9, werden die ermittelten Sicherheitskriterien der stationären Netzsicherheitsberechnung zugeführt und bei der stationären Netzsicherheitsberechnung berücksichtigt. Dies ist durch den Verfahrensschritt V verdeutlicht. Insbesondere werden die Sicherheitskriterien auf Basis der dynamischen Sicherheitsberechnung II als Restriktionen ausgegeben und es erfolgt eine Rückkopplung dieser Restriktionen in die stationäre Leistungsflussoptimierung III in Form von Nebenbedingungen. Somit werden unter Berücksichtigung der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II präventive und/oder kurative Maßnahmen identifiziert, mit denen keine Verletzung der betrieblichen Grenzwerte und der Stabilitätsgrenzen einhergeht. Dies betrifft dabei sowohl die Ziel- als auch die Zwischenzustände. Das Verfahren erfasst somit immanente Wechselwirkungen zwischen der stationären Leistungsflussoptimierung III und der Analyse der Systemstabilität II zur Gewährleistung der Systemsicherheit.
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Zudem werden, basierend auf den Ergebnissen der stationären Netzsicherheitsberechnung III und/oder der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II, kurative und/oder präventive Maßnahmen 8 selektiert und/oder priorisiert und/oder dimensioniert, vgl. Verfahrensschritt VI. Dies kann insbesondere in einer Auswerteeinheit 5 erfolgen. Da die präventiven und kurativen Maßnahmen in der Regel voneinander abhängen, erfolgt bevorzugt eine integrierte Ermittlung der Maßnahmen 8. Die kurative Maßnahmen 8 werden insoweit unter Berücksichtigung präventiver Maßnahmen ermittelt und vice versa. Insbesondere können aufgrund der im Rahmen der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II durchgeführten Analyse eine Identifizierung unzulässiger Maßnahmen 8 und/oder eine Identifizierung und Dimensionierung stabilitätsfördernder Maßnahmen 8 vorgenommen werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird iterativ wiederholt, bis die identifizierten Maßnahmen 8 zu keiner Verletzung der stationären und dynamischen Grenzwerte mehr führen. Das Verfahren wird zyklisch wiederholt, um Veränderungen der Netzsituation und die gegenseitige Beeinflussung sowie daraus resultierende Koordination präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 zu berücksichtigen.
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Präventive Maßnahmen 8 können dabei direkt in der Systemführung des Übertragungsnetzes 1 angewendet und umgesetzt werden. Die ermittelten präventiven Maßnahmen 8 werden insoweit direkt im Übertragungsnetz 1 umgesetzt. Kurative Maßnahmen 8, die sich aus Maßnahmen 8 zur Beeinflussung der Leistungsflüsse und zur Netzstabilisierung zusammensetzen, werden hingegen priorisiert und in einen Maßnahmenkatalog 4 aufgenommen. Ermittelte kurative Maßnahmen 8 werden einem Maßnahmenkatalog 4 zugeführt, auf welchem im Störungsfall zugegriffen werden kann. Im Falle eines Fehlers oder einer Netzstörung, beispielsweise durch Ausfall eines oder mehrerer Betriebsmittel, einer Erzeugungsanlage oder durch das Auftreten eines Kurzschlusses, erfolgt dann die Umsetzung einer für die entsprechende Netzsituation geeigneten kurativen Maßnahme 8. Eine Anpassung des implementierten präventiven Maßnahmenbündels erfordert eine Anpassung des kurativen Maßnahmenkatalogs 4. Dieser wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren daher laufend aktualisiert.
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Diese Umsetzung der Maßnahmen 8 des Maßnahmenkatalogs 4 kann entweder automatisch in Form einer Systemautomatik, teilautomatisiert oder händisch durch den Systemführer erfolgen. Dies beeinflusst die sichere Netzbetriebsführung jedoch nur insofern, dass die damit verbundenen Zeitkonstanten bis zur Umsetzung der Maßnahmen 8 im Rahmen der stationären Netzsicherheitsberechnung III sowie der dynamischen Netzsicherheitsberechnung II zu berücksichtigen sind und diese entsprechend mit präventiven Maßnahmen 8 koordiniert werden. Steigt beispielsweise die Zeit zwischen dem Auftreten der Fehlersituation und der Umsetzung kurativer Maßnahmen 8 sind in der Regel verstärkt präventive Maßnahmen 8 erforderlich.
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Das Verfahren zur sicheren Netzbetriebsführung ermöglicht durch die Kombination stationärer und/oder dynamischer Netzsicherheitsberechnungen II, III den Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 zur Erhöhung der Netzauslastung bei einem gleichbleibenden Niveau der Systemsicherheit. Ermittelte instabile Systemzustände und/oder Transitionspfade 9 werden als Restriktionen in die stationäre Netzsicherheitsberechnung III eingebunden und somit sichergestellt, dass die Umsetzung präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8 nicht mit einer Verletzung der Stabilitätsgrenzen einhergehen. Im Gegensatz zu bestehenden Betriebsführungskonzepten ist das erfindungsgemäße Verfahren dadurch in der Lage, die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Maßnahmen 8 sowie zwischen dem stationären Betrieb und dem Verhalten bei Netzstörungen zu erfassen und im Rahmen der Maßnahmenermittlung und -dimensionierung VI zu berücksichtigen. Die Selektion und Priorisierung VI der ermittelten Maßnahmen 8 ermöglicht zudem einen kombinierten Einsatz präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8. So kann beispielsweise eine präventive Maßnahme 8 durch eine kurative Maßnahme 8 substituiert und somit bei gleichbleibender Systemsicherheit eine höhere stationäre Netzauslastung erreicht werden. Im Gegensatz zu heute eingesetzten Betriebsführungskonzepten erfolgt nicht nur eine kontinuierliche Überwachung der Netzsituation, sondern auch eine automatisierte zyklische Ermittlung geeigneter präventiver und/oder kurativer Maßnahmen 8. Dadurch wird sichergestellt, dass stets ein geeigneter Maßnahmenkatalog 4 zur Beherrschung auftretender Netzstörungen, Betriebsmittelausfälle oder Fehler zur Verfügung steht. Das erfindungsgemäße Verfahren bildet somit eine Grundlage für zukünftige voll- oder teilautomatisierte Netzbetriebsführungskonzepte.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Übertragungsnetz
- 2
- Erste Analyseeinheit
- 3
- Zweite Analyseeinheit
- 4
- Maßnahmenkatalog
- 5
- Auswerteeinheit
- 6
- Gefährdeter Arbeitspunkt
- 7
- Sicherer Arbeitspunkt
- 8
- Einzelmaßnahmen
- 9
- Transitionspfad
- I
- Netzzustandserfassung
- II
- Dynamische Netzsicherheitsberechnung
- III
- Stationäre Netzsicherheitsberechnung
- IV
- Rückkopplung der dynamischen Netzsicherheitsberechnung
- V
- Rückkopplung der stationären Netzsicherheitsberechnung
- VI
- Maßnahmenselektion, -dimensionierung und/oder -priorisierung