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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung eines Linearantriebs sowie ein Linearantriebsaggregat.
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Linearantriebe, insbesondere für moderne Aktorkonzepte, bieten häufig nicht das dynamische Antwortverhalten, wie es in modernen Anwendungsgebieten, insbesondere der Robotik und der Mensch-Maschine-Wechselwirkung sowie der Kraftsteuerung, benötigt wird. Die Ursache für diesen Umstand liegt darin begründet, dass Linearantriebe regelmäßig mechanische Führungen aufweisen, welche – abhängig von den jeweiligen Betriebsbedingungen (insbesondere Temperatur, Schmierung, usw.) – einem substantiellen Einfluss von Reibung unterliegen. Folglich ist bei Linearantrieben der Zusammenhang zwischen einer Antwortgröße, insbesondere einer Kraft des Linearantriebs, und einer Steuergröße, insbesondere eines Steuerstroms, nicht linear. Vielmehr ist der Zusammenhang von Steuergröße und Antwortgröße mit einer Hysterese behaftet, so dass sich insbesondere der Zusammenhang zwischen Steuergröße und Antwortgröße für eine wachsende Steuergröße und für eine abnehmende Steuergröße unterscheidet. Folglich bildet der Zusammenhang zwischen Steuergröße und Antwortgröße eine Hystereseschleife aus. Regelmäßig hängt das Ausmaß der Hysterese von der Größe der Steuergröße ab. Die aufgrund der Hysterese resultierenden Nichtlinearitäten haben häufig ein verschlechtertes dynamisches Antwortverhalten des Linearantriebs zur Folge.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, ein verbessertes Verfahren zur Steuerung eines Linearantriebs bereitzustellen. Ferner ist es Aufgabe der Erfindung, ein verbessertes Linearantriebsaggregat bereitzustellen. Insbesondere soll mittels des Verfahrens zur Steuerung eines Linearantriebs sowie mittels des Linearantriebsaggregats eine Steuerung eines Linearantriebs mit verringerter Hysterese möglich sein.
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Diese Aufgabe der Erfindung wird mit einem Verfahren zur Steuerung eines Linearantriebs mit den in Anspruch 1 angegebenen Merkmalen sowie mit einem Linearantriebsaggregat mit den in Anspruch 9 angegebenen Merkmalen gelöst. Bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den zugehörigen Unteransprüchen, der nachfolgenden Beschreibung und der Zeichnung.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Steuerung eines Linearantriebs, bei welchem ein Zusammenhang einer Steuergröße und einer Antwortgröße mit einer Hysterese behaftet ist, wird ein Modell für den Zusammenhang mit mindestens einer ganzrationalen Funktion herangezogen. Erfindungsgemäß wird die Hysterese, zumindest zum Teil, mittels dieses Modells kompensiert.
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In dem erfindungsgemäß ein Modell für den Zusammenhang mit mindestens einer ganzrationalen Funktion herangezogen wird, lässt sich die Hysterese auch in hochdynamischen Anwendungen effektiv und leicht kompensieren: So können ganzrationale Funktionen, vorzugsweise von höchstens zweiter, dritter oder vierter Ordnung, insbesondere leicht invertiert werden (d.h. es kann leicht die Umkehrfunktion gebildet werden). Eine solche Invertierung ist nur mit geringen numerischen Kosten verbunden, welche weder großen Hardwareaufwand noch lange Berechnungszeit erfordert. Folglich lässt sich zeitnah mittels des Modells mit mindestens einer ganzrationalen Funktion ermitteln, wie die Steuergröße eingestellt werden muss, um eine gewünschte Antwortgröße zu erhalten. Gerade bei hochdynamischen Anwendungen lässt sich folglich eine Hysteresekompensation wirksam durchführen. Im Gegensatz dazu erweisen sich bislang in der Literatur diskutierte Hysteresemodelle, wie etwa Preisach-Hysteresemodelle einerseits als derart komplex, dass eine Invertierung lange Rechenzeiten erfordert, die für hochdynamische Anwendungen häufig deutlich zu lang sind. Eine Kompensation, die solche langen Rechenzeiten vermeidet, erfordert hingegen nachteilhaft einen deutlich höheren Hardwareaufwand. Ferner passen auch diese komplexen Modelle häufig nicht zu der in der Praxis beobachteten Hysterese von Linearantrieben. Erfindungsgemäß hingegen lässt sich das Modell mit der ganzrationalen Funktion flexibel an die im jeweiligen Anwendungsfall auftretende Hysterese anpassen.
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Zweckmäßig ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die Steuergröße ein Strom oder eine Spannung oder eine von dem Strom und/oder der Spannung abgeleitete Größe. Geeigneterweise ist bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die Antwortgröße eine Kraft oder ein Stellweg oder eine von der Kraft und/oder dem Stellweg abgeleitete Größe. Gerade die vorgenannten Steuergrößen und Antwortgrößen treten in der Praxis besonders häufig auf.
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Vorteilhafterweise modelliert bei dem erfindungsgemäßen Verfahren das Modell den Zusammenhang mit stückweise ganzrationalen Funktionen. Infolge der Modellierung des Zusammenhangs mit stückweise ganzrationalen Funktionen lässt sich die Komplexität der einzelnen ganzrationalen Funktionen vorteilhaft gering halten.
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In einer bevorzugten Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst das Modell mindestens eine erste ganzrationale Funktion, welche den Zusammenhang innerhalb eines ersten Werteintervalls der Steuergröße für den Fall einer zeitlich ansteigenden Steuergröße modelliert. Insbesondere ein solcher Teil des Zusammenhangs, welcher diesen für eine zeitliche ansteigende Steuergröße innerhalb eines ersten Werteintervalls abbildet, lässt sich leicht mit einer hinreichend einfachen ganzrationalen Funktion modellieren. Alternativ oder zusätzlich und ebenfalls bevorzugt umfasst bei dem erfindungsgemäßen Verfahren das Modell mindestens eine zweite ganzrationale Funktion, welche den Zusammenhang innerhalb eines zweiten Werteintervalls der Steuergröße für den Fall einer zeitlich abnehmenden Steuergröße modelliert. Auch in diesem Falle ist eine Modellierung mit einer hinreichend einfachen ganzrationalen Funktion möglich.
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Besonders bevorzugt werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren die beiden vorgenannten Weiterbildungen zugleich eingesetzt, wobei insbesondere ein erster und zweiter Wertebereich überlappen oder miteinander übereinstimmen. Auf diese Weise lässt sich ein substantieller Teil des Zusammenhangs mittels ganzrationaler Funktionen hinreichend einfach beschreiben.
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Idealerweise modellieren bei dem erfindungsgemäßen Verfahren erste und zweite ganzrationale Funktionen den Zusammenhang vollständig. Auf diese Weise lässt sich in jedem denkbaren Betriebszustand die Hysterese leicht kompensieren.
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Das erfindungsgemäße Linearantriebsaggregat umfasst einen Linearantrieb, bei welchem ein Zusammenhang einer Steuergröße und einer Antwortgröße mit einer Hysterese behaftet ist. Zudem umfasst das Linearantriebsaggregat eine Hysteresekompensationsvorrichtung, welche zur Ausführung eines Verfahrens, wie es zuvor beschrieben ist, ausgebildet und eingerichtet ist.
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Zweckmäßigerweise ist bei dem erfindungsgemäßen Linearantriebsaggregat die Hysteresekompensationsvorrichtung derart eingerichtet, dass die Steuergröße gemeinsam mit einer Kompensationsgröße derart an den Linearantrieb übergeben wird, dass zusammenwirkend mit der Kompensationsgröße die Steuergröße linear mit der Antwortgröße zusammenhängt. Zweckmäßigerweise erfolgt dies derart, dass die Steuergröße zunächst mittels der Hysteresekompensationsvorrichtung erfasst wird und durch diese unter der Annahme eines linearen Zusammenhangs zunächst ermittelt wird, welche Antwortgröße folgen würde. Nachfolgend wird mittels der Hysteresekompensationsvorrichtung für den interessierenden Bereich des tatsächlichen Zusammenhangs zwischen Steuergröße und Antwortgröße mittels des Modells mit der ganzrationalen Funktion ermittelt, welche Antwortgröße aufgrund der Steuergröße, also unter Einbezug der tatsächlich vorhandenen Hysterese, tatsächlich resultieren würde. Mittels des im relevanten Bereich invertierten Zusammenhangs wird dann ermittelt, um welchen zusätzlichen Beitrag die Steuergröße ergänzt werden müsste, so dass die Antwortgröße aufgrund eines unterstellt linearen Zusammenhangs sich einstellen würde. Dieser zusätzliche Beitrag, welcher hinsichtlich des Vorzeichens mit der Steuergröße übereinstimmt oder sich von dieser unterscheiden kann, bildet nunmehr eine Kompensationsgröße, welche zur Steuergröße hinzutritt. Werden nunmehr Steuergröße und Kompensationsgröße gemeinsam an den Linearantrieb übergeben, so resultiert ein linearer Zusammenhang zwischen Antwortgröße und Steuergröße.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine repräsentative Hysteresekurve für den Zusammenhang eines Steuerstroms und einer Kraft eines piezohydraulischen Aktors schematisch in einer diagrammatischen Darstellung sowie
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2 schematisch die Arbeitsweise eines erfindungsgemäßen Linearantriebsaggregats mit dem piezohydraulischen Aktor mit dem Hystereseverhalten gemäß 1 in einer Prinzipskizze.
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Der in 1 dargestellte Zusammenhang von Steuerstrom I und Kraft F (Hochachse) eines piezohydraulischen Aktors ist mit einer Hysterese behaftet: Wird mit einem geringen Steuerstrom I1 begonnen, so stellt sich die Kraft F gemäß dem unteren Teil U der Hystereseschleife H abhängig vom Steuerstrom I ein. Wird der Steuerstrom bei Erreichen eines maximalen Steuerstroms I2 wieder verringert, so verringert sich die Kraft F hingegen gemäß dem oberen Teil O der Hystereschleife H mit sinkendem Steuerstrom I. Zwischen dem Minimalsteuerstrom I1 und dem Maximalsteuerstrom I2 sind folglich zwei voneinander abweichende Teile U und O der Hystereseschleife H befindlich. Sowohl für den unteren Teil U als auch für den oberen Teil O der Hystereseschleife H wird jeweils eine eigene Kurvenanpassung vorgenommen, welche den jeweiligen Teil der Hystereseschleife H mit einer ganzrationalen Funktion, im dargestellten Ausführungsbeispiel eine Polynomfunktion vierten Grades, modelliert (in weiteren, nicht eigens gezeigten Ausführungsbeispielen werden unterer Teil U und oberer Teil O der Hystereseschleife mit Polynomfunktionen zweiten, dritten oder fünften oder höheren Grades modelliert; ferner wird in weiteren, nicht eigens dargestellten, Ausführungsbeispielen ein Zusammenhang zwischen einer Steuerspannung und einem Stellweg eines piezohydraulischen Aktors oder aber zwischen einer Steuerspannung und einer Kraft eines piezohydraulischen Aktors oder zwischen einem Steuerstrom und einem Stellweg eines piezohydraulischen Aktors modelliert).
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Diese Polynomfunktion lässt sich nunmehr einfach zur Hysteresekompensation nutzen:
Wie in 2 dargestellt wird der Steuerstrom einem erfindungsgemäßen Linearantriebsaggregat L übermittelt, bei dem eine Steuerungseinheit S den jeweils aktuell erfassten Wert des Steuerstroms I erfasst und einer Hysteresekompensationsvorrichtung K übermittelt.
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Mittels der Hysteresekompensationsvorrichtung wird nunmehr bestimmt, welcher Kraft des piezohydraulischen Aktors unter der Annahme eines – tatsächlich nicht gegebenen – Zusammenhangs zwischen Steuerstrom I und Kraft F folgen würde. Sodann bestimmt die Hysteresekompensationsvorrichtung K mittels des Modells des Zusammenhangs mit der Polynomfunktion, welche Kraft F des piezohydraulischen Aktors sich tatsächlich ohne eine Hysteresekompensation einstellen würde. Mittels des im jeweils interessierenden Bereich invertierten Zusammenhangs zwischen Steuerstrom I und Kraft F wird dann durch die Hysteresekompensationsvorrichtung K bestimmt, um welchen zusätzlichen Kompensationsstrom IK der Steuerstrom ergänzt werden müsste, damit sich diejenige Kraft F tatsächlich einstellt, welche sich aufgrund eines unterstellt linearen Zusammenhangs einstellen würde.
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Die Steuerungseinheit S übergibt nun den Steuerstrom I an den piezohydraulischen Aktor A. Zudem wird dem piezohydraulischen Aktor A zusätzlich der Kompensationsstrom IK eingangsseitig eingespeist. Somit resultiert faktisch stets ein linearer Zusammenhang zwischen Steuerstrom I und Kraft F des piezohydraulischen Aktors A.
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Für die Fälle kleinerer Intervalle für den Steuerstrom I ergeben sich wie in 1 gezeigt entsprechend skalierte Hystereseschleifen H2, H3 und H4, welche grundsätzlich ausgehend von dem Modell der größten Hystereseschleife H herunterskaliert und somit leicht modelliert und berechnet werden können.
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Zweckmäßigerweise werden die Hystereseschleife H vorab mittels des piezohydraulischen Aktors A für beide Teile O, U der Hystereseschleife H genau unter Betriebsbedingungen vermessen und die dabei erhaltenen Messergebnisse zur Modellierung der Hystereseschleife H durch Kurvenanpassung, etwa nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate herangezogen.
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In weiteren, nicht eigens gezeigten Ausführungsbeispielen ist anstelle des piezohydraulischen Aktors ein sonstiger Linearantrieb