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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer automatischen Parkbremse für Kraftfahrzeuge gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, eine automatische Parkbremse sowie ein Steuergerät einer automatischen Parkbremse.
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Automatische Feststellbremsen bzw. Parkbremsen (APB) umfassen üblicherweise ein Bedienelement, wie z.B. einen Taster, mit dem die Parkbremse verriegelt oder gelöst werden kann. Bei einer Betätigung des Bedienelements erkennt ein damit verbundenes Steuergerät den Feststellbremswunsch und steuert entsprechend ein Stellglied, wie z.B. einen Elektromotor, an, um an der Parkbremse Bremskraft aufzubauen oder die Bremse zu lösen.
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Aus dem Stand der Technik sind beispielsweise Parkbremssysteme bekannt, bei denen sich Elektromotoren (mit Getrieben) direkt an den Radbremsen (sog. „motor on caliper“) befinden. Bei anderen Systemen ist der Elektromotor an anderer Stelle verbaut und betätigt den Bremsmechanismus beispielsweise über ein Drahtseil.
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Die bekannten Parkbremssysteme sind in der Regel so ausgelegt, dass sie auch bei Servicearbeiten, wenn beispielsweise die Bremsbeläge gewechselt werden, entweder durch Betätigen des Parkbrems-Tasters oder durch Ansteuerung mittels eines Diagnosegeräts, betätigt werden können. Bei Servicearbeiten können dabei folgende Problemsituationen auftreten: wenn der Bremssattel von der Bremsscheibe abgenommen ist, kann es z.B. vorkommen, dass die automatische Parkbremse versehentlich betätigt und zugespannt wird, während ein Monteur noch an der Bremse arbeitet. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich der Monteur die Finger einquetscht. Wenn sich kein Gegenstand und auch keine Finger zwischen den Bremsbacken befinden, kann es dagegen vorkommen, dass die Bremskolben so weit nach vorne gefahren werden, dass sie aus ihrem Sitz herausfallen oder sich zumindest der hydraulische Bremskreis öffnet und Bremsflüssigkeit an der Bremse austritt. In diesem Fall sind umfangreiche Reparaturarbeiten erforderlich, die zeitaufwendig und teuer sind.
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Offenbarung der Erfindung
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Es ist somit die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine automatische Parkbremse zu schaffen, bei der eine Verletzung eines Monteurs bei Servicearbeiten weitestgehend ausgeschlossen ist und die darüber hinaus durch eine versehentliche Betätigung des Parkbrems-Tasters bei Servicearbeiten auch nicht beschädigt wird.
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Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1, 9 oder 10 angegebenen Merkmale. Weitere Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Gemäß der Erfindung wird ein Verfahren zum Betreiben einer automatischen Parkbremse vorgeschlagen, bei dem die Parkbremse zum Durchführen von Servicearbeiten in einen Servicemodus versetzt wird, in dem sie zwar noch zugespannt und/oder gelöst werden kann, der Zuspannweg, den ein Bremskolben nach einer Zuspann-Anforderung (z. B. mittels des Bedienelements der Parkbremse) verstellt wird, aber auf einen vorgegebenen Wert begrenzt ist. Der Verstellweg des Bremskolbens ist im Servicemodus vorzugsweise auf einen Wert begrenzt, der kleiner ist als ein maximaler Verstellweg der Parkbremse, d.h. kleiner als der Weg zwischen einer maximal zurückgezogenen Position und einer maximal ausgefahrenen Position eines Bremskolbens. Durch die Begrenzung des Verstellwegs des Bremskolbens wird einerseits verhindert, dass sich ein Monteur, der noch an der Bremse arbeitet, die Finger einquetscht. Zum anderen ist der Verstellweg vorzugsweise so bemessen, dass die Bremskolben nicht so weit vorgefahren werden, dass sie aus ihrem Sitz heraus fallen oder sich der hydraulische Bremskreis öffnet und Hydraulikfluid austritt.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist der begrenzte Verstellweg eines Bremskolbens im Servicemodus vorzugsweise etwa halb so groß wie der maximale Verstellweg, oder kleiner. Bei herkömmlichen Parkbremsen mit einem maximalen Verstellweg zwischen 20 mm und 30 mm läge der begrenzte Verstellweg, den der Bremskolben nach einer Betätigung der Parkbremse im Servicemodus zurücklegen würde, bei etwa 15 mm bis 10 mm oder darunter.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist der Verstellweg im Servicemodus auf weniger als 20 mm, insbesondere auf weniger als 10 mm und vorzugsweise auf etwa 5 mm begrenzt.
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Um die Parkbremse in den Servicemodus zu bringen, kann das Bedienelement der Parkbremse beispielsweise länger als 3 Sekunden oder nach jedem beliebigen anderen vorgegebenen Muster betätigt werden. Prinzipiell kann auch eine andere Aktion definiert werden, um die Parkbremse in den Servicemodus zu überführen, wie z. B. eine Spracheingabe. Falls gewünscht könnte die Parkbremse auch über einen Diagnosecomputer in den Servicemodus versetzt werden. Dem Fachmann ist klar, dass die Art und Weise, wie der Servicemodus eingestellt wird, frei definierbar ist.
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Sobald sich die automatische Parkbremse im Servicemodus befindet, kann sie z. B. durch mehrmaliges Betätigen des Bedienelements oder über einen Servicecomputer schrittweise weiter zugespannt werden. Bei einer mehrmaligen Betätigung des Bedienelements bzw. des Servicecomputers (im Folgenden Eingabeeinrichtung) wird eine Weiterbewegung der Bremskolben in Zuspannrichtung jedoch nach jedem Verstellvorgang vorzugsweise für eine vorgegebene Zeit unterdrückt. Der Bremskolben mach also eine Pause, bevor er sich weiter bewegt.
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In der Praxis kann die Parkbremse beispielsweise so ausgelegt sein, dass sich das System eine Betätigung der Eingabeeinrichtung innerhalb der Pausenzeit merkt und dann die Bremskolben jeweils nach der vorgegebenen Pausenzeit um einen begrenzten Weg vorfährt. Alternativ kann die Parkbremse aber auch so ausgelegt sein, dass wiederholte Betätigungen der Eingabeeinrichtung – wenn sie zu schnell hintereinander durchgeführt werden – ignoriert werden, bis eine vorgegebene Pausenzeit abgelaufen ist, und die Parkbremse erst nach Ablauf der Pausenzeit wieder betätigt werden kann.
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Gemäß einer speziellen Ausführungsform kann bei einer Betätigung der Eingabeeinrichtung im Servicemodus auch ein Warnsignal, wie z.B. ein Signalton oder eine optische Warnung ausgegeben werden. Der Monteur wird somit vorgewarnt und hat noch die Möglichkeit, gegebenenfalls die Finger von der Bremse wegzunehmen.
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Die erfindungsgemäße Parkbremse ist vorzugsweise derart ausgelegt, dass sie nach Abschluss der Servicearbeiten durch einmalige oder mehrmalige Betätigung der Eingabeeinrichtung zugespannt wird, die Bremskolben dann automatisch in eine gelöste Position zurückfahren, und die Parkbremse automatisch wieder in einen normalen Betriebsmodus zurückkehrt.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung kann auch vorgesehen sein, dass die Anzahl der Betätigungen der Eingabeeinrichtung gezählt wird und die Parkbremse, wenn eine vorgegebene maximale Anzahl erreicht ist, weitere Betätigungen der Eingabeeinrichtung ignoriert. Die Parkbremse kann somit nicht weiter in Zuspannrichtung bewegt werden. Durch eine geeignete Festlegung der maximalen Anzahl von Betätigungen kann verhindert werden, dass die Bremskolben zu weit ausgefahren werden und sich der hydraulische Bremskreis öffnet.
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Gemäß der Erfindung ist das Parkbremssystem vorzugsweise so ausgelegt, dass ein Lösen der Parkbremse im Servicemodus jederzeit möglich ist. Das Lösen der Bremse kann durch eine entsprechende Betätigung der Eingabeeinrichtung der Parkbremse erfolgen.
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Die Erfindung betrifft ferner eine automatische Parkbremse eines Fahrzeuges mit einem Bedienelement zum Betätigen der Parkbremse und einem Elektromotor zum Antreiben wenigstens eines Bremsbelags in Zuspann- oder Löserichtung der Parkbremse. Die Parkbremse bzw. das Parkbremssystem umfasst außerdem ein Steuergerät mit einem Algorithmus zum Durchführen eines der vorstehend beschriebenen Verfahren.
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Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung einer automatischen Parkbremse eines Kraftfahrzeuges; und
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2 ein Flussdiagramm zur Darstellung einiger Verfahrensschritte aus dem Betrieb der Parkbremse in einem Servicemodus.
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1 zeigt eine Blockdarstellung einer automatischen Parkbremse 1 (APB) gemäß einer Ausführungsform der Erfindung. Die automatische Parkbremse umfasst ein Bedienelement 2, wie z.B. einen Taster zum Zuspannen bzw. Lösen der Parkbremse, ein mit dem Taster 2 verbundenes Steuergerät 3, in dem ein Parkbrems-Algorithmus hinterlegt ist, und einen Elektromotor 4, der z.B. an einem Bremssattel montiert ist, um einen Bremsbelag in Zuspann- bzw. Löserichtung der Bremse anzutreiben. Die mechanischen Komponenten der Parkbremse einschließlich des Bremskolbens und der Bremsbeläge sind hier als ein Block 5 schematisch dargestellt.
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Um das Fahrzeug im geparkten Zustand zu sichern, betätigt der Fahrer kurz den Taster 2. Das Steuergerät 3 erkennt dies als Befehl, die Parkbremse zu spannen, und steuert darauf hin die an den Bremssätteln befindlichen Elektromotoren 4 an, um Bremskraft aufzubauen. Wenn eine gewünschte Soll-Bremskraft erreicht ist, werden die Elektromotoren 4 ausgeschaltet. Da das mechanische Getriebe der Parkbremse in der Regel selbsthemmend ausgebildet ist, bleibt die Parkbremse dann in der zugespannten Stellung, wobei die Bremskolben daran gehindert werden, zurück in die gelöste Ausgangsposition zu gelangen.
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Bei Wartungsarbeiten an der Parkbremse, um beispielsweise die Bremsbeläge auszutauschen, wird zunächst der Bremssattel zusammen mit dem Elektromotor von der Bremsscheibe abgenommen. Vor Beginn der Wartungsarbeiten muss allerdings die Parkbremse in einen Servicemodus gebracht werden.
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2 zeigt verschiedene Verfahrensschritte, die bei Servicearbeiten an der Parkbremse durchgeführt werden.
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Zu Beginn des Verfahrens (Schritt S1) wird die Parkbremse zunächst in den Servicemodus gebracht. Hierzu kann der Servicemitarbeiter beispielsweise am Taster der Parkbremse einen entsprechenden Befehl eingeben, indem er den Taster 2 z.B. länger als eine vorgegebene Zeitdauer gedrückt hält oder den Taster 2 mehrere Male kurz hintereinander drückt oder eine Folge von kurzen und längeren Tastenbetätigungen durchführt. Grundsätzlich kann der Befehl zum Versetzen der Parkbremse in einen Servicemodus beliebig vorgegeben werden.
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Sobald das Steuergerät 3 bzw. ein darin enthaltener Algorithmus den Befehl erkannt hat, wird der Elektromotor 4 angesteuert und die Spindel des Getriebes so lange in Löserichtung betätigt, bis die Parkbremse einen Endanschlag erreicht hat, an dem sie maximal geöffnet ist (Schritt S2). In Schritt S3 können dann die erforderlichen Montagearbeiten durchgeführt werden.
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Sobald die Montagearbeiten abgeschlossen sind, muss der Taster 2 betätigt werden (Schritt S4), um die Parkbremse in Zuspannrichtung anzutreiben und Bremskraft aufzubauen. Die Anzahl der Taster-Betätigungen wird mittels eines Zählers gezählt und im Schritt S12 der aktuelle Zählerstand abgefragt sowie überprüft, ob die Anzahl der Taster-Betätigungen N größer ist als ein Maximalwert Nmax. Wenn die Anzahl N größer ist als Nmax (Fall J) wird das Verfahren in Schritt S 11 beendet. Dadurch wird verhindert, dass der Bremskolben so weit vorgefahren wird, dass er aus seinem Sitz heraus fällt oder Hydraulikfluid austritt. Wenn die Anzahl N nicht größer ist als Nmax (Fall N) verläuft das Verfahren zu Schritt S 5, in dem der Zählerstand um eins inkrementiert wird.
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Die Parkbremse wird dann in Schritt S6 um einen vorgegebenen Weg zugefahren. Der vom Bremsbelag zurückgelegte Weg ist dabei vorzugsweise auf weniger als 10 mm begrenzt und liegt je nach Ausführungsform vorzugsweise bei zwischen 3 mm und 6 mm.
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In Schritt S7 wird ermittelt, ob die Klemmkraft der Parkbremse ansteigt. Falls ja, wird die Parkbremse automatisch in eine geöffnete Position gefahren und dadurch neu kalibriert (Schritt S8). Außerdem wird das Parkbremssystem in einen normalen Betriebsmodus zurückversetzt. Das Verfahren ist damit in Schritt S11 beendet. Falls in Schritt S7 jedoch kein Klemmkraftanstieg ermittelt werden konnte, wird in Schritt S9 eine Warnung an den Fahrer ausgegeben. Die Warnung kann dabei grundsätzlich optisch, akustisch oder mechanisch erfolgen. Außerdem wird in Schritt S10 eine Zwangspause eingelegt, in der die Parkbremse auch durch nochmalige Betätigung des Tasters 2 nicht weiter zugespannt werden kann. Wenn der Taster 2 dennoch betätigt wird, wird dieser Befehl einfach ignoriert. Die Pause kann beispielsweise wenige Sekunden, wie z.B. 2 oder 3 Sekunden dauern.
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Nach der Pause verläuft das Verfahren zurück zu Schritt S4, wobei ermittelt wird, ob der Taster 2 erneut betätigt wurde, um die Bremse zu schließen. Die Schleife wird im Folgenden ein oder mehrere Male durchlaufen, bis ein Klemmkraftanstieg in Schritt S7 festgestellt wurde oder die Zahl der Betätigungen größer ist ein vorgegebener Maximalwert von z. B. 5, 6 oder 7 Betätigungen. Falls die Anzahl der Betätigungen den vorgegebenen Wert erreicht hat, wird das Verfahren vorzugsweise unterbrochen und eine Warnmeldung ausgegeben. Der Monteur muss in diesem Fall nach der Fehlerursache suchen. Wird dagegen in Schritt S7 ein Klemmkraftanstieg festgestellt, bevor die maximale Zahl der Wiederholungen erreicht ist, wird das System in Schritt S8 rekalibriert, wie vorstehend beschrieben wurde.