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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Positionsbestimmung von Kinematiken von Arbeitsmaschinen, insbesondere von Kinematiken mobiler Arbeitsmaschinen, gemäß den Oberbegriffen der jeweiligen unabhängigen Ansprüche. Gegenstand der vorliegenden Erfindung sind auch ein Computerprogramm, ein maschinenlesbarer Datenträger zur Speicherung des Computerprogramms und ein elektronisches Steuergerät, mittels derer das Verfahren durchführbar ist.
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Stand der Technik
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Hier betroffene Kinematiken mobiler Maschinen, z.B. Arbeitsarme von Baumaschinen wie Baggern, werden meist rein hydraulisch angesteuert. Allerdings wird die Hydraulik bei Baumaschinen und speziell bei Baggern zunehmend elekronifiziert, z.B. um Assistenzsysteme bereitzustellen, mittels derer ein Maschinen- bzw. Fahrzeugführer z.B. auf einem Monitor angezeigt bekommt, wie er präzise zu baggern hat. Dabei werden Linien oder Konturen vorgegeben, welche nicht überschritten werden dürfen. Fortgeschrittene Assistenzsysteme können auch in die Steuerung der Hydraulik eingreifen, falls z.B. eine Grenzlinie überschritten wird. Neben entsprechend teilautomatisierten Baggern gibt es bereits Prototypen von vollautomatisch arbeitenden Baggern.
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Eine Grundlage bei der Implementierung genannter Funktionen ist die Möglichkeit, den Zustand einer genannten Kinematik, im speziellen eines sogenannten „Tool Center Point“ (TCP), welcher einen Referenzpunkt für ein z.B. an einem Baggerarm angeordnetes Werkzeug dient, möglichst präzise bestimmen zu können. Die Bestimmung des TCP erfolgt dabei relativ zur Position der Maschine, z.B. in Bezug auf einen Oberwagen eines Baggers, sowie absolut in Bezug auf den räumlichen Arbeitsbereich der Maschine.
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Die Position eines genannten Oberwagens der Maschine in Bezug auf den Arbeitsbereich wird meist über ein GPS-basiertes Messsystem ermittelt. Zur Bestimmung des TCP ist daher noch die Position des TCP relativ zu einem an dem Oberwagen angeordneten GPS-Referenzpunkt zu ermitteln. Hierzu gibt es bekanntermaßen verschiedene Ansätze, wie die Berechnung des TCP anhand der Kinematik eines genannten Arbeitsarms und/oder anhand von an hydraulischen Zylindern des Arbeitsarms verbauten Wegsensoren, an Armgelenken angeordneten Winkelsensoren oder an Teilen des Arbeitsarms angeordneten Inertialsensoren erfolgen kann.
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Zur Bestimmung des TCP selbst werden im Stand der Technik insbesondere genannte Inertialsensoren und Drehwinkelgeber eingesetzt. Allerdings ist die Positionsbestimmung mittels Inertialsensoren insbesondere bei Drehungen des Oberwagens meist noch relativ ungenau. Aufgrund von Sensorfehlern, Messrauschen, losabhängigem Gelenkspiel in den Armgelenken und möglichen Verwindungen von Armteilen bei sich ändernden Lasten erreicht dieses System nur eine begrenzte Genauigkeit. Dabei werden mögliche Verwindungen des Oberwagens meist nicht berücksichtigt, da diese in Relation zur Armverwindung als zu gering angesehen werden. Zudem steigt diese Ungenauigkeit mit der Zeit aufgrund von Verschleiß, z.B. über das Einlaufen von Lagerbolzen.
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Ein genannter GPS-Sensor an dem TCP ist aufgrund von auftretender Abschattung des Sensors, z.B. beim Betrieb der Maschine in einem tiefen Graben, nicht zuverlässig einsetzbar. Andere Ansätze wie die Abstandsbestimmung des TCP zum Oberwagen mittels Ultraschall, Laser oder kamerabasierten Abstandsmessungen scheiden ebenfalls aus, da auch diese z.B. beim Baggern unter Wasser, in tiefen Löchern oder hinter Spundwänden nicht funktionieren, da kein Sichtkontakt mehr zwischen Oberwagen und TCP besteht. Auch optische Messsysteme sind bei Regen, Staub und Nebel meist ebenfalls problematisch. So gibt es derzeit keine hochgenauen TCP-Erfassungsmethoden mit Inertialsensoren, welche in allen möglichen Einsatzbereichen einer hier betroffenen Maschine präzise und zuverlässig funktionieren.
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Offenbarung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, mittels einer Anordnung von Sensoren sowie einer geeigneten Zusammenführung entsprechend erfasster Sensorsignale die Position einer hier betroffenen Kinematik einer Maschine, insbesondere einen genannten TCP, möglichst genau zu bestimmen. Dadurch werden vorteilhaft genannte Assistenz- und/oder Automatisierungsfunktionen ermöglicht. Falls es hierbei aufgrund von nicht änderbaren Randbedingungen zu einer Verringerung der Genauigkeit der TCP-Position in bestimmten Arbeitssituationen kommt, so ist dies zum einen einem Maschinenführer mitzuteilen. Andererseits muss die Maschine weiterhin benutzbar sein, wobei insbesondere auch erforderliche Sicherheitsfunktionen, welche z.B. den Arbeitsbereich der Maschine begrenzen können, bereitgestellt werden müssen.
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Die an sich bekannten Ansätze, bei welchen der TCP anhand der Lage von Kinematik-Elementen über z.B. Inertialsensoren bestimmt werden, sind oftmals ungenau und es besteht keine Möglichkeit, die Genauigkeit mit angemessenem Aufwand zu erhöhen. So kann die Genauigkeit nur anhand von aufwändigen Modellberechnungen, die zudem vor ihrer Anwendung mit tatsächlich vorliegenden Positionsdaten abgeglichen werden müssen, erhöht werden. Dabei sind zusätzliche Signale, z.B. Druckwerte einzelner Hydraulikzylinder und/oder Fahrgeschwindigkeiten der Maschine und/oder Drehzahlen eines genannten Oberwagens, zu erfassen und auszuwerten. Ein solcher Ansatz ist daher mit erheblichen Kosten verbunden und bedarf zudem einer genauen Anpassung eines zugrunde liegenden Modells bzw. entsprechender Modellparameter an die jeweilige Maschine.
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Die Erfindung schlägt ein Verfahren sowie eine Vorrichtung bzw. Sensoranordnung zur direkten Messung des TCP in Bezug auf einen Oberwagen oder dergleichen einer hier betroffenen Maschine vor, wobei insbesondere Zusammenführung von mit einer indirekten, zuverlässigen Messmethode sowie mit einer direkten Messmethode erfassten Positionsdaten vorgesehen ist.
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Dadurch wird eine erhebliche Verbesserung der Genauigkeit bei der TCP-Ermittlung ermöglicht. Das Verfahren umfasst zudem insbesondere eine gegenüber der genannten, zuverlässigen Messmethode weniger genaue Rückfallebene, welche z.B. mittels Inertialsensoren bereitgestellt wird. Diese Rückfallebene wird in Arbeits- bzw. Betriebssituationen der Maschine bereitgestellt, in denen genannte Sensoren zur direkten Messung des TCP anhand von Abstands- und/oder Winkelmessungen in Bezug auf den Oberwagen oder dergleichen nicht funktionieren.
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Bei dem vorgeschlagenen Verfahren zur Positionsbestimmung einer hier betroffenen Kinematik einer Maschine, insbesondere einer hydraulischen Maschine oder einer mobilen hydraulischen Arbeitsmaschine, wobei die Kinematik gegenüber einem die Positionsbestimmung durchführenden Maschinenbereich peripher angeordnet ist, und wobei es zu Betriebssituationen der Maschine kommt, in denen zwischen der Kinematik und dem die Positionsbestimmung durchführenden Maschinenbereich keine signaltechnische Verbindung möglich ist, ist insbesondere vorgesehen, dass die Position der Kinematik anhand eines von dem die Positionsbestimmung durchführenden Maschinenbereich durchgeführten direkten signaltechnischen Messverfahrens ermittelt wird, dass die Position der Kinematik in Betriebssituationen der Maschine, in denen keine signaltechnische Verbindung möglich ist, anhand eines indirekten Messverfahrens ermittelt wird, wobei anhand des direkten Messverfahrens und anhand des indirekten Messverfahrens ermittelte Positionsdaten zur Positionsbestimmung der Kinematik gemeinsam ausgewertet werden.
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Als genannte Rückfallebene kann die TCP-Bestimmung mittels an Armteilen einer hier betroffenen Maschine oder die Zylinderlage erfassenden Inertialsensoren erfolgen. Die entsprechende Genauigkeit kann über einen Abgleich zwischen einem mit einer inversen Kinematik berechneten TCP und einem direkt von z.B. einem Baggeroberwagen aus gemessenen TCP erhöht werden. Da diese Messverfahren eine direkte Sichtlinie zwischen dem jeweiligen Sensor auf dem Oberwagen und dem TCP erfordern, sind sie nicht permanent einsetzbar. In Zeiträumen, in denen eine direkte Messung nicht verfügbar ist, wird der TCP daher anhand eines Modells der Kinematik und den von den Initialsensoren gelieferten Daten berechnet.
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Auch kann vorgesehen sein, dass anhand von mit Drucksensoren und/oder mit genannten Inertial- oder Zylinderpositionssensoren erfassten „groben“ Positionsdaten von Armelementen die momentane mechanische Belastung auf den Arm bzw. auf die Armelemente berechnet wird. Wird nun während eines vorliegenden Sichtkontakts zwischen dem jeweiligen Sensor auf dem Oberwagen und dem TCP ein Abgleich zwischen der z.B. über Peilsender erfassten tatsächlichen Position und den über genannte Inertialsensoren und/oder über an hydraulischen Zylindern angeordnete Drucksensoren modellierten Position durchgeführt, kann dadurch die Güte der Modellierung erheblich verbessert werden. Dadurch sind höhere Positionsgenauigkeiten möglich, auch wenn kein Sichtkontakt besteht. Es ist anzumerken, dass genannte Zylinderdruckdaten bei elektronifizierten, hydraulischen Systemen meist bereits als Messwerte zur Verfügung stehen.
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Das indirekte Messverfahren kann anhand von an der Kinematik angeordneten Sensoren durchgeführt werden, welche durch wenigstens einen an der Kinematik angeordneten Inertialsensor, Linearpositionsgeber an einer Linearachse und/oder einem Winkelpositionsgeber realisiert werden können. Die bei dem indirekten Messverfahren gewonnenen Daten können auf der Grundlage einer Modellrechnung ausgewertet werden, wobei ein anhand der Modellrechnung ermittelter Schätzwert der Position der Kinematik mit einem direkt gemessenen Positionswert verglichen wird und ein bei der Modellrechnung zugrunde gelegtes kinematisches Modell anhand eines sich bei dem Vergleich ergebenden Differenzwertes der Position der Kinematik angepasst bzw. optimiert werden kann. Bei der Modellrechnung können zudem im Betrieb der Maschine auftretende, mechanische Belastungen der Kinematik bzw. von Teilen der Kinematik berücksichtigt werden.
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Das direkte Messverfahren kann mittels wenigstens eines hochfrequenten Signalgebers bzw. Signalempfängers und/oder mittels wenigstens einer optischen Kamera und/oder mittels wenigstens eines Laserentfernungsmessers und/oder mittels wenigstens eines Ultraschallsensors durchgeführt werden.
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Die Vorrichtung umfasst eine Signaltechnik zur direkten Erfassung der Position der Kinematik, eine Sensortechnik zur indirekten Ermittlung der Position der Kinematik sowie Rechenmittel zur gemeinsamen Auswertung der direkt erfassten und indirekt ermittelten Positionsdaten. Die direkte Erfassung der Position der Kinematik kann mittels wenigstens eines hochfrequenten Signalgebers bzw. Signalempfängers und/oder mittels wenigstens einer optischen Kamera und/oder mittels wenigstens eines Laserentfernungsmessers und/oder mittels wenigstens eines Ultraschallsensors erfolgen. Die indirekte Ermittlung der Position der Kinematik kann mittels wenigstens eines an der Kinematik angeordneten hydraulischen Druckgebers und/oder wenigstens eines hydraulischen Linearpositionsgebers und/oder wenigstens eines hydraulischen Winkelpositionsgebers und/oder wenigstens eines Inertialsensors (Beschleunigungssensor und/oder Gyrometer) erfolgen.
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Die Erfindung ermöglicht vorteilhaft die Erhöhung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei der Positionsbestimmung von Kinematiken bevorzugt mobiler Arbeitsmaschinen, insbesondere bei der TCP-Bestimmung dort angeordneter Werkzeuge. Die genannte Rückfallebene ermöglicht eine ebenfalls verbesserte Messgenauigkeit auch bei Nichtvorliegen eines direkten Sichtkontakts zwischen einem genannten Oberwagen und dem TCP.[PN1]
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Die Erfindung kann insbesondere bei bzw. in einer mobilen Baumaschine, z.B. einem Schaufelbagger oder Bau-/Ladekran zum Einsatz kommen. Es ist anzumerken, dass die Bestimmung des TCP die Grundlage nahezu jedes Assistenzsystems für Maschinen mit Manipulator-Kinematik, z.B. für Bagger, Telehandler, Forstmaschinen, Baukräne oder LKW-Ladekrane, darstellt. Zudem ermöglicht die genaue Kenntnis des TCP eine präzise Begrenzung des Arbeitsbereichs der Maschine sowie ein genaues Protokollieren des Baufortschritts insbesondere bei einem automatischen bzw. teilautomatischen Betrieb der Maschine.
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Das Computerprogramm ist eingerichtet, jeden Schritt des Verfahrens durchzuführen, insbesondere wenn es auf einem Rechengerät oder einem Steuergerät abläuft. Es ermöglicht die Implementierung des Verfahrens auf einem elektronischen Steuergerät, ohne an diesem bauliche Veränderungen vornehmen zu müssen. Hierzu ist der maschinenlesbare Datenträger vorgesehen, auf welchem das Computerprogramm gespeichert ist. Durch Aufspielen des Computerprogramms auf ein elektronisches Steuergerät wird das elektronische Steuergerät erhalten, welches eingerichtet ist, um eine hier betroffene Maschine mittels des Verfahrens zu steuern.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweiligen angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Figurenliste
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- 1 zeigt am Beispiel eines schematisch dargestellten Schaufelbaggers mögliche Ursachen für Ungenauigkeiten bei einer gemäß dem Stand der Technik erfolgenden Bestimmung eines genannten TCP.
- 2a zeigt eine der 1 entsprechende Darstellung eines zur Bestimmung des TCP erfindungsgemäß an einem Oberwagen mit drei ortsfest angeordneten Peilsendern ausgestatteten Baggers.
- 2b zeigt schematisch eine erfindungsgemäße Auswertung von in 2a gezeigten Peilsendern ausgesendeten Signalen.
- 3 zeigt eine den vorherigen Figuren entsprechende Darstellung eines Baggers mit einer zur Bestimmung des TCP erfindungsgemäß an dem Oberwagen ortsfest angeordneten Kamera.
- 4 zeigt eine den vorherigen Figuren entsprechende Darstellung eines Baggers mit einer zur Bestimmung des TCP erfindungsgemäß vorgesehenen, laserbasierten Abstandsmessung.
- 5 zeigt ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. einer entsprechenden Logik bzw. Schaltungsanordnung zur Bestimmung des TCP, und zwar anhand eines Flussdiagramms.
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Beschreibung von Ausführungsbeispielen
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1 zeigt schematisch einen seitlichen Schnitt durch einen Schaufelbagger zur Illustration möglicher Ursachen für Ungenauigkeiten bei der Bestimmung eines genannten TCP („Tool Center Point“) mittels von an Teilen eines Baggerarms angeordneten Wegsensoren hydraulischer Zylinder.
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Der Schaufelbagger umfasst einen Unterwagen 100 sowie einen an dem Unterwagen 100 über eine Drehverbindung 103 drehbar gelagerten Oberwagen 105. An dem Oberwagen 105 ist der Baggerarm angeordnet, und zwar mit einem ersten Gelenkarm 110, einem daran angeordneten zweiten Gelenkarm 115 sowie einen wiederum daran angeordneten dritten Gelenkarm 120. An dem dritten Gelenkarm 120 befindet sich eine Schaufel 125, in deren oberen Bereich der TCP 127 angeordnet ist. Der erste Gelenkarm 110 ist über ein erstes Verbindungsstück 130 schwenkbar an dem Oberwagen 105 angeordnet und über ein zweites Verbindungsstück 135 wiederum mit dem zweiten Gelenkarm 115 schwenkbar verbunden. Entsprechend sind der dritte Gelenkarm 120 sowie die Schaufel 125 über entsprechende Verbindungsstücke 137, 138 schwenkbar verbunden.
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Im Betrieb des Schaufelbaggers sind die Gelenkarme 110, 115, 120 nicht völlig verwindungssteif und die Verbindungsstücke 130, 135, 137, 138 weisen Gelenkspiel auf, so dass es zu nicht vorhersehbaren Ungenauigkeiten bzw. Toleranzen bei der Position der Schaufel 125 und insbesondere des TCP 127 kommt. Zudem werden die Gelenkarme 110, 115, 120 sowie die Schaufel 125 hydraulisch mittels Hydraulikzylindern 140, 155, 170, 185 betrieben, wobei es an deren Verbindungstücken 145, 150, 160, 165, 175, 180, 190, 195 ebenfalls zu Gelenkspiel und damit zu weiteren Ungenauigkeiten bzw. Toleranzen bei der Positionsbestimmung des TCP 127 kommt.
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Im Folgenden werden zunächst einige Ausführungsbeispiele einer erfindungsgemäßen Vorrichtung beschrieben, mit denen die relative Position des TCP 127 in Bezug auf einen Oberwagen 105 eines in 1 gezeigten Schaufelbaggers direkt gemessen werden kann.
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Bei dem in 2a gezeigten ersten Ausführungsbeispiel sind an dem Oberwagen 105 drei Peilsender 230, 235, 240 ortsfest angeordnet, anhand derer die genaue räumliche Position des TCP 127 ermittelt bzw. bestimmt werden kann. Zudem sind an den Gelenkarmen 110, 115, 120 sowie der Schaufel 125 jeweils Inertialsensoren 210, 215, 220, 225 angeordnet, mittels derer eine genannte Rückfallebene in Arbeits- bzw. Betriebssituationen der Maschine bereitgestellt wird, in denen eine direkte Messung des TCP 127 anhand von Abstands- und/oder Winkelmessungen nicht möglich ist. Die genaue, momentane Position des Oberwagens 105 kann mittels eines üblichen GPS-Empfängers 205 ermittelt werden.
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Die Peilsender 230, 235, 240 senden zu definierten Zeiten synchronisiert hochfrequente Pulse 232, 237, 242 gleicher Frequenz und Dauer aus, welche von einem am TCP 127 angeordneten (Peil-) Empfänger 245 empfangen und ausgewertet werden. Anhand des Empfangszeitpunkts, d.h. der relativen Zeitdauer 233, 238, 243 zwischen dem Eintreffen der drei Pulse 232, 237, 242 am Empfänger 245, ordnet der Empfänger 245 die Pulse den drei Peilsendern 230, 235, 240 zu. Alternativ dazu können auch verschiedene Pulsfrequenzen oder auf ein Trägersignal aufmodulierte Informationen verwendet werden, um die Signale 232, 237, 242 der drei Peilsender 230, 235, 240 unterscheiden zu können.
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Anhand der Empfangszeitpunkte der eintreffenden drei Peilsendersignale und anhand des an sich bekannten ortsfesten Abstandes zwischen den drei Peilsendern kann eine z.B. an dem TCP 127 angeordnete Auswerteschaltung bzw. -logik die relative Lage des TCP 127 zu den Peilsendern 230, 235, 240 und somit relativ zum Oberwagen 105 bestimmen. Es werden gleichzeitig von allen drei Sendern hochfrequente Pulse, welche über die Pulsfrequenz, Pulslänge oder Modulation eindeutig identifizierbar bzw. als von dem Peilsender 230, 235, 240 kommend erkennbar sind, ausgesendet.
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Gemäß dem in 2b schematisch gezeigten Signalverlauf misst der Peilempfänger 245 die Unterschiede in den Ankunftszeiten der drei Pulse 232, 237, 242 dadurch, dass beim Eintreffen 238 des ersten Pulses, vorliegend des am nächsten zum Empfänger 245 ausgesandten Pulses 237, ein hochpräziser Zähler gestartet wird. Der Zählerstand des Zählers wird beim Eintreffen 243 des zweiten Pulses 242 und beim Eintreffen 233 des dritten Pulses 232 ausgelesen. Nach dem Eintreffen des dritten Pulses 232 wird der Zähler zurückgesetzt und wartet auf die das erneute Eintreffen 233, 238, 243 eines genannten Pulstrippeis 232, 237, 242. Für die Auswertung der empfangenen Signale ist es wichtig, dass die drei Sender 230, 235, 240 ihre jeweiligen Pulse (zeitlich) synchron absenden und dass die genannte Auswerteschaltung die zu erwartende Zeitverzögerung in der Aussendung zwischen den einzelnen Peilsendern 230, 235, 240 präzise kennt. Die genannten Unterschiede in den Ankunftszeiten werden bevorzugt folgendermaßen ausgewertet:
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Unter der Annahme, dass das erste am Empfänger 245 eintreffende 233 Signal 232 vom Peilsender 230 kommt, befindet sich der nahe am Empfänger 245 angeordnete, in 2a gezeigte TCP 127 über der halben Distanz zwischen den Peilsendern 230 und 235, d.h. oberhalb der oberen gestrichelten Linie 250. Falls das erste Signal vom Peilsender 235 kommt, so befindet sich der TCP 127 unterhalb der halben Distanz zwischen dem Peilsender 230 und 235 und oberhalb der halben Distanz zwischen dem Peilsender 235 und 240, d.h. zwischen den beiden gestrichelten Linien 250 und 255. Falls das Signal von Peilsender 240 zuerst ankommt, so befindet sich der TCP 127 unterhalb der halben Distanz zwischen dem Peilsender 235 und 240, d.h. unterhalb der unteren gestrichelten Linie 255.
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Die genaue Position kann in an sich bekannter Weise mittels trigonometrischer Funktionen, und zwar anhand der erfassten Zeitunterschiede zwischen den einzelnen Peilsignalen, ermittelt werden. Falls nur zwei Peilsignale empfangen werden, so ist ein Sender abgeschattet oder defekt und es kann keine exakte Positionsbestimmung des TCP 127 vorgenommen werden.
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Ein weiterer Vorteil des beschriebenen, funktechnischen Ansatzes liegt darin, dass keine hochgenau synchronisierten Uhren zwischen dem TCP 127 und den Peilsendern 230, 235, 240 benötigt werden und dass der TCP-Sensor nur eine relativ einfache Auswerteschaltung erfordert, welche über Antennen mit der Umgebung kommuniziert, einsetzbar ist. Denkbar ist auch eine kabelgebundene Variante oder ein funktechnischer Ansatz mit einer elektrischen Versorgung durch sogenanntes „Energie-Harvesting“, z.B. anhand von Vibrationen, wodurch eine Verkabelung vermieden werden kann. Die genannten Antennen können in einem Plastikgehäuse oder auf einem Deckel eines Metallgehäuses mit Plastik vergossen werden, womit eine sehr robuste und hermetisch dichte Schaltung ohne Steckkontakte nach außen möglich ist. Dies ist vorteilhaft, da der Bereich des TCP 127 im Außeneinsatz des Baggers bzw. der Maschine härtesten Rüttel- bzw. Schüttelbelastungen ausgesetzt ist oder sogar in Wasser eingetaucht wird.
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In einer gegenüber 2a alternativen Ausgestaltung mittels Peilsendern wird nur ein einzelnes Signal von einem an dem TCP 127 angeordneten Sender versendet, welches von drei an dem Oberwagen angeordneten Peilempfängern empfangen wird. Die an den Peilempfängern erfassten Zeitdaten werden, wie beschrieben, ausgewertet. Diese Ausgestaltung erfordert ebenfalls nur eine vereinfachte TCP-Auswerteschaltung, welche nur noch periodisch (hochfrequente) HF-Pulse aussenden muss. Wichtig ist hier allerdings, dass die drei Peilempfänger zeitlich synchronisiert sind, damit die Laufzeitunterschiede präzise ermittelt werden können. Die Funkverbindung funktioniert auch bei Staub, Nebel und Dunkelheit. Ausnahmen sind die Abschattung durch z.B. Wasser und Erde.
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Gemäß einem in 3 gezeigten, zweiten Ausführungsbeispiel wird die Position des TCP 127 direkt über eine optische Abstandsmessung des TCP 127 zum Oberwagen 105, z.B. über eine in 3 dargestellte Kamera 325 mit einem Sichtbereich 327, ermittelt. Hierzu muss der TCP 127 auf dem Kamerabild sicher erkannt werden, was eine eindeutige Kennzeichnung desselben erfordert. Dies kann über erkennbare Marker, z.B. über auf dem TCP 127 angeordnete Scan-Codes, Kugeln oder dergleichen, erfolgen. Mit an sich bekannten Bildverarbeitungsalgorithmen kann der TCP-Marker erkannt und die Distanz zwischen Kamera bzw. Oberwagen 105 und TCP 127 berechnet werden. Die genaue Position des Oberwagens 105 kann wiederum mittels eines oberhalb des Oberwagens 105 angeordneten GPS-Empfängers 305 ermittelt werden. Die Bezugszeichen 308, 310, 315, 320 bezeichnen eine genannte, am gezeigten Baggerarm angeordnete Inertialsensorik.
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Ein Vorteil dieses Ausführungsbeispiels liegt darin, dass die Kamera 325 auch für weitere Zusatzfunktionen, z.B. eine Personenerkennung im Arbeitsbereich oder eine „Augmented-Reality“, eingesetzt werden kann. Ein Nachteil ist allerdings, dass diese Vorgehensweise nur bei „guter Sicht“ von der Kamera 325 zum TCP 300 zuverlässig funktioniert. Zudem ist bei Dunkelheit eine ausreichende Beleuchtung notwendig und bei Verstaubungen oder Verschmutzungen eines genannten Markers kann es zu Ausfällen kommen. Ohne direkten Sichtkontakt, z.B. wenn sich der TCP 127 unter Wasser, in tiefen Gruben oder hinter Spundwänden befindet, oder bei Regen oder Nebel, funktioniert dieser Ansatz ebenfalls nicht bzw. erfordert z.B. bei tief liegenden Arbeitsbereichen bzw. tiefen Gräben den Einsatz zusätzlicher Kameras.
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Bei einem in 4 gezeigten, dritten Ausführungsbeispiel für eine direkte Messung des TCP 127 wird ein Laserentfernungsmesser 430 oder ein Ultraschallsensor eingesetzt. Hierbei muss allerdings der TCP 127 genau erkannt werden, was z.B. einen an dem TCP 127 angeordneten (hier nicht gezeigten) Reflektor erfordert. Ein solcher Reflektor ist jedoch anfällig gegenüber Verschmutzungen, so dass dieses Ausführungsbeispiel bei Staub oder starkem Nebel nur eingeschränkt funktioniert. Bei Ultraschallsensoren wird der TCP 127 anhand der TCP-Geometrie erfasst, was einigen Auswerteaufwand und/oder ein räumlich besser auflösendes Ultraschallsensor-Array erfordert. Auch hier kann genaue Position des Oberwagens 105 mittels eines GPS-Empfängers 405 ermittelt werden. Die Bezugszeichen 410, 415, 420, 425 bezeichnen wiederum eine genannte Inertialsensorik.
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Einen besonderen Aspekt des erfindungsgemäßen Verfahrens stellt die genannte Zusammenführung bzw. Fusion von Sensorsignalen der Inertialsensoren 210, 215, 220, 225 und der durch direkte Messung des TCP 127 erfassten Positionsdaten dar. Dies wird im Folgenden anhand eines in 5 gezeigten Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. einer entsprechenden Logik bzw. Schaltungsanordnung beschrieben.
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Die Position einzelner Armelemente bzw. deren Winkel wird, basierend auf Daten 500, mittels eines Berechnungsalgorithmus' bzw. eines entsprechenden kinematischen Modells berechnet 505. Die Daten 500 werden mit genannten Inertialsensoren 210, 215, 220, 225 erfasst und/oder basieren auf einer erfassten Drehrate des Oberwagens 105. Zusätzlich geht in die Berechnung der an sich bekannte Wert der Erdbeschleunigung ein. Bei der Berechnung erfolgt eine Schätzung des relativ zum Boden als gegeben angenommenen Winkels 507 der Armelemente, und zwar in diesem Ausführungsbeispiel anhand eines selbstlernenden Parameter- und Kennfeldschätzers 510. Alternativ kann dazu auch die Zylinderposition bzw. die Zylinderlänge als Basis für ein entsprechendes kinematisches Modell verwendet werden.
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Der Fokus bei der Zusammenführung 515 der genannten Daten liegt primär auf der Korrektur von Positionsfehlern, welche sich aus Abweichungen des kinematischen Modells vom realen Arbeitsarm ergeben. Gründe hierfür sind z.B. losabhängige Toleranzen in den genannten Armgelenken und/oder lastbedingte Verbiegungen von genannten Armteilen und/oder dynamische Fehler von genannten Inertialsensoren 210, 215, 220, 225. Solche Verbiegungen können z.B. aufgrund von überlagerten Bewegungen in verschiedenen Achsen, welche aus der Drehung des Oberwagen oder aus der Bewegung der Maschine resultieren, hervorgerufen werden. Diese Abweichungen nehmen mit der überlagerten Geschwindigkeit zu und nehmen bei einem erneuten Stillstand der Maschine wieder ab. Falls der Oberwagen relativ zum Unterwagen eines angenommenen Baggers bewegt wird, kann dies zu einer Abweichung zwischen dem tatsächlichen TCP 127 und dem über das kinematische Modell berechneten TCP führen, welche sich bei Abklingen der überlagerten Bewegung ebenfalls wieder verringert. Im Einsatz der Maschine muss der TCP 127 auch bei dynamischen Bewegungen und beliebigen, auf den Arm wirkenden Lasten immer präzise bestimmbar sein. Daher wird der bei der Berechnung 505 sich ergebende Schätzwert 520 des TCP 127 mit einem direkt gemessenen TCP-Wert 530 an einem Verknüpfungspunkt 525 verglichen und der sich ergebende Differenzwert 535 wieder dem Parameter- und Kennfeldschätzer 510 zugeführt, um das kinematische Modell 505 über die Zusammenführung 515 entsprechender Korrekturkennfelder bzw. Korrekturwerte durch entsprechendes Einlernen zu verbessern bzw. zu optimieren.
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Das bei der TCP-Bestimmung zugrunde gelegte Modell kann, basierend auf den Messwerten der Inertialsensoren 210, 215, 220, 225, sowie der an sich bekannten Zylinderdrücke sowie der gemessenen Bewegung des Oberwagens, durch einen Vergleich von auf verschiedenen Arten ermittelten TCP-Werten, mit genannten entsprechend lernenden Algorithmen weiter verbessert werden. Falls die Abweichung zwischen dem mittels der Inertialsensoren 210, 215, 220, 225 berechneten kinematischen Modell und der tatsächlichen Position des TCP 127 bei bestimmten Drücken bzw. Armkräften bekannt ist, dann kann diese Abweichung korrigiert werden. Ebenso kann eine dynamische Abweichung zwischen tatsächlichem TCP 127 und anhand des kinematischen Modells berechnetem TCP-Wert bei verschiedenen Geschwindigkeiten des Oberwagens und verschiedenen Armpositionen bestimmt werden und die Abweichungen somit dynamisch in Abhängigkeit der gemessenen Oberwagenbewegung und Armposition korrigiert werden.
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Die genannten Abweichungen können mittels selbstlernender Algorithmen, Kennfelder oder Berechnungsvorschriften deshalb bei hier betroffenen Maschinen vorteilhaft ermittelt werden, da z.B. ein Bagger ähnliche Bewegungen sehr häufig wiederholend ausführt und die Einflussgrößen daher bekannt sind. Dadurch ist bei einer möglichen bzw. durchführbaren direkten TCP-Bestimmung ein zügiges Einlernen möglich. Falls dann beim späteren Arbeiten unter Wasser oder hinter Spundwänden die direkte TCP-Messung bzw. Regelung auf den TCP 127 nicht mehr möglich ist, so kann mit einem entsprechend verbesserten Modell gearbeitet werden.
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Das beschriebene Verfahren kann in Form eines Steuerprogramms für ein elektronisches Steuergerät zur Steuerung einer hier betroffenen Maschine oder in Form einer oder mehrerer entsprechender elektronischer Steuereinheiten (ECUs) realisiert werden.