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Die Erfindung betrifft eine Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit sowie ein Kraftfahrzeugbauteil, welches eine solche Legierung aufweist oder aus einer solchen Legierung besteht.
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Gusseisenlegierungen mit Vermiculargraphit kombinieren die Eigenschaften von lamellarem Grauguss, nämlich eine gute Wärmeleitfähigkeit, und Sphäroguss, nämlich eine grundsätzlich hohe Festigkeit. Insbesondere für perlitische Sorten, die typischerweise eine höhere Festigkeit als ferritische Sorten aufweisen, gibt es kaum Möglichkeiten zur weiteren Steigerung der Festigkeit. Daher eignen sich diese Werkstoffe kaum für insbesondere zukünftig noch höher beanspruchte Komponenten, insbesondere im Kraftfahrzeug-Bereich, oder solche Komponenten müssen eine hohe Wandstärke und damit zugleich ein hohes Gewicht sowie einen großen Bauraum aufweisen, um die benötigten Eigenschaften zu gewährleisten.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit zu schaffen, welche die genannten Nachteile nicht aufweist.
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Die Aufgabe wird gelöst, indem die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche geschaffen werden. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Die Aufgabe wird insbesondere gelöst, indem eine Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit geschaffen wird, aufweisend in Gew.-%:
- – C: von mindestens 2,4 bis höchstens 3,2;
- – Si: von mindestens 3,0 bis höchstens 6,0;
- – Mn: von mindestens 0 bis höchstens 0,15;
- – P: von mindestens 0 bis höchstens 0,02;
- – S: von mindestens 0 bis höchstens 0,015;
- – Cr: von mindestens 0 bis höchstens 0,035;
- – Mo: von mindestens 0 bis höchstens 0,8;
- – Al: von mindestens 0 bis höchstens 0,025;
- – Cu: von mindestens 0 bis höchstens 0,1;
- – Ti: von mindestens 0 bis höchstens 0,02;
- – Mg: von mindestens 0 bis höchstens 0,02;
- – Ce: von mindestens 0 bis höchstens 0,01;
- – Rest: Fe und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
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Insbesondere durch Zulegieren eines Siliziumgehalts von mindestens 3,0 Gew.-% bis höchstens 6,0 Gew.-% wird eine Mischkristallverfestigung erreicht, die bei der Herstellung der Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit zu deutlichen Festigkeitszuwächsen gegenüber konventionellem Vermiculargraphitguss führt. Daher verfügt die hier vorgeschlagene Gusseisenlegierung über ein Potenzial zur Anwendung insbesondere bei höher beanspruchten Komponenten, besonders im Kfz-Bereich, oder zur Anwendung für ein gewichtsoptimiertes Design von Komponenten. Insbesondere kann die hier vorgeschlagene Gusseisenlegierung eine potenzielle Lösung für zukünftige Designanforderungen mit höheren Beanspruchungen sein. Das Silizium bildet dabei mit dem Grundwerkstoff Eisen in der aus Ferrit bestehenden metallischen Grundmasse einen Substitutionsmischkristall. Mit steigenden Siliziumgehalten steigen dabei auch die Gitterverspannungen im Mischkristall, was sich festigkeitssteigernd auswirkt. Die hier vorgeschlagene Gusseisenlegierung erzielt trotz eines vergleichbaren Schmelz- und Gießprozesses deutlich höhere Festigkeiten als ein konventioneller Vermiculargraphitguss mit geringerem Siliziumgehalt. Insbesondere kann mit der Gusseisenlegierung eine mischkristallverfestigte, ferritische Sorte bereitgestellt werden, die eine höhere Festigkeit aufweist als konventionelle perlitische Sorten.
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Unter einer Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit wird insbesondere ein Eisen-Kohlenstoff-Gusswerkstoff verstanden, dessen Graphitausbildung überwiegend in vermicularer Form vorliegt. Dies wird auch als Wurmgraphit – so wie abgekürzt als GJV – und im englischen Sprachgebrauch als compacted graphite iron (CGI) bezeichnet. Gusseisenlegierungen mit Vermiculargraphit zeichnen sich generell durch eine günstige Kombination von Zugfestigkeit, Zähigkeit, Dämpfung, Temperaturleitfähigkeit, Temperaturwechselbeständigkeit, Bearbeitbarkeit und Vergießbarkeit aus. Dabei finden sie insbesondere Anwendung in thermisch belasteten Bauteilen von Verbrennungskraftmaschinen. Von einer Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit spricht man insbesondere dann, wenn mindestens 80% des vorhandenen Kohlenstoffs vermicular vorliegt, das heißt eine Nodularität – nämlich der relative Anteil aller Graphitteilchen mit einer Sphärizität größer als 0,7 – kleiner oder gleich 20% ist. Bei der hier vorgeschlagenen Gusseisenlegierung beträgt die Nodularität vorzugsweise weniger als 20%.
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Es wird hervorgehoben, dass die Elemente in der oben ausgeführten Aufzählung, für welche die Untergrenze für ihr Auftreten in Gew.-% mit 0 genannt wurde, in der Gusseisenlegierung nicht vorhanden sein müssen, sodass ihr Anteil an der Legierung tatsächlich 0 betragen kann. Jedes dieser Elemente kann aber in der Gusseisenlegierung vorhanden sein, insbesondere bis zu der oben genannten Obergrenze.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Kohlenstoffanteil (C) in Gew.-% von mindestens 2,41 bis höchstens 3,13, vorzugsweise von mehr als 2,8 bis höchstens 3,13, vorzugsweise von mindestens 2,9 bis höchstens 3,13, aufweist. Hierdurch werden besonders günstige Eigenschaften der Legierung erreicht.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Silizium-Anteil (Si) in Gew.-% von mindestens 3,47 bis 6,0, vorzugsweise von mindestens 3,47 bis höchstens 5,97, vorzugsweise von mindestens 3,5 bis höchstens 5,5, vorzugsweise von mehr als 4,65 bis höchstens 5,5, vorzugsweise von mindestens 4,6 bis höchstens 5,0, vorzugsweise von mindestens 4,7 bis höchstens 5,5, vorzugsweise von mindestens 5,0 bis höchstens 5,5, aufweist. In den hier genannten Bereichen können besonders günstige Festigkeitswerte – insbesondere in Hinblick auf die Zugfestigkeit, die 0,2%-Dehngrenze, die Bruchdehnung, und/oder die Härte der Gusseisenlegierung erreicht werden.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Phosphor-Anteil (P) in Gew.-% von weniger als 0,017, vorzugsweise von weniger als 0,0163, vorzugsweise von mindestens 0,01 bis höchstens 0,017, vorzugsweise von mindestens 0,012 bis höchstens 0,0163, aufweist. Dabei ist hier mit der Formulierung, dass die Legierung einen Phosphor-Anteil aufweist, der geringer ist als eine genannte Obergrenze, insbesondere gemeint, dass die Gusseisenlegierung tatsächlich Phosphor aufweist, also nicht frei von Phosphor ist, wobei der Phosphor-Anteil von Null verschieden ist, wobei jedoch zugleich der Phosphor-Anteil geringer ist als die genannte Obergrenze.
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Es wird also insbesondere auch ein Ausführungsbeispiel der Gusseisenlegierung bevorzugt, welches einen endlichen Phosphor-Anteil aufweist, der geringer ist als – in Gew.-% – 0,17, vorzugsweise geringer als 0,0163.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Mangan-Anteil (Mn) – in Gew.-% – von weniger als 0,12, vorzugsweise von weniger als 0,106, vorzugsweise von mindestens 0,06 bis höchstens 0,12, vorzugsweise von mindestens 0,07 bis höchstens 0,106, aufweist. Dabei schließt die Formulierung, dass die Gusseisenlegierung einen Mangan-Anteil kleiner als eine hier genannte Obergrenze aufweist, insbesondere ein, dass die Gusseisenlegierung Mangan aufweist, also nicht frei ist von Mangan, wobei jedoch der – endliche – Mangan-Anteil geringer ist als die genannte Obergrenze. Insbesondere wird also ein Ausführungsbeispiel der Gusseisenlegierung bevorzugt, welches einen von Null verschiedenen Mangan-Anteil aufweist, der allerdings geringer ist als – in Gew.-% – 0,12, vorzugsweise geringer als 0,106.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung wenigstens einen der Legierungsbestandteile, ausgewählt aus Schwefel (S), Chrom (Cr), Molybdän (Mo), Aluminium (Al), Kupfer (Cu), Titan (Ti), Magnesium (Mg), und Cer (Ce), mit dem entsprechend aufgeführten Anteil in Gew.-% aufweist:
- – S: von mindestens 0,0085 bis höchstens 0,0118;
- – Cr: von mindestens 0,0262 bis höchstens 0,0303;
- – Mo: von mindestens 0,0043 bis höchstens 0,505;
- – Al: von mindestens 0,0065 bis höchstens 0,0201;
- – Cu: von mindestens 0,0478 bis höchstens 0,055;
- – Ti: von mindestens 0,011 bis höchstens 0,0147;
- – Mg: von mindestens 0,0078 bis höchstens 0,0175;
- – Ce: von mindestens 0 bis höchstens 0,0049.
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Es zeigt sich, dass durch Zulegieren von Molybdän die Warmfestigkeit (insbesondere die 0,2%-Dehngrenze und die Zugfestigkeit im erhöhten Temperaturbereich) positiv beeinflusst wird.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Anteil von Cer (Ce) in Gew.-% von mindestens 0,002 bis höchstens 0,0049 aufweist.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Gusseisenlegierung einen Cer-Anteil in Gew.-% von mindestens 0,06 bis höchstens 0,01 aufweist.
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Die Aufgabe wird auch gelöst, indem ein Kraftfahrzeugbauteil geschaffen wird, welches eine Gusseisenlegierung gemäß einem der zuvor beschriebenen Ausführungsbeispiele aufweist oder aus einer solchen Gusseisenlegierung besteht. Dabei haben die vorteilhaften Eigenschaften der Gusseisenlegierung insbesondere positive Anwendungen im Kraftfahrzeug-Bereich, da gerade hier höher beanspruchte Komponenten mit gewichtsoptimiertem Design gefordert sind.
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Besonders bevorzugt wird ein Kraftfahrzeugbauteil, welches als Zylinderkopf oder als Zylinderkurbelgehäuse für eine Verbrennungskraftmaschine, ausgebildet ist.
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Die im Folgenden dargestellte Tabelle 1 zeigt Ausführungsbeispiele der Gusseisenlegierung, bezeichnet als L1 bis L14, welche verbesserte mechanische Eigenschaften, insbesondere eine verbesserte Festigkeit, aufweisen:
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Dabei sind in Tabelle 1 zu den mit L1 bis L14 bezeichneten Legierungen jeweils die Anteile der in den Spalten der Tabelle genannten Elemente in Gew.-% angegeben.
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Die Legierungen L1 bis L14 weisen eine sehr gleichmäßige, eng um einen Durchschnittswert von etwa 10% verteilte Nodularität auf, so dass sie in Hinblick auf ihre mechanischen Eigenschaften gut vergleichbar sind, wobei insbesondere Unterschiede in den mechanischen Eigenschaften nicht oder nur in vernachlässigbarem Umfang auf Unterschiede in der Nodularität zurückzuführen sind.
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In der nachfolgend aufgeführten Tabelle 2 sind Materialkennwerte für in Tabelle 1 aufgeführte Legierungen angegeben, insbesondere die Zugfestigkeit R
m in N/mm
2, die 0,2%-Dehngrenze R
p 0,2 in N/mm
2, die Bruchdehnung A5 in %, und die Härte nach Brinell HB 5/750. Tabelle 2
| Rm [N/mm2] | Rp0,2 [N/mm2] | A5 [%] | HB 5/750 |
L1 | 414,6 | 339,7 | 5,4 | 178 |
L2 | 417,8 | 345,3 | 4,2 | 179 |
L3 | 465,8 | 394,2 | 4,6 | 209 |
L4 | 472,4 | 398,9 | 5,0 | 208 |
L6 | 606,4 | 504,0 | 3,0 | 248 |
L8 | 518,5 | 441,3 | 2,7 | 235 |
L10 | 552,2 | 552,1 | 0,2 | 277 |
L12 | 591,7 | 499,3 | 1,5 | 260 |
L14 | 558,6 | 473,4 | 3,2 | 230 |
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen:
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1 ein Schnittbild einer Probe eines Ausführungsbeispiels der Gusseisenlegierung mit einem Siliziumgehalt von 3,5 Gew-%;
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2 eine Detailvergrößerung von 1, und
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3 eine diagrammatische Darstellung von Ergebnissen von Zeitfestigkeitsuntersuchungen für ausgewählte Legierungen.
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1 zeigt ein Schnittbild eines geätzten Schnitts des Gefüges eines als Zylinderkopf ausgebildeten Ausführungsbeispiels eines Kfz-Bauteils, welches aus einer Gusseisenlegierung gemäß einem hier vorgeschlagenen Ausführungsbeispiel mit einem Siliziumgehalt von 3,5 Gew.-% besteht. Dabei zeigt die Figur ein Gefüge mit Vermiculargraphit und niedriger Nodularität.
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2 zeigt eine Detailvergrößerung von 1. Dabei ist eine Perlitausscheidung mit P gekennzeichnet. Dabei zeigt sich, dass der maximale Perlitgehalt der Gusseisenlegierung bevorzugt 0,4% beträgt und somit keinen signifikanten Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften hat. Der Perlitgehalt kann aber auch mehr als 0,4% betragen.
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3 zeigt eine diagrammatische Darstellung von Ergebnissen von Zeitfestigkeitsuntersuchungen für ausgewählte Legierungen. Dabei wurden die untersuchten Proben einer Zug/Druck-Wechselprüfung unterzogen. Auf der Ordinate oder Hochachse sind Spannungsamplituden σ für 2 Millionen Lastwechsel in MPa aufgetragen, die den auf der Abszisse oder Rechtsachse aufgeführten Legierungen zugeordnet sind. Ganz links ist dabei zum Vergleich eine konventionelle Gusseisenlegierung mit Vermiculargraphit GJV aufgeführt, sowie rechts unmittelbar daneben eine ebensolche konventionelle Legierung mit zusätzlichem Anteil an Molybdän – GJV-Mo. Daneben finden sich ausgewählte erfindungsgemäße Legierungen gemäß der Tabelle 1.
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Dabei zeigt sich als allgemeiner Trend, dass die Zeitfestigkeit der erfindungsgemäßen Legierungen mit steigendem Silizium-Anteil steigt. Die Spannungsamplitude liegt dabei für die erfindungsgemäßen Legierungen – je nach Silizium-Anteil – insbesondere zwischen 19% und 66% höher als bei konventionellem GJV.