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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Regeln eines Leerlaufs eines Hybridantriebs, der eine erste Maschine und eine zweite Maschine aufweist, wobei die erste Maschine eine Verbrennungsmaschine und die zweite Maschine eine elektrische Maschine ist oder umgekehrt, durch Anfordern eines Differenzdrehmoments von dem Hybridantrieb und Beeinflussen eines Regelungspfads, der sich zeitlich unmittelbar auf ein Ausgangsdrehmoment des Hybridantriebs auswirkt, entsprechend dem angeforderten Differenzdrehmoment. Darüber hinaus betrifft die vorliegende Erfindung eine entsprechende Regelungsvorrichtung zum Regeln eines Leerlaufs eines Hybridantriebs.
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Ein Verbrennungsmotor eines Kraftfahrzeugs wird beispielsweise im Stand im sogenannten „Leerlauf“ betrieben. Dies bedeutet, dass der Fahrer in diesem Zustand kein zusätzliches Moment anfordert. Gegebenenfalls fordern lediglich sekundäre Verbraucher, die über einen Generator mit elektrischer Energie versorgt werden oder mechanisch angekoppelt sind, geringfügig Drehmoment an.
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Die Drehzahlregelung des Verbrennungsmotors im Leerlauf (= Leerlaufregelung) ist besonders beim Ottomotor, eventuell aber auch beim Dieselmotor ein anspruchsvolles regelungstechnisches Problem, da die eingesetzten Stellgrößen des Verbrennungsmotors Limitierungen unterliegen. Die Regelung erfolgt im Allgemeinen auf Momentenbasis, um unabhängiger von den Einflussgrößen des Moments und deren Zusammenspiel zu sein (z.B. Luftmasse, Zündwinkel, Lambda etc. beim Ottomotor, Einspritzmenge, Muster der Einspritzung etc. beim Dieselmotor). Der Leerlaufregler gibt dabei eine oder mehrere Momentenanforderungen aus, welche in unterschiedliche Stellen der Momentenkoordination eingehen können (additiv oder als gefordertes Minimalmoment) und auf unterschiedliche Stellgrößen wirken können. Hierbei wird zwischen einem sogenannten „schnellen Pfad“ und einem sogenannten „langsamen Pfad“ unterschieden. Über den schnellen Pfad wird beim Ottomotor meist der Zündwinkel und beim Dieselmotor die Einspritzmenge beeinflusst. Über den langsamen Pfad erfolgt eine Beeinflussung von Luftmenge beziehungsweise Ladedruck oder anderen Stellgrößen. Während sich die Beeinflussung über den schnellen Pfad in der Regel auf den aktuellen oder den nächsten Verbrennungszyklus auswirkt, wirkt sich der langsame Pfad frühestens auf den nächsten Verbrennungszyklus aus.
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Der schnelle Pfad kann eine obere und eine untere Grenze für das realisierbare Moment erreichen. Beim Ottomotor ist die obere Grenze durch ein sogenanntes Basismoment definiert, das beim frühestmöglichen Zündzeitpunkt geliefert wird. Die untere Grenze des realisierbaren Moments beim Ottomotor ist durch die Brenngrenze beziehungsweise die thermische Grenze definiert, die den spätmöglichsten Zündzeitpunkt vorgibt. Die Grenzen sind jeweils auf die aktuell in dem Motor aufgenommene Füllung (z.B. mg/Hub), welche nur mit Verzögerung verändert werden kann, bezogen.
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Beim Dieselmotor ist die obere Grenze des realisierbaren Moments durch die Rußgrenze (höchste Einspritzmenge im Hinblick auf Emissionen etc.) und die untere Grenze eventuell durch eine minimale Einspritzmenge zum Vermeiden von „blauem“ Ruß (schlechte Verbrennung besonders bei geringem Umgebungsdruck und kaltem Motor durch lange Verzögerung des Verbrennungsbeginns) gegeben.
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Während im Leerlauf die Grenzen des Dieselmotors nur unter besonderen Bedingungen erreicht werden, hat die obere Grenze beim Ottomotor stets eine hohe Bedeutung, da nur mit geringem Abstand von dieser Grenze (sogenannte Momentenreserve) ein geringer Kraftstoffverbrauch erreichbar ist. Andererseits reduziert ein solcher geringer Abstand die Möglichkeit zu schnellen momentenerhöhenden Eingriffen bei Störungen (z.B. plötzlich wirksamer mechanisch gekoppelter Verbraucher wie der Klimakompressor).
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Insbesondere beim Aufheizen des Katalysators kann hier auch die untere Grenze bedeutsam sein, da in diesem Betrieb ein möglichst später Zündwinkel gefordert sein kann. Ein geringer Abstand („negative Momentenreserve“) vom minimal möglichen Zündwinkel reduziert wiederum die Möglichkeit zu schnellen momentenerniedrigenden Eingriffen bei Störungen.
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Elektrische Maschinen können in Hybridsystemen aufgrund ihrer hohen Reaktionsgeschwindigkeit vorteilhaft zur Leerlaufregelung eingesetzt werden. Andererseits sind gerade positive Momenteneingriffe durch die elektrische Maschine mit hohem energetischen Aufwand verbunden, da die hierfür erforderliche elektrische Energie zuerst unter der Berücksichtigung der Wirkungsgradkette aus der Energie des Kraftstoffs erzeugt werden muss (außer beim „Plug-In-Hybrid“). Insbesondere bei den sogenannten Mild- oder Mikro-Hybrid-Systemen ist das verfügbare Moment der elektrischen Maschine darüber hinaus begrenzt, besonders bei niedrigem Batterieladezustand, sodass eine vollständige Regelung des Leerlaufs über die elektrische Maschine nicht immer möglich ist.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, die Leerlaufregelung eines Hybridantriebs zu verbessern.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren nach Anspruch 1 sowie eine Regelungsvorrichtung nach Anspruch 9 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Erfindungsgemäß wird demnach ein Verfahren zum Regeln eines Leerlaufs eines Hybridantriebs, der eine erste Maschine und eine zweite Maschine aufweist, wobei die erste Maschine eine Verbrennungsmaschine und die zweite Maschine eine elektrische Maschine ist oder umgekehrt, bereitgestellt. Die beiden Maschinen stehen im Sinne des Hybridantriebs in Wirkverbindung und erzeugen das jeweils geforderte Drehmoment einzeln oder gemeinsam. Zunächst erfolgt dabei ein Anfordern eines Differenzdrehmoments von dem Hybridantrieb. Dies bedeutet, dass das aktuelle Ist-Drehmoment zu niedrig oder zu hoch ist und daher von dem Hybridantrieb ein sprechendes Differenzdrehmoment bereitgestellt werden muss, um der Anforderung gerecht zu werden.
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Für die Regelung des Leerlaufs wird ein Regler verwendet. Gegebenenfalls bietet ein Regler mehrere Regelungspfade, insbesondere einen schnellen Regelungspfad und einen langsamen Regelungspfad. Von der vorliegenden Erfindung ist primär der schnelle Regelungspfad (hier auch erste Regelungspfad genannt) betroffen, der sich zeitlich unmittelbar auf ein erstes Einzeldrehmoment und ein zweites Einzeldrehmoment des Hybridantriebs auswirkt. Dies bedeutet also, dass die Beeinflussung des ersten beziehungsweise schnellen Regelungspfads sich ohne nennenswerte Verzögerung auf die Momentenerzeugung der Verbrennungsmaschine auswirkt. Vorliegend wird also der schnelle Regelungspfad entsprechend dem angeforderten Differenzdrehmoment, das positiv oder negativ sein kann, beeinflusst. Für eine verbesserte Regelung wird hierzu anhand eines vorgegebenen Grenzwerts des ersten Regelungspfads geprüft, ob eine oder beide Maschinen zu einer Bereitstellung des Differenzmoments herangezogen werden. Es wird also geprüft, ob das Differenzdrehmoment nur durch eine von beiden Maschinen oder durch beide gemeinsam erzeugt werden soll. Hierbei erfolgt eine Orientierung an einem vorgegebenen Grenzwert, der beispielsweise eine obere Grenze oder eine untere Grenze des realisierbaren Moments sein kann. Liegt beispielsweise das gesamte am Verbrenner angeforderte Drehmoment, d.h. die Summe aus Drehmomentvorgabe ohne Regler und Differenzdrehmoment, oberhalb der oberen Grenze des Verbrennungsmotors, so kann ein Teil des Drehmoments (z.B. nur der fehlende Teil oder etwas mehr) von der elektrischen Maschine erzeugt werden. Entsprechend dem Ergebnis des Prüfens erfolgt eine Aufteilung in das erste Einzeldrehmoment der ersten Maschine und in das zweite Einzeldrehmoment der zweiten Maschine. In vorteilhafter Weise können also beide Maschinen zusammenwirken, um rasch das geforderte Drehmoment bereitzustellen.
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In einer Ausgestaltung steht zu dem Regeln des Leerlaufs neben dem ersten Regelungspfad ein zweiter Regelungspfad zur Verfügung, dessen Beeinflussung sich nur mit einer vorgegebenen zeitlichen Verzögerung auf das jeweilige Einzeldrehmoment der Verbrennungsmaschine auswirkt und der von dem Beeinflussen des ersten Regelungspfads unabhängig ist. Dieser zweite Regelungspfad ist also ein langsamerer Regelungspfad als der erste Regelungspfad. Dies bedeutet, dass der erste Regelungspfad als schneller Regelungspfad und der zweite Regelungspfad als langsamer Regelungspfad angesehen werden kann. Die verbesserte Regelung des Leerlaufs mittels der ersten und/oder zweiten Maschine bezieht sich hier aber nur auf den ersten beziehungweise schnellen Regelungspfad.
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Gemäß einer speziellen Ausführungsform ist die erste Maschine die Verbrennungsmaschine und die zweite Maschine die elektrische Maschine, wobei der vorgegebene Grenzwert ein minimales oder maximales Drehmoment der Verbrennungsmaschine ist und der Grenzwert genutzt wird, wenn der Betrag des Differenzdrehmoments null ist. Dies bedeutet, dass die Verbrennungsmaschine im laufenden Betrieb auch ohne weiteres an der jeweiligen Grenze betrieben werden kann, ohne dass eine entsprechende positive oder negative Momentenreserve bereitstehen müsste, denn die elektrische Maschine sorgt für zusätzliche Momentenkapazität nach oben oder unten. Dies aber bedeutet, dass die Verbrennungsmaschine hinsichtlich des Verbrauchs gegebenenfalls günstiger betrieben werden kann.
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Bei einer alternativen Ausgestaltung ist das Differenzdrehmoment negativ, und infolgedessen wird der erste Regelungspfad der elektrischen Maschine zugeordnet, um diese unmittelbar zu beeinflussen. Dies bedeutet, dass hinsichtlich der Regelung des Leerlaufs die elektrische Maschine Priorität vor der Verbrennungsmaschine erhält. Erst Differenzdrehmomente, die die elektrische Maschine nicht mehr allein bereitstellen kann, werden von der Verbrennungsmaschine übernommen. Dies hat den Vorteil, dass negative Momenteneingriffe nicht ineffizient durch beispielsweise den Ottomotor erfolgen müssen.
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In einer Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann zu dem Regeln des Leerlaufs ein Regler mit mehreren Ausgängen benutzt werden, wobei der erste Regelungspfad nur einem einzigen der mehreren Ausgänge zugeordnet ist. Dies bedeutet, dass die erfindungsgemäße zweigleisige Regelung des Leerlaufs über die elektrische Maschine und die Verbrennungsmaschine nur für einen Teil der Regelung durchgeführt wird. Insbesondere kann nämlich der Regler ein PID-Regler sein, wobei nur dessen PD-Anteil dem ersten Regelungspfad zugeordnet ist. Dies bedeutet, dass nur der PD-Ausgang des Reglers dahingehend überprüft wird, ob der vorgegebene Grenzwert der jeweiligen Maschine erreicht oder überschritten ist und dann eine entsprechende Momentenergänzung durch die andere Maschine erfolgt. Der I-Anteil des PID-Reglers wird bei der Prüfung nicht berücksichtigt. Dies hat den Vorteil, dass nur ein einziger additiver Anteil des Reglers für den Momentenausgleich berücksichtigt werden muss.
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Gegebenenfalls kann ein von der elektrischen Maschine geliefertes Einzeldrehmoment betragsmäßig oder zeitlich an den von der Verbrennungsmaschine gelieferten Anteil angepasst werden. Eine solche Anpassung kann durch einen Korrekturfaktor beziehungsweise eine entsprechende Kennlinie erfolgen. Der Vorteil dieser Korrektur ist, dass die elektrische Maschine an die etwas höhere Verzögerung der Verbrennungsmaschine angepasst werden kann.
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Vorzugsweise wird bei dem Regeln des Leerlaufs eine Mindestdrehzahl des Hybridantriebs gewährleistet. Dadurch kann insbesondere ein so genannter „Abwürgeschutz“ bereitgestellt werden.
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Die oben geschilderte Aufgabe kann erfindungsgemäß auch gelöst werden durch eine Regelungsvorrichtung zum Regeln eines Leerlaufs eines Hybridantriebs, der eine erste Maschine und eine zweite Maschine aufweist, wobei die erste Maschine eine Verbrennungsmaschine und die zweite Maschine eine elektrische Maschine ist oder umgekehrt, mit einer Schnittstelle zum Anfordern eines Differenzdrehmoments von dem Hybridantrieb, einem ersten Regelungspfad, der sich zeitlich unmittelbar auf ein Ausgangsdrehmoment des Hybridantriebs auswirkt, entsprechend dem angeforderten Differenzdrehmoment, sowie einer Prüfeinrichtung zum Prüfen anhand eines vorgegebenen Grenzwerts des ersten Regelungspfads, ob eine oder beide Maschinen zu einer Bereitstellung des Differenzdrehmoments notwendig sind, und einer Regelungseinheit, die dazu ausgebildet ist, eine Bereitstellen des Differenzdrehmoments durch Aufteilung in das erste Einzeldrehmoment der ersten Maschine und in das zweite Einzeldrehmoment der zweiten Maschine entsprechend einem Ergebnis der Prüfeinrichtung zu bewirken.
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Die oben im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren geschilderten Variationsmöglichkeiten und Vorteile gelten sinngemäß auch für die erfindungsgemäße Regelungsvorrichtung. Dabei lassen sich die einzelnen geschilderten Verfahrensmerkmale als funktionelle Merkmale der Regelungsvorrichtung deuten, die mit entsprechenden Mitteln realisiert werden.
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Die Regelungsvorrichtung kann insbesondere in einem Kraftfahrzeug mit einem Hybridantrieb genutzt werden. Dabei kann das Kraftfahrzeug davon profitieren, dass eine hochqualitative Leerlaufregelung bereitgestellt wird.
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Die vorliegende Erfindung wird nun anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert, in denen zeigen:
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1 eine schematische Ansicht eines Kraftfahrzeugs mit einer erfindungsgemäßen Regelungsvorrichtung und
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2 ein Blockschaltdiagramm eines Beispiels eines Leerlaufregelungsverfahrens.
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Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung dar. Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Merkmale nicht nur in den geschilderten Merkmalskombinationen, sondern auch in Alleinstellung oder in anderen technisch sinnvollen Merkmalskombinationen realisiert werden können.
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Eine Leerlaufregelung kann bei allen Hybridsystemen genutzt werden, bei denen eine Verbrennungsmaschine beziehungsweise ein Verbrennungsmotor mit einer elektrischen Maschine beziehungsweise einem Elektromotor zusammenwirkt. Gegebenenfalls muss während des Betriebs des Hybridsystems die Verbrennungsmaschine nämlich in einem Leerlauf gehalten werden, wenn der Nutzer kein zusätzliches Drehmoment anfordert. Ein typisches Beispiel der Nutzung eines Hybridsystemes ist ein sogenanntes Hybridfahrzeug, bei dem zum Antrieb sowohl eine Verbrennungsmaschine als auch eine elektrische Maschine genutzt wird. Ein solches Fahrzeug ist in 1 schematisch mit einem Fahrgestell und einem Antriebsstrang dargestellt. Der Antriebsstrang weist einen Verbrennungsmotor VM auf, der sein Drehmoment über eine Kupplung K und ein Getriebe G an eine Antriebsachse A des Fahrgestells abgibt. Die Motorwelle der Verbrennungsmaschine VM ist mit einer elektrischen Maschine gekoppelt, die hier als Riemenstartergenerator BSG ausgebildet ist. Damit besteht eine exemplarische Wirkverbindung zwischen der Verbrennungsmaschine VM und der elektrischen Maschine.
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Die elektrische Maschine beziehungsweise der Riemenstartergenerator BSG wird im vorliegenden Beispiel von einer 48 V-Batterie über einen Wechselrichter DC/AC versorgt. Über einen an den Wechselrichter beziehungsweise das 48 V-Netz angeschlossenen Gleichrichter DC/DC kann beispielsweise ein 12 V-Netz zur Versorgung weiterer KFZ-interner Verbraucher erzeugt werden.
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Der Riemenstartergenerator BSG hat neben der Antriebsfunktion auch die Funktion einer Lichtmaschine. Er kann sowohl im Zusammenhang mit Ottomotoren als auch mit Dieselmotoren genutzt werden. Mit ihm ist beispielsweise eine Start-Stopp-Funktionalität und damit ein Mild-Hybrid-System realisierbar.
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Durch den erhöhten Spannungspegel von hier 48 V ist ein höherer Leistungsverbrauch gegenüber 12 V-Systemen möglich (z.B. 10 kW). Ein spezieller Berührschutz, der über 60 V vorzusehen ist, ist allerdings nicht nötig, was die Systemkosten in einem tragbaren Rahmen hält. Außerdem kann ein stabilisiertes 12 V Netz bereitgestellt werden, bei dem keine wesentlichen Spannungseinbrüche beim Starten mit dem Riemenstartergenerator BSG zu verzeichnen sind. Der Riemenstartergenerator BSG liefert neben der Starterfunktionalität zusätzlich die Möglichkeit einer Drehmomentunterstützung.
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Insbesondere kann eine Drehmomentunterstützung durch die elektrische Maschine, z.B. den Riemenstartergenerator BSG, für den Leerlauf der Verbrennungsmaschine VM genutzt werden. Dazu besitzt das Kraftfahrzeug eine Regelungsvorrichtung LR, die auch als Leerlaufregler bezeichnet werden kann. Sie beeinflusst die Momentenerzeugung sowohl der Verbrennungsmaschine VM als auch der elektrischen Maschine, z.B. des Riemenstartergenerators BSG.
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Die Leerlaufregelung geschieht beispielsweise über einen schnellen und einen langsamen Pfad des Verbrennungsmotors, solange keine Limitierungen des schnellen Pfads erreicht werden, was an dem Beispiel von 2 näher erläutert werden wird. Wird die obere beziehungsweise untere Grenze des schnellen Pfads erreicht, so wird der nicht umsetzbare positive oder negative Teil der Momentenanforderung (Differenzdrehmoment) ermittelt und als positive (Motormodus) beziehungsweise negative (Generatormodus) Momentenänderung durch die elektrische Maschine realisiert. Die Berechnung des E-Maschinensollwerts kann dabei auf der Motorsteuerung oder auf einer übergeordneten Hybridensteuerung erfolgen, die Umsetzung auf einem der elektrischen Maschine zugeordneten Steuergerät (z.B. Inverter). Der Sollwert für den langsamen Pfad der Verbrennungsmaschine VM wird dabei unverändert beibehalten, sodass länger andauernde Eingriffe nach Ablauf von Verzögerungen der Verbrennungsmaschine wieder vollständig über sie umgesetzt werden, falls keine stationären Grenzen erreicht werden.
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In dem konkreten Beispiel von 2 sind die funktionellen Abläufe einer Regelungsvorrichtung zur Leerlaufregelung schematisch dargestellt. Eine Geschwindigkeitssteuerung GS erhält von einer entsprechenden Sensorik eine Ist-Geschwindigkeit ig und von einem übergeordneten System eine Sollgeschwindigkeit sg. Daraus erzeugt die Geschwindigkeitssteuerung GS ein Steuersignal sl für den langsamen Pfad für eine entsprechende Drehmomentsteuerung MSL des langsamen Pfads. Dort wird beispielsweise eine Signal ds für die Drossellklappenstellung für einen Drossellklappensteller oder ein anderes Stellsignal erzeugt.
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In der Geschwindigkeitssteuerung GS wird außerdem ein Steuersignal ss für den schnellen Pfad erzeugt. Bei diesem Steuersignal ss kann es sich beispielsweise um einen additiven Wert (Differenzmoment) als Reglereingriff handeln.
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Das Steuersignal ss wird an eine Begrenzungseinheit LIM geliefert. Die Begrenzungseinheit LIM erhält außerdem eine modellierte Momentenvorgabe ms, das als Sollwert für den schnellen Regelungspfad ohne Reglereingriff dient. Diese modellierte Momentenvorgabe ms ohne Reglereingriff ist beispielsweise ein Vorsteuermoment, das beispielsweise die Reibung eines Motors oder den Betrieb eines Klimakompressors berücksichtigt. Ferner erhält die Begrenzungseinheit LIM ein maximales Drehmoment vmmax, das die Verbrennungsmaschine VM unmittelbar zur Verfügung stellen kann, ebenso wie ein minimales Drehmoment vmmin, das die Verbrennungsmaschine VM ebenfalls unmittelbar zur Verfügung stellen kann. Die Begrenzungseinheit LIM bildet einen Momentensollwert mss für den schnellen Pfad aus der Summe des Steuersignals ss für den schnellen Pfad und der modellierten Momentenvorgabe ms gegebenenfalls limitiert durch das maximale Drehmoment vmmax und das minimale Drehmoment vmmin. Der Momentensollwert mss stellt einen Sollwert mit Reglereingriff dar und wird einer Momentensteuerung MSS für den schnellen Pfad zur Verfügung gestellt, um beispielsweise einen Zündwinkel zw, eine Einspritzmenge oder dergleichen zu ermitteln.
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Der Momentensollwert mss für den schnellen Pfad mit Reglereingriff wird zusammen mit der modellierten Momentenvorgabe ms ohne Reglereingriff einem ersten Subtrahierer S1 zur Verfügung gestellt. Dieser bildet daraus ein Moment mv, das momentan von der Verbrennungsmaschine bereitgestellt werden kann. Dieses Moment mv wird zusammen mit dem Steuersignal ss für den schnellen Pfad, welches den Reglereingriff repräsentiert, an einen zweiten Subtrahierer S2 geliefert. Das daraus resultierende Momentensignal me wird zusammen mit einem Momentensollwert es der elektrischen Maschine ohne Reglereingriff an eine Momentensollwerteinheit EMS geliefert. Außerdem erhält diese Momentensollwerteinheit EMS ein maximales Drehmoment emmax der elektrischen Maschine sowie ein minimales Drehmoment emmin der elektrischen Maschine. Sie bildet daraus einen Momentensollwert ems der elektrischen Maschine mit Reglereingriff als Summe des Moments me der elektrischen Maschine und des Momentensollwert es der elektrischen Maschine ohne Regler Eingriff gegebenenfalls limitiert mit dem maximalen Drehmoment emmax und dem minimalen Drehmoment emmin der elektrischen Maschine.
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Durch die Möglichkeit zu schnellen Eingriffen über die elektrische Maschine kann im Leerlauf die Momentenreserve der Verbrennungsmaschine reduziert werden (eventuell bis auf 0), so dass ohne Reglereingriff die Verbrennungsmaschine an der aktuell möglichen oberen Momentengrenze betrieben werden kann. Ebenso kann im Leerlauf beispielsweise beim Heizen eines Katalysators (möglichst hohe Abgastemperatur durch späten Zündwinkel) der Mindestabstand vom minimalen Zündwinkel reduziert werden (eventuell ebenfalls bis auf 0). Die Momentenreserve beziehungsweise der Abstand vom minimalen Zündwinkel können dabei abhängig vom aktuellen Maximal- beziehungsweise Minimalmoment der elektrischen Maschine vorgegeben werden, oder alternativ abhängig von den Einflussgrößen auf dieses Maximal- beziehungsweise Minimalmoment (z.B. Drehzahl, Batterieladezustand, Batterietemperatur, Derating-Zustand der elektrischen Maschine etc.), die sich mit relativ geringer Dynamik verändern.
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Um beim Ottomotor energetisch ineffiziente negative Momenteneingriffe über den Verbrennungsmotor (Zündwinkelspätverzug) möglichst zu vermeiden, kann alternativ ein negativer Momenteneingriff im schnellen Pfad an erster Stelle über die elektrische Maschine umgesetzt werden. Falls der geforderte negative Momenteneingriff durch Limitierungen der elektrischen Maschine nicht vollständig über diese umsetzbar ist, kann der verbleibende Anteil des negativen Momenteneingriffs über den schnellen Pfad des Verbrennungsmotors umgesetzt werden. Dies entspricht einer Änderung der Eingriffsprioritäten an beiden Maschinen für den Fall negativer Eingriffe.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Regelung des Leerlaufs kann auf einzelne Anteile eines Reglerausgangs begrenzt sein. Wird beispielsweise ein PID-Regler benutzt, so hat dieser gegebenenfalls zwei Ausgänge, nämlich einen für einen PD-Anteil und einen für einen I-Anteil. Beide Anteile werden bei der Regelung üblicherweise addiert. Nun kann aber z.B. allein der PD-Anteil dem erfindungsgemäßen Regelungsverfahren unterworfen werden.
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Falls ein Übersetzungselement (z.B. Riemen, Getriebe) zwischen physikalischem Moment der elektrischen Maschine und dem an der Verbrennungsmaschine wirksamen Moment (Kurbelwellenäquivalent) vorhanden ist, ist dessen Übersetzungsverhältnis bei der Berechnung des physikalischen Moments der elektrischen Maschine aus der Momentenlücke als Faktor zu berücksichtigen.
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Um Einflüsse der unterschiedlichen Momentenumsetzungsgeschwindigkeiten über den schnellen Pfad der Verbrennungsmaschine und über die elektrische Maschine auf das Regelverhalten zu kompensieren, kann der über die elektrische Maschine umzusetzende Anteil mit einem Faktor größer oder kleiner als 1 korrigiert werden. Ebenso kann hierfür das Eingriffsmoment der elektrischen Maschine über eine nichtlineare Kennlinie korrigiert oder begrenzt werden (Eingangsgröße: Momentenlücke; Ausgangsgröße: Moment der elektrischen Maschine).
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Insbesondere im Fall, dass die elektrische Maschine nur negatives Moment erzeugen kann, kann die Anwendung auf die Umsetzung negativer Momenteneingriffe begrenzt sein. Ebenso kann die Anwendung auf die Umsetzung positiver Momenteneingriffe begrenzt sein.
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Das erfindungsgemäße Verfahren beziehungsweise die entsprechende Regelungsvorrichtung lässt sich auch auf einen Abwürgeschutz (Stalling Protection) anwenden, wenn keine feste Drehzahl eingeregelt werden soll, sondern nur eine Mindestdrehzahl garantiert werden soll, bei welcher der Betrieb der Verbrennungsmaschine möglich ist. In diesem Fall handelt es sich nur um positive Momenteneingriffe.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht also einen koordinierten Leerlaufreglereingriff über die Verbrennungsmaschine und die elektrische Maschine. Dabei wird nur die dynamische „Momentenlücke“ des schnellen Pfads vorzugsweise mithilfe der elektrischen Maschine überbrückt. Darüber hinaus wird durch die elektrische Maschine beziehungsweise deren Einflussgrößen (alternativ auch durch die Verbrennungsmaschine) eine positive und/oder negative Momentenreserve bereitgestellt, sodass die Verbrennungsmaschine (oder bei alternativer Ausführung die elektrische Maschine) bis zu den Momentengrenzen betrieben werden kann. Außerdem kann ein negatives Eingriffsmoment der elektrischen Maschine genutzt werden, um im Heizbetrieb des Katalysators mit möglichst großer Momentenreserve arbeiten zu können (spätmöglichster Zündwinkel).
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Für den Ottomotor kann die vorliegende Erfindung den Vorteil eines geringeren Verbrauchs im Leerlauf durch geringere (oder fehlende) Momentenreserve bringen. In vorteilhafter Weise kann außerdem bei dem Ottomotor eine schnellere Aufheizung des Katalysators bei dessen Heizbetrieb durch einen möglichst späten Zündwinkel (beziehungsweise möglichst geringen Abstand vom spätesten Zündwinkel im Hinblick auf Verbrennungsstabilität) erfolgen.
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Ferner besteht durch die Erfindung der energetische Vorteil im Vergleich zu der Leerlaufregelung ausschließlich durch die elektrische Maschine, dass ein positives Moment nur kurzzeitig über die elektrische Maschine dargestellt werden muss (Verluste durch Wirkungsgradkette von mechanischem Moment zu gespeicherter elektrischer Energie und zurück entfallen).
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Darüber hinaus kann bei niedrigen Drehzahlen ein hohes Moment der elektrischen Maschine (selbst bei geringer Maschinengröße, z.B. Mikro- oder Mild-Hybrid) bereitgestellt werden, das mit hoher Reaktionsgeschwindigkeit umsetzbar ist. Insbesondere bei stärkeren Störungen kann so schnell mehr Moment aufgebaut werden, als mit einer verbrauchsmäßig akzeptablen Momentenreserve und Eingriff über den Verbrennungsmotor möglich wäre. Dies kann zu verbesserter Leerlaufstabilität führen. Insbesondere bei einem Abwürgeschutz ist diese Eigenschaft von großem Vorteil, da das Moment der elektrischen Maschine bis zur Nulldrehzahl darstellbar ist.
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Durch den kombinierten Regler entfällt zudem der Aufwand für die Versorgung von zwei Reglern (jeweils einen für die Verbrennungsmaschine und die elektrische Maschine) mit Daten. Derartige Daten sind erforderlich, um alle Betriebsbedingungen abzudecken (niedriger Batterieladezustand etc.). Als weiterer Vorteil ergibt sich, dass das erfindungsgemäße Konzept in gleicher Weise für Otto- und Dieselmotoren nutzbar ist.
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Bezugszeichenliste
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- A
- Antriebsachse
- BSG
- Riemenstartergenerator
- ds
- Signal für Drosselklappe
- emmax
- maximales Drehmoment der elektrischen Maschine
- emmin
- minimales Drehmoment der elektrischen Maschine
- EMS
- Momentensollwerteinheit
- ems
- Momentensollwert der elektrischen Maschine mit Reglereingriff
- es
- Momentensollwert der elektrischen Maschine ohne Reglereingriff
- G
- Getriebe
- GS
- Geschwindigkeitssteuerung
- ig
- Istgeschwindigkeit
- K
- Kupplung
- LIM
- Begrenzungseinheit
- LR
- Regelungsvorrichtung
- me
- Moment der elektrischen Maschine
- MSL
- Drehmomentsteuerung für langsamen Pfad
- ms
- modellierte Momentenvorgabe ohne Reglereingriff
- mss
- Momentensollwert für schnellen Pfad
- MSS
- Drehmomentsteuerung für schnellen Pfad
- mv
- Moment der Verbrennungsmaschine
- S1
- erster Subtrahierer
- S2
- zweiter Subtrahierer
- sg
- Sollgeschwindigkeit
- sl
- Steuersignal für langsamen Pfad
- ss
- Steuersignal für schnellen Pfad
- VM
- Verbrennungsmotor
- vmmax
- maximales Drehmoment der Verbrennungsmaschine
- vmmin
- minimales Drehmoment der Verbrennungsmaschine
- zw
- Zündwinkel