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Technisches Gebiet
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Beschrieben wird ein Verfahren zum Mikrostrukturieren eines, eine Vorder- und Rückseite aufweisenden, aus einem ersten Material bestehenden Substrates, dessen eine der Rückseite zuordenbare Oberfläche unmittelbar an eine Schicht aus einem zweiten Material angrenzt, wobei das erste und zweite Material über unterschiedliche optische Transmissionseigenschaften in Bezug auf eine Laserwellenlänge eines von einem Lasersystem emittierten Laserstrahls derart verfügen, so dass bei Durchtritt des Laserstrahls durch das Substrat von der Vorder- zur Rückseite keine materialdegradierenden Absorptionseffekte innerhalb des Substrats auftreten und der Laserstrahl innerhalb des zweiten Materials zumindest teilweise absorbiert wird, so dass das zweite Material in Wechselwirkung mit dem Laserstrahl tritt und in Folge dessen das Substrat unmittelbar angrenzend am Bereich des mit dem Laserstrahl in Wechselwirkung tretenden zweiten Materials durch lokalen Materialabtrag strukturiert wird.
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Stand der Technik
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Mikrostrukturierte Werkstücke und Materialien spielen aufgrund der fortschreitenden Miniaturisierung bei Technologieprodukten eine zunehmend große Rolle. Ein besonderes Interesse gilt in diesem Zusammenhang der Prozessierung von Mikrokanalsystemen, die unter anderem in Technologieprodukten im Bereich der Mikrofluidik eingesetzt und nachgefragt werden. Die Mikrofluidik spielt eine zunehmend wichtige Rolle in vielen Bereichen der Biologie und der Medizin. Beispielsweise ermöglicht diese Technologie im Rahmen sogenannter "lab-on-a-chip devices" die Analyse oder die kontrollierte chemische Reaktion kleinster Flüssigkeitsmengen (wenige Pikoliter bis Milliliter). Der Transport der Proben in den Mikrokanälen findet mithilfe von Kapillarkräften statt. Technische Anwendungen gibt es beispielsweise im Bereich der Bioanalytik, Diagnostik und der Wirkstoffentwicklung. Das rasante Wachstum des damit verbundenen Forschungs- und Entwicklungszweiges in den vergangenen 10 Jahren spiegelt das große Potential wieder, welches diese breit einsetzbare, ressourcenschonende, sichere und portable Technologie besitzt.
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Mikrofluidik-Chips aus Glas sind aufgrund der unübertroffenen chemischen und thermischen Beständigkeit sowie der hohen Transparenz über einen großen Spektralbereich bei vielen Anwendungen die erste Wahl. Jedoch stellt die Bearbeitung des spröden Werkstoffes Glas immer noch eine große technologische Herausforderung dar, wodurch derartige mikrostrukturierte Glasprodukte aufgrund extrem kostenintensiver Herstellungsverfahren besonders teuer sind und die Vielfalt der verfügbaren Mikrostrukturen zudem stark eingeschränkt ist.
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Neben der Photolithographie als industriell einsetzbares Verfahren zur Herstellung von Mikrostrukturen auf glasbasierten Materialien sind weitere Verfahren zu nennen:
- – Mikrostrukturierung glasartiger und kristalliner Materialien mittels Laser, wobei die Materialbearbeitung mit Ultrakurzpulslasern auf der punktuellen Sublimation des Materials beruht.
- – ISLE (In-Volume Selective Laser-induced Etching). Der ISLE-Prozess ist ein zweistufiger Prozess, bei dem in einem ersten Prozessschritt das Glasmaterial mit Laserstrahlung derart belichtet wird, so dass die chemische Ätzbarkeit an diesen Stellen vergrößert wird. In einem zweiten Prozessschritt wird das durch die Laserstrahlung modifizierte Material selektiv durch nasschemisches Ätzen entfernt.
- – LIBWE (Laser-induced Backside Wet Etching) mit flüssigen, kohlenwasserstoffhaltigen Absorbern. Auf der Rückseite eines Glassubstrats wird eine Flüssigkeitsschicht aufgebracht. Dieser Flüssigkeit wird mit einem Laserpuls Energie zugeführt. Der Laser wird über die Vorderseite des Glassubstrates eingekoppelt und nahe der rückseitigen Oberfläche fokussiert. Die Laserstrahlenergie wird in der Flüssigkeit absorbiert und führt zu einer lokalen Erhitzung der Flüssigkeit, wodurch lokal Material an der rückseitigen Oberfläche destabilisiert wird. Mechanische Kräfte, die aus dem schnellen, lokalen Erhitzen der Flüssigkeit resultieren (insbes. Schockwellen) tragen dazu bei, das destabilisierte Material abzutragen.
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Ebenfalls etabliert ist ein analoges LIBWE Verfahren unter Verwendung metallischer Absorberschichten. Das LIBWE-Verfahren geht u.a. aus Beiträgen von
J. Wang, H. Niino, A. Yabe, Appl. Phys. A 68 (1999), 111–113 "Micromachining of quartz crystal with excimer lasers by laser-induced backside wet etching" und
K. Zimmer, R. Böhme, Laser Chemistry, 2008, (2008), 170632 "Laser-Induced Backside Wet Etching of Transparent Materials with Organic and Metallic Absorbers" hervor. Aus den verwendeten Absorbermaterialien (kohlenwasserstoffhaltige Flüssigkeiten oder Metalle) leitet sich jedoch ein essenzieller Nachteil ab, der darin besteht, dass das bearbeitete Quarzglassubstrat Kontaminationen in Form metallischer oder organischer Reste aufweist, welche aus den in der Flüssigkeit enthaltenen Kohlenstoffverbindungen hervorgehen und sich oft kovalent an die bearbeiteten Flächen binden. Diese Kontaminationen sind für die meisten Anwendungen in der Diagnostik, Analytik etc. ein Ausschlusskriterium.
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Derzeit ist kein industrielles Verfahren etabliert, welches eine schnelle Oberflächen- und 3D-Strukturierung mit Strukturgrößen im Mikrometerbereich von Substraten aus Glas, glasartigen oder kristallinen Materialen mit hoher Qualität ermöglicht, eine Vielzahl möglicher Mikrostrukturen, insbesondere vergrabene Strukturen, zugänglich macht und auf verlässliche und kosteneffiziente Bearbeitungswerkzeuge und Arbeitsschritte zurückgreift.
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Darstellung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Mikrostrukturieren eines Substrates anzugeben, das im industriellen Maßstab anwendbar ist und sowohl oberflächige als auch dreidimensionale, innerhalb des Substrates angeordnete Mikrostrukturen, vorzugsweise in Form von kanalartigen Vertiefungen oder von im Inneren des Substrates verlaufenden Mikrokanälen kosteneffizient und zuverlässig zu fertigen vermag. Insbesondere soll es mit dem Verfahren möglich sein aus Glas oder kristallinem Material bestehende Substrate zumindest mit den mittels der Photolithographitechnik erzielbaren Produktparametern hinsichtlich Strukturdimensionen und Aperturverhältnissen zu fertigen. Die kleinsten kommerziell erhältlichen Strukturen weisen ca. 20 μm × 20 μm (Strukturtiefe × Strukturbreite) auf. Maximale Strukturgrößen reichen bis in den Millimeter-Bereich, z.B. 200 μm (tief) × 1000 μm (breit). Aperturverhältnisse (Tiefe / Breite) sollten zumindest bis zu 60:1 realisierbar sein.
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Die Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Den Erfindungsgedanken in vorteilhafter Weise weiterbildende Merkmale sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der weiteren Beschreibung zu entnehmen.
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Das lösungsgemäße Verfahren nutzt das an sich bekannte Mikrostrukturierungsprinzip nach dem LIBWE-Verfahren. Dieses Verfahren zum Mikrostrukturieren eines eine Vorder- und Rückseite aufweisenden, aus einem ersten Material bestehenden Substrates, dessen eine der Rückseite zuordenbare Oberfläche unmittelbar an eine Schicht aus einem zweiten Material angrenzt, wobei das erste und zweite Material über unterschiedliche optische Transmissionseigenschaften in Bezug auf eine Laserwellenlänge eines von einem Lasersystem emittierten Laserstrahls derart verfügen, so dass bei Durchtritt des Laserstrahls durch das Substrat von der Vorder- zur Rückseite keine materialdegradierenden Absorptionseffekte innerhalb des Substrats auftreten und der Laserstrahl innerhalb des zweiten Materials zumindest teilweise absorbiert wird, so dass das zweite Material in Wechselwirkung mit dem Laserstrahl tritt und in Folge dessen das Substrat unmittelbar angrenzend am Bereich des mit dem Laserstrahl in Wechselwirkung tretenden zweiten Materials durch lokalen Materialabtrag strukturiert wird, zeichnet sich dadurch aus, dass als zweites Material eine Flüssigkeit in Form von Wasser oder einer wässrigen Lösung mit wenigstens einer anorganischen Komponente verwendet wird, das die Rückseite des Substrats zumindest bereichsweise benetzt.
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Die Verwendung von Wasser oder einer wässrigen Lösung als die Laserstrahlung absorbierende Flüssigkeit hat den Vorteil, dass im Gegensatz zu allen anderen bisher angewandten LIBWE Verfahren, keine unerwünschten Rückstände, wie organische oder metallische Reste, etc. auf der Oberfläche des laserbehandelten Substrates zurückbleiben. Bei der Verwendung von Wasser, insbesondere reinem Wasser bzw., Reinstwasser (Aqua valde purificata), entstehen lediglich reaktive Spaltprodukte des Wassers (insbesondere OH, H, e-). Diese binden zwar auch kovalent an Oberflächenatome des Substratmaterials. Die daraus resultierenden Oberflächenterminierungen sind aber auch bereits an unbehandelten Materialoberflächen durch reine Umgebungsluftfeuchte vorhanden, und stellen daher keine störende Modifizierung des Materials dar.
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Der Zusatz wenigstens einer anorganischen Säure zu Wasser zum Erhalt einer sauren wässrigen Lösung, die als die Oberfläche umgebende Flüssigkeit verwendet wird, vermag in gleicher Weise keine oder lediglich vernachlässigbar geringe Rückstände an der laserstrukturierten Oberfläche des Substrates hervorzurufen. In vorteilhafter Weise wird durch den Säurezusatz der Materialabtrageprozess positiv unterstützt, sodass einerseits ein effizienterer Materialabtrag realisierbar ist, der andererseits die Möglichkeit eröffnet den Laserstrahlenergieeintrag bedarfsweise zu reduzieren.
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Als besonders geeignete Säurezusätze haben sich die folgenden anorganischen Säuren erwiesen: H2SO4, HCl, H4SiO4, H3PO4, HNO3. Ebenso ist es möglich als anorganische Komponente wenigstens ein Salz der nachfolgenden Säuren dem Wasser zum Erhalt der wässrigen Lösung zuzumischen: H2SO4, HCl, H4SiO4, HF, H3PO4, HNO3.
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Je nach Art, Größe und Form der in das Substrat einzubringenden Mikrostrukturen ist es möglich die Oberfläche der Rückseite des Substrates mit der Flüssigkeit zu um- bzw. überströmen, gleichsam kann es ebenso vorteilhaft sein die Rückseite des Substrates mit einem Flüssigkeitsreservoir zu verbinden, zu kontaktieren bzw. zu benetzen, so dass die Flüssigkeit die Oberfläche der Rückseite vorzugsweise vollständig strömungslos benetzt. Es sollte auf alle Fälle sichergestellt sein, dass die mittels der Laserstrahlung zu bearbeitende Oberfläche der Rückseite des Substrates zumindest während der Laserstrahlapplikation dauerhaft mit der Flüssigkeit benetzt ist bzw. wird.
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Im Falle einer strömungsinduzierten Flüssigkeitsbenetzung der rückseitigen Oberfläche des Substrates bietet sich der Einsatz eines Sprüh- oder Strahlauftrages der Flüssigkeit auf die Oberfläche an, der je nach Ausgestaltung und verfahrenstechnischen Anforderungen für eine vorgebbare Flüssigkeitsschichtdicke auf der Rückseite sorgt. So sollten Flüssigkeitsschichtdicken, die variabel einstellbar sind, von 0,5 µm nicht unterschritten werden, um ein ausreichendes Flüssigkeitsvolumen für den laserinduzierten Materialabtrag am Substrat zu gewährleisten.
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Der Laserstrahl wird über die Vorderseite des Substrates eingekoppelt und nahe der rückseitigen Oberfläche, vorzugweise unmittelbar im Bereich der an der Oberfläche angrenzenden Flüssigkeitsschicht fokussiert. Die Absorption des Laserstrahls sollte somit vorzugsweise fast ausschließlich in den ersten Flüssigkeitsschichtbereichen und damit direkt an der rückseitigen Oberfläche des zu strukturierenden Substrates erfolgen.
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Die Wahl der hierzu einzusetzenden Laserwellenlänge, der Laserstrahlenergie bzw. -leistung und Laserpulsweiten sollen
- a) eine lokale Wechselwirkung zwischen dem Laserstrahl und dem zweiten Material innerhalb eines oberflächennahen Flüssigkeitsvolumen oder flüssigkeitsnahen Oberflächenvolumens derart hervorrufen, so dass das Substratmaterial in diesem Volumen destabilisiert wird. Ferner soll sich ein Teil der absorbierten Laserstrahlenergie in Schockwellen umwandeln und ausbreiten. Dies kann bspw. zum lokalen Aufschmelzen und sanften Abtrag des ersten Materials an der rückseitigen Oberfläche des Substrates genutzt werden. Abgetragenes Material soll ferner durch vorzugsweise
- b) Konvektionsströmungen der Flüssigkeit abtransportiert werden. Diese Strömungen werden ursächlich durch Temperaturgradienten innerhalb der Flüssigkeit entstehen, die durch das sehr lokale Erhitzen auftreten.
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In geeigneter Weise können die Konvektionsströmungen und der damit erzwungene Materialabtransport unterstützt oder alternativ ersetzt werden durch eine gezielt an den Materialabtrageort applizierte bzw. eingeprägte dynamische Strömung innerhalb der Flüssigkeit, bspw. durch eine Applikation eines Flüssigkeitsstrahls an oder neben der durch den Laserstrahl zu behandelnden rückseitigen Oberfläche des Substrates.
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Ab einer bestimmten hohen Intensität des Laserlichtes sollte es auch möglich sein überkritisches Wasser und Plasma zu erzeugen. Auf diese Weise käme zum oben beschriebenen Materialabtrag noch ein weiterer materialabtragender Wirkmechanismus hinzu, nämlich ein chemisches Ätzen, das vor allem über sich ausbildende OH und H-Radikale unterstützt wird.
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Von besonderer Bedeutung, wie eingangs erwähnt, ist die Strukturierung von einem Substrat aus oxidischem oder nichtoxidischem Glas, Keramik oder aus kristallinem Material. Als Glaswerkstoff wird vorzugsweise ein anorganisch nicht metallisches Glas, vorzugsweise Silikatglas, Quarzglas, Boratglas, Phosphatisches Glas, Chalkogenidglas, Halogenidglas verwendet. Als kristallines Material wird vorzugsweise Calciumfluorid, dotiertes oder undotiertes Silizium, GaAs, Quarz verwendet. Als keramischer Werkstoff wird vorzugsweise Aluminiumoxid eingesetzt.
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Bei allen eingesetzten Materialien für das zu strukturierende Substrat gilt es einen Laserstrahl durch die Vorderseite des Substrates hindurch zu richten. Während des Durchtritts des Laserstrahls durch das Substrat sollte der Laserstrahl keine bzw. keine nennenswerten Absorptionsverluste unterliegen. Bei einer Wellenlänge von 2.000 nm besitzen viele der vorstehend genannten technisch relevanten Substratmaterialien besonders gute Transmissionseigenschaften, bspw. in der Größenordnung von 90% und mehr bei einer Materialdicke von ca. 10 mm. Gleichzeitig ist die Absorption in Wasser oder einer wässrigen Lösung um über 2 Größenordnungen höher als im Substratmaterial.
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Als besonders geeignete Lasersysteme kommen jene in Betracht, die Laserlicht emittieren, deren Wellenlänge jeweils im Bereich zwischen 1,5 µm und 3 µm liegt, vorzugsweise im Bereich von 1,8 µm bis 2,8 µm. Das Laserlicht sollte gepulst sein mit Einzelpulsdauern im Bereich zwischen 100 fs und 200 ps sowie mit Einzelpulsleitungen im Bereich zwischen 100 nJ und 200 µJ, vorzugsweise 200 nJ und 100 µJ.
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Zur Erzeugung von auf der Oberfläche der Rückseite des Substrates verlaufenden Mikrostrukturen, vorzugsweise in Form von Mikrokanälen, die zur Oberfläche offen ausgestaltet sind, gilt es den Laserstrahl mittels einer geeigneten Fokussier- und Ablenkoptik punkt- oder linienförmig zu fokussieren und den Strahlfokus auf die der Rückseite des Substrates zuordenbare Oberfläche oder in einen oberflächennahen Bereich innerhalb des zweiten Materials, d.h. der Flüssigkeit abzubilden. Durch eine lateral zur Oberfläche der Rückseite des Substrates orientierte relative Strahlablenkung können graben- oder nutförmige Vertiefungen längs der Oberfläche in das Substrat eingearbeitet werden. Die relative Strahlablenkung kann mittels einer Scannerspiegelanordnung erfolgen, mit der der Laserstrahl relativ zu einem stationär gelagerten Substrat ablenkbar ist. Ebenso ist es möglich das Substrat in geeigneter Weise 2- oder 3-dimensional zu positionieren und den Laserstrahl raumfest einzurichten.
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Die Attraktivität des lösungsgemäßen Verfahrens liegt zudem in der Möglichkeit einer 3D Strukturierung im Volumen des Substratkörpers. Hierzu wird der Strahlfokus schräg oder orthogonal zu der der Rückseite des Substrates zuordenbaren Oberfläche in das erste Material des Substrates zugewandt derart verfahren, so dass eine über die Oberfläche zugängliche, hohlkanalartige Ausnehmung innerhalb des Substrates gebildet wird. Hierbei gilt es Sorge dafür zu tragen, dass die Flüssigkeit stets in Kontakt mit der sich neu ausbildenden Kanalwand und insbesondere mit dem Kanalbodenbereich ist, d.h. die sich durch den lokalen Materialabtrag ausbildende Hohlkanalbegrenzungsoberfläche vollständig benetzt. Je nach Wahl kann auch in diesem Fall der Strahlfokus relativ zum ruhenden Substrat bewegt werden oder umgekehrt.
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Auf diese Weise lassen sich vorzugsweise Mikrofluidik-Anordnungen bzw. Mikrofluidik-Chips präzise und kostengünstig in einem industriellen Maßstab fertigen.
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Eine Notwendigkeit des lösungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass die zu strukturierende Oberfläche des Substrates kontinuierlich flüssigkeitsberührend ist, um die oben beschriebenen Wechselwirkungen, die für den Materialabtrag zuständig sind, zu erzielen. Dabei sind zwei Phasen der Mikrostrukturierung zu beachten, nämlich die Erzeugung der kanalartigen Strukturen bzw. der Mikrokanäle sowie eine nachfolgende Feinbearbeitung von Mikro-Anschlusselementen.
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Die Anforderungen zur Ausbildung der kanalartigen Strukturen in das Substrat sind vorstehend bereits erläutert. Gilt es bspw. Passflächen für Anschlusselemente oder für die Kopplung mehrerer Chips im Sinne von Analysekaskaden an die an der Oberfläche des Substrates mündenden Öffnungen zu erhalten, ist eine Nachbearbeitung im Sinne von einer Feinstbearbeitung der Ein- und Austrittsbereiche der hergestellten Kanäle zumeist erforderlich. Untersuchungen haben gezeigt, dass das vorstehend erläuterte Verfahren keine ausreichende Genauigkeit für die Herstellung derartiger Anschlussflächen erlaubt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Laserstrahl direkt auf die von Flüssigkeit benetzte Rückseite gerichtet werden soll. Wie vorstehend dargelegt, ist aber die Wellenlänge des Lasers so gewählt, dass optimale Absorption in der Flüssigkeit gewährleistet ist. Folglich wird der Laserstrahl bereits nach einer sehr kurzen Wegstrecke in der Flüssigkeit vollständig absorbiert sein.
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Wird in diesem Fall in unmittelbarer Bearbeitungsnähe jedoch eine ultradünne Flüssigkeitsschicht erzeugt, so dass die Flüssigkeit an der Bearbeitungsstelle zum Zwecke der Absorption zur Verfügung steht, dieses aber vom Laserstrahl so weit durchdrungen werden kann, dass die oben beschriebenen abtragungsrelevanten Effekte an der Materialoberfläche zum Substrat entstehen, so können die für Anpassungsflächen erforderlichen Genauigkeiten realisiert werden. Aus diesem Grunde ist es vorteilhaft die Dicke der Flüssigkeitsschicht variabel einzustellen, indem beispielsweise mittels Mikrofluidjet-Technik ein Wasserstrahl oder ein Strahl aus einer wässrigen Lösung derart auf die Oberfläche des Substrats aufgebracht wird, so dass Flüssigkeitsfilmdicken bis hinab zu 0,5 µm realisierbar sind.
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Kurze Beschreibung der Erfindung
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Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen exemplarisch beschrieben. Es zeigen:
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1 schematische Darstellung zur laserinduzierten Materialbearbeitung eines Substrates zur Herstellung von Mikrostrukturen sowie
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2 Sequenzbilddarstellungen zur Herstellung eines innerhalb des Substratvolumens verlaufenden Mikrofluidkanals.
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Wege zur Ausführung der Erfindung, gewerbliche Verwendbarkeit
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1 zeigt eine schematische Darstellung zur Durchführung eines laserinduzierten, nassen Rückseitenätzens (LIBWE) an einem Substrat 1, das vorzugsweise aus einem anorganischen, nichtmetallischen Glas besteht. Das Substrat 1 verfügt über eine Vorderseite 2 sowie eine Rückseite 3, an der eine Flüssigkeitsschicht 4 vorgesehen ist, die die Oberfläche der Rückseite 3 des Substrats 1 vorzugsweise ganzflächig benetzt. Die Flüssigkeit besteht vorzugsweise aus Reinstwasser, kann jedoch in vorteilhafter Weise mit einer anorganischen Säure oder deren Salz unter Ausbildung einer wässrigen Lösung vermischt sein.
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Zu Zwecken der Strukturierung der rückseitigen Oberfläche 3 des Substrates 1 tritt ein Laserstrahl 5 durch die Vorderseite 2 des Substrates 1 in Richtung der Rückseite 3 des Substrates 1, wobei die Wellenlänge des Laserstrahls 5 derart gewählt ist, so dass sie keinerlei bzw. keine nennenswerten Absorptionsverluste beim Durchdringen des Substrates 1 erfährt. Andererseits gilt es die Laserwellenlänge des Laserstrahls 5 derart zu wählen, so dass sie innerhalb der Flüssigkeitsschicht 4 vorzugsweise vollständig absorbiert wird. Im Falle von Reinstwasser, das einen hohen Absorptionsgrad im Wellenlängenbereich zwischen 1,8 µm und 3 µm aufweist, eignen sich Lasersysteme deren Emissionswellenlänge in eben diesem Wellenlängenbereich liegt.
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Trifft ein Laserstrahl 5 von der Vorderseite durch das Substrat 1 auf die rückseitig benetzende Flüssigkeitsschicht 4, so erfolgt dort in der Oberfläche der Rückseite 3 oder in unmittelbarer Nähe zur Oberfläche der Rückseite 3 eine lokale Erhitzung der Flüssigkeit, die spontan expandiert und auf diese Weise Schockwellen generiert, die materialabtragende Effekte an der Oberfläche der Rückseite 3 des Substrates 1 bewirkt. Der Vorteil des lösungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass bedingt durch die gezielte Auswahl der Flüssigkeitsschicht 4 in Form von Reinstwasser oder einer wässrigen Lösung, enthaltend wenigstens eine anorganische Säure oder deren Salz, keinerlei oder keine nennenswerten Rückstände an der bearbeiteten Oberfläche der Rückseite 3 des Substrates 1 bedingt durch die Wechselwirkung mit dem Laserstrahl 5 entstehen. Auf diese Weise können jegliche Nachreinigungsschritte am mikrostrukturierten Substrat 1 entfallen.
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Typischerweise wird der Laserstrahl 5 lateral zur Oberfläche der Rückseite 3 zur Erzeugung von nutartigen Ausnehmungen längs der Oberfläche mittels an sich bekannter Scannerspiegeltechnik ausgelenkt. Alternativ ist es möglich, den Laserstrahl 5 stationär zu belassen und relativ zu diesem das Substrat 1 zweidimensional zu bewegen.
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In den 2a bis c ist eine Sequenzbilddarstellung illustriert, die die Erzeugung eines innerhalb des Substratvolumens einzubringenden Mikrokanalsystems verdeutlicht. In 2a wird gleichsam zu 1 ein Laserstrahl 5 über die Vorderseite 2 des Substrates 1 an die Rückseite 3 des Substrates 1 gerichtet. Dort tritt er in Wechselwirkung mit der flüssigkeitsnahen Oberfläche 3 oder der oberflächennahen Flüssigkeitsschicht 4, sodass absorptionsbedingt ein Materialabtrag an der rückseitigen Oberfläche 3 des Substrates 1 erfolgt. Im Weiteren sei angenommen, dass der Laserstrahl 5 zunächst orthogonal zur rückseitigen Oberfläche 3 des Substrates in Richtung des Substratvolumens bewegt wird. Hierdurch entsteht ein sich in das Innere des Substrates 1 erstreckender Mikrokanal 6, dessen Verlauf innerhalb des Substrates 1 durch eine dreidimensionale Ablenkung des Strahlfokus 7 des Laserstrahls 5 relativ zum Substrat 1 vorgegeben wird. Die Lageveränderung des Strahlfokus 7 des Laserstrahls 5 kann entweder durch eine Scannerspiegel-gestützte Strahlablenkung oder insbesondere durch eine dreidimensionale Auslenkung des Substrates 1 selbst realisiert werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass der sich ausbildende Mikrokanal stets mit Flüssigkeit gefüllt ist, so dass sichergestellt ist, dass der laserinduzierte Materialabtrag kontinuierlich erfolgen kann. Der vom Laserstrahl erfasste Oberflächenbereich hat die Form und Größe des Strahlfokus und wird durch den kontinuierlichen Materialabtrag stets neu gebildet. Größe und Form des Strahlfokus sowie auch die Geschwindigkeit, mit der der Strahlfokus relativ zum Substrat bewegt wird, sind derart aufeinander abzustimmen, so dass gewährleistet ist, dass die Flüssigkeit, u.a. getrieben und unterstützt von längs des sich ausbildenden Mikrokanals 6 herrschenden Kapillarkräften, den Mikrokanal 6 vollständig befüllt, siehe 2b.
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Auf diese Weise kann prinzipiell eine Vielzahl an dreidimensionalen Mikrokanalsystemen 6, siehe 2c innerhalb des Substrates 1 realisiert sein. Derartige Substrat- getragene Mikrokanalsysteme können bspw. als Mixer- oder Reaktoreinheiten auf Chipbasis Einsatz finden.
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Für die Realisierung derartiger 3D-Strukturierungen von Substraten ist es zwingend erforderlich, dass das zu bearbeitende Substrat bei der jeweils eingesetzten Laserwellenlänge eine hohe Transmission aufweist. Beispielsweise ist eine Wellenlänge von 1,8 µm bis 2,1 µm für ein Silikatglas BK7 als besonders vorteilhaft anzusehen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Substrat
- 2
- Vorderseite
- 3
- Rückseite
- 4
- Flüssigkeit, Flüssigkeitsschicht
- 5
- Laserstrahl
- 6
- Mikrokanalsystem
- 7
- Strahlfokus
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- J. Wang, H. Niino, A. Yabe, Appl. Phys. A 68 (1999), 111–113 "Micromachining of quartz crystal with excimer lasers by laser-induced backside wet etching" [0005]
- K. Zimmer, R. Böhme, Laser Chemistry, 2008, (2008), 170632 "Laser-Induced Backside Wet Etching of Transparent Materials with Organic and Metallic Absorbers" [0005]