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Die Erfindung betrifft einen Nachrüstkörper für ein ursprüngliches, mit dem Nachrüstkörper noch nicht nachgerüstetes Rotorblatt einer Windkraftanlage, ein mit dem Nachrüstkörper nachgerüstetes Rotorblatt und ein Verfahren zum Nachrüsten des ursprünglichen Rotorblatts mit dem Nachrüstkörper.
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Eine Windkraftanlage weist einen Turm auf, auf dem eine Gondel montiert ist. In der Gondel sind ein Generator und ein Getriebe vorgesehen, via das ein Rotor mit dem Generator gekoppelt ist. Der Rotor weist herkömmlich in der Regel drei Rotorblätter auf, die an eine Nabe mit einer horizontal angeordneten Drehachse angebaut sind. Beim Betrieb der Windkraftanlage wird der Rotor von Wind durchströmt, wobei mittels den Rotorblättern dem Wind kinetische Energie entzogen wird. Bei der Auslegung insbesondere der Rotorblätter sind standortspezifische Randbedingungen zu berücksichtigen, insbesondere wann und wie stark Wind auftritt sowie die damit einhergehende Schwingungsbelastung und Schallemission der Rotorblätter. Erstrebenswert ist es, dass die Windkraftanlage die verfügbare kinetische Energie des Winds möglichst optimal abschöpft, eine lange Gesamtstandzeit hat und vorgegebene Grenzwerte zur Schallemission nicht überschreitet.
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Die Gesamtstandzeit ist insbesondere durch die Dauerfestigkeit der Rotortblätter bestimmt. Aufgrund von Windböen werden die Rotorblätter zum Schwingen angeregt, wobei die Rotorblätter Biegeschwingungen unterworfen sind. Die Biegeschwingungen führen zu einer Erhöhung der Wechselbeanspruchung des Materials der Rotorblätter, wodurch die Dauerfestigkeit der Rotorblätter reduziert wird.
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Bei Windböen variiert der aerodynamische Anstellwinkel sehr schnell und stark, wobei während der Spitzengeschwindigkeit einer Windböe der aerodynamische Anstellwinkel hoch ist. Dadurch erhöht sich während dieser Momente der von dem Rotorblatt erzeugte Auftrieb, wodurch das Rotorblatt biegebeansprucht wird. Beim Abflauen der Windböe reduziert sich die Windgeschwindigkeit wieder auf Nominalniveau, so dass am Rotorblatt wieder aerodynamische Auslegungsbedingungen vorherrschen. Durch das rhythmische Auftreten von Windböen wird die dynamische Belastung der Rotorblätter bezüglich Biegung erhöht.
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Problematisch ist es, wenn für die Planung und Auslegung der Windkraftanlage ein standortspezifisches Windaufkommen prognostiziert wurde, das höher als das tatsächlich vorkommende Windaufkommen ist. In diesem Fall sind die Rotorblätter tendenziell als zu kurz ausgeführt und die Windkraftanlage arbeitet hinsichtlich der maximalen Energieausbeute nicht optimal. Abhilfe könnte ein Austausch der ursprünglichen Rotorblätter mit neuen, längeren Rotorblätter schaffen, die an das tatsächlich vorkommende Windaufkommen angepasst sind.
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Nachteilig hierbei ist allerdings, dass die Spitzen der längeren Rotorblätter bei gleichbleibender Drehzahl eine höhere Umfangsgeschwindigkeit beim Betrieb der Windkraftanlage haben. Dadurch sind an den Spitzen der längeren Rotorblätter die aerodynamischen Strömungsverhältnisse nachteilig extremer. Dies führt insbesondere dazu, dass die Schallemissionen der längeren Rotorblätter erhöht sind und möglicherweise vorgegebene Grenzwerte zur Schallemission überschritten werden. Außerdem reagieren die längeren Rotorblätter empfindlicher auf die Windböen, so dass die dynamische Belastung der längeren Rotorblätter erhöht ist.
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Aufgabe der Erfindung ist es einen Nachrüstkörper für ein ursprüngliches Rotorblatt einer Windkraftanlage, ein nachgerüstetes Rotorblatt und ein Verfahren zum Nachrüsten des ursprünglichen Rotorblatts zu schaffen, wobei das nachgerüstete Rotorblatt eine hohe Energieausbeute hat und dabei im Betrieb geringe Schallemissionen verursacht sowie eine hohe Dauerfestigkeit hat.
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Die Aufgabe wird gelöst mit den Merkmalen der Patentansprüche 1, 7 und 8. Bevorzugte Ausgestaltungen dazu sind in den weiteren Patentansprüchen angegeben.
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Der erfindungsgemäße Nachrüstkörper für das ursprüngliche Rotorblatt der Windkraftanlage weist eine Nachrüstkörperspitze und eine der Nachrüstkörperspitze abgewandt angeordnete Koppelseite auf, die zum Anformen des Nachrüstkörpers an die Rotorblattspitze eingerichtet ist, so dass, wenn der Nachrüstkörper an die Rotorblattspitze angeformt ist, die Nachrüstkörperspitze von der Rotorblattspitze um eine vorherbestimmte Spannweitenverlängerung in die Spannweitenrichtung des Rotorblatts vorsteht, wobei der Nachrüstkörper eine Profilnase aufweist, die den in die Anströmrichtung des Rotorblatts gesehen vorderen Bereich des Nachrüstkörpers bildet und die die Nachrüstkörpervorderkante aufweist sowie von der Nachrüstkörperspitze weg über die Koppelseite hinaus um eine vorherbestimmte Länge mit ihrem Vorderkantenverlängerungsabschnitt vorsteht, der, wenn der Nachrüstkörper an die Rotorblattspitze angeformt ist, zur Rotorblattwurzel hin zeigt und einen in die Spannweitenrichtung gesehen äußeren Bereich der Rotorblattvorderkante überdeckt, wobei die Profilnase parallel zur Nachrüstkörpervorderkante gesehen eine Mehrzahl von nebeneinander angeordneten und von der Profilnase vorstehenden Vorsprünge aufweist, deren Höhen und/oder deren Abstände untereinander und/oder deren Versatze weg von der Nachrüstkörpervorderkante in die Strömungsrichtung gesehen derart dimensioniert sind, dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge erst bei denjenigen Anstellwinkeln des nachgerüsteten Rotorblatts auftritt, die gleich oder größer einem Auslegungsanstellwinkel des ursprünglichen Rotorblatts sind.
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Das erfindungsgemäße, nachgerüstete Rotorblatt weist das ursprüngliche Rotorblatt und den Nachrüstkörper auf, wobei der Nachrüstkörper mit seiner Koppelseite an die Rotorblattspitze des ursprünglichen Rotorblatts angeformt ist, wodurch die Rotorblattlänge des nachgerüsteten Rotorblatts um die Spannweitenverlängerung verglichen mit dem ursprünglichen Rotorblatt verlängert ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Nachrüsten des ursprünglichen Rotorblatts der Windkraftanlage mit dem Nachrüstkörper weist die Schritte auf: Bereitstellen eines ursprünglichen Rotorblatts mit seinem Auslegungsanstellwinkel sowie eines Obergrenzwerts für die Schallemission des ursprünglichen Rotorblatts im Betrieb und/oder eines Obergrenzwerts für die Wechselbeanspruchung des ursprünglichen Rotorblatts im Betrieb; Bestimmen einer Leistungssteigerung für das ursprüngliche Rotorblatt, die mit dem Nachrüsten erreicht wird; Ermitteln der Spannweitenverlängerung, die zum Erreichen der Leistungssteigerung notwendig ist; Dimensionieren der Höhen und/oder der Abstände und/oder der Versatze der Vorsprünge, so dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge erst bei denjenigen Anstellwinkeln des nachgerüsteten Rotorblatts auftritt, die gleich oder größer einem Auslegungsanstellwinkel des ursprünglichen Rotorblatts sind; Ermitteln der Länge des Vorderkantenverlängerungsabschnitts, so dass der Obergrenzwert für die Schallemission des nachgerüsteten Rotorblatts im Betrieb und/oder der Obergrenzwert für die Wechselbeanspruchung des nachgerüsteten Rotorblatts im Betrieb eingehalten werden; Anformen des Nachrüstkörpers an die Spitze des ursprünglichen Rotorblatts, so dass das nachgerüstete Rotorblatt aus dem ursprünglichen Rotorblatt und dem Nachrüstkörper gebildet wird. Unter der Wechselbeanspruchung sind die Biegewechselbeanspruchung und/oder die Torsionswechselbeanspruchung zu verstehen.
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Bevorzugt ist es, dass die Höhen der Vorsprünge und/oder die Abstände der Vorsprünge zu den unmittelbar benachbarten Vorsprüngen und/oder die Versatze der Vorsprünge weg von der Nachrüstkörpervorderkante in die Strömungsrichtung gesehen in Abhängigkeit derjenigen Sehnenlänge des Profils am Ort des jeweiligen Vorsprung bestimmt sind. Beim Auslegungsanstellwinkel des ursprünglichen Rotorblatts stellt sich bevorzugtermaßen im Wesentlichen die maximale Gleitzahl ein. Die Gleitzahl entspricht dem Verhältnis von Auftrieb und Luftwiderstand des Rotorblatts. Bevorzugt ist es, dass der Abstand des Auslegungsanstellwinkels zum Anstellwinkel, bei dem die maximale Gleitzahl vorherrscht, bei maximal +/- 5% liegt. Besonders bevorzugt ist es, dass der Auslegungsanstellwinkel maximal um 5% größer ist als der Anstellwinkel, bei dem die maximale Gleitzahl vorherrscht.
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Dadurch, dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge erst bei denjenigen Anstellwinkeln des Rotorblatts auftritt, die gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel des Rotorblatts sind, wird erfindungsgemäß erreicht, dass während der Windböen die dynamische Belastung bezüglich Biegung des Rotorblatts gering ist.
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Mittels der Vorsprünge werden beim Betrieb der Windkraftanlage während der Windböen an der Profilnase Wirbel generiert, die an der Hinterkante des Rotorblatts bzw. des Nachrüstkörpers zwischen zwei unmittelbar benachbarten Vorsprüngen eine lokale Ablösung hervorrufen, die eine auftriebsreduzierende Wirkung hat. Dadurch ist der Auftriebskoeffizient bei denjenigen Anstellwinkeln des Rotorblatts, die gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel des Rotorblatts sind, relativ konstant verglichen mit dem Auftriebskoeffizient, der sich bei dem Anstellwinkel des Rotorblatts einstellt, der dem Auslegungsanstellwinkel des Rotorblatts entspricht.
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Bevorzugt ist es, dass die Höhen der Vorsprünge und/oder die Abstände der Vorsprünge zu den unmittelbar benachbarten Vorsprünge und/oder die Versatze der Vorsprünge weg von der Nachrüstkörpervorderkante in die Strömungsrichtung gesehen direkt proportional zu derjenigen Sehnenlänge am Ort des jeweiligen Vorsprung bestimmt sind. Besonders bevorzugt ist es, dass die Höhen der Vorsprünge bis 12%, insbesondere 0,2% bis 1,5%, besonders bevorzugt 1%, oder insbesondere 4% bis 12%, besonders bevorzugt 5%, derjenigen Sehnenlänge am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Ferner ist es besonders bevorzugt, dass die Abstände der Vorsprünge zu den unmittelbar benachbarten Vorsprüngen bis 50%, insbesondere 2% bis 10%, besonders bevorzugt 4% bis 5%, oder insbesondere 30% bis 45%, derjenigen Sehnenlänge am Ort der jeweiligen Vorsprünge entsprechen. Außerdem ist es besonders bevorzugt, dass die Versatze der Vorsprünge weg von der Nachrüstkörpervorderkante in die Strömungsrichtung gesehen 0% bis 3%, insbesondere 1% bis2%, derjenigen Sehnenlänge am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Diesen bevorzugten Ausführungsformen liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass hierbei überraschend vorteilhaft die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge erzielbar ist.
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Insbesondere ist mit der Dimensionierung der Vorsprünge derjenige Anstellwinkel einzustellen, ab dem die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge eintritt, wobei dieser Anstellwinkel dem Auslegungsanstellwinkel entspricht. Je größer die Höhen der Vorsprünge im Verhältnis zur lokal an den Vorsprüngen vorliegenden Sehnenlängen sind, desto kleiner ist derjenige Anstellwinkel, ab dem die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge auftritt.
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Die Vorsprünge sind bevorzugt von einer welligen Form der Profilnase gebildet und weisen jeweils einen Wellenberg auf, wobei zwischen zwei der unmittelbar nebeneinander angeordneten Wellenberge jeweils ein Wellental angeordnet ist. Hierbei ist es bevorzugt, dass die Vorsprünge in die Strömungsrichtung gesehen bis zum Maximum des Dickenverlaufs des Profils sich erstrecken. Alternativ bevorzugt erstrecken sich die Vorsprünge bis 10% bis 15% derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs. Hierbei ist es bevorzugt, dass die Höhen der Vorsprünge 4% bis 12%, bevorzugt 5%, derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Ferner ist es besonders bevorzugt, dass die Abstände der Vorsprünge zu den unmittelbar benachbarten Vorsprüngen 30% bis 45% derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des Vorsprungs Gipfels entsprechen.
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Alternativ oder zusätzlich ist es bevorzugt, dass die Vorsprünge zylinderförmig, quaderförmig, halbkugelförmig, kalottenförmig und/oder kegelförmig sind, deren Durchmesser bevorzugtermaßen im Bereich von 1% bis 3% derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Hierbei ist es bevorzugt, dass die Höhen der Vorsprünge 0,2% bis 1,5% derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Ferner ist es besonders bevorzugt, dass die Abstände der Vorsprünge zu den unmittelbar benachbarten Vorsprüngen 2% bis 10%, insbesondere 4% bis 5%, derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen. Außerdem ist es besonders bevorzugt, dass die Versatze der Vorsprünge weg von der Vorderkante in die Strömungsrichtung gesehen 0% bis 3%, insbesondere 1% bis 2%, derjenigen Sehnenlänge des Rotorblatts am Ort des jeweiligen Vorsprungs entsprechen.
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Bevorzugt ist es, dass der Nachrüstkörper einen Hohlraum und die Koppelseite eine Mündung aufweist, durch die der Hohlraum von außerhalb des Nachrüstkörpers zugänglich ist, wobei, wenn der Nachrüstkörper an die Rotorblattspitze angeformt ist, ein äußerer Längsendenabschnitt des ursprünglichen Rotorblatts durch die Mündung in den Hohlraum sich erstreckt. Denkbar ist es, dass der Längsendenabschnitt des ursprünglichen Rotorblatts in dem Hohlraum mit dem Nachrüstkörper verklebt ist.
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Wenn der Nachrüstkörper an die Rotorblattspitze angeformt ist, ist es bevorzugt, dass die Nachrüstkörpervorderkante so mit der Rotorblattvorderkante fluchtend angeordnet ist, dass die Vorsprünge von der Rotorblattvorderkante vorstehen. Ebenfalls ist es bevorzugt, dass die Nachrüstkörperhinterkante mit der Rotorblatthinterkante fluchtet und der Übergang von der Nachrüstkörperhinterkante und der Rotorblatthinterkante stufenfrei ist.
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Es ist bevorzugt, dass die Länge des Vorderkantenverlängerungsabschnitts mindestens doppelt so groß wie die Spannweitenverlängerung ist. Alternativ erstreckt sich bevorzugtermaßen die Profilnase von der Nachrüstkörperspitze bis zu einem Bereich des Rotorblatts, der bei 50% bis 70% der Spannweite des nachgerüsteten Rotorblatts angeordnet ist.
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Auf Windböen reagiert der Außenbereich des Rotorblatts empfindlicher als der nabennahe Bereich, da der Außenbereich einen größeren Hebelarm bezogen auf die Nabe hat. Ferner hat der Außenbereich eine höhere Umfangsgeschwindigkeit als der nabennahe Bereich, wodurch am Außenbereich höhere aerodynamische Kräfte wirken. Dadurch, dass die Vorsprünge im Außenbereich des erfindungsgemäßen nachgerüsteten Rotorblatts angesiedelt sind, ist die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge besonders gut entfaltbar.
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Die Leistungssteigerung ergibt sich bevorzugt aus einer ursprünglichen Überschätzung des Windaufkommens am Standort der Windkraftanlage, auf dem die Auslegung des ursprünglichen Rotorblatts basiert, so dass das Nachrüsten als eine Anpassung des Rotorblatts an das reale Windaufkommen am Standort der Windkraftanlage wirkt. Bevorzugtermaßen wird beim Anformen des Nachrüstkörpers an die Spitze des ursprünglichen Rotorblatts die Rotorblattvorderkante derart ausgespart, dass der Übergang von der Nachrüstkörpervorderkante zur Rotorblattvorderkante stufenfrei ausgebildet wird, dass lediglich die Vorsprünge von der Rotorblattvorderkante vorstehen. Bevorzugt ist die Spitze des Nachrüstkörpers zur Verbesserung der aerodynamischen Charakteristik dreidimensional profiliert ausgeführt. Insbesondere weist die Spitze des Nachrüstkörpers ein Winglet auf.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Nachrüsten des ursprünglichen Rotorblatts mit dem erfindungsgemäßen Nachrüstkörper führt zu der Spannweitenverlängerung, um die das erfindungsgemäße Rotorblatt länger ist als das ursprüngliche Rotorblatt. Dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn für die Planung und Auslegung der Windkraftanlage ein standortspezifisches Windaufkommen prognostiziert wurde, das höher als das tatsächlich vorkommende Windaufkommen ist. In diesem Fall sind die ursprünglichen Rotorblätter tendenziell als zu kurz ausgeführt und die Windkraftanlage arbeitet hinsichtlich der maximalen Energieausbeute nicht optimal. Hingegen sind die erfindungsgemäßen, nachgerüsteten Rotorblätter durch die Spannweitenverlängerung an das tatsächlich aufkommende Windaufkommen angepasst.
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Den mit der Spannweitenverlängerung nachteilig einhergehenden Erhöhungen der Umfangsgeschwindigkeit und der Schallemissionen beim Betrieb der Windkraftanlage werden durch die erfindungsgemäße Ausstattung des Nachrüstkörpers mit der Profilnase entgegengewirkt. Dadurch, dass die Profilnase mit den Vorsprüngen ausgestattet ist und sich von der Nachrüstkörperspitze weg zur Wurzel hin sich soweit mit ihrem Vorderkantenverlängerungsabschnitt erstreckt, werden der Obergrenzwert für die Schallemission des nachgerüsteten Rotorblatts im Betrieb und/oder der Obergrenzwert für die Wechselbeanspruchung des nachgerüsteten Rotorblatts im Betrieb eingehalten. Somit wird erfindungsgemäß erreicht, dass das mit dem erfindungsgemäßen Nachrüstkörper nachgerüstete Rotorblatt standortangepasst eine hohe Energieausbeute hat und im Betrieb geringe Schallemissionen verursacht sowie eine hohe Dauerfestigkeit hat.
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Im Folgenden wird eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen, nachgerüsteten Rotorblatts anhand der beigefügten schematischen Zeichnungen erläutert. Es zeigen:
- 1 eine Draufsicht einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen, nachgerüsteten Rotorblatts,
- 2 eine Detailansicht des Außenbereichs des Rotorblatts aus 1,
- 3 ein Detail X aus 2,
- 4 eine perspektivische Darstellung des Rotorblatts aus 1 bei der Montage des Nachrüstkörpers an das ursprüngliche Rotorblatt,
- 5 eine perspektivische Darstellung des Rotorblatts aus 1 mit dem montiertem Nachrüstkörper an das ursprüngliche Rotorblatt und
- 6 ein Diagramm, bei dem ein Auftriebskoeffizient gegen den Anstellwinkel aufgetragen ist.
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Wie es aus 1 bis 6 ersichtlich ist, weist ein nachgerüstetes Rotorblatt 1 eines Rotors einer Windkraftanlage ein ursprüngliches Rotorblatt 2 und einen Nachrüstkörper 7 auf. Das ursprüngliche Rotorblatt 2 weist eine Rotorblattvorderkante 3 und eine Rotorblatthinterkante 4 auf. Der Nachrüstkörper 7 ist gestaltet, um auf die Rotorblattspitze 6 des ursprünglichen Rotorblatts 2 aufgesteckt zu sein. Die Profilierung des Nachrüstkörpers 7 ist der Profilierung des Außenbereichs des ursprünglichen Rotorblatts 2 aerodynamisch nachempfunden. Der Nachrüstkörper 7 weist eine Nachrüstkörperspitze 11 und eine der Nachrüstkörperspitze 11 abgewandt angeordnete Koppelseite auf, die von einer Mündung 12 gebildet ist, durch die ein Innenhohlraum des Nachrüstkörpers 7 von außerhalb des Nachrüstkörpers 7 zugänglich ist. Ein äußerer Längsendeabschnitt des Rotorblatts 2 durch die Mündung 12 in den Innenhohlraum eingesetzt.
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Der Nachrüstkörper 7 weist eine Profilnase 9 auf, die den in die Anströmrichtung des ursprünglichen Rotorblatts 2 gesehen vorderen Bereich des Nachrüstkörpers 7 bildet und die die Nachrüstkörpervorderkante 8 aufweist. Die Profilnase 9 weist einen Vorderkantenverlängerungsabschnitt 13 auf, der von der Nachrüstkörperspitze 11 über die Mündung 12 hinweg um eine vorherbestimmte Länge vorsteht und zur Wurzel 5 hin zeigt. Der Vorderkantenverlängerungsabschnitt 13 hat ein Längsende 14, das der Rotorblattwurzel 5 zugewandt angeordnet ist, das 70% der Spannweite 17 des nachgerüsteten Rotorblatts 1 entspricht, wobei der Abstand zwischen dem Längsende 14 und der Mündung 12 die Länge des Vorderkantenverlängerungsabschnitts 13 ist. Die Nachrüstkörpervorderkante 8 ist mit der Rotorblattvorderkante 3 fluchtend angeordnet, wobei die Rotorblattvorderkante 3 des ursprünglichen Rotorblatts 2 derart ausgespart ist, dass der Übergang von der Nachrüstkörpervorderkante 8 zur Rotorblattvorderkante 3 stufenfrei ausgebildet ist. Ferner fluchtet die Nachrüstkörperhinterkante 10 mit der Rotorblatthinterkante 4 und der Übergang von der Nachrüstkörperhinterkante 10 und der Rotorblatthinterkante 4 ist stufenfrei.
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Die Nachrüstkörperspitze 11 erstreckt sich von der Rotorblattspitze 6 um eine vorherbestimmte Spannweitenverlängerung 16, die in bezogen auf die Spannweite 15 des ursprünglichen Rotorblatts 2 5% entspricht. Die Spannweitenverlängerung 16 ist in ihrer Länge derart gewählt, dass Leistungssteigerung für das ursprüngliche Rotorblatt 2 mit dem Nachrüsten mit dem Nachrüstkörper 7 erreicht ist, die sich aus einer ursprünglichen Überschätzung des Windaufkommens am Standort der Windkraftanlage ergibt, auf dem die Auslegung des ursprünglichen Rotorblatts 2 basiert.
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Wind, der das ursprüngliche Rotorblatt 2 bzw. das nachgerüstete Rotorblatt 1 anströmt, trifft zuerst auf die Rotorblattvorderkante 3 und die Nachrüstkörpervorderkante 8, umströmt dann das ursprüngliche Rotorblatt 2 und den Nachrüstkörper 7 unter Erzeugung von dynamischem Auftrieb und strömt dann an der Rotorblatthinterkante 4 und der Nachrüstkörperhinterkante 10 ab. Die Umströmung des ursprünglichen Rotorblatts 2 und des Nachrüstkörpers 7 erfolgt im Wesentlichen senkrecht zur Längsrichtung des ursprünglichen Rotorblatts 2 und des Nachrüstkörpers 7, wobei die Richtung der Umströmung als die Strömungsrichtung bezeichnet ist.
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Das ursprüngliche Rotorblatt 2 erstreckt sich in seiner Längsrichtung von seiner Wurzel 5 bis zu seiner Spitze 6, wobei der Abstand von der Wurzel 5 bis zur Spitze 6 die Spannweite 15 des ursprünglichen Rotorblatts 2 ist. Der Abstand von der Rotorblattvorderkante 3 bis zur Rotorblatthinterkante 4 in die Strömungsrichtung gesehen bzw. Abstand von der Nachrüstkörpervorderkante 8 bis zur Nachrüstkörperhinterkante 10 in die Strömungsrichtung gesehen ist als die Sehnenlänge bezeichnet.
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Der Rotor weist eine Nabe auf, an die das ursprüngliche Rotorblatt 2 mit seiner Wurzel 5 montiert ist. Der Rotor dreht sich im Betrieb der Windkraftanlage um die Drehachse der Nabe, so dass die Rotorblattspitze 6 bzw. die Nachrüstkörperspitze 11 die höchste Bewegungsgeschwindigkeit haben. Das ursprüngliche Rotorblatt 2 hat einen Auslegungsanstellwinkel 28, bei dem unter der Voraussetzung einer Windanströmung bei einer nominellen Windgeschwindigkeit sich die maximale Gleitzahl ergibt. Denkbar ist, dass der Abstand des Auslegungsanstellwinkels 28 zum Anstellwinkel, bei dem die maximale Gleitzahl vorherrscht, bei maximal +/- 5% liegt.
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Die Profilnase 9 weist parallel zur Nachrüstkörpervorderkante 8 gesehen eine Mehrzahl von nebeneinander angeordneten und von der Profilnase 9 vorstehenden Vorsprünge 18 auf, die von der Profilnase 9 vorstehen. Die Vorsprünge 18 haben jeweils einen Gipfel 19, der örtlich gesehen derjenige Bereich des jeweiligen Vorsprungs 18 ist, der am meisten von der Oberfläche der Profilnase 9 vorsteht. Zwischen zwei unmittelbar benachbarten Vorsprüngen 18 ist jeweils eine Mulde 20 angeordnet, die dem Niveau der Oberfläche Profilnase 9 entspricht, das zwischen den Vorsprüngen 18 vorliegt.
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Gemäß der Ausführungsform sind die Vorsprünge 18 von einer welligen Form der Profilnase 9 gebildet. Die Profilnase 9 weist eine Mehrzahl an Wellenbergen 21 als die Vorsprünge 18 auf, wobei zwischen zwei der unmittelbar nebeneinander angeordneten Wellenbergen 21 jeweils ein Wellental 22 angeordnet ist, das der Mulde 20 entspricht. Die wellige Form der Profilnase 9 ist derart ausgebildet, dass die Wellenberge 21 und die Wellentäler 22 in die Strömungsrichtung gesehen bis einem Bereich einer vorherbestimmten Profildicke 23, insbesondere bis 12% der lokalen Sehnenlänge, des ursprünglichen Rotorblatts 2 sich erstrecken. Denkbar wäre beispielsweise, dass der Bereich der vorherbestimmten Profildicke 23 dem Maximum des Dickenverlaufs entspricht. Die Wellentäler 22 bilden den Verlauf der Nachrüstkörpervorderkante 8.
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Die Höhen der Gipfel 19 entsprechen 5% derjenigen Sehnenlänge des ursprünglichen Rotorblatts 2 bzw. des Nachrüstkörpers 7 am Ort des jeweiligen Gipfels 19. Ferner entsprechen die Abstände der Gipfel 19 zu den unmittelbar benachbarten Gipfeln 19 38% derjenigen Sehnenlänge des ursprünglichen Rotorblatts 2 bzw. des Nachrüstkörpers 7 am Ort des jeweiligen Gipfels 19. Dabei kann entweder der eine der Gipfel 19 oder der andere der Gipfel 19 der beiden unmittelbar benachbarten Vorsprünge 18 als Referenz genommen werden. Die Höhen, die Abstände und die Versatze der Vorsprünge 18 sind derart dimensioniert, dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge 18 erst dann auftritt, wenn der Anstellwinkel 24 gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel 28 ist. 6 zeigt ein Diagramm, in dem der Auftriebskoeffizient 25 des ursprünglichen Rotorblatts 2 und des nachgerüsteten Rotorblatts 1 über dem Anstellwinkel 28 aufgetragen ist.
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6 zeigt, dass Zuströmungen des erfindungsgemäßen nachgerüsteten Rotorblatts 1, die einen Anstellwinkel 24 haben, der kleiner als der Auslegungsanstellwinkel 28 ist, keinen Unterschied im Auftriebskoeffizient 26 zu dem ursprünglichen Rotorblatt 2 zeigen. Vielmehr entzweit sich das Auftriebsverhalten bei Anstellwinkeln 24, die gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel 28 sind. Bei dem nachgerüsteten Rotorblatt 1 bleibt der Auftriebskoeffizient 27 gegenüber dem Auftriebskoeffizient 26 des ursprünglichen Rotorblatts 1 relativ konstant, wohingegen der Auftriebsverlauf 26 des ursprünglichen Rotorblatts 2 ansteigt.
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Der Vorderkantenverlängerungsabschnitt 13 ist an der Rotorblattvorderkante 3 derart angeformt, dass eine gedachte Verbindungslinie der Mulden 20 mit der Rotorblattvorderkante 3 fluchtet und die Vorsprünge 18 von der Rotorblattvorderkante 3 als vorstehend ausgebildet sind. Das Dimensionieren der Höhen und/oder der Abstände und/oder der Versatze der Vorsprünge 18 sind so ausgelegt, so dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge 18 erst bei denjenigen Anstellwinkeln 24 des nachgerüsteten Rotorblatts 1 auftritt, die gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel 28 des ursprünglichen Rotorblatts 1 sind.
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Die Länge des Vorderkantenverlängerungsabschnitts 13 ist derart ermittelt, dass der Obergrenzwert für die Schallemission des nachgerüsteten Rotorblatts 1 im Betrieb und/oder der Obergrenzwert für die Wechselbeanspruchung des nachgerüsteten Rotorblatts 1 im Betrieb eingehalten werden.
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4 zeigt den Nachrüstkörper 7 fertig zur Montage an das ursprüngliche Rotorblatt 2. Der Pfeil in 4 zeigt die Montagerichtung, in die der Nachrüstköper 7 an die Spitze 6 des ursprünglichen Rotorblatts 2 zu montieren ist. 5 zeigt das fertig montierte Rotorblatt 1, das aus dem ursprünglichem Rotorblatt 2 und dem Nachrüstkörper 7 besteht, der an die Rotorblattspitze 6 angeformt ist.
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Ein Verfahren zum Nachrüsten des ursprünglichen Rotorblatts 2 mit dem Nachrüstkörper 7 weist die Schritte auf: Bereitstellen des ursprünglichen Rotorblatts 2 mit seinem Auslegungsanstellwinkel 28 sowie eines Obergrenzwerts für die Schallemission des ursprünglichen Rotorblatts 2 im Betrieb und/oder eines Obergrenzwerts für die Wechselbeanspruchung des ursprünglichen Rotorblatts 2 im Betrieb; Bestimmen einer Leistungssteigerung für das ursprüngliche Rotorblatt 2, die mit dem Nachrüsten erreicht wird, wobei sich die Leistungssteigerung aus einer ursprünglichen Überschätzung des Windaufkommens am Standort der Windkraftanlage ergibt, auf dem die Auslegung des ursprünglichen Rotorblatts 2 basiert, so dass das Nachrüsten als eine Anpassung des Rotorblatts 2 an das reale Windaufkommen am Standort der Windkraftanlage wirkt; Ermitteln der Spannweitenverlängerung 16, die zum Erreichen der Leistungssteigerung notwendig ist; Dimensionieren der Höhen und/oder der Abstände und/oder der Versatze der Vorsprünge 18, so dass die auftriebsreduzierende Wirkung der Vorsprünge 18 erst bei denjenigen Anstellwinkeln 24 des nachgerüsteten Rotorblatts 1 auftritt, die gleich oder größer dem Auslegungsanstellwinkel 28 des ursprünglichen Rotorblatts 1 sind; Ermitteln der Länge des Vorderkantenverlängerungsabschnitts 13, so dass der Obergrenzwert für die Schallemission des nachgerüsteten Rotorblatts im Betrieb und/oder der Obergrenzwert für die Wechselbeanspruchung des nachgerüsteten Rotorblatts 2 im Betrieb eingehalten werden; Anformen des Nachrüstkörpers 7 an die Spitze 6 des ursprünglichen Rotorblatts, so dass das nachgerüstete Rotorblatt 1 aus dem ursprünglichen Rotorblatt 2 und dem Nachrüstkörper 7 gebildet wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- nachgerüstetes Rotorblatt eines Rotors einer Windkraftanlage
- 2
- ursprüngliches Rotorblatt
- 3
- Vorderkante des ursprünglichen Rotorblatts
- 4
- Hinterkante des ursprünglichen Rotorblatts
- 5
- Wurzel
- 6
- Spitze des ursprünglichen Rotorblatts
- 7
- Nachrüstkörper
- 8
- Vorderkante des Nachrüstkörpers
- 9
- Profilnase
- 10
- Hinterkante des Nachrüstkörpers
- 11
- Spitze des Nachrüstkörpers
- 12
- Mündung
- 13
- Vorderkantenverlängerungsabschnitt
- 14
- Längsende
- 15
- Spannweite des ursprünglichen Rotorblatts
- 16
- Spannweitenverlängerung
- 17
- Spannweite des nachgerüsteten Rotorblatts
- 18
- Vorsprung
- 19
- Gipfel
- 20
- Mulde
- 21
- Wellenberg
- 22
- Wellental
- 23
- Bereich vorherbestimmter Profildicke
- 24
- Anstellwinkel
- 25
- Auftriebskoeffizient
- 26
- Auftriebskoeffizientenverlauf eines ursprünglichen Rotorblatts
- 27
- Auftriebskoeffizientenverlauf eines nachgerüsteten Rotorblatts
- 28
- Auslegungsanstellwinkel