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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Messen einer anthropogenen Neutronendosis. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung ein Neutronendosimeter.
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Anthropogene Neutronenquellen sind beispielsweise wissenschaftliche Spallationsquellen, hochenergetische Teilchenbeschleuniger oder kerntechnische Anlagen. Diese müssen gesetzliche Grenzwerte für die von ihnen ausgehende Neutronendosis einhalten, die so niedrig sind, dass sie die natürlich vorhandene Neutronendosis nur geringfügig überschreiten. Solche anthropogene Neutronenquellen sind nur schwer vom natürlichen Hintergrund unterscheidbar. Um die anthropogene Neutronendosis zu bestimmen, werden zurzeit zwei Messgeräte in unterschiedlichen Abständen von der Neutronenquelle platziert und aus den unterschiedlichen Anzeigen die anthropogene Neutronendosis berechnet. Dieses Vorgehen hat den Nachteil, dass aufgrund der geringen Zählraten statische Fluktuationen dazu führen können, dass die Neutronenquelle als Neutronensenke erscheint oder irrtümlich eine Überschreitung des Grenzwertes ermittelt wird.
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Aus der
DE 10 2006 044 734 A1 sind ein Neutronendosimeter und ein Verfahren zum Messen der Anzahl hochenergetischer Neutronen bekannt, bei dem verschiedene Target-Materialien eingesetzt werden, die mit den Neutronen der zu messenden Energie unter Bildung eines radioaktiven Nuklids reagieren. Aus den erfassten Zählereignissen während eines vorgegebenen Zählintervalls wird dann auf die Zahl der Neutronen geschlossen, die in einem Auswertungszeitfenster erfasst wurden. Nachteilig an einem derartigen Neutronendosimeter ist, dass der vom Gerät selbst stammende Hintergrund nicht ermittelt werden kann, sodass sehr schwache Neutronendosen nur mit einer hohen Messunsicherheit bestimmt werden können.
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Aus der
DE 10 2008 050 731 A1 und der
DE 10 2004 020 979 A1 sind Neutronendosimeter bekannt, bei denen schnelle Neutronen zunächst thermalisiert werden und danach ein Targetmaterial aktivieren. Die so entstehende Strahlung wird von einem ersten Zähler detektiert. Das Targetmaterial ist so gewählt, dass es hinsichtlich seiner Absorptions- und Schwächungseigenschaften von Photonen einer Metallfolie gleicht, die einen zweiten Zähler umgibt. So können gemischte Neutronen-Photonen-Felder vermessen werden. Auch bei diesen Geräten ist nachteilig, dass der vom Gerät selbst stammende Hintergrund nicht ermittelt werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Messung der anthropogenen Neutronendosis bei kleinen Dosisleistungen zu verbessern. Dies geschieht durch intelligente Auswerteverfahren, die in ein Messgerät integriert werden. Dadurch wird die Messgenauigkeit verbessert und Spezialkenntnisse für die Nutzung sind nicht erforderlich.
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Die Erfindung löst das Problem durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1. Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch ein Neutronendosimeter gemäß Anspruch 7.
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Vorteilhaft an der Erfindung ist, dass gerätebedingte systematische Messfehler zu einem großen Umfang herausrechenbar sind, da sie eine abweichende Energieverteilung im Neutronendetektor aufweisen.
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Es ist ein weiterer Vorteil, dass die Neutronendosis mit Hilfe nur eines Gerätes erfassbar ist. An unterschiedlichen Positionen aufgestellte Messgeräte sind entbehrlich. Stark schwankende Messergebnisse aufgrund einer Differenzbildung zweier mit großen statistischen Unsicherheiten behafteter Messergebnisse werden vermieden.
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Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter der Norm-Impulshöhenverteilung R[k] insbesondere diejenige Funktion verstanden, die einem Energieintervall die Zahl an Zählereignissen zuordnet, wobei die Zahl der Zählereignisse entweder eine absolute Zahl oder eine relative Zahl, beispielsweise bezogen auf die Gesamtzahl der Zählereignisse oder einen Energiekanal k mit der höchsten Zahl an Zählereignissen, ist.
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Insbesondere dann, wenn das Neutronendosimeter einen Moderator aufweist, der schnelle Neutronen thermalisiert, hängt die Energie, die ein einfallendes Neutron im Neutronendetektor deponiert, in guter Näherung nur von der Position, an der das Neutron eine Kernreaktion auslöst, und der Richtung, unter der die Reaktionsprodukte auseinanderfliegen, ab. Insbesondere hat das Energiespektrum der eingestrahlten Neutronen in guter Näherung keinen Einfluss auf die Norm-Impulshöhenverteilung.
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Als Moderatoren kommen beispielsweise Polyethylen, Wasser oder Paraffin in Betracht.
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Das Kalibrieren des Neutronendosimeters wird beispielsweise dadurch durchgeführt, dass das Neutronendosimeter mit Neutronen aus einer Neutronenquelle bestrahlt wird. Vorzugsweise werden eine Neutronenquelle und Messbedingungen verwendet, die so gewählt sind, dass Gammastrahlung, der Eigenuntergrund und gegebenenfalls weitere Störeinflüsse hinreichend klein sind. Geeignet ist beispielsweise eine 252Cf-Quelle oder 241Am-Be-Quelle.
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Dadurch ist die Zählrate, die durch Neutronen verursacht wird, deutlich größer als die Zählrate durch Hintergrundstrahlung oder gerätebedingte systematische Effekte. Es kann daher in guter Näherung davon ausgegangen werden, dass die Norm-Impulshöhenverteilung allein den Einfluss der zu zählenden Neutronen auf das Messergebnis beschreibt. Die Norm-Impulshöhenverteilung ist charakteristisch für das Neutronendosimeter, inklusive dessen gemäß einer bevorzugten Ausführungsform vorhandener Auswerteelektronik.
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Unter dem Messen einer Ist-Impulshöhenverteilung wird das Messen in der Umgebung verstanden, die überwacht werden soll. In der Regel wird die Position des Neutronendosimeters während des Messens nicht verändert.
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Die Ist-Impulshöhenverteilung D[k] wird beeinflusst durch Effekte aus der Gruppe, die die Neutronenstrahlung künstlichen Ursprungs, also die anthropogene Neutronenstrahlung, die natürliche Neutronenstrahlung, Gammastrahlung, den Eigenuntergrund des Detektors, elektromagnetische Störungen und mechanisch hervorgerufenen Störungen (Mikrophonie) umfasst. Welche Art der Störung vorliegt und/oder dominiert, hängt von den Messbedingungen ab.
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Durch das Anpassen der parametrisierten Modellfunktion an die Ist-Impulshöhenverteilung wird mit mathematischen Mitteln das von Neutronen hervorgerufene Signal von systematischen Messfehlern getrennt. Da die zu messende Neutronendosisleistung in der Regel bei der Umgebungsüberwachung von kerntechnischen Anlagen sehr gering ist, führt das Herausrechnen von Messartefakten zu einem deutlichen Genauigkeitsgewinn.
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Um aus der so berechneten Neutronendosis oder Neutronendosisleistung den anthropogenen Anteil zu bestimmen, wird der natürliche Neutronenstrahlungshintergrund herausgerechnet. Dieser hängt hauptsächlich vom Luftdruck am Ort des Neutronendosimeters und von der geografischen Breite des Standorts des Neutronendosimeters, sowie von der Sonnenaktivität ab. Der Luftdruck kann mittels der Luftdruckermittlungsvorrichtung erfasst werden, die beispielsweise ein Barometer umfasst. Alternativ oder zusätzlich kann der Luftdruck aus einer Datenbank abgefragt werden, in der der Luftdruck an der Position des Neutronendosimeters oder in unmittelbarer Umgebung abgelegt ist. Die geografische Breite kann entweder mittels eines Satellitennavigationssystems bestimmt werden, das Teil des Neutronendosimeters ist, oder aber beim Aufstellen des Neutronendosimeters bestimmt werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform besitzt die Modellfunktion einen exponentiell mit der im Detektor deponierten Energie abfallenden Term. Mit diesem Term kann das Rauschen und der Beitrag durch Gammastrahlung modelliert werden.
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Günstig ist es, wenn die Modellfunktion zudem einen konstanten Anteil enthält, durch den der Eigenuntergrund des Neutronendetektors beschrieben werden kann.
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Günstig ist es, wenn das Anpassen der parametrisierten Modellfunktion im gesamten Intervall der Ist-Impulshöhenverteilung erfolgt. Die Modellfunktion berücksichtigt, dass im Vergleich zu den durch Neutronen hervorgerufenen Zählereignisse die durch Eigenradioaktivität des Neutronendetektors hervorgerufenen Zählereignisse in der Regel eine deutlich höhere Impulshöhe haben, während die durch Störungen oder Gammastrahlung hervorgerufenen Zählereignisse deutlich kleiner sind als. Dadurch werden diese Fehler weitgehend ausgeblendet.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt eines Korrigierens der Ist-Impulshöhenverteilung durch Aussondern von Zählereignissen, die einen zeitlichen Abstand von einem zweiten Zählereignis haben, der unterhalb einer vorgegebenen Zeitschwelle liegt. Da die von anthropogenen Neutronen hervorgerufenen Zählereignisse typischerweise einen mittleren zeitlichen Abstand von etlichen Minuten haben, sind kurz aufeinander folgende Zählereignisse mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Störung zurückzuführen. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unterhalb dieser Zeitschwelle auch durch Neutronenstrahlung hervorgerufene Zählereignisse verworfen werden, kann berechnet werden. Es ist bevorzugt, dass die Auswerteschaltung die Zeitschwelle so wählt, dass die durch das Verwerfen bedingten Verluste an Zählereignissen bei gegebenen Messbedingungen einen vorbestimmten Anteil nicht überschreiten. Bei den erforderlichen Messgenauigkeiten bei der Messung anthropogener Neutronendosen sind Verluste im Prozentbereich in der Regel tolerierbar.
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Das Verfahren nutzt die Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit P(t), dass in einem Zeitintervall der Dauer t mehr als ein durch Neutronenstrahlung hervorgerufenes Zählereignis stattfindet, durch die Beziehung P(t) = 1 – exp(–Nt) beschrieben wird, bei der N die mittlere Zählrate darstellt. Zum Beispiel beträgt bei einer mittleren Zählrate von einem Ereignis pro Minute die Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb einer Sekunde weitere Ereignisse stattfinden, 1,6%.
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Alternativ oder zusätzlich kann die Auswerteschaltung nach jedem Zählereignis eine fest eingestellte Totzeit lang warten, bis ein weiteres Zählereignis registriert werden kann. Vorzugsweise wird die Totzeit so gewählt, dass die Wahrscheinlichkeit eines weiteren durch Neutronenstrahlung hervorgerufenen Zählereignisses in der Totzeit kleiner ist als 5%.
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Vorzugsweise ist in der Auswerteschaltung die geographische Breite gespeichert. Daraus und aus dem Luftdruck lässt sich mit guter Genauigkeit die Neutronenhintergrunddosisleistung berechnen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Berechnen des Neutronenhintergrunds auch anhand der Sonnenaktivität. Bei erhöhter Sonnenaktivität wird eine geringere Flussdichte und somit Dosisleistung kosmischer Neutronen beobachtet. Die Sonnenaktivität und die daraus resultierende globale Neutronen-Hintergrundstrahlung werden an verschiedenen Stellen auf der Erde gemessen und online zur Verfügung gestellt. Durch diese Korrektur wird verhindert, dass die anthropogene Neutronendosis bzw. Neutronendosisleistung falsch ermittelt wird.
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Besonders günstig ist es, wenn das Neutronendosimeter die Impulshöhe des elektrischen Impulses, der durch Einfall eines Neutrons ausgelöst wird, in einer Vielzahl von Kanälen, insbesondere zumindest 200 Kanälen, misst. Jedem Kanal ist dann ein Energieintervall zugeordnet. Für jeden Kanal sind die tatsächlich beobachteten Zählereignisse und deren Abweichung von dem entsprechenden Wert der Modellfunktion durch eine Poisson-Verteilung beschreibbar. An diese Ist-Impulshöhenverteilung wird die Norm-Impulshöhenverteilung angepasst. Dabei wird der Parametersatz aus den Parametern der parametrisierten Modellfunktion vorzugweise mit einem Verfahren nach Bayes bestimmt. In anderen Worten werden die Parameter der parametrisierten Modellfunktion so gewählt, dass unter der Annahme, dass diese Parameter korrekt sind, die Impulshöhenverteilung mit der höchsten Wahrscheinlichkeit genau die Norm-Impulshöhenverteilung ist.
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Besonders günstig ist es, wenn der Neutronendetektor ein Proportionalzähler ist, der beispielsweise Helium-3 oder Bortrifluorid als Zählgas enthält oder ein Szintillationsdetektorelement, das Lithium-6 enthält.
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Günstig ist es, wenn die Auswerteschaltung ausgebildet ist zum automatischen Wiederholen der Schritte (i) bis (v), so dass die Neutronendosisleistung bestimmbar ist. Vorzugweise ist das Neutronendosimeter eingerichtet zum automatischen, beispielsweise drahtgebundenen oder drahtlosen, Übermitteln der Neutronendosis.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigt
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1 eine schematische Ansicht eines erfindungsgemäßen Neutronendosimeters zum Durchführen eines erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 eine typische Ist-Impulshöhenverteilung, sowie (kleines Bild) eine Norm-Impulshöhenverteilung und
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3 eine Ist-Impulshöhenverteilung mit einer angepassten Modellfunktion und der Norm-Impulshöhenverteilung, sowie (kleines Bild) eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Intensitätsparameter
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1 zeigt ein erfindungsgemäßes Neutronendosimeter 10, das einen Neutronendetektor 12, einen Moderator 14 und eine schematisch eingezeichnete Auswerteschaltung 16 umfasst. Ein einfallendes schnelles Neutron 18 wird zunächst durch den Moderator 14 thermalisiert und fällt danach in den Neutronendetektor 12 ein. Dieser ist mit einem Zählgas 20, beispielsweise mit Helium-3 oder Bortrifluorid BF3, gefüllt.
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Das Neutron reagiert mit einem Atom bzw. Molekül des Zählgases. Ist das Zählgas Helium-3, so entstehen ein Proton und Tritiumkern, die in entgegen gesetzte Richtungen auseinanderfliegen. Beide Reaktionsprodukte lösen eine Ionisationslawine aus, die durch ein elektrisches Feld zwischen einer ersten Elektrode 22 und einer zweiten Elektrode 24 verstärkt wird. Zwischen beiden Elektroden fließt ein elektrischer Strom, der in einen Spannungsimpuls umgewandelt wird und dessen Maximum Impulshöhe genannt wird. Derartige Neutronendetektoren gehören zum Stand der Technik und werden daher nicht näher erläutert.
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Die Auswerteschaltung 16 erfasst für jedes Zählereignis die Impulshöhe und ordnet diese einem Kanal k zu. Jeder Kanal k entspricht einem Energieintervall, wobei die Kanäle äquidistant in der deponierten Energie sind.
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1 zeigt schematisch, dass das Neutronendosimeter 10 eine Luftdruck-Ermittlungsvorrichtung 26 aufweist, mittels der der Luftdruck p gemessen wird. Mittels einer Kommunikationseinheit 28 kann zudem in regelmäßigen Zeitabständen eine Datenbank ausgelesen werden, in der die von der Sonnenaktivität beeinflusste Flussdichte kosmischer Neutronenstrahlung zeitabhängig abgelegt ist. Selbstverständlich ist das Neutronendosimeter 10 auch ohne Kommunikationseinheit 28 funktionsfähig.
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Ebenfalls optional ist ein Satellitennavigationssystem 30, das zur Bestimmung der geografischen Breite dient, auf dem Neutronendosimeter 10 angeordnet. Aus der geografischen Breite und dem Luftdruck p sowie gegebenenfalls der Sonnenaktivität kann mit hoher Genauigkeit die Anzeige durch natürliche Neutronenstrahlung Nback bestimmt werden. Aus dem Intensitätsparameter d und dem Neutronenhintergrund Nback kann die anthropogene Neutronenanzeige Nanth, also die Anzahl von Messimpulsen, die von anthropogener Neutronenstrahlung verursacht wird, berechnet werden.
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2 zeigt eine Ist-Impulshöhenverteilung D[k], die die Zählereignisse über den Kanal k aufträgt. In 2 ist zudem rechts oben eine Norm-Impulshöhenverteilung eingezeichnet. Für beliebig viele Zählereignisse und Messungen unter Laborbedingungen konvergiert eine Ist-Impulshöhenverteilung gegen die Norm-Impulshöhenverteilung R[k].
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3 zeigt eine Ist-Impulshöhenverteilung D[k]. Diese zeigt deutlich größere statistisch bedingte Fluktuationen und zudem systematische Abweichungen von der Norm-Impulshöhenverteilung bei hohen und bei niedrigen Kanälen. Die Zählereignisse oberhalb von Kanal 400 (dies entspricht einer im Detektor deponierten Energie von mehr als 764 keV) sind auf die Eigen-Radioaktivität des Neutronendetektors zurückzuführen. Eingezeichnet ist zudem eine parametrisierte Modellfunktion M[k] = αexp(–bk) + c + dR(ek). Formel 1 mit den Parametern a, b, c, d und e. Darin ist die ebenfalls eingezeichnete Norm-Impulshöhenverteilung R mittels der positiven reellen Zahl e skaliert, mit der mögliche Änderungen in der Verstärkung der Impulse berücksichtigt werden. Der Parameter d ist der Intensitätsparameter. Durch die konstante reelle Zahl c wird der Hintergrund modelliert. Der exponentiell mit dem Kanal k abfallende Term αexp(–bk) beschreibt ein Eigenrauschen des Neutronendosimeters und den Beitrag von Gammastrahlung.
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Die Anpassung der Modellfunktion M[k] wird in dem gesamten Bereich der Ist-Impulshöhenverteilung durchgeführt. Die Tatsache, dass durch Neutronen verursachte Impulse nur in einem bestimmten Pulshöhenintervall zu erwarten sind, wird dabei durch den Term R(ek) in der Modellfunktion berücksichtigt.
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Im Folgenden wird die Berechnung der angepassten Modellfunktion beschrieben. Die Anpassung basiert auf der Parameterschätzung nach Bayes unter Verwendung entweder einer Monte-Carlo-Simulation (siehe z. B. ”Bayesian Data Analysis” von Gelman et. al., Chapman and Hall/CRC, Boca Raton, FL, 2004) oder eines neuronalen Netzwerks. Das Ziel der Bayes-Analyse ist es, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P(a, b, c, d, e|D) bei gegebener Wahrscheinlichkeitsfunktion P(D|a, b, c, d, e) und einer angenommenen Verteilung P(a, b, c, d, e) abzuleiten.
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Dabei repräsentiert D die Messdaten der Ist-Impulshöhenverteilung
D := (D[1], D[2], ...), bei denen D[k] der Anzahl der Impulse entspricht, die im Kanal
k des Pulshöhenspektrums gemessen werden. Die Formel von Bayes lautet in diesem Fall P(a, b, c, d,e|D) ∝ P(D|a, b, c, d, e)P(a, b, c, d, e) Formel 2
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Im Term P(D|a, b, c, d, e) hängt die Anzahl D[k] der gemessenen Zählereignisse in einem Kanal k ab von den tatsächlich einfallenden Neutronen und dem Messfehler. Es wird angenommen, dass die Zählereignisse in den einzelnen Kanälen unabhängig voneinander sind. Dann kann P(D|a, b, c, d, e) als Produkt von Poisson-Verteilungen geschrieben werden
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Der Term P(a, b, c, d, e) beschreibt die Priori-Verteilung der Parameter. Von der Posteriori-Verteilung P(a, b, c, d, e|D) wird erwartet, dass sie nur wenig von der Wahl der Priori-Verteilung abhängt, so dass nicht-informative Priori-Verteilungen genutzt werden können. Es werden Priori-Verteilungen gewählt, die mit dem Logarithmus der Parameter a, b, c und e gleichverteilt sind sowie für den Parameter d gleichverteilt sind.
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Die Posteriori-Verteilung P(a, b, c, d, e|D), definiert in Formel 2, fasst die gesamte Information zusammen, die über die Werte der Parameter und ihre Unsicherheit bekannt ist. Sie wird genutzt, um die Größen zu berechnen, die wichtig für die Analyse sind. Dafür können Monte Carlo Verfahren eingesetzt werden. Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Intensitätsparameters d gegeben durch P(d|D) = ∫da db dc de P(a, b, c, d, e|D) Formel 4
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Der Wert von d wird aus dem Mittelwert von P(d|D) und die Unsicherheit von d aus der Standardabweichung abgeschätzt. Für die anderen Parameter findet man ähnliche Formeln.
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Für die hier beschriebene Anwendung ist es wichtig, die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anzahl der Impulse zu berechnen, die ausschließlich durch Neutronen verursacht wurden, das heißt
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Der Wert von Ngesamt wird aus dem Mittelwert dieser Wahrscheinlichkeitsfunktion und seine Unsicherheit aus der Standardabweichung abgeschätzt.
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Um aus Ngesamt die Umgebungs-Äquivalentdosis H·(10)anth durch anthropogene Neutronen zu berechnen, muss die Anzeige durch Neutronen aus der kosmischen Strahlung Nback bestimmt werden. Dazu werden zunächst für jedes Neutronendosimeter einmalig Messungen an einem Ort durchgeführt, an dem kein Beitrag anthropogener Neutronen vorliegt, wobei für diese Messung der mittlere Luftdruck pREF und die mittlere Anzeige stationärer Neutronenmonitore NNM,REF deren Ergebnisse als Funktion der Zeit im Internet abgerufen werden können (Neutron Monitor Database http://www.nmdb.eu/), festgehalten werden. Mit dem oben beschriebenen Verfahren (Formeln 1 bis 5) wird Ngesamt für diese Messung bestimmt. Daraus ergibt sich die Anzeige durch Neutronen aus der kosmischen Strahlung für diese Referenzbedingungen Nback,REF = Ngesamt.
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Die Anzeige durch Neutronen aus der kosmischen Strahlung bei einer beliebigen Messung ergibt sich durch
wobei Δp die Differenz des Luftdrucks in hPa zwischen dieser Messung und der Messung unter Referenzbedingungen und N
NM die mittlere Anzeige stationärer Neutronenmonitore während dieser Messung darstellt.
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Die Anzeige durch anthropogene Neutronen ergibt sich aus Nanth = Ngesamt – Nback Formel 7
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Zur Bestimmung der Umgebungs-Äquivalentdosis H·(10)anth werden Kalibrierfaktoren f benötigt, deren Werte üblicherweise vom Neutronenspektrum abhängen. Üblich ist eine Kalibrierung im Referenzstrahlungsfeld einer 252Cf Neutronenquelle. Zusätzlich kann ein spektrumsspezifischer Korrekturfaktor fS für das Neutronenspektrum am Zaun der zu überwachenden Anlage genutzt werden, der mit Neutronentransportrechnungen berechnet oder durch ”Feldkalibrierung” (Vergleich mit einem Referenzgerät am Messort) ermittelt wird. Daus ergibt sich H·(10)anth = NanthffS Formel 8
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Neutronendosimeter
- 12
- Neutronendetektor
- 14
- Moderator
- 16
- Auswerteschaltung
- 18
- Neutron
- 20
- Zählgas
- 22
- Elektrode
- 24
- Elektrode
- 26
- Luftdruck-Ermittlungsvorrichtung
- 28
- Kommunikationseinheit
- 30
- Satellitennavigationssystem
- R[k]
- Norm-Impulshöhenverteilung
- D[k]
- Ist-Impulshöhenverteilung
- M[k]
- Modellfunktion
- k
- Kanal
- p
- Luftdruck
- d
- Intensitätsparameter
- Nback
- Neutronenhintergrundanzeige
- Nanth
- anthropogene Neutronenanzeige
- Ngesamt
- Anzeige, z. B. Anzahl von Messimpulsen, die durch Neutronen verursacht wird
- f
- Kalibrierfaktor
- fS
- spektrumsspezifischer Korrekturfaktor
- H·(10)ant
- Umgebungsäquivalentdosis, die durch anthropogene Neutronenstrahlung verursacht wird