-
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk.
-
Es ist bekannt, aus einem Verdichter eines Turbofantriebwerks Verdichterluft zu entnehmen, um den Massenstrom durch den Verdichter zu variieren und diesen hinsichtlich seiner aerodynamischen Stabilität zu optimieren. Das Abblasen von Verdichterluft stellt beispielsweise eine Möglichkeit dar, instabile Betriebszustände eines Niederdruckverdichters zu unterbinden. Solche können z. B. dann auftreten, wenn bei niedrigen Drehzahlen der maximale Massendurchsatz eines Hochdruckverdichters des Turbofantriebwerks kleiner ist als der des Niederdruckverdichters. Dies kann beim Drosseln des Triebwerks zu einem Strömungsaufstau hinter dem Niederdruckverdichter und einer möglichen Umkehr der Strömungsrichtung, dem so genannten „Pumpen” führen.
-
Aus der
DE 10 2011 101 331 A1 ist eine Vorrichtung zur Entnahme von Verdichterluft aus einem Niederdruckverdichter bekannt. Dazu ist in der Wandung des Niederdruckverdichters eine Öffnung ausgebildet, welche in einen Ringkanal mündet. Die Entnahme von Verdichterluft ist über ein Verschlusselement, das zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbar ist, regelbar. Eine solche Vorrichtung zum regelbaren Abblasen von Verdichterluft aus einem Niederdruckverdichter wird auch als BBV-System (BBV = „Booster Bleed Valve”) bezeichnet.
-
Es ist bei einem Turbofantriebwerk anzustreben, dass die aus dem Niederdruckverdichter abgelassene Verdichterluft in einem Bereich in den Sekundärstromkanal eingeführt wird, in dem ein solches Einführen von Verdichterluft nicht zu aerodynamischen Verlusten führt. Diese Gefahr besteht jedoch dann, wenn die abgelassene Verdichterluft zwischen Fan und Fan-Leitrad in den Sekundärstromkanal eingeleitet wird, d. h., in einem Bereich, in dem die vom Fan kommende Luft noch mit Drall versehen und der Drall noch nicht durch das Fan-Leitrad aus der Strömung herausgenommen worden ist.
-
Dementsprechend ist es beispielsweise in der
US 2008/0063515 A1 vorgesehen, die aus dem Niederdruckverdichter abgelassene Verdichterluft in einem Zwischengehäuse des Turbofantriebwerks axial nach hinten zu führen und erst hinter dem Fan-Leitrad in den Sekundärstromkanal einzuführen. Dies ist allerdings mit dem Nachteil verbunden, dass für eine solche Luftführung im Turbofantriebwerk das Zwischengehäuse oder andere Funktionsbauteile konstruktiv adaptiert werden müssen, mit entsprechenden Kosten und konstruktivem Aufwand.
-
Dieses Problem stellt sich in besonderem Maße, wenn das Fan-Leitrad an der Außenseite eines strukturelle Lasten aufnehmenden Zwischengehäuses angeordnet ist. Ein solches, strukturelle Lasten aufnehmendes Zwischengehäuse wird auch als IMC (IMC = „Intermediate casing”) bezeichnet und dient der Anbringung von Befestigungsmitteln zur Aufhängung des Triebwerks an einer Tragfläche oder am Flugzeugrumpf. Ein solches Zwischengehäuse stellt das komplexeste und in seiner Herstellung zeitaufwendigste Teil eines Flugtriebwerks dar, weswegen es vorteilhafterweise vermieden wird, in ein solches Zwischengehäuse zusätzlich Luftstromkanäle zum Führen von Verdichterluft zu integrieren.
-
Die
FR 2 926 337 A1 beschreibt ein Strahltriebwerk mit einem Fan, einem Primärstromkanal, einem Sekundärstromkanal und einem Intermediate Casing, an dessen Außenseite sich im Sekundärstromkanal Schaufeln eines Fan-Leitrads erstrecken. Hinter dem Niederdruckverdichter des Primärstromkanals ist ein Abblaskanal zum Abblasen von Verdichterluft in den Sekundärstromkanal ausgebildet. Hierzu weist das Fan-Leitrad zwei in radialer Richtung zueinander beabstandete Plattformen auf, die zwischen sich einen Strömungskanal definieren, durch den Abblasluft geführt und hinter dem Fan-Leitrad in den Sekundärstromkanal geleitet wird.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk bereitzustellen, die ohne die Notwendigkeit struktureller Veränderungen von Funktionsbauteilen des Turbofantriebwerks auskommen und gleichzeitig aerodynamische Verluste vermeiden.
-
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
-
Danach sieht die erfindungsgemäße Lösung vor, in einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft, die einen Niederdruckverdichter eines Primärstromkanals und ein Fan-Leitrad eines Sekundärstromkanals umfasst, Luftleiteinrichtungen derart vorzusehen, dass abzulassende Verdichterluft des Niederdruckverdichters bezogen auf die Strömungsrichtung im Sekundärstromkanal vor dem Fan-Leitrad in den Sekundärstromkanal geleitet, dort in einem gesonderten Strömungskanal in axialer Richtung an den Leitradschaufeln des Fan-Leitrads vorbeigeführt und erst hinter dem Fan-Leitrad mit Luft des Sekundärstromkanals vermischt wird. Der gesonderte Strömungskanal ist durch eine Mehrzahl von sich in Längsrichtung erstreckenden Hohlstrukturen gebildet, die sich jeweils in Umfangsrichtung zwischen zwei benachbarten Leitradschaufeln des Fan-Leitrads erstrecken. Die Hohlstrukturen besitzen dabei im Querschnitt einen geschlossenen Umfang.
-
Die abzulassende Verdichterluft wird somit zwar vor dem Fan-Leitrad in den Sekundärstromkanal geleitet, dort aber zur Vermeidung aerodynamischer Verluste noch nicht mit der Luft des Sekundärstromkanals vermischt, sondern in einem gesonderten Strömungskanal axial hinter das Fan-Leitrad geführt und erst hinter dem Fan-Leitrad, also in einem Bereich, in dem der Drall aus der Strömung herausgenommen worden ist, mit der Luft des Sekundärstromkanals vermischt.
-
Bei der erfindungsgemäßen Lösung wird eine Begrenzung des gesonderten Strömungskanals nicht durch die Nabenoberfläche des Fan-Leitrads bereitgestellt, sondern wird der gesonderte Strömungskanal insgesamt durch eine Mehrzahl von sich in axialer Richtung, d. h. in Strömungsrichtung erstreckenden Hohlstrukturen gebildet. Die Hohlstrukturen sind dabei jedoch derart angeordnet, dass sie unmittelbar an den Nabenbereich des Fan-Leitrads angrenzen.
-
Die erfindungsgemäße Lösung vermeidet aerodynamische Verluste dadurch, dass eine Vermischung der abgelassenen Verdichterluft mit der Luft des Sekundärstromkanals erst hinter dem Fan-Leitrad erfolgt. Gleichzeitig vermeidet sie bauliche Veränderungen von Funktionsbauteilen, insbesondere eines strukturelle Lasten tragenden Zwischengehäuses dadurch, dass die abzulassende Verdichterluft vor dem Fan-Leitrad und damit vor derartigen Bauteilen in den Sekundärstromkanal geführt wird, so dass strukturelle Anpassungen solcher Funktionsbauteile nicht erforderlich sind.
-
Strukturelle Anpassungen sind allein im Sekundärstromkanal erforderlich, um dort einen gesonderten Strömungskanal bereitzustellen, der die vor dem Fan-Leitrad eingeleitete Luft aufnimmt und an den Leiträdern des Fan-Leitrads vorbei führt, ohne dass bereits eine Mischung mit der Luft des Sekundärstromkanals erfolgt. Die hierbei erforderlichen baulichen Maßnahmen können in einfacher und kostengünstiger Weise herbeigeführt werden, so dass die erfindungsgemäße Lösung in einfacher und effektiver Weise das Problem löst, ohne oder mit nur geringen aerodynamischen Verlusten und ohne die Notwendigkeit von strukturellen Änderungen von Funktionsbauteilen, insbesondere eines Zwischengehäuses, Verdichterluft des Niederdruckverdichters in den Sekundärstromkanal einzuleiten.
-
Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass das Fan-Leitrad eine Nabe mit einer Nabenoberfläche aufweist, die den Sekundärstromkanal radial nach innen begrenzt. Der gesonderte Strömungskanal, der die Verdichterluft hinter das Fan-Leitrad führt, ist dabei zumindest abschnittsweise angrenzend an oder benachbart zur Nabenoberfläche im Sekundärstromkanal ausgebildet. Der gesonderte Strömungskanal bildet dabei innerhalb des Sekundärstromkanals einen Ringraumkanal aus, welcher durch die einzelnen Leiträder des Fan-Leitrads in Umfangsrichtung in Teilkanäle unterteilt ist.
-
Zur Ausbildung des gesonderten Strömungskanals kann alternativ zur erfindungsgemäßen Lösung eine Abdeckung vorgesehen sein, die eine Mehrzahl von Abdeckpaneelen aufweist, die radial beabstandet zur Nabenoberfläche angeordnet sind. Dabei bildet die Nabenoberfläche eine radial innere Begrenzung und die Abdeckpaneele eine radial äußere Begrenzung des gesonderten Strömungskanals. Die Abdeckpaneele bestehen beispielsweise aus Kunststoff und können in kostengünstiger Weise als Spritzgussteile hergestellt sein. Grundsätzlich können die Abdeckpaneele jedoch auch aus einem anderen Material bestehen.
-
Die einzelnen Abdeckpaneele, die zusammen die radial außen liegende Abdeckung des gesonderten Strömungskanals bilden, erstrecken sich in dieser alternativen Lösung jeweils zwischen zwei benachbarten Leitradschaufeln des Fan-Leitrads, wobei die Leitradschaufeln eine Unterteilung des gesonderten Strömungskanals in Umfangsrichtung in Teilkanäle bereitstellen. Dabei kann vorgesehen sein, dass zwei benachbarte Abdeckpaneele unmittelbar an den Leitradschaufeln und vor und hinter den Leitradschaufeln unmittelbar aneinander anliegen, so dass die Verdichterluft nicht oder in nur unerheblichem Umfang aus dem gesonderten Strömungskanal heraustreten kann.
-
Dabei können die Abdeckpaneele jeweils mindestens einen Stützsteg aufweisen, der sich senkrecht in Richtung der Nabe erstreckt und sich an dieser abstützt. Die Abdeckpaneele sind dabei im Querschnitt T-förmig oder näherungsweise T-förmig ausgebildet. Auch hier kann eine Ausbildung als Spritzgussteil vorgesehen sein.
-
Der Querschnitt der Hohlstrukturen ist beispielsweise rechteckförmig oder näherungsweise rechteckförmig.
-
In einer Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass der gesonderte Strömungskanal sich in axialer Richtung über eine Länge erstreckt, die derart bemessen ist, dass das axial hintere Ende des gesonderten Strömungskanals in einem Abstand von mindestens 10% bezogen auf die Profilsehne des Fan-Leitrads hinter der axial hinteren Kante des Fan-Leitrads endet. In weiteren Ausgestaltungen beträgt dieser Abstand mindestens 30% oder mindestens 60% bezogen auf die Länge der Profilsehne des Fan-Leitrads.
-
Eine weitere Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass der gesonderte Strömungskanal an seinem axial hinteren Ende derart verlängert ist, dass die Verdichterluft unter einem kleinen Winkel zur axialen Strömungsrichtung im Sekundärstromkanal in den Sekundärstromkanal eingeblasen wird. Hierdurch werden eine starke Verwirbelung und Strömungsverluste vermieden.
-
Um ein solches möglichst tangentiales Einblasen der Verdichterluft in den Sekundärströmungskanal zu realisieren, sieht die Erfindung in einer Ausgestaltung vor, dass die radial innere Begrenzung des gesonderten Strömungskanals sich hinter dem Fan-Leitrad in axialer Richtung weiter erstreckt als die radial äußere Begrenzung des gesonderten Strömungskanals. Dabei entsteht ein überstehender Teil der radial inneren Begrenzung des gesonderten Strömungskanals. Dieser weist in der betrachteten Ausgestaltung eine leichte Krümmung in Richtung des Sekundärströmungskanals auf, so dass Luft, die im gesonderten Strömungskanal in axialer Richtung strömt, sanft und ohne Verwirbelung in Richtung des Sekundärströmungskanals geführt wird. Gleichzeitig läuft der überstehende Teil an seinem Ende in einer Ausgestaltung tangential zur Strömungsrichtung im Sekundärströmungskanal aus, um Verwirbelungen zu vermeiden. Auf diese Weise werden Strömungsverluste, die bei abrupten Übergängen entstehen würden, vermieden.
-
Wie bereits angesprochen, kann das Fan-Leitrad an der Außenseite eines strukturelle Lasten aufnehmenden Zwischengehäuses des Turbofantriebwerks angeordnet sein. Die vorliegende Erfindung ist hierauf jedoch keineswegs beschränkt. Das Fan-Leitrad kann auch an anderer Stelle im Sekundärstromkanal des Turbofantriebwerks angeordnet sein.
-
Des Weiteren kann vorgesehen sein, dass das Fan-Leitrad selbst derart ausgebildet ist, das es geeignet ist, strukturelle Lasten zu tragen. Für diesen Fall erfüllt das Fan-Leitrad neben seiner aerodynamischen Funktion die weitere Funktion, strukturelle Lasten des Triebwerks auf eine Befestigungsstruktur zur Befestigung des Triebwerks an einer Tragfläche oder einem Flugzeugrumpf zu übertragen. Eine solche strukturelle Ausgestaltung des Fan-Leitrads kann insbesondere dann vorgesehen sein, wenn das Fan-Leitrad an einem strukturelle Lasten aufnehmenden Zwischengehäuse angeordnet ist.
-
Es ist jedoch ebenfalls möglich, dass das Fan-Leitrad derart ausgebildet ist, dass es nicht geeignet ist, strukturelle Lasten zu tragen und somit allein eine aerodynamische Funktion erfüllt. Für diesen Fall ist vorgesehen, dass hinter dem Fan-Leitrad im Sekundärstromkanal zusätzlich Streben (englisch: „struts”) angeordnet sind, die dafür ausgelegt sind, die genannten strukturellen Lasten zu tragen. Solche Streben sind beispielsweise mit einem strukturelle Lasten aufnehmenden Zwischengehäuse verbunden.
-
In einem Ausführungsbeispiel der Erfindung ist vorgesehen, dass die Verdichterluft nach oder in der letzten Stufe des Niederdruckverdichters diesem entnommen wird. Zur Entnahme der Verdichterluft kann die erfindungsgemäße Vorrichtung Luftleiteinrichtungen derart umfassen, dass Verdichterluft aus dem Niederdruckverdichter in im Wesentlichen radialer Richtung abgeleitet wird und vor dem Fan-Leitrad in den gesonderten Strömungskanal eingeleitet wird. Das Ableiten von Verdichterluft aus dem Hauptströmungskanal des Niederdruckverdichters kann dabei grundsätzlich auf vielfältige Weise erfolgen, beispielsweise wie in der
DE 10 2011 101 331 A1 beschrieben. Die Luft kann dabei in gesonderten Kanälen in radialer Richtung abgeleitet und dem axial verlaufenden, gesonderten Strömungskanal zugeführt werden.
-
Es ist auch ein Verfahren zum Abblasen bzw. Ablassen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk vorgesehen. Dabei ist vorgesehen, dass die Verdichterluft bezogen auf die Strömungsrichtung im Sekundärstromkanal vor einem Fan-Leitrad des Sekundärstromkanals in diesen eingeleitet, dabei in dem Sekundärstromkanal in einem gesonderten Strömungskanal in axialer Richtung an den Leitradschaufeln des Fan-Leitrads vorbeigeführt und erst hinter dem Fan-Leitrad mit der Luft des Sekundärstromkanals vermischt wird. Dabei wird die Verdichterluft in einem Ausführungsbeispiel angrenzend an eine radial innenliegende Nabenoberfläche des Fan-Leitrads in dem gesonderten Strömungskanal geführt.
-
Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Figuren der Zeichnung anhand mehrerer Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen:
-
1 in Schnittdarstellung ein Beispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft, wobei in einem Sekundärströmungskanal ein gesonderter Strömungskanal für die Verdichterluft ausgebildet ist;
-
2 eine Schnittdarstellung durch die Vorrichtung der 1 entlang der Linie A-A;
-
3 eine perspektivische Darstellung von Komponenten eines Turbofantriebwerks unter Darstellung eines Fan-Leitrads und einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft, die einen gesonderten, durch Abdeckpaneele gebildeten Strömungskanal für abgelassene Verdichterluft aufweist;
-
4 eine perspektivische Darstellung aus einer Blickrichtung entgegen der Strömungsrichtung in einen durch Abdeckpaneele und die Nabenoberfläche eines Fan-Leitrads radial begrenzten und durch Leitradschaufeln in Umfangsrichtung unterteilten Strömungskanal für Verdichterluft;
-
5 in Ansicht von oben zwei in Umfangsrichtung benachbarte Leitradschaufeln eines Fan-Leitrads und ein zwischen diesen angeordnetes Abdeckpaneel;
-
6 ein Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft, wobei in einem Sekundärströmungskanal ein gesonderter Strömungskanal für die Verdichterluft ausgebildet ist;
-
7 einen Schnitt durch die Vorrichtung der 6 entlang der Linie A-A;
-
8 ein Beispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft, wobei in einem Sekundärströmungskanal ein gesonderter Strömungskanal für die Verdichterluft ausgebildet ist; und
-
9 ein Ausführungsbeispiel eines Strahltriebwerks, in das eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft integriert sein kann.
-
Die 9 zeigt ein Ausführungsbeispiel eines Turbofantriebwerks 1, das auch als Zweitstrom-Strahltriebwerk bezeichnet wird und einen Primärstromkanal 3 und einen Sekundärstromkanal 2 umfasst. Der Primärstromkanal 3 und der Sekundärstromkanal 2 werden hinter einer Fanstufe mit einem Fan 10 ausgehend von einem Splitter 4 voneinander getrennt. Der Primärstromkanal 3 führt durch das Kerntriebwerk.
-
Hinter dem Fan 10 befindet sich im Sekundärstromkanal 2 ein Fan-Leitrad 6, das die Funktion erfüllt, den durch den Fan 10 in die Strömung eingebrachten Drall wieder aus der Strömung herauszunehmen.
-
Das Kerntriebwerk umfasst im dargestellten Ausführungsbeispiel eines zweiwelligen Triebwerks einen Niederdruckverdichter 20, einen Hochdruckverdichter 30, eine Brennkammer 40, eine Hochdruckturbine 50 und eine Niederdruckturbine 60. Der Niederdruckverdichter 20 und der Hochdruckverdichter 30 weisen jeweils eine Mehrzahl von Verdichterstufen auf, die jeweils eine Rotorstufe und eine Statorstufe umfassen.
-
Die Fanstufe weist ein Fangehäuse 15 auf, das innenseitig eine Innenraumfläche aufweist, die den Sekundärstromkanal des Strahltriebwerks 1 radial außen begrenzt. Der Niederdruckverdichter 20 und der Hochdruckverdichter 30 sind von einem Umfangsgehäuse umgeben, das den Primärstromkanal 3 radial außen begrenzt. Radial innen ist der Primärstromkanal 3 durch entsprechende Kranzoberflächen der Rotoren und Statoren der jeweiligen Verdichterstufen bzw. durch die Nabe oder durch mit der Nabe verbundene Elemente der entsprechenden Antriebswelle gebildet.
-
Weiter wird darauf hingewiesen, dass das in der 9 dargestellte Turbofantriebwerk ein Zwischengehäuse 5 aufweist, das dazu ausgebildet ist, strukturelle Lasten aufzunehmen. Ein solches strukturelles Zwischengehäuse wird auch als „Intermediate casing” bezeichnet. Im Ausführungsbeispiel der 9, jedoch nicht notwendigerweise, ist das Fan-Leitrad 6 an der Außenseite des Zwischengehäuses 5 mit diesem verbunden. Das Fan-Leitrad 6 umfasst eine Mehrzahl von Leitradschaufeln, die in radialer Richtung zwischen der Nabe des Fan-Laufrads und dem Fangehäuse 15 verlaufen.
-
Im Kontext der vorliegenden Erfindung ist eine Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft aus dem Niederdruckverdichter 20 in den Sekundärstromkanal 2 von Bedeutung.
-
Die 1 zeigt ein Beispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk. Die Vorrichtung wird durch einen Teil der Komponenten des Turbofantriebwerks gebildet. Sie umfasst einen Niederdruckverdichter 20 entsprechend dem Niederdruckverdichter 20 der 9 und ein Fan-Leitrad 6. Der Niederdruckverdichter 20 weist eine Mehrzahl von Verdichterstufen auf, die jeweils eine Rotorstufe und eine Statorstufe umfassen. Der Niederdruckverdichter 20 befindet sich im Primärstromkanal 3 des Turbofantriebwerks.
-
Das Fan-Leitrad 6 ist im Sekundärstromkanal 2 des Turbofantriebwerks angeordnet. Es weist eine Mehrzahl von in Umfangsrichtung nebeneinander angeordneten Leitradschaufeln 60 auf. Das Fan-Leitrad 6 wird radial innen durch eine Nabe 62 begrenzt, die zum Sekundärstromkanal 2 hin eine Nabenoberfläche 65 bildet. Das Fan-Leitrad 6 ist im dargestellten Beispiel, jedoch nicht notwendigerweise über Schraubverbindungen 13 an der Außenseite eines Zwischengehäuses 5 befestigt, das eine Mehrzahl miteinander verbundener Streben 51 beispielsweise aus Titan aufweist und dafür ausgelegt ist, strukturelle Lasten des Turbofantriebwerks aufzunehmen. Insbesondere dient das Zwischengehäuse 5 der Verbindung des Turbofantriebwerks mit Befestigungsmitteln zur Befestigung des Turbofantriebwerks an einer Tragfläche oder an einem Flugzeugrumpf.
-
Die in der 1 dargestellte Vorrichtung umfasst des Weiteren eine Anordnung, mittels der abzulassende Verdichterluft des Niederdruckverdichters 20 in den Sekundärstromkanal 2 eingeleitet werden kann, sofern die aktuellen Betriebsbedingungen ein solches Ableiten von Verdichterluft vorsehen. Diese Anordnung umfasst eine Ablassöffnung 12, Leiteinrichtungen, die die abgezapfte Verdichterluft radial vor dem Zwischengehäuse 5 nach außen führen und Leiteinrichtungen, die einen gesonderten Kanal in Sekundärstromkanal 4 bilden und dazu dienen, die abgelassene Verdichterluft an den Leiträdern 60 des Fan-Leitrads 6 vorbeizuführen und erst hinter dem Fan-Leitrad 6 mit der Luft des Sekundärstromkanals 2 zu vermischen.
-
Die Ablassöffnung
12 ist ein einer Wandung
11 eines Gehäuses des Niederdruckverdichters
20 ausgebildet. Der Ablassöffnung
12 ist ein nicht näher dargestelltes Verschlusselement zugeordnet, welches zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung verschiebbar ist und über dessen Betätigung regelbar ist, ob und in welchem Umfang Verdichterluft aus dem Niederdruckverdichter
20 abgelassen wird. Solche regelbaren Verschlüsse sind an sich bekannt, wozu beispielhaft auf die
DE 10 2011 101 331 A1 hingewiesen wird.
-
Die Leiteinrichtungen zum Führen von abgelassener Verdichterluft in radialer Richtung und dabei in axialer Richtung vor dem Zwischengehäuse 5 können grundsätzlich in beliebiger Weise ausgebildet sein. Es kann sich um ein oder mehrere geschlossene oder offene Kanäle und zugeordnete Leitelemente handeln. Dabei können solche Leiteinrichtungen durch ohnehin vorhandene strukturelle Komponenten gebildet sein, da aufgrund des Druckunterschiedes zwischen dem Primärstromkanal 3 und dem Sekundärstromkanal 2 die vom Verdichter 20 abgelassene Luft radial nach außen in Richtung des Sekundärstromkanals 2 strömt.
-
In der in 1 dargestellten Ausgestaltung sind gesonderte Luftleiteinrichtungen 15, 9 vorgesehen, die Leitbleche 15, die die aus dem Verdichter 20 abgelassene Luft in radialer Richtung nach außen führen, sowie eine radiale Luftleiteinrichtung 9 umfassen. Letztere weist einen Strömungskanal 90 auf, in den die abgelassene Luft eingeleitet wird. Die radiale Luftleiteinrichtung 9 ist über eine Schraubverbindung 13 ebenfalls mit dem Zwischengehäuse 5 verbunden. Der in radialer Richtung verlaufende Strömungskanal 90 weist an seinem radial äußeren Ende eine Krümmung 91 auf, entlang derer die radial strömende Verdichterluft in axialer Richtung umgeleitet und in einen weiteren, gesonderten Strömungskanal 8 eingeblasen wird.
-
Dabei ist zu beachten, dass das radial äußere Ende der Luftleiteinrichtung 9 sich im Sekundärstromkanal 2 befindet und dies auch für den im Folgenden erläuterten weiteren, in axialer Richtung verlaufenden gesonderten Strömungskanal 8 gilt.
-
Der Strömungskanal 8 wird durch einen Ringraum gebildet, der sich zwischen der Nabenoberfläche 65 der Nabe 62 des Fan-Leitrads 6 und einer Abdeckung 7 erstreckt.
-
Die Abdeckung 7 besteht, wie in der 2 dargestellt ist, aus einer Vielzahl von Abdeckpanelen 70, die in radialer Richtung von der Nabenoberfläche 65 beabstandet sind. Dabei erstreckt sich ein Abdeckpanel 70 jeweils in Umfangsrichtung zwischen zwei Leitradschaufeln 60 des Fan-Leitrads 6. Gemäß der 2 umfassen die Abdeckpaneele 70 jeweils einen Stützsteg 71, der sich senkrecht in Richtung der Nabenoberfläche 65 erstreckt und sich an dieser abstützt, wobei die Abdeckpaneele 70 im Querschnitt T-förmig ausgebildet sind.
-
Der Ringraum 8, der radial innen durch die Nabenoberfäche 65 und radial außen durch die Abdeckung 7 begrenzt wird, bildet unmittelbar angrenzend an die Nabenoberfläche 65 einen Strömungskanal, der durch die Leitradschaufeln 60 in Umfangsrichtung in einzelne Teilkanäle unterteilt ist. Der Strömungskanal 8 endet in axialer Richtung hinter den Leitradschaufeln 60. Sein axial hinteres Ende 78 liegt dabei in einem Abstand hinter der Hinterkante der Leitradschaufel 60, der mindestens 30%, insbesondere mindestens 60% der Länge der Profilsehne der Leitradschaufeln 60 des Fan-Leitrads 6 beträgt. Als Profilsehne wird dabei der Abstand zwischen der Vorderkante und der Hinterkante einer Leitradschaufel 60 bezeichnet. Grundsätzlich ist es jedoch ebenfalls möglich, den gesonderten Strömungskanal 8 unmittelbar an der Hinterkante der Leitradschaufel 60 oder sogar noch davor enden zu lassen.
-
Aus der 1 ist ersichtlich, dass der gesonderte Strömungskanal 8 an seinem in Strömungsrichtung gesehen axial hinteren Ende eine zusätzliche, durch ein Blech 14 oder dergleichen bereitgestellte Struktur aufweist, die sich über die axial hintere Kante 78 der Abdeckungspaneele 70 hinaus erstreckt. Diese Struktur 14 bildet somit in axialer Richtung einen gegenüber den Paneelen 70 überstehenden Teil. Dieser weist in seinem überstehenden Teil eine Krümmung in Richtung des Sekundärstromkanals 2 auf. Gleichzeitig läuft er an seinem Ende 141 tangential zur Strömungsrichtung im Sekundärströmungskanal 2 aus.
-
Die Funktionsweise der beschriebenen Vorrichtung ist wie folgt. Verdichterluft wird, sofern der Triebwerksbetrieb dies festlegt, über die Ablassöffnung 12 aus dem Niederdruckverdichter 20 abgelassen und strömt, geleitet durch die Leitbleche 15, radial nach außen in die radiale Luftleiteinrichtung 9 und in den durch diese gebildeten Strömungskanal 90. Durch den radialen Strömungskanal 90 wird die Luft in den Sekundärstromkanal 2 eingeleitet, wobei die Verdichterluft sich jedoch nicht mit der Luft im Sekundärströmungskanal 2 vermischt, sondern in Richtung des axial verlaufenden, gesonderten Strömungskanals 8 umgeleitet wird. Im Strömungskanal 8 wird die Verdichterluft in axialer Richtung an den Leiträdern 60 des Fan-Leitrads 6 vorbeigeführt und erst hinter dem Fan-Leitrad 6 mit der Luft des Sekundärstromkanals 2 vermischt. Dieses Vermischen erfolgt unter Vermeidung aerodynamischer Verluste, indem die Verdichterluft mittels des Blechs 14 möglichst tangential dem Luftstrom im Sekundärstromkanal 2 zugeführt wird.
-
Die 3, 4 und 5 zeigen Einzelheiten der beschriebenen Vorrichtung. So ist in der 3 in perspektivischer Ansicht die Ablassöffnung 12 in der Wandung des Niederdruckverdichters, die Leitbleche 15 zur radialen Führung der Verdichterluft, der radiale Strömungskanal 90 sowie der jeweils zwischen zwei Leitradschaufeln mittels eines Abdeckpaneels 70 mit Stützsteg 71 gebildete gesonderte Strömungskanal 8 zu erkennen.
-
Die 4 zeigt eine perspektivische Darstellung der den axialen Strömungskanal 8 bildenden Komponenten mit einer Blickrichtung in axialer Richtung entgegen der Strömungsrichtung. Dabei ist zu erkennen, wie der Strömungskanal 8 radial innen durch die Nabenoberfläche 65 und radial außen durch die Abdeckpaneele 70 begrenzt wird, und wie er in Umfangsrichtung jeweils durch die Leitradschaufeln 60 unterteilt ist.
-
Die 5 zeigt in einer Ansicht von oben ein zwischen zwei Leitradschaufeln 60 angeordnetes Abdeckungspaneel 70, das entsprechend den 1 bis 4 ausgebildet ist. Dabei ist zu erkennen, dass sich das Abdeckpaneel 70 nicht nur in Umfangsrichtung zwischen zwei Leitradschaufeln 60 erstreckt, sondern zusätzlich in axialer Richtung vor der jeweiligen Vorderkante 66 einer Leitradschaufel 60 beginnt und hinter der Hinterkante 67 der Leitradschaufel 60 endet. Dementsprechend ist die Länge des Strömungskanals 8 größer als die axiale Tiefe der Leitradschaufeln 60. Wie bereits erwähnt, liegt das axial hintere Ende 78 eines Abdeckpaneels 70 in einer bevorzugten Ausgestaltung in einem Abstand von mindestens 60% der Länge der Profilsehne hinter der axial hinteren Kante 67 der Leitradschaufel, wobei jedoch auch geringere Abstände von beispielsweise mindestens 30% oder lediglich mindestens 10% der genannten Referenzlänge möglich sind.
-
Weiter wird darauf hingewiesen, dass die einzelnen Abdeckpaneele 70 derart ausgebildet sind, dass sie den Strömungskanal 8 möglichst luftdicht gegenüber der Luft im Sekundärströmungskanal 2 abdichten. Hierzu stellen sie eine gute Abdichtung zum angrenzenden Schaufelprofil (Bereich X der 5) und eine gute Abdichtung zu jeweils benachbarten Abdeckungspaneelen (Bereiche Y der 5) bereit. Außerdem sind sie derart an die Form der Schaufelprofile der Schaufelräder 60 angepasst, dass sie auch im Bereich der Vorderkante 66 und der Hinterkante 67 einer Leitradschaufel 60 eine komplette Abdichtung bereitstellen.
-
Die 6 zeigt ein Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk. Die in der 6 dargestellte Ausführungsform unterscheidet sich ausschließlich in der Art und Weise der Bildung des axial verlaufenden Strömungskanals 8 vom Beispiel der 1 bis 6, so dass im Hinblick auf die anderen Komponenten dieser Vorrichtung auf die vorangehenden Ausführungen Bezug genommen wird. Wie insbesondere in der Schnittdarstellung der 7 zu erkennen ist, ist der Strömungskanal 8 in diesem Ausführungsbeispiel durch Hohlstrukturen 75 gebildet, die im Querschnitt einen geschlossenen Umfang besitzen, d. h. rohrartig ausgebildet sind. Dabei erstrecken sich die einzelnen Hohlstrukturen 75 jeweils zwischen zwei benachbarten Leitschaufeln 60. Die Hohlstrukturen bilden einzelne Kanäle aus, die insgesamt den ringförmigen Strömungskanal 8 ausbilden. Bei diesem Ausführungsbeispiel erfolgt die Führung der Verdichterluft im Sekundärströmungskanal in einem gesonderten Strömungskanal 8, der unmittelbar an die Nabe 62 des Fan-Leitrads 6 angrenzt.
-
Es wird darauf hingewiesen, dass im Ausführungsbeispiel der 6 und 7 ein zusätzliches Leitblech 14 vorgesehen sein kann, das bewirkt, dass die Verdichterluft unter einem kleinen Winkel zur axialen Strömungsrichtung, d. h. möglichst tangential in den Sekundärströmungskanal 2 eingeblasen wird.
-
Die 8 zeigt ein weiteres Beispiel einer Vorrichtung zum Abblasen von Verdichterluft in einem Turbofantriebwerk. Dieses Beispiel unterscheidet sich vom Beispiel der 1 lediglich durch die Länge, die der Strömungskanal 8 hinter der Hinterkante der Leitradschaufeln 60 ausbildet. Wie in der 8 zu erkennen ist, endet der Strömungskanal 8 unmittelbar hinter der Leitradschaufel 60.
-
In weiteren, nicht dargestellten Beispielen kann auch vorgesehen sein, dass das axial hintere Ende des Strömungskanals 8 noch vor der Hinterkante der Leitradschaufeln 60 liegt, beispielsweise in einem Abstand von 10 bis 20% bezogen auf die Länge der Profilsehne der Leitradschaufeln.
-
Die Abdeckpaneele der 1 bis 5 und 8 sowie die Hohlstrukturen der 6 und 7 können grundsätzlich aus einem beliebigen Material, beispielsweise durch Bleche gebildet sein. In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist vorgesehen, dass die Abdeckpaneele bzw. Hohlstrukturen aus Kunststoff bestehen und hierzu beispielsweise mittels eines Spritzgussverfahrens hergestellt sind.
-
Zur sicheren Befestigung der Abdeckpaneele 70 oder Hohlstrukturen 75 sind diese beispielsweise mit benachbarten Gehäuse- oder sonstigen strukturellen Komponenten verschraubt oder verklebt.
-
Die Erfindung beschränkt sich in ihrer Ausgestaltung nicht auf die vorstehend dargestellten Ausführungsbeispiele, die lediglich beispielhaft zu verstehen sind. Beispielsweise sind die dargestellten Ausgestaltungen im Hinblick auf Größenverhältnisse und konkrete strukturelle Lösungen nur beispielhaft zu verstehen.