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Die Erfindung betrifft ein Inertialsensorsystem für Flugkörper, einen Flugkörper mit einem derartigen Inertialsensorsystem sowie ein Verfahren zum Betrieb eines solchen Inertialsensorsystems.
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Leichte Flugkörper wie etwa Lenkflugkörper oder Lenkgranaten werden oft mit einem inertialen Navigations- oder Regelsystem (Trägheitsnavigationssystem, englisch: „Inertial Navigation System“, INS) ausgestattet. Zentraler Bestandteil eines derartigen INS ist eine inertiale Messeinheit (englisch: „Inertial Measurement Unit“, IMU), welche mit Beschleunigungssensoren und Drehratensensoren und dergleichen ausgestattet ist, die im Folgenden allgemein als Inertialsensoren bezeichnet werden.
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Inertialsensoren, insbesondere kostengünstige kommerzielle Sensoren, zeigen üblicherweise eine starke Temperaturabhängigkeit hinsichtlich der gemessenen Größen und ihrer Messfehler. Um diese Abhängigkeit zu kompensieren, können die Sensoren über einen ausgewählten Temperaturbereich kalibriert werden, z.B. indem in einer Temperatur- und/oder Klimakammer diskrete Kalibrierungstemperaturen angefahren werden und anhand der gemessenen Abweichungen von den Sollwerten Kompensationsgrößen erstellt werden. Allerdings nehmen die Inertialsensoren, welche bei derartigen Messungen häufig bereits in einer IMU integriert sind, nur sehr langsam und ungenau die angelegten Temperaturen an. Hinzu kommt, dass die Inertialsensoren bzw. die IMU selber Wärme erzeugen. Dies macht die Kalibrierung zeitaufwendig und fehleranfällig. Überdies kann unter realistischen Bedingungen lediglich eine endliche Anzahl von Kalibrierungspunkten ausgewertet werden, sodass dazwischenliegende Temperaturwerte interpoliert werden müssen, was wiederum zu Restfehlern führen kann. Die aufwendigen Messungen und die damit verbundenen Herausforderungen können die Kostenvorteile von kommerziellen Sensoren leicht wieder aufheben.
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Mitunter wird eine Temperaturstabilisierung auf Systemebene vorgeschlagen, d.h. auf Ebene der den Inertialsensoren übergeordneten IMU, siehe z.B. die Druckschriften
US 8,558,150 B2 und
US 6,778,908 B2 .
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, verbesserte Lösungen für Inertialsensorsysteme zu finden, welche eine möglichst geringe Fehleranfälligkeit bei Temperaturänderungen aufweisen und einfach zu kalibrieren sind.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch ein Inertialsensorsystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1, durch einen Flugkörper mit den Merkmalen des Patentanspruchs 9 und durch ein Verfahren zum Betrieb eines Inertialsensorsystems mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10.
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Demgemäß ist ein Inertialsensorsystem für den Einsatz in einem Trägheitsnavigationssystem eines Flugkörpers vorgesehen. Das Inertialsensorsystem umfasst einen Inertialsensor; einen Temperatursensor, welcher dazu ausgebildet ist, eine Sensortemperatur des Inertialsensors zu messen; einen Umgebungstemperatursensor, welcher dazu ausgebildet ist, eine Umgebungstemperatur des Inertialsenorsystems zu messen; eine Sensorheizung, welche dazu ausgebildet ist, den Inertialsensor zu erwärmen; und eine Steuereinheit, welche dazu ausgebildet ist, den Inertialsensor in Abhängigkeit von der gemessenen Umgebungstemperatur mittels der Sensorheizung derart zu erwärmen, dass die Sensortemperatur des Inertialsensors eine vorgegebene erste Kalibrationstemperatur erreicht.
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Ferner ist ein Flugkörper mit einem erfindungsgemäßen Inertialsensorsystem vorgesehen.
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Ferner ist ein Verfahren zum Betrieb eines Inertialsensorsystems vorgesehen. Das Verfahren umfasst Messen einer Sensortemperatur eines Inertialsensors des Inertialsensorsystems mit einem Temperatursensor; Messen einer Umgebungstemperatur des Inertialsensorsystems mit einem Umgebungstemperatursensor; und Erwärmen des Inertialsensors mit einer Sensorheizung in Abhängigkeit von der gemessenen Umgebungstemperatur derart, dass die Sensortemperatur des Inertialsensors eine erste Kalibrationstemperatur erreicht.
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Eine der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Idee besteht darin, die Temperatur des oder der einzelnen Inertialsensoren eines Inertialsensorsystems zu kontrollieren und nicht lediglich die Temperatur auf Systemebene zu regeln bzw. zu stabilisieren. Hierbei wird die Temperatur des oder der Inertialsensoren mit dedizierten Temperatursensoren gemessen. Die Umgebungstemperatur kann mit einem zusätzlichen Sensorelement in einem nicht geheizten Bereich des Inertialsensorsystems gemessen werden. Unter anderem kann die Sensortemperatur jedes Inertialsensors derart je nach Umgebungstemperatur gezielt auf einen spezifischen, geeigneten Kalibrationspunkt eingestellt werden. Aufgrund dieser aktiven Anpassung der Temperatur auf individueller Sensorebene werden Modellierungsfehler bzw. Interpolationsfehler (z.B. einer Kalibration) vermieden oder zumindest in erheblichem Maße reduziert. Beispielsweise kann bei einer bestimmten Umgebungstemperatur die nächstliegende (höhere oder gleich große) Kalibrationstemperatur als Sensortemperatur eingestellt werden. Aufgrund der aktiven Heizung kann dies sehr schnell beispielsweise innerhalb weniger Sekunden erfolgen. Da der Inertialsensor bei dieser Kalibrationstemperatur kalibriert wurde, entfällt somit eine Interpolation, sobald der Inertialsensor diese Temperatur erreicht hat, und der Sensor arbeitet in einem wohldefinierten Zustand. Bestenfalls kann es während der sehr kurzen Erwärmungsphase notwendig sein, zwischen Kalibrationspunkten zu interpolieren. Auch die Kalbirierung selber kann aufgrund der Erfindung deutlich beschleunigt werden, da beim Anfahren eines vorgegebenen Temperaturniveaus in einer Temperaturkammer nicht gewartet werden muss, bis sich ein Temperaturgleichgewicht des Systems eingestellt hat. Vielmehr kann die Temperatur jedes Sensorelements gezielt geregelt werden. Die aktive Temperierung ermöglicht zudem kleinere, kostengünstigere Bauformen und vermeidet aufwendige thermische Isolierungen. Entsprechende Sensorelemente können mit niedriger Wärmekapazität ausgebildet werden, sodass diese besonders schnell und effizient erwärmt werden können.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen ergeben sich aus den weiteren Unteransprüchen sowie aus der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Figuren.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Sensorheizung dazu ausgebildet sein, den Inertialsensor unmittelbar zu erwärmen. Entsprechend kann der Inertialsensor in einer Weiterbildung des Verfahrens unmittelbar mit der Sensorheizung geheizt werden. Beispielsweise kann die Sensorheizung unmittelbar angrenzend, z.B. unter, dem Inertialsensor ausgebildet sein.
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Gemäß einer Weiterbildung kann eine Leiterplatte vorgesehen sein. Auf der Leiterplatte kann der Inertialsensor implementiert sein. Die Sensorheizung kann auf der Leiterplatte unterhalb des Initialsensors ausgebildet sein. Prinzipiell ist es möglich, sämtliche Elemente des Inertialsensorsystems auf einer derartigen Leiterplatte bzw. Platine zu implementieren. Die spezielle Anordnung der Sensorheizung ermöglicht hierbei eine unmittelbare und effiziente Heizung des entsprechenden Inertialsensors.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Sensorheizung als mäandernde Leiterbahn ausgebildet sein. Beispielsweise kann die Sensorheizung als ebene Leiterlage aus einem Metall und/oder einer Metalllegierung, z.B. als Kupferlage, ausgebildet sein. Eine derartige Implementierung der Heizung als Leiterebene bzw. Leiterbahn in einer Platine und/oder Leiterplatte ist kostengünstig und benötigt keine zusätzlichen oder besonderen Fertigungsschritte. Beispielsweise kann hierzu eine zusätzliche Kupferlage in eine Leiterplatte eingebettet werden, in der Leiterbahnen als mäandernde Heizwicklungen ausgeführt sind. Diese Heizwicklungen können jeweils direkt unter den (z.B. aufgelöteten) Sensorbausteinen platziert werden. Über die Steuereinheit kann ein Stromregler oder dergleichen angesteuert werden, welcher wiederum die Heizwicklung kontrolliert, sodass der Inertialsensor derart auf einer vorgegebenen Sensortemperatur gehalten werden.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Steuereinheit dazu ausgebildet sein, die Sensortemperatur des Inertialsensors mittels der Sensorheizung auf der ersten Kalibrationstemperatur zu halten. Entsprechend kann die Sensortemperatur des Inertialsensors in einer Weiterbildung des Verfahrens mittels der Sensorheizung auf der ersten Kalibrationstemperatur gehalten werden. Die Sensorheizung kann somit dazu genutzt werden, den Inertialsensor lokal auf ein definiertes Temperaturniveau zu erwärmen und dort zu stabilisieren.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Steuereinheit dazu ausgebildet sein, die Sensortemperatur des Inertialsensors auf eine zweite Kalibrationstemperatur zu erhöhen, wenn die gemessene Umgebungstemperatur die erste Kalibrationstemperatur überschreitet. Gemäß einer Weiterbildung kann das Verfahren entsprechend Erhöhen der Sensortemperatur des Inertialsensors auf eine zweite Kalibrationstemperatur umfassen, wenn die gemessene Umgebungstemperatur die erste Kalibrationstemperatur überschreitet. Beispielsweise kann das Verfahren dazu ausgebildet sein, die Sensortemperatur des oder der Inertialsensoren immer auf die jeweilige im Vergleich zu der momentanen Umgebungstemperatur nächsthöhere Kalibrationstemperatur zu regeln.
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Gemäß einer Weiterbildung kann der Temperatursensor in den Inertialsensor integriert sein. Beispielsweise kann der Temperatursensor als Temperaturfühler unmittelbar in, an oder bei dem Temperatursensor ausgebildet sein.
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Gemäß einer Weiterbildung können mehrere Inertialsensoren mit jeweils einem zugehörigen Temperatursensor und/oder mit jeweils einer zugehörigen Sensorheizung vorgesehen sein. Gemäß einer Weiterbildung des Verfahrens können entsprechend Sensortemperaturen mehrerer Inertialsensoren mit jeweils einem zugehörigen Temperatursensor gemessen werden und die Inertialsensoren mit jeweils einer zugehörigen Sensorheizung erwärmt werden. Entsprechend kann in derartigen Weiterbildungen für jeden Inertialsensor jeweils eine Steuereinheit vorgesehen sein. Alternativ kann jedoch ebenso eine zentrale Steuereinheit die Inertialsensoren unabhängig voneinander steuern bzw. regeln. Beispielsweise können alle Inertialsensoren eines Inertialsensorsystems, z.B. drei (lineare) Beschleunigungssensoren und drei Drehratensensoren (gyroskopische Sensoren), entsprechend mit einem individuellen Temperatursensor und einer individuellen Sensorheizung ausgebildet sein. Das Inertialsensorsystem kann beispielsweise eine zentrale Steuereinheit zum Steuern bzw. Regeln aller sechs Inertialsensoren aufweisen. Alternativ oder zusätzlich können die sechs Inertialsensoren jeweils auch mit einer individuellen Steuereinheit ausgebildet sein. Prinzipiell sind überdies Mischformen denkbar, bei denen bestimmte Sensoren gemeinsam gesteuert und/oder geregelt werden, z.B. eine Gruppe aus linearen Beschleunigungssensoren und/oder eine Gruppe aus Drehratensensoren, während andere Sensoren individuelle Steuereinheiten aufweisen, z.B. ein dreidimensionaler linearer Beschleunigungssensor und/oder ein dreidimensionaler gyroskopische Sensor.
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Gemäß einer Weiterbildung kann das Verfahren während oder vor einer Inertialsensormessung mit dem Inertialsensorsystem eines Flugkörpers verwendet werden. Beispielsweise kann das Verfahren unmittelbar vor dem Abflug eines Flugkörpers verwendet werden. Alternativ oder zusätzlich kann das Verfahren während des Flugs des Flugkörpers verwendet werden. Unter bestimmten Einsatzbedingungen wird es mitunter ausreichend sein, die Sensortemperatur der Inertialsensoren des Inertialsensorsystems einmal zu Beginn einzustellen, da sich die Umgebungstemperatur nachfolgend lediglich in unerheblichem Maße ändern wird. Prinzipiell kann das Verfahren jedoch ebenso beliebig oft verwendet werden, z.B. weil sich ein Flugkörper kontinuierlich erhitzt aufgrund von Reibung, Luftwiderstand und/oder bestimmten atmosphärischen Bedingungen. Beispielsweise kann das Verfahren dazu ausgebildet sein, die Sensortemperatur des oder der Inertialsensoren immer auf die im Vergleich zu der momentanen Umgebungstemperatur nächsthöhere Kalibrationstemperatur zu regeln.
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Gemäß einer Weiterbildung kann das Verfahren während einer Kalibrierung des Inertialsensorsystems verwendet werden. Während der Kalibrierung kann die Sensorheizung dazu verwendet werden, um die Aufwärmzeiten zwischen einzelnen Kalibrationspunkten (d.h. Kalibrationstemperaturen) zu verkürzen und den Inertialsensor stabil auf einer Temperatur zu halten. Dieses Verfahren verkürzt den Kalibrierungsprozess außerordentlich, da unter realistischen Bedingungen mitunter viele Minuten für das Anfahren des jeweils nächsten Temperaturpunktes und das „Durchwärmen“ des zu vermessenden Sensors benötigt werden.
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Die obigen Ausgestaltungen und Weiterbildungen lassen sich, sofern sinnvoll, beliebig miteinander kombinieren. Weitere mögliche Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale der Erfindung. Insbesondere wird dabei der Fachmann auch Einzelaspekte als Verbesserungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der vorliegenden Erfindung hinzufügen.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen dabei:
- 1 schematische perspektivische Ansicht eines Inertialsensorsystems gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
- 2 schematische perspektivische Ansicht eines Inertialsensorsystems gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung;
- 3 eine beispielhafte Schnittansicht eines Flugkörpers mit einem der Inertialsensorsysteme aus 1 oder 2; und
- 4 ein Flussdiagramm eines Verfahrens zum Betrieb eines der Inertialsensorsysteme aus 1 oder 2.
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Die beiliegenden Figuren sollen ein weiteres Verständnis der Ausführungsformen der Erfindung vermitteln. Sie veranschaulichen Ausführungsformen und dienen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Erklärung von Prinzipien und Konzepten der Erfindung. Andere Ausführungsformen und viele der genannten Vorteile ergeben sich im Hinblick auf die Zeichnungen. Die Elemente der Zeichnungen sind nicht notwendigerweise maßstabsgetreu zueinander gezeigt.
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In den Figuren der Zeichnung sind gleiche, funktionsgleiche und gleich wirkende Elemente, Merkmale und Komponenten - sofern nichts anderes ausgeführt ist - jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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Flugkörper im Sinne der vorliegenden Erfindung umfassen alle ballistischen bzw. ungelenkten Flugkörper und Lenkflugkörper, die sich auf bestimmbaren Flugbahnen in und außerhalb des Luftraums bewegen können. Flugkörper im Sinne der vorliegenden Erfindung umfassen dabei insbesondere leichte Drohnen, Lenkraketen, Lenkgranaten, alle Arten von Marschflugkörpern, Bodenzielflugkörpern, Luft-Boden-Raketen, Panzerabwehrlenkwaffen, Seezielflugkörpern, Luftzielflugkörpern wie Luft-Luft-Raketen oder Flugabwehrraketen, Anti-Raketen-Raketen und Antisatellitenraketen.
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Eine inertiale Messeinheit („inertial measurement unit“, IMU) im Sinne der vorliegenden Erfindung ist eine räumliche Kombination mehrerer Inertialsensoren wie Beschleunigungssensoren, Drehratensensoren und ähnlicher Sensoren. IMUs sind sensorische Messapparaturen von Trägheitsnavigationssystemen („inertial navigation system“, INS), welche unter anderem bei Flugkörpern zur Flugnavigation und zur regelungstechnischen Stabilisierung des Flugkörpers im Raum eingesetzt werden. Zur Erfassung von sechs möglichen kinematischen Freiheitsgraden verfügt eine IMU üblicherweise mindestens über drei jeweils zueinander orthogonal eingebaute Beschleunigungssensoren (Translationssensoren) für die Erfassung der translatorischen Bewegung in x-, y- und z-Richtung sowie mindestens drei orthogonal zueinander angebrachte Drehratensensoren (gyroskopische Sensoren) für die Erfassung rotierender bzw. kreiselnder Bewegungen um die x-, y- und z-Achse. IMUs können daher als Messwerte mindestens drei lineare Beschleunigungswerte für die translatorische Bewegung und mindestens drei Winkelgeschwindigkeitswerte für die Drehraten liefern. In einem INS kann aus den linearen Beschleunigungswerten, gegebenenfalls nach Kompensation der Erdbeschleunigung, die lineare Geschwindigkeit entlang der Flugbahn und die Position im Raum bezogen auf einen Referenzpunkt ermittelt werden. Die Integration der drei Winkelgeschwindigkeitswerte liefert, bezogen auf einen Referenzpunkt, die Orientierung im Raum.
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1 zeigt eine schematische perspektivische Ansicht eines Inertialsensorsystems 10 gemäß einer Ausführungsform der Erfindung. Die in 1 dargestellten Komponenten des Inertialsensorsystems 10 sind nur beispielhafter Natur und weitere Komponenten können im Zusammenhang mit dem Inertialsensorsystem 10 implementiert werden (vgl. 2). Das Inertialsensorsystem 10 kann beispielsweise Teil eines Trägheitsnavigationssystems (INS) sein, welches zum Beispiel für den Einsatz in einem Flugkörper konzipiert ist. Ein derartiger Flugkörper 100, welcher das Inertialsensorsystem 10 aufweisen kann, ist beispielhaft in 3 dargestellt.
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Das Inertialsensorsystem 10 ist für den Einsatz in einem Trägheitsnavigationssystem des Flugkörpers 100 ausgebildet. Das Inertialsensorsystem 10 umfasst eine Leiterplatte 7 oder Platine, welche beispielsweise auf einer Trägerplattform (nicht dargestellt) oder dergleichen montiert bzw. aufgebracht sein kann, über welche das Inertialsensorsystem 10 wiederum an einem Rahmen des Flugkörpers 100 angebracht sein kann. Die weiteren Komponenten des Inertialsensorsystems 10 sind auf dieser Leiterplatte 7 implementiert und umfassen einen Inertialsensor 1 mit einem integrierten Temperatursensor 2 und mit einer unter dem Inertialsensor 1 befindlichen Sensorheizung 4, eine Steuereinheit 5 mit einem daran gekoppelten Stromregler 6 sowie einen Umgebungstemperatursensor 3. Lediglich zur Verdeutlichung und der Übersichtlichkeit halber ist der Inertialsensor 1 in 1 von der Leiterplatte 7 abgesetzt dargestellt, sodass die Sensorheizung 4 sichtbar ist. Grundsätzlich kann der Inertialsensor 1 an durch die gestrichelten Linien exemplarisch angedeuteten Lötpunkten auf der Leiterplatte 7 aufgelötet und derart thermisch an die Sensorheizung 4 unmittelbar angekoppelt sein.
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Der Inertialsensor 1 ist rein beispielhaft stellvertretend für die Mehrzahl der üblicherweise vorhandenen Inertialsensoren zu betrachten. Zur Verdeutlichung zeigt 2 eine schematische perspektivische Ansicht eines Inertialsensorsystems 10 gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung, welches zwei Inertialsensoren 1 aufweist, die jeweils mit einem integrierten Temperatursensor 2, einer Sensorheizung 4 und einem Stromregler 6 ausgestattet sind und gemeinsam von einer Steuereinheit 5 gesteuert bzw. geregelt werden. Dem Fachmann wird hierbei klar sein, dass eine Vielzahl von Inertialsensoren 1 in derartiger oder ähnlicher Weise im Sinne der vorliegenden Erfindung konfiguriert werden können. Die Inertialsensoren 1 können unter verschiedenen Typen ausgewählt sein. Jeder Inertialsensortyp ist dabei eine auf die Messung eines bestimmten Inertialsensorparameters ausgelegte Gruppe von Sensoren wie beispielsweise lineare Beschleunigungssensoren, Rotationsbeschleunigungssensoren, Drehratensensoren, gyroskopische Sensoren und ähnliche Sensortypen. Inertialsensoren innerhalb einer einem Inertialsensortyp zugeordnete Gruppe von Sensoren können sich hinsichtlich ihrer Messeigenschaften unterscheiden. Beispielsweise können Inertialsensoren des selben Inertialsensortyps unterschiedliche Bandbreiten, unterschiedliche Vibrationsfestigkeiten, unterschiedliche Beschleunigungsfestigkeiten, unterschiedliche Messgenauigkeiten, unterschiedliche Temperaturabhängigkeiten etc. aufweisen.
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Wieder bezugnehmend auf 1 ist der Temperatursensor 2 dazu ausgebildet, eine Sensortemperatur des Inertialsensors 1 zu messen. Der Umgebungstemperatursensor 3 ist dazu konfiguriert, eine Umgebungstemperatur des Inertialsensorsystems 10 zu messen. Hierzu ist der Umgebungstemperatursensor 3 räumlich deutlich getrennt von dem Inertialsensor 1 und der Sensorheizung 4 auf der Leiterplatte 7 in einem nicht geheizten Bereich ausgebildet. Grundsätzlich kann es vorgesehen sein, dass der Umgebungstemperatursensor 3 thermisch isoliert von der Sensorheizung 4 ausgebildet ist, um eine Verfälschung der gemessenen Temperaturen zu vermeiden.
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Die Sensorheizung 4 ist als mäandernde Leiterbahn, z.B. aus Kupfer, unterhalb des Inertialsensors 1 ausgebildet und kann von dem Stromregler 6 angesteuert werden, um den Inertialsensor 1 gezielt auf eine vorgegebene Temperatur zu erwärmen. Die Steuerung bzw. Regelung des Stromreglers 6 und der Sensorheizung 4 wird hierbei von der Steuereinheit 5 übernommen.
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4 zeigt ein Flussdiagramm eines Verfahrens M zum Betrieb des Inertialsensorsystems 10 aus 1 bzw. 2. Das Verfahren M umfasst unter M1 Messen einer Sensortemperatur des Inertialsensors mit dem Temperatursensor 2. Das Verfahren M umfasst ferner unter M2 Messen der Umgebungstemperatur des Inertialsensorsystems 10 mit dem Umgebungstemperatursensor 3. Das Verfahren M umfasst ferner unter M3 Erwärmen des Inertialsensors 1 mit einer Sensorheizung 4 in Abhängigkeit von der gemessenen Umgebungstemperatur derart, dass die Sensortemperatur des Inertialsensors 1 eine erste Kalibrationstemperatur erreicht und auf dieser gehalten wird. Schließlich umfasst das Verfahren M unter M4 Erhöhen der Sensortemperatur des Inertialsensors 1 auf eine zweite Kalibrationstemperatur, wenn die gemessene Umgebungstemperatur die erste Kalibrationstemperatur überschreitet.
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Beispielhaft könnte eine Temperaturregelkreis aufbauend auf diesen Verfahrensschritten funktionell wie folgt ablaufen. Nach einer Initialisierung des Systems, z.B. während oder vor einer Inertialsensormessung mit dem Inertialsensorsystem 10 im oder vor dem Flug des Flugkörpers 100, erfolgt eine Erfassung der Umgebungstemperatur und der Sensortemperatur. Aufbauend auf einem Abgleich dieser beiden Temperaturen kann nun diejenige Kalibrationstemperatur ausgewählt werden, welche nächsthöher bezogen auf die gemessene Umgebungstemperatur liegt. Die Steuereinheit 5 sorgt nun über den Stromregler 6 und die Sensorheizung 4 dafür, dass die aktuelle Sensortemperatur möglichst schnell auf diese erste Kalibrationstemperatur gebracht wird. Dementsprechend kann eine Stromstärke des Stromreglers 6 eingestellt werden, um diese Temperaturdifferenz zu überbrücken. Währenddessen werden der Temperatursensor und der Umgebungstemperatursensor fortwährend ausgelesen, um jedwede Temperaturänderungen zu verfolgen. Solange die Umgebungstemperatur unterhalb der eingestellten ersten Kalibrationstemperatur bleibt, wird die Sensortemperatur entsprechend auf der eingestellten Kalibrationstemperatur gehalten. Sobald die Umgebungstemperatur die erste Kalibrationstemperatur überschreitet, regelt die Steuereinheit 5 erneut die Sensortemperatur nach, sodass eine zweite Kalibrationstemperatur erreicht wird, welche vorzugsweise dem gegenüber der aktuellen Umgebungstemperatursensor nächsthöheren Kalibrationspunkt entspricht.
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Im Ergebnis wird somit die Sensortemperatur des oder der Inertialsensoren 1 jederzeit unmittelbar (nach)geregelt, sodass sich die Inertialsensoren 1 möglichst jederzeit auf einem bekannten, kalibrierten Temperaturwert und somit wohldefinierten Zustand befinden, der keine Interpolation der Messergebnisse notwendig macht. Das die Temperaturregelung nicht auf Systemebene sondern unmittelbar an den Inertialsensoren 1 durchgeführt wird, werden Messungenauigkeiten und Fehler in sehr einfacher und effizienter Weise minimiert.
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In entsprechender Weise kann das obige Verfahren für einen Kalibrierung des Inertialsensorsystems 10 verwendet werden. Hierbei werden die Inertialsensoren 1 schrittweise mit kontinuierlich steigenden Temperaturwerten angefahren, um an jedem dieser Kalibrationspunkte das Verhalten des jeweiligen Inertialsensors 1 zu erfassen und für zukünftige Anwendungen zu speichern. Die Sensorheizung 4 dient hierbei zur Verkürzung der Aufwärmzeiten zwischen den jeweiligen Kalibrationspunkten. Die Kalibrierung des Inertialsensorsystems 10 kann somit sehr viel zügiger und effizienter ablaufen als bei herkömmlichen Systemen, bei welchen bei jedem Kalibrationspunkt zunächst abgewartet werden muss, bis sich das System auf die vorgegebene Temperatur eingestellt hat.
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In der vorangegangenen detaillierten Beschreibung sind verschiedene Merkmale zur Verbesserung der Stringenz der Darstellung in einem oder mehreren Beispielen zusammengefasst worden. Es sollte dabei jedoch klar sein, dass die obige Beschreibung lediglich illustrativer, keinesfalls jedoch beschränkender Natur ist. Sie dient der Abdeckung aller Alternativen, Modifikationen und Äquivalente der verschiedenen Merkmale und Ausführungsbeispiele. Viele andere Beispiele werden dem Fachmann aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse in Anbetracht der obigen Beschreibung sofort und unmittelbar klar sein.
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Die Ausführungsbeispiele wurden ausgewählt und beschrieben, um die der Erfindung zugrundeliegenden Prinzipien und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis bestmöglich darstellen zu können. Dadurch können Fachleute die Erfindung und ihre verschiedenen Ausführungsbeispiele in Bezug auf den beabsichtigten Einsatzzweck optimal modifizieren und nutzen. In den Ansprüchen sowie der Beschreibung werden die Begriffe „beinhaltend“ und „aufweisend“ als neutralsprachliche Begrifflichkeiten für die entsprechenden Begriffe „umfassend“ verwendet. Weiterhin soll eine Verwendung der Begriffe „ein“, „einer“ und „eine“ eine Mehrzahl derartig beschriebener Merkmale und Komponenten nicht grundsätzlich ausschließen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Inertialsensor
- 2
- Temperatursensor
- 3
- Umgebungstemperatursensor
- 4
- Sensorheizung
- 5
- Steuereinheit
- 6
- Stromregler
- 7
- Leiterplatte
- 10
- Inertialsensorsystem
- 100
- Flugkörper
- M
- Verfahren
- M1
- Verfahrensschritt
- M2
- Verfahrensschritt
- M3
- Verfahrensschritt
- M4
- Verfahrensschritt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- US 8558150 B2 [0004]
- US 6778908 B2 [0004]