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Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Herstellung von Formteilen, insbesondere von Kunststoffformteilen mit komplexen Geometrien. Darüber hinaus eignet sich das Verfahren auch zur Herstellung von Formteilen mit unterschiedlichen Kunststoffmaterialien (Multimaterialanwendungen). Die Herstellung erfolgt im Wege einer Kombination aus urformenden additiven und subtraktiven Fertigungsverfahren.
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Urformende additive Fertigungsverfahren – auch als generative Fertigungsverfahren – bezeichnet, kommen insbesondere zur schnellen und kostengünstigen Fertigung von Modellen, Mustern, Prototypen, Werkzeugen, jedoch auch Endprodukten zum Einsatz. Sie gehören zu der Untergruppe 1.2 der Gruppe 1 der Fertigungsverfahren nach der DIN 8580: "Urformen aus dem plastischen oder teigigen Zustand (z.B. Polymerschmelze). Die Fertigung erfolgt üblicherweise mit formlosem oder formneutralem Material mittels chemischer und/oder physikalischer Prozesse. Additive Fertigungsverfahren werden verfahrenstechnisch in Pulverbettverfahren, Freiraumverfahren und Flüssigmaterialverfahren unterschieden.
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Bei Freiraumverfahren entsteht das Formteil schichtweise, indem gezielt nur an den Stellen das formteilbildende Material aufgebracht wird, wo das Formteil entstehen soll.
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Den größten Marktanteil der Freiraumverfahren haben die Schmelzschichtverfahren (Fused Filament Fabrication (FFF)). Bei den FFF-Verfahren wird ein Materialstrang eines plastifizierbaren Materials in einer beheizten Düse plastifiziert und extrudiert. Die Düse verfährt in der Regel in x- und y-Richtung über eine Plattform und bringt das Material strangförmig auf einem Untergrund auf. Nach dem Aufbringen erstarrt das aufgebrachte Material aufgrund der Abkühlung und es ist eine Schicht entstanden. Auf dieser Schicht können nun im gleichen Verfahren mehrere weitere Schichten aufgebracht werden. Die Summe dieser Schichten bildet schließlich das Formteil. Parallel kann ein zweites, unterschiedliches Material zum Aufbau von Stützkonstruktionen verarbeitet werden, die nach der Fertigstellung des Formteils entfernt werden. Als formteilbildende Materialen werden insbesondere thermoplastische Kunststoffe verarbeitet, wie sich dies aus der
DE 10 2006 037 927 A1 , der
EP 1 886 793 B1 , der
EP 2 266 782 A1 und der
DE 10 2007 009 277 A1 ergibt.
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Neben dem strangförmigen Aufbringen von thermoplastischem Kunststoff ist ferner eine tröpfchenweises Aufbringen in der
WO 2013 135 367 A1 vorgeschlagen worden.
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Ein Nachteil der bekannten Schmelzschichtverfahren besteht darin, dass sie Stützkonstruktionen aus Stützmaterial benötigen, um komplexe Bauteilstrukturen herzustellen. Die Herstellung maßhaltiger Bauteile ist mit den bekannten Schmelzschichtverfahren aufgrund des relativ ungenauen Aufbringens des Kunststoffstranges sowie des Schwindungspotentials des Kunststoffmaterials problematisch. Darüber hinaus leidet die Stabilität der hergestellten Bauteile teilweise durch die ungenügende Verbindung zwischen den aufgebrachten Strängen.
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Unter subtraktiven Fertigungsverfahren werden die Fertigungsverfahren nach DIN 8580 der Hauptgruppe 3 "Trennen" zusammengefasst. Unter dem Begriff "Trennen" werden in der Fertigungstechnik Verfahren zusammengefasst, bei denen die Form eines Werkstückes verändert wird, indem der Zusammenhalt örtlich aufgehoben wird. Das Ausgangswerkstück hat in den meisten Fällen ein deutlich höheres Volumen als das fertige Formteil. Die Form des fertigen Formteils muss daher vollständig in der Form des Ausgangswerkstückes enthalten sein. Die trennende Bearbeitung erfolgt meistens in mehreren Fertigungsschritten mithilfe unterschiedlicher Trennwerkzeuge, beispielsweise um in einem ersten Fertigungsschritt die groben Konturen des herzustellenden Formteils aus dem Ausgangswerkstück herauszuarbeiten, um anschließend, je nach Qualitätsanforderung, mit feineren Trennwerkzeugen die gewünschte Oberflächenbeschaffenheit und Maßhaltigkeit sicherzustellen.
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Im Vergleich zu den eingangs beschriebenen urformenden additiven Fertigungsverfahren bieten subtraktive Fertigungsverfahren die Möglichkeit, maßhaltige Bauteile mit komplexer Geometrie herzustellen. Verfahrenstechnische Nachteile bestehen jedoch darin, dass Hohlräume in den hergestellten Formteilen nicht gefertigt werden können, das Formteil nicht aus unterschiedlichen Materialien bestehen kann und ein Einbinden von Einlegeteilen in das Formteil nicht möglich ist. Ein weiterer wesentlicher Nachteil subtraktiver Herstellungsverfahren besteht in der geringen Wirtschaftlichkeit aufgrund des verfahrensbedingten Materialverschnitts.
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Aus dem Stand der Technik ist ein Verfahren zur Herstellung einer selbsttragenden Karosserie aus Kunststoff für einen PKW bekannt geworden, das ein additives Fertigungsverfahren mit einem subtraktiven Fertigungsverfahren kombiniert. In einem ersten Fertigungsschritt wird im Wege eines Schmelzschichtverfahrens aus 212 Schichten die selbsttragende Rohkarosserie hergestellt. In einem zweiten Fertigungsschritt wird die Rohkarosserie mit einem subtraktiven Fertigungsverfahren, nämlich im Wege des Fräsens, nachbearbeitet und fertiggestellt. Für die Nachbearbeitung wird die Herstellungsanlage manuell umgebaut (vgl. I., OATMANN: Local Motors Strati: Auto aus dem 3D Drucker. http://www.automobil-produktion.de/2014/11/faszination-local-motors-3d-auto-strati-druckreife-leistung/, 10.06.2015)
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Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines Formteils vorzuschlagen, das den Wechsel zwischen Fertigungsschritten mit subtraktiven Fertigungsverfahren und Fertigungsschritten mit additiven Fertigungsverfahren ermöglicht, ohne die Wirtschaftlichkeit des Herstellungsverfahrens zu beeinträchtigen. Des Weiteren soll die Maßhaltigkeit des hergestellten Formteils verbessert werden. Schließlich soll eine vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens angegeben werden.
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Die Lösung dieser Aufgabe beruht auf der Nutzung von urformendem additivem Fertigungsverfahren in wenigstens einem, vorzugsweise jedoch mehreren Fertigungsschritten, wobei als formteilbildendes Material thermoplastischer Kunststoff mit einer Plastifiziereinheit verarbeitet wird. Die Nachteile des urformenden additiven Fertigungsverfahrens werden durch eine Kombination mit mindestens einem, vorzugsweise mehreren Fertigungsschritten mit einem subtraktiven Verfahren in einem automatisierten Prozess kompensiert.
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Im Einzelnen wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst:
Erfindungsgemäß wird als Werkzeug zumindest eine Plastifiziereinheit zum Aufbringen des plastifizierten Kunststoffes auf eine Oberfläche zur Durchführung eines urformenden additiven Fertigungsverfahrens und mindestens ein Trennwerkzeug zur Durchführung eines subtraktiven Fertigungsverfahrens bereitgestellt.
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Mit einer Handhabungseinrichtung, eingerichtet zur Erzeugung einer Relativbewegung zwischen jedem mit einem Werkzeugantrieb über eine einheitliche Kupplung gekuppelten Werkzeug und einer lasttragenden Struktur zum Tragen und Fixieren des herzustellenden Formteils, werden die notwendigen Bewegungen für die Durchführung der Fertigungsschritte und den automatischen Werkzeugwechsel zwischen den Fertigungsschritten durchgeführt.
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Der automatische Werkzeugwechsel erlaubt es, während der Herstellung des Formteils, ohne Einbußen der Wirtschaftlichkeit, so oft wie erforderlich zwischen den unterschiedlichen Fertigungsverfahren mit unterschiedlichen Werkzeugen zu wechseln.
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Die Betriebsbereitschaft der Plastifiziereinheit wird in dem Werkzeuglager bei zeitweiligem Nichtgebrauch durch Temperieren der Plastifiziereinheit erhalten. Die Temperierung erfolgt vorzugsweise auf eine Absenktemperatur des verarbeiteten Kunststoffmaterials. Unter der Absenktemperatur wird die von dem verarbeiteten Kunststoffmaterial abhängige Temperatur verstanden, bei welcher eine längere Standzeit des Materials nicht zu einer thermischen Materialschädigung führt. Das Aufrechterhalten der Betriebsbereitschaft durch Temperieren auf die Absenktemperatur vermeidet darüber hinaus lange Aufheizzeiten der Plastifiziereinheit, wenn sie für einen weiteren Fertigungsschritt wieder in Betreib genommen wird. Die Absenktemperatur wird üblicherweise von dem Hersteller des Kunststoffmaterials angegeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich insbesondere zum schichtweisen Aufbringen des plastifizierten Kunststoffes in mehreren Fertigungsschritten. Zusätzlich zu dem urformenden additiven Fertigungsverfahren mit Hilfe der Plastifiziereinheit und den subtraktiven Fertigungsverfahren können umformende, beschichtende und stoffeigenschaftsändernde Fertigungsverfahren in weitere Fertigungsschritte zur Herstellung des Formteils eingebunden werden.
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Durch gezielte Temperierung der lasttragenden Struktur lassen sich die Eigenschaften des aufgebrachten Kunststoffes, wie Schwindung, Verzug und die Haftung beeinflussen.
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In einer Ausgestaltung der Erfindung ist es vorgesehen, in einem weiteren Fertigungsschritt ein Einlegeteil in das Formteil einzubringen, um Funktionalitäten des Formteils abzubilden, die sich mit anderen Fertigungsschritten nicht oder nur schwierig realisieren lassen. Das Einlegen erfolgt insbesondere mithilfe eines Handhabungswerkzeuges, das mittels der einheitlichen Kupplung mit dem Werkzeugantrieb verbindbar ist. Bei Nichtgebrauch wird das Handhabungswerkzeug ebenfalls von dem Werkzeuglager aufgenommen.
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Eine vorteilhafte Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergibt sich aus den Merkmalen des Anspruchs 5:
Ein wesentlicher Bestandteil der Vorrichtung ist die Handhabungseinrichtung, die eine genau definierte Position des im Aufbau befindlichen Formteils zu dem für den Fertigungsschritt benötigten Werkzeug schafft. Die Relativbewegung zwischen lasttragender Struktur und Werkzeug kann durch ein beweglich angeordnetes Werkzeug und/oder eine beweglich angeordnete lasttragende Struktur erreicht werden. Zur Erzeugung der Relativbewegung kann die Handhabungseinrichtung beispielsweise über einen Roboterarm und/oder ein mehrachsiges Positioniersystem verfügen. Sofern der Werkzeugantrieb beweglich ausgeführt ist, wird dieser vorzugsweise endseitig an einem Roboterarm der Handhabungseinrichtung befestigt. Sofern die lasttragende Struktur beweglich ausgeführt ist, wird diese vorzugsweise an einem mehrachsigen Positioniersystem der Handhabungseinrichtung angeordnet. Durch eine Kombination von Roboterarm und mehrachsigem Positioniersystem lässt sich der Aktionsbereich der Handhabungseinrichtung vergrößern.
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Die lasttragende Struktur trägt das im Aufbau befindliche Formteil und fixiert dieses während der Fertigungsschritte.
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Hierzu weist die lasttragende Struktur Formschlusskonturen auf, die zur teilweisen formschlüssigen Aufnahme des herzustellenden Formteils eingerichtet sind. Die lasttragende Struktur kann beispielsweise als Applikationstisch ausgestaltet sein, der über entformbare Hinterschneidungen als Formschlusskonturen verfügt, die die bei Durchführung von subtraktiven Fertigungsverfahren auf das im Aufbau befindliche Formteil wirkenden Kräfte aufnehmen.
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In dem Aktionsbereich der Handhabungseinrichtung befindet sich das Werkzeuglager zur Aufnahme der antreibbaren Werkzeuge, wobei das Werkzeuglager zeitweilig zumindest eine antreibbare Plastifiziereinheit und ein antreibbares Trennwerkzeug aufnimmt. Abhängig von dem herzustellenden Formteil kann das Werkzeuglager zusätzlich stoffeigenschaftsändernde und umformende Werkzeuge sowie Greifwerkzeuge für das Einlegen von Einlegeteilen aufnehmen.
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Um sämtliche Werkzeuge aus dem Werkzeuglager an den Werkzeugantrieb kuppeln zu können, verfügt die Vorrichtung über eine einheitliche Kupplung, die für einen raschen und automatisierten Werkzeugwechsel geeignet ist. In Betracht kommen aus dem Maschinenbau bekannte Werkzeugaufnahmen, insbesondere eine Steilkegelaufnahme.
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Schließlich verfügt die Vorrichtung über ein automatisches Werkzeugwechselsystem, das einen programmgesteuerten automatisierten Werkzeugwechsel nach jedem Fertigungsschritt ermöglicht.
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Die antreibbare Plastifiziereinheit zum Aufbringen des plastifizierten Kunststoffes ist vorzugsweise als Schneckenextruder ausgestaltet, der gegenüber konventionellen, reibwirkenden Extrudern einen höheren Druck bei niedriger Gegendrucksensibilität aufbaut. Ein Farbwechsel des aufgebrachten plastifizierten Kunststoffs lässt sich über eine Flüssigfarbenzumischung realisieren. Des Weiteren ermöglicht der Schneckenextruder die Durchführung von Schaumextrusionsverfahren, die einen schellen Aufbau des Formteils ermöglichen.
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Die Plastifiziereinheit weist eine Heizung und mindestens einen Temperaturaufnehmer auf. Die Heizung plastifiziert das zugeführte Kunststoffmaterial. Der Temperaturaufnehmer überwacht die Temperatur der Plastifiziereinheit und dient der Steuerung der Heizleistung. Sofern die Plastifiziereinheit für weitere Fertigungsschritte noch benötigt wird, ist sie während der Verweilzeit in dem Werkzeuglager weiterhin zu temperieren. Zu diesem Zweck verfügt das Werkzeuglager über Mittel zur Energie- und Signalübertragung zwischen der Energieversorgung der Vorrichtung und der Heizeinrichtung der Plastifiziereinheit sowie über Mittel zur Signalübertragung zwischen der Steuerung der Vorrichtung und dem Temperaturaufnehmer der Plastifiziereinheit. Bei den Mitteln zur Energie- und Signalübertragung kann es sich beispielweise um elektrische Steckverbindungen handeln, die automatisch beim Ablegen der Plastifiziereinheit in dem Werkzeuglager hergestellt werden. Alternativ können die Energie und Signale drahtlos, beispielsweise durch Induktion bzw. Funkstrecken übertragen werden. Die Steuerung der Vorrichtung ist derart konfiguriert, dass die Betriebsbereitschaft der Plastifiziereinheit im dem Werkzeuglager durch Temperieren auf die auf die von dem verarbeiteten Kunststoffmaterial abhängige Absenktemperatur erhalten wird.
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Die lasttragende Struktur verfügt in einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung über eine Heizung zur Temperierung des herzustellenden Formteils, um die Eigenschaften des Kunststoffs, wie Schwindung, Verzug oder Haftung durch gezielte Temperaturführung beeinflussen zu können.
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist zumindest an der Plastifiziereinheit ein thermischer Emitter angebracht. Insbesondere handelt es sich um eine Strahlungsheizung, die die abgekühlten und erhärteten Schichten aus Kunststoff aufheizt und damit die Haftung der im nächsten Fertigungsschritt aufgebrachten Schicht aus Kunststoff verbessert.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen
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1 Eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffformteilen mit urformenden additiven und subtraktiven Fertigungsschritten,
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2 eine schematische Darstellung einer Plastifiziereinheit zum Durchführen des urformenden additiven Fertigungsschrittes sowie
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3 eine schematische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels einer Plastifiziereinheit.
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1 zeigt eine Fertigungszelle (1) zur Aufnahme einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffformteilen in mehreren Fertigungsschritten. Die Vorrichtung umfasst mehrere antreibbare Werkzeuge, wobei mindestens ein Werkzeug eine Plastifiziereinheit (3) in Form eines Schneckenextruders zum Aufbringen eines plastifizierten Kunststoffes auf eine Oberfläche ist. Mindestens ein weiteres Werkzeug ist ein Trennwerkzeug (4), beispielsweise ein Werkzeug zum Fräsen, Hohnen, Bohren, Stoßen, Bürstspanen, Räumen oder Schleifen.
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Die Plastifiziereinheit (3) ist über eine Kupplung (5) lösbar mit einem Werkzeugantrieb (6) verbunden. Der Werkzeugantrieb (6) ist als Elektromotor mit daran angeordnetem Getriebe und integriertem Luftauswerfer ausgestaltet und erzeugt eine rotatorische Bewegung. In Betracht kommen jedoch auch Werkzeugantriebe mit einem translatorischen Antrieb. In diesem Fall ist die Plastifiziereinheit (3) nicht als Schneckenextruder, sondern als Torpedoplastifiziereinheit ausgestaltet. Die Trennwerkzeuge (4), die mit einem translatorischen Antrieb kuppelbar sind, können subtraktive Verfahren, wie das Stoßen oder Schleifen ausführen.
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Die Kupplung (5) zwischen sämtlichen Werkzeugen (3, 4) und dem Werkzeugantrieb (6) ist vereinheitlicht, sodass jedes Werkzeug (3, 4) mit dem Werkzeugantrieb (6) kuppelbar ist. Der Werkzeugantrieb (6) ist an einer Handhabungseinrichtung (2) angeordnet, die im dargestellten Ausführungsbeispiel als Industrieroboter ausgeführt ist. An einem Roboterarm des Industrieroboters ist endseitig der Werkzeugantrieb (6) befestigt. Die Zuführung von Kunststoffmaterial zu der Plastifiziereinheit (3) erfolgt über einen flexiblen Schlauch (7a). Der Schlauch (7a) ist mit einem Materialdosiersystem (13) verbunden, das an eine Versorgungstraverse (12) befestigt ist. Die Energieversorgung der Plastifiziereinheit (3) erfolgt über die Leitung (7b) und eine nicht dargestellte Steckverbindung, die bei der Kupplung der Plastifiziereinheit (3) mit dem Werkzeugantrieb (6) hergestellt wird.
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Unterhalb des Roboterarms der Handhabungseinrichtung (2) ist in deren Aktionsbereich eine lasttragende Struktur (8) bodenseitig in der Fertigungszelle (1) befestigt, die im dargestellten Ausführungsbeispiel als Applikationstisch ausgeführt ist. Der Applikationstisch weist der Übersichtlichkeit halber nicht dargestellte, entformbare Hinterschneidungen auf. Auf der Oberfläche des Bodens der Hinterschneidungen wird mit dem Aufbau des herzustellenden Formteils begonnen, das dadurch zugleich in nachfolgenden subtraktiven Fertigungsschritten ausreichend fixiert wird, um die dabei auf das herzustellende Formteil wirkenden Kräfte aufzunehmen.
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Am Rand das Applikationstisches ist ein Werkzeuglager (9) angeordnet, das eine Vielzahl von Aufnahmepositionen für die in dem jeweiligen Fertigungsschritt nicht benötigten Werkzeuge aufweist. In dem dargestellten Ausführungsbeispiel befinden sich in dem Werkzeuglager (9) die beiden Trennwerkzeuge (4) sowie ein Greifer (10) für eine Einlegeoperation während der Herstellung des Formteils. Die Aufnahmeposition für die Plastifiziereinheit (3) in dem Werkzeuglager (9) ist mit Steckkontakten zur Energie- und Signalübertragung ausgestattet. Bei Ablegen der Plastifiziereinheit (3) an der Aufnahmeposition des Werkzeuglagers (9), wird die Plastifiziereinheit (3) mit der Energieversorgung und Steuerung der Vorrichtung automatisch elektrisch leitend verbunden. Über die Steckkontakte wird der Plastifiziereinheit (3) elektrische Energie zur Aufrechterhaltung von deren Beheizung zugeführt. Des Weiteren wird über die Steckkontakte ein Temperaturaufnehmer der Plastifiziereinheit mit der Steuerung der Vorrichtung verbunden. Hierdurch ist es möglich, die in dem Werkzeuglager (9) abgelegte Plastifiziereinheit (3) weiterhin zu temperieren und damit betriebsbereit zu halten, sofern weitere Fertigungsschritte zur Herstellung des Formteils mit der Plastifiziereinheit (3) erforderlich sind. Die Steuerung der Vorrichtung regelt die Temperierung der Plastifiziereinheit derart, dass die materialspezifische Absenktemperatur aufrechterhalten wird, wodurch trotz der Verweilzeit der Plastifiziereinheit (3) in dem Werkzeuglager (9) eine thermische Schädigung des Kunststoffmaterials nicht eintritt und zugleich die Aufheizzeit bei Wiederinbetriebnahme der Plastifiziereinheit verkürzt wird. Durch die gesteuerte Temperierung werden zudem reproduzierbare Bedingungen zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft geschaffen.
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Die Steuerung der Vorrichtung ist weiter derart konfiguriert, dass in einem ersten Fertigungsschritt die Plastifiziereinheit (3) mit dem Werkzeugantrieb (6) automatisch gekuppelt und im Bereich der Hinterschneidungen auf dem Applikationstisch der plastifizierte Kunststoff bahnweise und in mehreren Schichten übereinander aufgebracht wird. Zu einem von der Steuerung vorgegebenen Zeitpunkt wird der Aufbau des Formteils mittels der Plastifiziereinheit (3) unterbrochen, um in einem nächsten Fertigungsschritt ein subtraktives Fertigungsverfahren durchzuführen. Hierzu umfasst die Vorrichtung ein automatisches Werkzeugwechselsystem, das mithilfe der Handhabungseinrichtung (2) die nicht mehr benötigte Plastifiziereinheit (3) von dem Werkzeugantrieb (6) entkuppelt und in dem Werkzeuglager (9) ablegt. Anschließens wird die Kupplung (5) für den nächsten, subtraktiven Fertigungsschritt zu dem dafür benötigten Trennwerkzeug (4) verfahren, das mit dem Werkzeugantrieb (6) gekuppelt und anschließend aus dem Werkzeuglager (9) entnommen wird. Während des subtraktiven Fertigungsschrittes wird die Form des im Aufbau befindlichen Formteils verändert, indem ein Teil des zuvor aufgebrachten Kunststoffmaterials gezielt wieder entfernt wird.
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An den subtraktiven Fertigungsschritt können sich je nach Anforderung des herzustellenden Formteils weitere Fertigungsschritte mit der Plastifiziereinheit (3) und/oder anderen Werkzeugen anschließen. In Betracht kommt beispielsweise eine Einlegeoperation mittels eines Greifers (10) zwischen zwei urformenden additiven Fertigungsschritten mit der Plastifiziereinheit (3). Kommen Werkzeuge zum Einsatz, die keinen Antrieb benötigen, werden diese über die Kupplung gleichwohl mit dem Roboterarm verbunden und der Antrieb nicht verwendet.
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Schließlich weist die Fertigungszelle (1) eine Serviceöffnung (11) auf, um das fertige Formteil zu entnehmen. Des Weiteren erlaubt die Serviceöffnung (11) die Anbindung des erfindungsgemäßen Herstellungsprozesses an andere Verarbeitungsprozesse, wie beispielsweise die Spritzgießfertigung.
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Nachfolgend wird anhand von 2 der Aufbau der als Schneckenextruder ausgeführten Plastifiziereinheit (3) zur Durchführung der urformenden additiven Fertigungsschritte näher erläutert:
Der Schneckenextruder umfasst eine Schnecke (16) mit einer einseitig in einem Zylinder (15) drehbar gelagerten Schneckenwelle (16a). An der der Lagerung (23) gegenüberliegenden Stirnseite des Zylinders (15) ist eine auswechselbare Düsenspitze (17) angeordnet, die den Reinigungs- und Wartungsaufwand reduziert. Das Kunststoffmaterial (Granulat) wird dem Zylinder (15) über eine Zuführöffnung (18) zugeführt. Die Beheizung des Zylinders (15) zum Plastifizieren des Kunststoffmaterials erfolgt im dargestellten Ausführungsbeispiel über eine Induktionsheizung (19) umfassend eine von einem Wechselstrom durchflossenen Spule, die ein magnetisches Wechselfeld erzeugt, welches in dem Kunststoffmaterial Wirbelströme induziert. Hierdurch entsteht die Wärme unmittelbar in dem Kunststoffmaterial selbst. Sie muss daher nicht durch Wärmeleitung durch den Zylinder (15) auf das Kunststoffmaterial übertragen werden. Insbesondere ist die Wärmeleistung gut steuerbar. Selbstverständlich liegt es jedoch im Rahmen der Erfindung, anstelle der Induktionsheizung (19) herkömmliche elektrische Heizelemente zur Beheizung des Zylinders (15) vorzusehen. Ferner verfügt die Einzugszone des Schneckenextruders im Bereich der Zuführöffnung (18) über Fluidkanäle (20), die zur Kühlung der Einzugszone von einem Kühlmedium durchströmt werden. Die Schneckenwelle (16a) ist an dem Austritt der Schneckenwelle aus dem Zylinder (15) mit einer Dichtung (21) abgedichtet. Ferner weist der Zylinder (15) eine Drehmomentaufnahme (22) auf, die mit einer an dem Werkzeugantrieb (6) angeordneten Drehmomentstütze zusammenwirkt. Die auf die Plastifiziereinheit wirkenden Axial- und Radialkräfte werden von der Lagerung (23) aufgenommen.
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Um die Schneckenwelle (16a) mit dem Werkzeugantrieb (6) zu kuppeln, ist diese an dem aus dem Zylinder (15) ragenden Abschnitt mit einer Steilkegelaufnahme (24) versehen. Sämtliche weiteren Werkzeuge (4), (10) weisen eine übereinstimmende Steilkegelaufnahme (24) zur Kupplung an den Werkzeugantrieb (6) auf.
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Als Plastifiziereinheiten (3) können neben dem beispielhaft dargestellten Schneckenextruder Werkzeuge für die Kompaktextrusion von Standardkunststoffen, gefüllten Kunststoffen, elektrisch leitfähigen Kunststoffen, Kunststoffmischungen sowie mehrfarbigen Kunststoffen oder Plastifiziereinheiten zur Durchführung einer Schaumextrusion zum raschen Aufbau des Formteils zum Einsatz gelangen.
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3 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel einer Plastifiziereinheit (
3). Soweit die Plastifiziereinheit übereinstimmende Komponenten aufweist, sind diese mit übereinstimmenden Bezugszeichen der Schneckenextruder nach
2 bezeichnet. Der Schneckenextruder nach
3 weist zusätzlich einen atmosphärischen Plasmaerzeuger (
25) mit einer Düsenkopf (
26) auf. Derartige atmosphärische Plasmaerzeuger sind beispielsweise aus der
DE 19 522 412 A1 bekannt. In dem atmosphärischen Plasmaerzeuger (
25) wird mittels einer Hochspannungsentladung ein gepulster Lichtbogen erzeugt. Ein Prozessgas strömt an der Entladungsstrecke vorbei und wird dadurch angeregt und in den Plasmazustand überführt. Dieses Plasma gelangt anschließend über den Düsenkopf (
26) auf die Oberfläche des zu behandelnden Materials. Der Düsenkopf (
26) des atmosphärischen Plasmaerzeugers (
25) ist auf das plastifizierte Kunststoffmaterial im Bereich der Düsenspitze (
17) der Plastifiziereinheit (
3) ausgerichtet. Hierzu weist der Zylinder (
15) im Bereich der Düsenspitze (
17) eine Durchtrittsöffnung für den Düsenkopf (
26) des atmosphärischen Plasmaerzeugers (
25) auf, der mechanisch mit dem Zylinder (
15) über eine Halterung (
27) verbunden ist. Durch die Plasmabehandlung des plastifizierten Kunststoffmaterials kann die Verträglichkeit verschiedenen Komponenten des Kunststoffmaterials, insbesondere die von Zuschlagsstoffen und Polymeren in der Formmasse oder die Weiterverarbeitung der Formmasse sowie der daraus hergestellten Erzeugnisse verbessert werden. Insbesondere bedarf es keiner verträglichkeitsvermittelnder Stoffe für die Zugabe von Zuschlagsstoffen zu dem Kunststoffmaterial.
Nr. | Bezeichnung |
1 | Fertigungszelle |
2 | Handhabungseinrichtung |
3 | Plastifiziereinheit |
4 | Trennwerkzeug |
5 | Kupplung |
6 | Werkzeugantrieb |
7a | Schlauch |
7b | Leitungen |
8 | Lasttragende Struktur |
9 | Werkzeuglager |
10 | Greifer |
11 | Serviceöffnung |
12 | Versorgungstraverse |
13 | Materialdosiersysteme |
15 | Zylinder |
16 | Schnecke |
16a | Schneckenwelle |
17 | Düsenspitze |
18 | Zuführöffnung |
19 | Induktionsheizung |
20 | Fluidkanäle |
21 | Dichtung |
22 | Drehmomentaufnehmer |
23 | Lager |
24 | Steilkegelaufnahme |
25 | Atmosphärischer Plasmaerzeuger |
26 | Düsenkopf |
27 | Halterung |
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102006037927 A1 [0004]
- EP 1886793 B1 [0004]
- EP 2266782 A1 [0004]
- DE 102007009277 A1 [0004]
- WO 2013135367 A1 [0005]
- DE 19522412 A1 [0044]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN 8580 [0002]
- DIN 8580 [0007]
- I., OATMANN: Local Motors Strati: Auto aus dem 3D Drucker. http://www.automobil-produktion.de/2014/11/faszination-local-motors-3d-auto-strati-druckreife-leistung/, 10.06.2015 [0009]