-
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Greifvorrichtung und ein Verfahren zum Greifen eines Objektes und insbesondere auf einen flexiblen elektrischen Greifer.
-
Hintergrund
-
In dem Automobilbau wird der Einsatz von Strukturleichtbauteilen (z. B. Faserverbundkunststoffe) verstärkt vorangetrieben, um das Gewicht und den Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge weiter zu reduzieren. Außerdem besteht ein zunehmender Trend hin zu additiven Fertigungen (z.B. durch 3-dimensionalen Druck). Sowohl bei den durch additiver Fertigung hergestellten Bauteilen als auch bei den Strukturleichtbauteilen weicht die Ist-Geometrie der Herstellung häufig erheblich von der Soll-Geometrie ab, wodurch eine spanendende Nachbearbeitung des Werkstückes erforderlich wird. Hierbei ist das Bauteil sicher und verzugsfrei zu fixieren.
-
Aufgrund der häufig auftretenden Dünnwandigkeit der Werkstücke hat jedoch ein Greifer oder Spannsystem dabei insbesondere die folgenden Anforderungen zu erfüllen:
- - Das Werkstück darf sich beim Greifen oder beim Bearbeiten nicht verformen. Dies bedeutet, dass der Greifer sich an die Ist-Geometrie anzupassen hat und daher eine flexible Anpassung der Greifbacken vorhanden sein sollte.
- - Da bei der spanenden Bearbeitung hohe Prozesskräfte auftreten, sind Greifer erforderlich, die diese Prozesskräfte aufnehmen können. Hierbei kommen beispielsweise Kräfte in einem Bereich von 1000 N zur Anwendung.
- - Aufgrund der oftmals komplexen Geometrie der zu spanenden Bauteile sind geringe Baugrößen der Greifer gewünscht. Beispielsweise besteht ein Bedarf nach Greifern in einer Größe von maximal 140 mm × 75 mm × 235 mm, um Objekte zuverlässig und sicher greifen können (z.B. zwischen den Rippen eines zu greifenden Objekts).
- - Für eine bessere Prozesssicherheit ist es außerdem wünschenswert, die Greifkraft mehr oder weniger ständig zu überwachen.
- - Für ein großes Einsatzfeld sollte außerdem die Greifkraft über einen weiten Bereich flexibel einstellbar sein.
-
Konventionelle Greifer, wie sie beispielsweise in der
DE 195 17 345 A1 oder in der
WO 2011/107252 A2 offenbart sind, erfüllen diese Anforderungen nur unzureichend.
-
Daher besteht ein Bedarf nach weiteren Greifvorrichtungen, die den oberen Anforderungen gerecht werden.
-
Zusammenfassung
-
Zumindest ein Teil der obengenannten Probleme wird durch eine Greifvorrichtung nach Anspruch 1 und ein Verfahren nach Anspruch 10 gelöst. Die abhängigen Ansprüche definieren weitere vorteilhafte Ausführungsformen.
-
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf eine Greifvorrichtung zum Greifen eines Greifobjektes, wobei die Greifvorrichtung mit einem elektrisch steuerbaren Antrieb koppelbar ist. Die Greifvorrichtung umfasst: eine erste Greifbacke und eine zweite Greifbacke, die in der Lage sind, das Objekt zu greifen; ein Differentialgetriebe, das eine Antriebskraft von dem elektrischen Antrieb auf die erste Greifbacke und/oder die zweite Greifbacke überträgt, um ein gleichmäßiges beidseitiges Zugreifen des Greifobjektes zu ermöglichen. Das Zugreifen erfolgt positionsflexibel, d.h. unabhängig von der Position des zugreifenden Objektes. Die Greifvorrichtung umfasst außerdem eine Steuereinheit, die ausgebildet ist, den elektrischen Antrieb über ein Pulssignal gepulst anzusteuern und über eine Steuerung eines Tastverhältnisses und/oder einer Pulsstärke des Pulssignals das Greifen des Greifobjektes zu steuern (z.B. um eine Greifkraft oder Geschwindigkeit der Greifbacken zu ändern).
-
Unter einem Differentialgetriebe solle ein Getriebe mit einem Antrieb und zwei Abtrieben verstanden werden, bei dem auf beiden Abtrieben möglichst gleiche Drehmomente abgegeben werden bzw. eine Differenz der an den beiden Abtrieben abgegebenen Drehmomente automatisch minimiert wird. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird dieses Differentialgetriebe dazu genutzt, um das Zugreifen des Objektes mit einer gleichen Kraft von beiden Seiten zu ermöglichen. So wird während des Zugreifens beispielsweise jene Greifbacke, die zuerst Kontakt zu dem Objekt erhält, sich nicht weiterbewegen. Stattdessen wird das gesamte Drehmoment zum Antrieb der Anderen der beiden Greifbacken genutzt, sodass die sich mit einer erhöhten Geschwindigkeit auf das Objekt zubewegt. Erst wenn beide Greifbacken Kontakt zu dem Objekt haben, greifen beide Greifbacken mit einer gleichen Kraft (entsprechend dem gleichen Drehmoment, welches durch das Differentialgetriebe abgegeben wird) das Objekt und halten es symmetrisch.
-
Es versteht sich, dass unter einem Greifen nicht nur ein Zusammenfahren der Greifbacken zu verstehen ist, sondern auch ein Auseinanderfahren der Greifbacken - um beispielsweise ein Rohr von innen greifen zu können. Daher soll unter einem Greifen jede Bewegung verstanden werden, die zu einer Fixierung des Greifobjektes führt.
-
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann die gepulste Ansteuerung durch eine pulsweitenmodellierte- (PWM-) Steuerung umgesetzt werden. Bei der PWM-Steuerung kann das Tastverhältnis und/oder die Pulsstärke (Amplitude eines Pulses) als steuerbare Größen geändert werden, um die Geschwindigkeit beim Zugreifen als auch die aufgebrachte Kraft beim Greifen zu steuern. Das Tastverhältnis (engl. duty cycle) ist das Verhältnis der Einschaltdauer eines gegebenen Pulses und der Periodendauer von zwei aufeinanderfolgenden Pulsen.
-
Optional umfasst die Greifvorrichtung weiter zumindest einen Spindelantrieb, der zwischen dem Differentialgetriebe und der ersten Greifbacke und/oder zwischen dem Differentialgetriebe und der zweiten Greifbacke angeordnet ist, um eine Drehbewegung von zumindest einem Abtrieb des Differentialgetriebes in eine Linearbewegung der ersten Greifbacke und/oder der zweiten Greifbacke umzuwandeln. Der Spindelantrieb setzt somit die Drehbewegung und das wirkende Drehmoment, welches von dem Differentialgetriebe abgegeben wird, in eine Linearbewegung und dementsprechend in eine lineare Kraft um, die auf die erste Greifbacke und/oder die zweite Greifbacke wirkt.
-
Optional umfasst die Greifvorrichtung weiter zumindest einen Kraftsensor zum Ermitteln eines von dem elektrischen Antrieb übertragenen Drehmomentes, wobei der Kraftsensor ausgebildet ist, um ein Sensorsignal der Steuereinheit zur Verfügung zu stellen, und die Steuereinheit ausgebildet ist, um basierend auf dem Sensorsignal einen Greifzeitpunkt für ein beidseitiges Zugreifen der ersten Greifbacke und der zweiten Greifbacke an dem Greifobjekt festzustellen. Basierend darauf kann die Ansteuerung geändert werden.
-
Da das von dem Differentialgetriebe abgegebene Drehmoment der Zugreifkraft entspricht, kann die Kraft durch den Kraftsensor an verschiedenen Stellen der Greifvorrichtung gemessen werden. Beispielsweise kann der Kraftsensor in einer der beiden Greifbacken vorgesehen sein (z.B. in oder an der Greiffläche von einer der Greifbacken). Es ist ebenfalls möglich, den Kraftsensor an der Übergangsstelle zwischen der jeweiligen Greifbacke und dem Spindelantrieb anzuordnen, um kleinste Deformationen zu messen, die proportional sind zu der wirkenden Kraft.
-
Optional ist die Steuereinheit ausgebildet, um vor dem Greifzeitpunkt des beidseitigen Zugreifens den elektrischen Antrieb mit einer anderen Pulsstärke und/oder einem anderen Tastverhältnis anzusteuern als nach dem Greifzeitpunkt. Die Steuereinheit kann beispielsweise ausgebildet sein, um durch eine Änderung des Tastverhältnisses und/oder der Pulsstärke zumindest eine der folgenden Bedingungen zu erreichen:
- - eine Mindestgeschwindigkeit der ersten Greifbacke und/oder der zweiten Greifbacke vor dem Greifzeitpunkt;
- - eine Mindestzugreifkraft nach dem Greifzeitpunkt;
- - eine Begrenzung der Greifkraft nach dem Greifzeitpunkt (z.B. sollte eine Maximalgreifkraft nicht überschritten werden)
- - Verhindern einer Deformation des Greifobjektes nach dem Zugreifen (nach dem Zugreifen sollte keine weitere lineare Bewegung ausgeführt werden; dazu kann ein Drehsensor am elektrischen Antrieb vorgesehen sein).
-
Optional ist die Steuereinheit weiter ausgebildet, um das Greifobjektes zu einem Lösezeitpunkt loszulassen oder das Greifen zu lösen (die Greifkraft zu verringern) und nach dem Lösezeitpunkt das Tastverhältnis und/oder die Pulsstärke zu ändern oder ein durch das Differentialgetriebe übertragenes Drehmoment umzukehren. Das Tastverhältnis kann beispielsweise erhöht und die Pulsstärke kann verringert werden.
-
Optional ist die Steuereinheit ausgebildet, um als Pulssignal ein Stromsignal zu erzeugen, sodass der elektrische Antrieb über eine gepulste Stromstärke angesteuert wird (z.B. basierend auf dem Tastverhältnis und/oder der Pulsstärke).
-
Optional kann die erste Greifbacke und/oder die zweite Greifbacke oder eine Kombination aus beiden Greifbacken drehbar gelagert sein. Die drehbare Lagerung kann eine freie Drehung in einem vorbestimmten Winkelbereich von maximal +/-10° erlauben und/oder beim Aufbauen einer Mindestgreifkraft die freie Drehung unterdrücken.
-
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auch auf ein Verfahren zum Greifen eines Greifobjektes mittels eines elektrisch steuerbaren Antriebs. Das Verfahren umfasst die Schritte: gepulstes Ansteuern des Antriebs über ein Pulssignal; und Ändern eines Tastverhältnisses und/oder einer Pulsstärke des Pulssignals, um das Greifen des Greifobjektes zu steuern.
-
Dieses Verfahren oder zumindest Teile davon kann/können ebenfalls in Form von Anweisungen in Software oder auf einem Computerprogrammprodukt implementiert oder gespeichert sein, wobei gespeicherte Anweisungen in der Lage sind, die Schritte nach dem Verfahren auszuführen, wenn das Verfahren auf einem Prozessor läuft. Daher bezieht sich die vorliegende Erfindung ebenfalls auf ein Computerprogrammprodukt mit darauf gespeichertem Software-Code (Softwareanweisungen), der ausgebildet ist, um eines der zuvor beschriebenen Verfahren auszuführen, wenn der Software-Code durch eine Verarbeitungseinheit ausgeführt wird. Die Verarbeitungseinheit kann jede Form von Computer oder Steuereinheit sein, die einen entsprechenden Mikroprozessor aufweist, der einen Software-Code ausführen kann.
-
Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung bieten insbesondere die folgenden Vorteile:
- - Die genutzte elektrische Energiequelle ermöglicht eine flexible und genaue Ansteuerung der Greifvorrichtung.
- - Das genutzte Differentialgetriebe ermöglicht eine Positionsflexibilität (die genaue Form und Gestalt des Objektes und die Lage müssen nicht genau bekannt sein).
- - Die Greifvorrichtung erlaubt eine hohe Greifkraft von bis zu oder mehr als 1000 N.
- - Die Greifvorrichtung erlaubt eine einfache Steuerung über den gepulsten Betrieb (es kann, braucht aber keine Regelung vorgesehen sein).
- - Die Greifvorrichtung ist erweiterbar und kann eine Überwachung der Kraft sicherstellen.
- - Auch Objekte mit kleinen Abmessungen können zuverlässig gegriffen werden.
- - Die möglichen kleinen Greifer mit Differentialgetriebe können insbesondere unter schwierigen Platzverhältnissen und im Verbund eingesetzt werden.
- - Mehrere Greifer können ein großes Bauteil an unterschiedlichen Stellen Greifen, ohne dass es infolge von Toleranzen zur Verformung des Bauteils kommt.
- - Es erfolgt keine Verformung der Bauteile (Greifobjekte) beim Zuspannen.
- - Günstige Zusatzkomponenten können leicht installiert werden.
- - Durch die geringe Größe und die hohe Zuspannkraft ist die Greifvorrichtung vielseitig einsetzbar.
- - Die Greifvorrichtung verbraucht nur sehr wenig Energie (da eine einmal aufgebrachte Greifkraft durch eine entsprechende Arretierung aufrechterhalten werden kann).
- - Es ist keine weitere externe Peripherie erforderlich, wie beispielsweise eine Hydraulik oder Pneumatik.
- - Es erlaubt nur kurze Rüstzeiten.
- - Eine vollständige Automatisierung ist ebenfalls möglich.
-
Figurenliste
-
Die Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden besser verstanden anhand der folgenden detaillierten Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen der unterschiedlichen Ausführungsbeispiele, die jedoch nicht so verstanden werden sollten, dass sie die Offenbarung auf die spezifischen Ausführungsformen einschränken, sondern lediglich der Erklärung und dem Verständnis dienen.
- 1 zeigt eine Greifvorrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
- 2A, 2B zeigen weitere Details des Differentialgetriebes und weitere optionale Komponenten in der Greifvorrichtung.
- 3 zeigt eine mögliche Ansteuerung des elektrischen Antriebes über den Motorstrom in Abhängigkeit der Zeit und die daraus resultierende Greifkraft.
- 4 zeigt eine Ansteuerung des elektrischen Motors gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
- 5 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel für eine Änderung des Tastverhältnisses während des Zugreifens.
-
Detaillierte Beschreibung
-
1 zeigt eine Greifvorrichtung zum Greifen eines Greifobjektes (z.B. ein Werkstück), die mit einem elektrisch steuerbaren Antrieb 50 koppelbar ist. Die Greifvorrichtung umfasst ein Differentialgetriebe 130, eine Steuereinheit 140, eine erste Greifbacke 110 und eine zweite Greifbacke 120, die in der Lage sind, das Greifobjekt zu greifen. Das Differentialgetriebe 130 überträgt eine Antriebskraft von dem elektrischen Antrieb 50 auf die erste Greifbacke 110 und/oder die zweite Greifbacke 120, um ein gleichmäßiges beidseitiges Zugreifen des Greifobjektes zu ermöglichen. Die Steuereinheit 140 ist ausgebildet, um den elektrischen Antrieb über ein Pulssignal gepulst anzusteuern und über eine Steuerung eines Tastverhältnisses und/oder einer Pulsstärke des Pulssignals das Greifen des Greifobjektes zu steuern.
-
Um beispielsweise den Zeitpunkt des Zugreifens zu ermitteln, kann die Greifvorrichtung weiter zumindest einen Kraftsensor aufweisen (nicht in der 1 zu sehen), der eine von dem elektrischen Antrieb 50 ausgebübte Kraft (z.B. über eine Dehnungsmessung) ermittelt. Der Kraftsensor stellt ein Sensorsignal (abhängig von der Greifkraft) der Steuereinheit 140 zur Verfügung, sodass die Steuereinheit 140 basierend auf dem Sensorsignal den Greifzeitpunkt für das beidseitige Zugreifen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120 an dem Greifobjekt feststellen und Ansteuerung ändern kann.
-
2A, 2B zeigen weitere Details des Differentialgetriebes 130 und weitere optionale Komponenten in der Greifvorrichtung.
-
2A zeigt eine Querschnittsansicht durch das Differentialgetriebe 130 senkrecht zur Kraftwirkung zwischen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120. Das Differentialgetriebe 130 wird über eine Antriebswelle 250 angetrieben, die mit dem elektrischen Antrieb 50 verbunden ist (der elektrischer Motor ist in der 2A nicht zu sehen). Der Antrieb erfolgt über einen Außenkranz 131, der wiederum mit den Ausgleichrädern des Differentialgetriebes 130 verbunden ist. Die beiden Abtriebe erfolgen senkrecht zur Zeichenebene.
-
Die 2B zeigt eine Querschnittsansicht der Greifvorrichtung in der Ebene, in der die Richtung der Greifkraft zwischen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120 liegt. Wie die 2B zeigt, ist das Differentialgetriebe 130 zentral ausgebildet, wobei zum Beispiel ein erster Abtrieb 151 und ein zweiter Abtrieb 152 jeweils als eine Spindelwelle mit einem Außengewinde ausgebildet sind. Die Außengewinde der Spindelwellen 151, 152 greifen in ein Innengewinde entsprechender Halterungen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120 ein, sodass Drehbewegungen der ersten Spindelwelle 151 und der zweiten Spindelwelle 152 in entsprechende Linearbewegungen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120 umgesetzt werden. Durch die Spindelwellen 151,152 werden außerdem die Drehmomente, die von dem Differentialgetriebe 130 abgegeben werden, in Linearbewegungen der ersten Greifbacke 110 und der zweiten Greifbacke 120 bzw. der entsprechenden Zuspannkraft umgesetzt.
-
Im Rahmen der vorliegenden Greifvorrichtung können Differentialgetriebe 130 genutzt werden, die im Automobilbereich bekannt sind, wo sie sicherstellen, dass ein Fahrzeug mit beiden Antriebsrädern möglichst gleichmäßig angetrieben wird, und zwar unabhängig davon, ob das Fahrzeug eine Kurvenfahrt vollführt oder nicht. Die Greifvorrichtung gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung nutzt solche Differentialgetriebe jedoch für ein positionsflexibles Greifen. Demgemäß wird das Antriebsmoment gleichmäßig auf die Spindeltriebe 151,152 verteilt, die die Greifbacken 110, 120 bewegen. Stößt eine der Greifbacken 110,120 vor der anderen an das Werkstück (Greifobjekt) an, wäre anschließend für eine weitere Bewegung ein wesentlich höheres Drehmoment erforderlich als für die Bewegung der noch freien Greifbacke. In diesem Fall beginnen sich die Ausgleichsräder im Inneren des Differentialgetriebes 130 zu drehen und jene Greifbacke mit dem Werkstückkontakt erfährt eine entsprechend geringere Kraft, die proportional ist zu der Reibung im Getriebe und der Axialführung der sich bewegenden Greifbacken 110, 120.
-
Um den Bauraumbedarf des Differentialgetriebes 130 so gering wie möglich zu halten, kann beispielsweise ein Spindelantrieb 151, 152 mit einer geringen Steigung vorgesehen sein. Dadurch sinkt das maximale Drehmoment, das von den Kegelrädern und allen Komponenten davor (Motor, Stirnradgetriebe, etc.) zu übertragen ist, und die Kegelräder können entsprechend klein dimensioniert werden. Außerdem tritt eine Selbsthemmung auf, wodurch eine sichere Klemmung auch im stromlosen Zustand gewährleistet ist. Infolge der Selbsthemmung bleibt eine Greifkraft selbst dann aufrechterhalten oder ändert sich nur langsam, wenn der Antrieb abgeschaltet wird und kein Drehmoment aufbringt.
-
Gemäß Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung wird die Selbsthemmung ausgenutzt, indem zur Ansteuerung der Greifbewegung ein pulsweitenmodulierter Betrieb genutzt wird.
-
3 zeigt eine mögliche Ansteuerung des elektrischen Antriebes über den Motorstrom I in Abhängigkeit der Zeit t und die resultierende Greifkraft F. Zum Zeitpunkt t1 erfolgt das beidseitige Zugreifen der Greifbacken 110, 120 an dem Greifobjekt und zum Zeitpunkt t2 erfolgt das Lösen. Auf der linken Seite in der 3 ist der Motorstrom I und auf der rechten Seite die resultierende Greifkraft F gezeigt.
-
Vor dem Zugreifzeitpunkt t1 erfolgt die Ansteuerung des elektrischen Antriebes mit einer Stromstärke I1. Zum Zugreifzeitpunkt t1 wird der Motorstrom erhöht auf einen Normstrom IN . Dieser Normstrom bleibt während des Greifens zwischen der Zeit t1 und t2 erhalten. Zum Lösezeitpunkt t2 wird der Motorstrom IN wieder abgesenkt auf den Strom I1, wobei jetzt der Motor in einer entgegengesetzten Richtung sich bewegen kann, um das Lösen der Greifbacken zu bewirken. Dazu kann beispielsweise die Stromrichtung umgekehrt werden, sodass der gezeigte Strom I in der 3 der Absolutbetrag des Stromes I dann wäre. Alternativ kann die Lösebewegung der Greifbacken 110, 120 auch durch ein entsprechendes Umschalten im Getriebe erreicht werden.
-
Allgemein gilt für die verbrauchte elektrische Leistung
P bei einer elektrischen Spannung
U während des Haltens:
und für das resultierende Drehmoment:
wobei k eine Maschinenkonstante ist, die z.B. von der Betriebsspannung
U abhängt. Somit ist der Strom
IN , der durch den Elektromotor fließt, direkt proportional zu der durch das Drehmoment
MN bewirkten Greifkraft
FG . Diese Greifkraft hat bis zum Zeitpunkt
t1 einen Wert von Null. Zum Greifzeitpunkt
t1 erhöht sich die Kraft auf die Greifkraft
FG , die während des Greifzeitraumes zwischen
t1 und
t2 aufrechterhalten bleibt und zum Lösezeitpunkt
t2 wieder verschwindet (einen Wert von Null aufweist).
-
Die Prozessführung kann in 6 Schritte unterteilt werden. Im ersten Schritt „1“ (Anfahren) bewegen sich die Greifbacken 110, 120 in Richtung des Greifobjektes bis sie es umschließen (Schritt „2“). Durch das Greifobjekt wird die translatorische Bewegung der Greifbacken 110, 120 verhindert und somit wird die Greifkraft FG aufgebaut (im Schritt „3“). Nachdem die maximale Greifkraft FG erreicht ist, bleibt sie solange aufrechterhalten, wie es zur Bearbeitung des beispielhaften Werkstückes erforderlich ist (Abschnitt „4“). Im Anschluss wird die Greifkraft gelöst (im Schritt „5“) und der Greifer geöffnet (Abschnitt „6“).
-
Gemäß Glg. (1) und (2) hängt die Greifkraft von dem Motormoment (Drehmoment) M und das Motormoment M hängt wiederum von dem Motorstrom I ab. Allerdings nimmt auch die Temperatur im Motor mit der Zunahme des Motorstromes deutlich zu. Dies führt häufig zu einem erhöhten Verschleiß oder zu einem übermäßigen Stromverbrauch - insbesondere bei längeren Haltezeiten. Daher sind zumindest für einige Anwendungen andere Ansteuerungen wünschenswert.
-
4 zeigt eine gepulste Ansteuerung des elektrischen Antriebs gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung, wobei die Steuerung des Greifens über der Pulsstärke geschieht.
-
Vor dem Zugreifzeitpunkt t1 erfolgt die Ansteuerung des Motors über Pulse S1, S2, S3, die eine Pulsstärke (Amplitude) I1 < IN aufweisen. Während des Zugreifens zwischen t1 und t2 weisen die Pulse S4, ..., S7 eine Pulsstärke von I2 = 2 × IN auf. Dieser Wert der Stromstärke kann beispielsweise derart gewählt werden, dass eine gewünschte Zugreifkraft FG2 erreicht wird. Nach dem Lösezeitpunkt t2 wird die Stromstärke für die folgenden Pulse S8, ..., S10 wieder abgesenkt und kann einen gleichen Wert aufweisen (evtl. mit einem entgegengesetzten Vorzeichen) wie vor dem Zugreifzeitpunkt t1.
-
Alle in der 4 gezeigten Pulse S1, S2, ... S10 weisen beispielhaft eine gleiche Einschaltdauer tein auf, wobei optional die Einschaltdauer auf variiert werden können, z.B. um die Geschwindigkeit der Bewegung der Greifbacken 110, 120 zu ändern oder um eine ausreichende Greifkraft während des Greifens aufrechtzuerhalten. Daher kann mit der Pulsstärkenmodulation aus der 4 die Zugreifkraft und/oder die Geschwindigkeit vor/nach dem Zugreifen für die Greifbacken entsprechend den Erfordernissen eingestellt werden.
-
Die Regelung des Antriebes mit dieser Pulsweitenmodulation begrenzt die oben erwähnte Temperaturzunahme im Motor deutlich. Abgesehen von der Stromstärke oder Stromhöhe, hängt die Erwärmung des Motors vom Tastverhältnis p ab, welches definiert ist durch:
wobei t
ein die Einschaltdauer und t
ein + t
aus die Periodendauer (Gesamtdauer) ist. Wie die Berechnungen unten zeigen, nimmt die Motortemperatur bei einem kleinen Tastverhältnis nur langsam zu.
-
Da die Greifvorrichtung außerdem eine Selbsthemmung (Blockiermechanismus) aufweisen kann (z. B. durch den Spindelantrieb
150), wird eine einmal aufgewendete Greifkraft
FG2 zunächst beibehalten. Daher kann der Motor im Pulsbetrieb kurzzeitig abgeschaltet werden und die Zugreifkraft
FG2 bleibt erhalten. Die Zugreifkraft kann unter Nutzung folgenden Gleichungen ermittelt werden. Der Strom und die Spannung nach dem Zugreifen können definiert werden als:
-
Analog kann die Leistung mit dem Tastverhältnis p aus Glg. (3) geschrieben werden als:
sodass wegen der Glg. (4) ergibt:
wobei p= 0,2 beispielhaft angenommen wurde. Das Drehmoment (Greifkraft) ergibt sich dann als:
wobei k
m wieder eine Motorkonstante ist. Im Vergleich zur Ansteuerung aus der
3 (siehe Gleichungen (1) und (2)) kann somit ein höheres Drehmoment (höhere Greifkraft) erzielt werden. Außerdem verringert sich die aufgenommen Leistung
P2 und dadurch die erzeugte Wärme. Dies stellt einen großen Vorteil von Ausführungsbeispiele dar.
-
5 zeigt eine gepulste Ansteuerung des elektrischen Antriebs gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung, wobei die Steuerung des Greifens über eine Änderung des Tastverhältnisses p erfolgt.
-
Während des Zugreifens, d.h. zwischen dem Greifzeitpunkt t1 und dem Lösezeitpunkt t2, ist das Tastverhältnis p gemäß diesem Ausführungsbeispiel kleiner gewählt als vor dem Zeitpunkt t1 bzw. nach dem Lösezeitpunkt t2. Gleichzeitig wird in dem Ausführungsbeispiel der 5 die Stromstärke der einzelnen Pulse vor dem Zugreifen zum Zeitpunkt t1 kleiner gewählt als während des Zugreifens zwischen t1 und t2.
-
Diese Vorgehensweise ist aus dem folgenden Grund vorteilhaft. Beim Greifen wird beim Öffnen und Schließen der Greifbacken im Schritt „1“ und „6“ (siehe 3) kein hohes Drehmoment, dafür aber eine hohe Drehzahl benötigt, um ein schnelles Zugreifen zu ermöglichen. In der Greifphase in den Schritten „2“, „3“ und „4“ wird dagegen ein hohes Drehmoment benötigt, um die ausreichende Greifkraft zu erreichen.
-
Die gewünschte hohe Drehzahl kann, wie es die
5 zeigt, durch einen niedrigen Strom
I und ein hohes Tastverhältnis p erreicht werden, während das hohe Drehmoment durch einen hohen Strom
I und ein niedriges Tastverhältnis p erreicht wird. Gleichzeitig führt das niedrige Tastverhältnis p wieder zu einer Begrenzung der Erhitzung des Motors. Im pulsweitenmodellierten Betrieb ist ein geringes Tastverhältnis p gleichbedeutend zu einer geringen mittleren Spannung
Um (wenn anderen Parameter nicht geändert werden), da
was zu einer geringeren Drehzahl ω führt:
-
Daher kann die Drehzahl direkt durch das Tastverhältnis p gesteuert werden.
-
Gemäß Ausführungsbeispielen kann der Zeitpunkt des Greifens t1 über einen Kraftsensor ermittelt werden, der die Kraft misst, die von den Greifbacken zum Zeitpunkt des Zugreifens aufgebracht wird. Ein entsprechendes Sensorsignal kann dann der Steuereinheit 140 (siehe 1) zur Verfügung gestellt werden, um die Steuerung entsprechend zu ändern. Außerdem kann ein Drehzahlsensor vorhanden sein, um Linearbewegungen der Greifbacken 110, 120 zu detektieren. Mit diesem Sensor kann beispielsweise verhindert werden, dass nach dem Zugreifen eine Deformation des Greifobjektes erfolgt. Dieses Ereignis tritt z.B. auf, wenn eine Drehung des Motors 50 oder der Spindelwellen 151,152 detektiert wird, obwohl bereits eine von Null verschiedene Mindestgreifkraft durch einen Kraftsensor festgestellt wurde.
-
Bei weiteren Ausführungsbeispielen sind die Greifbacken (Spannbacken) drehbar gelagert. Es ist ebenfalls möglich, dass die gesamte Greifvorrichtung (Greifer) eine drehbare Lagerung relativ zu einem Unterbau aufweist, um so die Greifvorrichtung als Ganzes zu drehen (z.B. relativ zu einem Unterbau, der in den Figuren nicht gezeigt ist). Für die drehbare Lagerung sind unterschiedliche Ausführungen denkbar. Beispielsweise können die Greifbacken oder der Greifer innerhalb eines Drehwinkelbereiches frei drehbar gelagert sein (z.B. +/-3 ° oder +/- 5° oder +/- 10°). Es ist ebenfalls möglich, dass die Prozesskraft beim Spannen des Werkstücks genutzt wird, um auch das/die Drehgelenk(e) zu spannen. Beispielsweise können die Gehäuseteile, an denen sich die Drehbacken abstützen, so ausgeführt sein, dass diese ab einer bestimmten Kraft das Drehgelenk durch einen Reibkraftschluss blockieren.
-
Diese Ausführungsformen bieten die folgenden Vorteile. Durch das Differentialgetriebe kann, wie bereits beschrieben, die genaue Position des Greifobjekts variieren, da die Spannbacken durch das Differentialgetriebe erst ihre Kraft aufbauen, wenn beide Spannbacken anliegen. Eine Winkellage des Greifobjekts wird aber dadurch nicht unbedingt ausgeglichen. Wenn beispielsweise ein größeres Objekt an mehreren Positionen (z.B. Rippen) gegriffen wird, können durch kleine Abweichungen der Winkellage von Greifbacken und Rippen Spannungen und Verformungen hervorgerufen werden. Wenn nun die Rippen des zu greifenden Objekts als starr angenommen werden, können frei drehbare Greifbacken das Objekt sicher greifen. Wenn die beispielhaften Rippen aber labil sind, wird durch ein Sperren des Drehfreiheitsgrades (durch den beispielhaften Reibkraftschluss) das Greifen etwas steifer und damit bei der PWM-Ansteuerung die Eigenfrequenz angehoben. Damit wird der Greifprozess sicherer.
-
Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein Verfahren zum Greifen eines Greifobjektes, das die genannten Steuerungen als Verfahrensschritte umfasst. Das Verfahren kann ebenfalls Computer-implementiert sein, d.h. es kann durch Anweisungen umgesetzt sein, die auf einem Speichermedium gespeichert sind und in der Lage sind, die Schritte des Verfahrens auszuführen, wenn es auf einem Prozessor läuft. Die Anweisungen umfassen typischerweise eine oder mehrere Anweisungen, die auf unterschiedliche Art auf unterschiedlichen Medien in oder peripher zu einer Steuereinheit (mit einem Prozessor) gespeichert sein können, die, wenn sie gelesen und durch die Steuereinheit ausgeführt werden, die Steuereinheit dazu veranlassen, Funktionen, Funktionalitäten und Operationen auszuführen, die zum Ausführen eines Verfahrens gemäß der vorliegenden Erfindung notwendig sind.
-
Die in der Beschreibung, den Ansprüchen und den Figuren offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebiger Kombination für die Verwirklichung der Erfindung wesentlich sein.
-
Bezugszeichenliste
-
- 50
- Antrieb
- 110
- erste Greifbacke
- 120
- zweite Greifbacke
- 130
- Differentialgetriebe
- 131
- Außenzahnkranz
- 140
- Steuereinheit
- 150
- Spindelantrieb
- 151,152
- Spindelwellen
- 250
- Antriebswelle
- I
- Pulssignal
- t1
- Greifzeitpunkt
- t2
- Lösezeitpunkt
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 19517345 A1 [0004]
- WO 2011/107252 A2 [0004]