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Bei vielen modernen komplexen technischen Systemen wirken verschiedene physikalische und technische Teilaspekte (elektronisch, hydraulisch, mechanisch und regelungstechnisch) auf das Gesamtsystem ein. Für die Verifikation der entwickelten Systeme werden solche Gesamtsysteme häufig mit Hilfe realer Prüfstände integriert getestet. Die aktuellen Entwicklungstrends führen zu einer höheren Komplexität der Gesamtsysteme. Dies erhöht den Testaufwand insgesamt, da mehr Tests durchgeführt werden müssen und die einzelnen Tests komplexer werden. Dies führt zu dem Konflikt, dass für jeden einzelnen Test weniger Zeit zur Verfügung steht.
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Um diesem Konflikt entgegen zu wirken, werden als Ergänzung zu den aufwendigen und teuren Prüfständen schon seit vielen Jahren Computersimulationen eingesetzt. Ein Beispiel für einen bestimmten Anwendungsfall ist in „Gülzau, H.: Eine Methode zur Analyse von räumlichen Landeklappenmechanismen in Fehlerfällen, Schriftenreihe Flugzeug-Systemtechnik 6/2009, Dissertation, Hamburg, Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Flugzeugsystemtechnik, Shaker, 2009" offenbart. Dort wurde eine Methode entwickelt, um die mechanischen Aspekte der Prüfstände mit Hilfe von Mehrkörpersimulationen (MKS) abbilden zu können.
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Die Vorteile dieses so genannten „virtuellen Testens“ liegen unter anderem darin, dass für ihre Durchführung keine realen Prüfstände benötigt werden. Dies führt dazu, dass virtuelle Tests eingesetzt werden können, bevor erste Komponenten verfügbar sind und dass kein Unfallrisiko bei kritischen Tests besteht. Die realen Tests können somit abgesichert, vereinfacht oder in ihrer Anzahl reduziert werden. Weiterhin können bei virtuellen Tests einige Einschränkungen der realen Tests vermieden werden. Es kann beispielsweise eine größere Anzahl von Tests durchgeführt und es können Sensoren an Stellen platziert werden, die im realen Test nur schwer oder gar nicht erreichbar sind. Ein großer Nachteil der heutigen Methoden zum virtuellen Testen liegt darin, dass die einzelnen physikalischen Teilaspekte nicht integriert simuliert werden, also die Gesamtkomplexität des Prüfstandes nicht abgedeckt wird. Dies hat zur Folge, dass virtuelle Tests nur für einzelne Versuche durchgeführt werden. Außerdem wird ein detaillierter Vergleich mit den realen Testeinrichtungen erschwert. Eine Bewertung der Modellqualität ist dadurch nur bedingt möglich.
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Zwar gibt es eine Vielzahl von Softwareprodukten, mit denen Teilaspekte der Physik modelliert und berechnet werden können. Der heutige Stand der Technik im Bereich Computersimulation bietet jedoch die Möglichkeit zur integrierten Simulation mehrerer Teilaspekte der Physik durch Kopplung. Kopplung bedeutet in diesem Fall das Erstellen und Zusammenführen mehrerer Teilmodelle zu einem integrierten Gesamtmodell. Diese Teilmodelle werden heute für die Entwicklung von komplexen Systemen bereits in verschiedenen Softwarepaketen modelliert und simuliert (Beispiele „Adams“, und „Simulink“). Für das Durchführen der Kopplung gibt es verschiedene Ansätze mit teilweise stark unterschiedlichen Eigenschaften.
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Aufgabe der Erfindung ist es, virtuelle Tests von komplexen technischen Systemen zu verbessern. Die vorangegangene Analyse der aktuellen, eingeschränkten Verwendung der virtuellen Tests ergab Defizite bei der Durchführung von ganzheitlichen (integrierten) Simulationen und der Berücksichtigung von Unsicherheiten. Insbesondere soll dabei die Gesamtkomplexität von Prüfständen abgebildet, die Anwendungsmöglichkeiten virtueller Tests erweitert und die Vergleichbarkeit virtueller und realer Tests verbessert werden.
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Die Aufgabe wird durch die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Die Anwendung numerischer Methoden auf mathematische Probleme, die technische Fragestellungen beschreiben, für deren Anwendung Computer und Software verwendet werden, führt zu einer Schnittstelle dieser Einzeldisziplinen. Die Softwareprogramme, die zum Lösen der Gleichungen verwendet werden, werden als „Solver“ bezeichnet.
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Zwei wichtige Kriterien für die Klassifikation von Ansätzen zur numerischen Simulation sind die Anzahl der Modellierungswerkzeuge und der verwendeten Solver. Dies führt zu insgesamt vier Hauptkategorien, die in 1 dargestellt sind. Die wichtigsten Eigenschaften dieser Kategorien werden in diesem Abschnitt beschrieben.
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Bei Verwendung eines Simulationsprogrammes spricht man von geschlossener Modellierung. Hierbei gibt es die Ausprägung der „klassischen“ Simulation und der Modellseparation. Diese Ansätze unterscheiden sich in der Anzahl der verwendeten Solver.
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Wird mehr als ein Simulationsprogramm für die Modellierung verwendet, spricht man von verteilter Modellierung. Die Simulation des Modells wird anschließend durch Simulationskopplung ermöglicht. Die beiden Hauptkategorien für die Kopplung sind die Hosted Simulation und die Co-Simulation. Grundsätzlich sind 8 verschiedene Ansätze zur Simulationskopplung möglich. Diese unterscheiden sich zusätzlich darin, ob die Kopplung auf Programm-, Modell- oder Solverebene durchgeführt wird. Dabei kann die Kategorisierung nach Anzahl der Simulationsprogramme und Solver erfolgen, wobei die Kopplung auf der Solverebene stattfindet.
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Beim Simulieren werden Differenzialgleichungen von einem sog. „Solver“ gelöst. Dazu wird bei der verteilten Modellierung ein großes Differenzialgleichungssystem in zwei oder mehrere Subsysteme, die miteinander verknüpft sind, aufgeteilt (2). Die Outputs des einen Teilsystems sind hierbei die Inputs des anderen Teilsystems. Die so erhaltenen Subsysteme können andere Eigenschaften als das Gesamtsystem haben. Diese können wesentlich einfacher zu lösen sein und es können somit (numerische) Probleme umgangen werden. Ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel hierfür sind die oft stark unterschiedlichen Eigenfrequenzen von hydraulischen und mechanischen Systemen. Bei einer Modellierung in einem Gesamtsystem müssten beide Frequenzen berücksichtigt werden, was zu numeri-schen Steifigkeitsproblemen führen kann. Dieses Problem kann durch ein Aufteilen in Subsysteme vermieden werden.
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Bei der Aufteilung der Subsysteme gibt es verschiedene Möglichkeiten bei der Definition eines Interfaces. Neben der Position des Schnittes können auch unterschiedliche Signale für die Kopplung übergeben werden. Diese unterscheiden sich nach Kopplungstyp und der Art der ausgetauschten Signale.
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Der Kopplungstyp beschreibt die Wirkung der Inputsignale aus numerischer Sicht. Es gibt die physikalische und Constraint-Kopplung. Bei der physikalischen Kopplung werden Kopplungskräfte übergeben. Bei der Constraint-Kopplung wird über Reaktionskräfte gekoppelt. Das heißt, dass die Reaktionskräfte berechnet werden. Diese Ausbildung eignet sich insbesondere für lange dauernde Kontaktprobleme. Es kann jedoch zu Problemen mit der Nullstabilität kommen.
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Die ausgetauschten Daten unterscheiden sich in den möglichen Datenpaaren. So kann eine Kombination von Kraft/Weg oder eine Kombination von Weg/Weg-Daten ausgetauscht werden. Beide Ausführungsformen werden in 3 gezeigt. Bei der Kraft/Weg-Kopplung führen die ausgetauschten Größen direkt zu einem Energieaustausch zwischen Systemen. Dies ist bei der Weg/Weg-Kopplung nicht der Fall. Stattdessen muss ein Kraftelement in beiden Teilmodellen modelliert sein, um die Kopplungs- oder Reaktionskraftkraft berechnen zu können. Zusätzlich zu der Position werden Geschwindigkeiten übergeben. Für ein einfaches Beispiel konnte gezeigt werden, dass die Weg/Weg-Kopplung bessere Stabilitätseigenschaften als die Kraft/Weg-Kopplung aufweist. Die Kraft/Weg-Kopplung eignet sich insbesondere für die Kopplung von Mehrkörper- und Hydraulikmodellen.
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Bei der klassischen Simulation kommt es zu einem Zusammenspiel der drei Komponenten Simulationsprogramm, Solver und Modell (siehe 4). Die Simulationsprogramme unterscheiden sich stark und sind für bestimmte Anwendungsbereiche spezialisiert. Nach der Definition der Randbedingungen kann eine Simula-tion durchgeführt werden. Hierbei wird das Modell auf ein mathematisches Gleichungssystem reduziert. Der Solver löst dann diese mathematischen Gleichungen.
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Eine erste Ausführungsform der gekoppelten Simulation von zwei Teilmodellen ist die „Hosted Simulation“. Bei der Hosted Simulation werden zwei Simulationsprogramme für die Modellierung benutzt. Das Prinzip ist in 5 dargestellt. Für die Modellierung des Gesamtmodells sind mehrere Schritte nötig. Nach dem Modellieren der Teilmodelle wird ein Teilmodell (Modell 2) in eine von dem Si-mulationsprogramm unabhängige Form exportiert (Modell 2*). Dieser Schritt kann mit Hilfe von Modellcode, der die Modellbeschreibung und ein Interface enthält, durchgeführt werden. Das exportierte Teilmodell wird dann in das andere Simulationsprogramm importiert. Zusammen mit dem Modell 1 ergibt es das Gesamtmodell. Dieser Import wird im Bild durch den weißen Pfeil verdeutlicht. Während der Simulation wird nur ein Solver dieses Programmes verwendet. Die Hosted Simulation wird deswegen auch oft als starke Kopplung bezeichnet.
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Eine Voraussetzung für eine Hosted Simulation ist die Möglichkeit, ein Teilmodell in einer kompatiblen Form exportieren und importieren zu können. Es muss also eine Schnittstelle vorhanden sein. Bei einer Änderung des exportierten Modells müssen diese Schritte wiederholt werden. Dies kann in der Praxis aufwendig sein. Die Verwendung eines Solvers führt zu den wichtigsten Vor- und Nachteilen. Aus Performance- und Stabilitätssicht kann es vorteilhaft sein, dass im Gegensatz zur Co-Simulation kein Datenaustausch zwischen zwei Solvern durchgeführt werden muss. Das kombinierte Gesamtsystem kann aber auch schwieriger zu lösen sein. Das Aufteilen des Gesamtmodells wird im Prinzip wieder rückgängig gemacht. Die resultierende numerische Steifigkeit ergibt sich dann aus allen im Modell vorkommenden Frequenzen. Gerade die Kombination von mechanischen und hydraulischen Modellen kann auf Grund der unterschiedlichen Eigenfrequenzen zu Problemen führen. Das importierte Teilmodell kann von dem verwendeten Solver anders interpretiert werden und dadurch zu unerwarteten oder falschen Ergebnissen führen. Ein Beispiel hierfür ist die Handhabung diskontinuierlicher Events. Diese können einen großen Einfluss auf das Verhalten des Gesamtmodells haben.
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Alternativ zur Hosted Simulation kann eine Kopplung mit Hilfe einer Co-Simulation durchgeführt werden. Im Gegensatz zur Hosted Simulation werden bei der Co-Simulation die eigenen Solver der Modellierungswerkzeuge verwendet. Die Kopplung erfolgt durch Datenaustausch zwischen den Teilmodellen zu diskreten Zeitpunkten. Deswegen kann die Co-Simulation auch als schwache Kopplung bezeichnet werden. Modelländerungen lassen sich leicht durchführen, da ein Modellexport nicht erforderlich ist. Für die Durchführung gibt es zwei Varianten. Die erste Variante lässt sich als direkte Co-Simulation bezeichnen (6), bei der ein Solver einen anderen Sovler ansteuert. Hierfür wird eine direkte Schnittstelle zwischen den beiden Simulationsprogrammen benötigt.
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Die zweite Variante setzt auf die Verwendung eines Kopplungstools. Hierbei handelt es sich um eine zusätzliche Software, die die Ansteuerung der einzelnen Solver übernimmt. Das Prinzip wird in 7 dargestellt. Gegenüber einer direkten Co-Simulation bietet dieser Ansatz mehr Flexibilität. So können nicht nur zwei sondern mehrere Simulationsprogramme gekoppelt werden, insofern die jeweiligen Simulationsprogramme unterstützt werden. Die Kopplungstools sind für die Aufgabenstellung der Co-Simulation spezialisiert und bieten teilweise detailliertere Einstellmöglichkeiten, als es bei den direkten Schnittstellen möglich ist.
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Es existiert eine Vielzahl von kommerziellen Tools, die als Kopplungsprogramme verwendet werden können. Ein erstes in Frage kommendes Kopplungsprogramm ist „Cosimate“ von einer Fa. „Kiastek“. Eine Stärke dieses Kopplungsprogramms ist die Möglichkeit, unterschiedliche Simulationsarten, wie eventbasierte, funktionale Modelle mit physikalischen Modellen im Zeitbereich zu koppeln.
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„ICOS“ ist ein Kopplungsprogramm, dass sich durch eine sehr flexible Architektur und detaillierte Einstellmöglichkeiten auszeichnet. Für die Ansteuerung jedes unterstützten Simulationsprogrammes gibt es einen Kernel, der über einen Wrapper mit dem Kopplungstool in Verbindung steht. Bei neuen Softwareversionen oder Anbindungen weiterer Simulationsprogramme muss jeweils nur ein Kernel neu entwickelt werden. Ein weiterer Vorteil sind Korrekturmethoden für ausgetauschte Signale, um die Effekte der ansatzbedingten Fehler zu reduzieren.
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Eine weitere Co-Simulationssoftware namens „COSERTIS“ ermöglicht eine Co-Simulation zwischen einem Hydrauliksimulationstool „DSHplus“ und einem Mehrkörpersimulationsprogramm „Adams“. Eine Besonderheit dieses Tools ist der Ansatz bei der Steuerung der Schrittweite. Diese wird nicht von außen vorgegeben, sondern es wird der Solver von Adams überwacht. Sobald dieser einen internen Rechenschritt erfolgreich durchgeführt hat, werden die Daten ausgetauscht.
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Ein weiteres Kopplungsprogramm ist „TISC-Suite“, das von einer TLK-Thermo GmbH vertrieben wird. Um Unstetigkeits- und Diskontinuitätsstellen zu vermeiden, können die ausgetauschten Signale mit Hilfe von Übergangspolynomen geglättet werden.
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Bis die Teilmodelle gekoppelt werden, verläuft die Modellierung ähnlich wie bei der Hosted Simulation. Die Kopplung dieser Teilmodelle und die eigentliche Simulation verlaufen unterschiedlich. Während der Simulationsphase werden die Modelle von den programmeigenen Solvern gelöst. Diese sind typischerweise auf die Simulationsarten spezialisiert. Für die Berücksichtigung der Interaktion des Gesamtsystems während der Simulation tauschen die Solver zu diskreten Zeitpunkten Daten aus. Dabei muss der Signalverlauf bis zum nächsten Austauschzeitpunkt abgeschätzt werden. Dies geschieht mit Hilfe von Extrapolation basierend auf den letzten bekannten Werten. Das extrapolierte Signal weicht in der Regel von dem eigentlichen Signal ab. Diese Abweichungen werden in 8 gezeigt und sind schraffiert dargestellt. Dadurch wird das Ergebnis verfälscht und es kommt zu einem ansatzbedingten Fehler bei der Co-Simulation. Auf der linken Seite ist eine Extrapolation 0. Ordnung, und auf der rechten Seite eine Extrapolation 1. Ordnung zu sehen. Die Ordnung beschreibt den Grad des angenommenen Polynoms.
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Die Teilmodelle müssen einige Anforderungen erfüllen, um für die Kopplung geeignet zu sein. Diese Anforderungen führen dazu, dass nicht alle Simulationsmodelle für die Kopplung verwendet werden können.
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Es sollten die Simulationsmodelle vorzugsweise robust gegenüber Änderungen der Inputs sein. Sollte es bei klassischen Simulationen bereits zu Stabilitätsproblemen kommen, sind diese Probleme auch bei gekoppelten Simulationen zu erwarten.
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Um diese Probleme zu identifizieren, sind gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung alle Teilmodelle separat lauffähig und verifizierbar.
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Alle Teilmodelle sollten gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung einen ähnlichen Abstraktionsgrad haben. Die Anforderung soll verhindern, dass Teilmodelle unnötig detailliert ausgeführt werden, oder dass für das Gesamtmodell wichtige Aspekte nicht im konzeptionellen Modell berücksichtigt sind. Speziell bei Mehrkörpersimulationen ist es wichtig, Kräfte und keine kinematischen Größen als Input zu verwenden. Dies entspricht einem physikalischen Kopplungstyp mit Kraft/Weg-Interface. Kinematische Größen führen zu Zwangsbedingungen und können sehr leicht zu numerischen Stabilitätsproblemen führen.
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Grundlage für die Entwicklung des erfindungsgemäßen Schemas gemäß 9 ist ein Vergleich der Kopplungsansätze. Die drei Systeme werden entsprechend ihrer Eigenschaften und potenzieller Probleme miteinander verglichen. Diese Kriterien sind nach Eigenschaften und möglichen Problemursachen kategorisiert. Ein Vergleich ergibt, dass alle Systeme stark unterschiedliche Stärken und Schwächen haben. Der geeignete Kopplungsansatz kann für eine stabile und erfolgreiche gekoppelte Simulation entscheidend sein. Dabei ist eine einfache Aussage, welcher Ansatz am besten für ein bestimmtes Problem geeignet ist, nicht möglich. Die für das Schema verwendeten Kriterien sind in der Tabelle grau hinterlegt. Das Schema wird vorzugsweise mittels eines entsprechend programmierten Computerprogramms durchgeführt. Alternativ ist es auch manuell durchführbar.
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Die ersten beiden Abfragen in 9 sind, ob es sich um ein domänenübergreifendes Problem handelt. Bei Fragestellungen mit nur einer Domäne eignen sich klassische oder verteilte Simulationen. Die nächste Abfrage behandelt die Anzahl der Simulationsprogramme. Einige domänenübergreifende Probleme lassen sich auch mit Hilfe eines Modells mit einem Solver lösen. Bei mehr als zwei Programmen soll eine Co-Simulation mit einem Kopplungstool durchgeführt werden.
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Bei der geplanten Verwendung von zwei Simulationsprogrammen gibt es die Optionen der Hosted Simulation, der direkten Co-Simulation oder der Co-Simulation mit einem Kopplungstool. Das Ziel der nächsten Abfragen in 9 ist es entsprechend der Unterschiede zwischen den Ansätzen der Hosted und der Co-Simulation.
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Falls technisch möglich, ist eine Hosted Simulation effektiver in der Durchführung. Es muss beispielsweise keine Kopplungsschrittweite definiert werden, wodurch diese Unsicherheit ausgeschlossen wird. Es kann aber zu anderen numerischen Schwierigkeiten kommen. Deswegen lauten die nächsten Abfragen des Dia-gramms, ob eine Hosted Simulation möglich ist und ob die verwendeten Modelle numerisch kompatibel sind. Wenn beide Bedingungen erfüllt werden, kann eine Hosted Simulation durchgeführt werden. Wenn eine der Bedingungen nicht erfüllt ist, muss eine Co-Simulation durchgeführt werden.
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Bei der Co-Simulation von zwei Teilmodellen bleibt die Wahl zwischen einer direkten Simulation und einer Co-Simulation und einer Co-Simulation mit einem Kopplungstool. Ein starkes Kriterium ist wieder das Vorhandensein einer Schnittstelle. Wenn für die direkte Co-Simulation keine Schnittstelle implementiert ist, muss ein Kopplungstool verwendet werden. Eine Anforderung an das Kopplungstool ist dann, dass alle verwendeten Simulationsprogramme von dem Kopplungstool unterstützt werden. Zusätzlich gibt es weitere, nicht ganz so starke Kriterien, wie Einstellmöglichkeiten für die Co-Simulation oder die Performance. Wenn diese Aspekte wichtig werden eignet sich eher ein Kopplungstool zu verwenden, weil es oft detailliertere Einstellungen oder eine bessere Ansteuerung des Solvers erlaubt.
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Die Hosted Simulation ist ein sehr effizienter Ansatz zur Durchführung gekoppelter Simulationen. Anders als bei Co-Simulationen ist kein Datenaustausch an diskre-ten Zeitpunkten nötig. Für die Durchführung einer Hosted Simulation ist wesentlich, ob die Teilmodelle numerisch kompatibel sind. Dafür ist eine Abfrage wichtig: Wie wird das importierte Modell von dem verwendeten Solver gelöst.
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Bei Prinzip-Modellen kann es zu Problemen beim exakten Zeitpunkt von diskreten Events geben. Zusätzlich können Mehrkörpersimulationen schlecht mit Diskontinutäten umgehen. Die Anforderung an die numerische Kompatibilität führt dazu, dass es Einschränkungen bei der Modellierung gibt, oder dass der Ansatz der Hosted Simulation oft nicht geeignet ist.
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Bei der Auswahl eines Kopplungstool muss kontrolliert werden, ob es alle Anforderungen für die Co-Simulation erfüllt. Die wichtigsten Anforderungen sind folgende:
- • Die verwendeten Simulationsprogramme müssen von dem Kopplungstool in den verwendeten Versionen angesteuert werden können.
- • Die Ansteuerung der Solver während der Simulation sollte für jedes unterstützte Tool separat definiert werden können. Wesentlich dabei ist die Definition der Kopplungsschrittweite. Diese sollte voneinander unabhängig und zeitlich variabel eingestellt werden können.
- • Das Kopplungstool sollte sowohl explizite, als auch implizite Integrationsschemen unterstützen.
- • Die Einstellungen auf Signalebene sollten für jedes Signal einzeln definiert werden können. Damit kann auf unterschiedliche Signaltypen eingegangen werden. Ein wichtiger Unterschied gegenüber vorbekannten Implementierungen von direkten Co-Simulationen ist die Möglichkeit, Signalkorrekturen zu verwenden.
- • Für die Bewertung der Modellgültigkeit sollen Unsicherheitsanalysen möglich sein. Deswegen sollten die gekoppelten Simulationen automatisiert ausgeführt und Parameter variiert werden können.
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Nachstehend ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel beschrieben, bei der eine Schutzfunktion, auch Systemmonitor genannt, untersucht wird. Der betrachtete Systemmonitor ist die Aktuator Anomalie Erkennung. Dieser Monitor überwacht die Verwindung einer Landeklappe eines Luftfahrzeugs. Die Verwindung ist ein wichtiger Indikator für einen Fehlerfall. Dieser muss zuverlässig erkannt werden und kann zu hohen Zwangslasten führen, die begrenzt werden sollen. Das Funktionsprinzip des Monitors wird in 9 gezeigt. Im Folgenden werden die eingezeichneten Punkte eins bis vier in ihrer zeitlichen und kausalen Abfolge beschrieben.
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Ein möglicher Fehlerfall, der zu einer starken Verwindung einer Landeklappe führt, ist ein Bruch einer Antriebsstrebe in Kombination mit einem verklemmten Aktuator (markiert durch eine (1)). Beim Verfahren des Hochauftriebssystems (2) führt der verklemmte Aktuator dazu, dass sich die Landeklappe verwindet (3). Dabei steigen die resultierenden Zwangskräfte, die auf die Klappe und das Hochauftriebssystem wirken, sehr schnell stark an (4). Um den Fehlerfall zu erkennen, wird die Verwindung der Landeklappen überwacht. Bei Überschreiten eines definierten Schwellwertes wird das Hochauftriebssystem gestoppt und deaktiviert. Ein weiteres Verfahren der Landeklappen ist dann nicht mehr möglich.
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Dieser Monitor ist sicherheitskritisch, da die Landeklappe durch die Zwangslasten leicht beschädigt werden können. Andererseits führt eine falsche Aktivierung des Monitors zu einem unnötigen Abschalten des Hochauftriebssystems. Als Konsequenz muss das Flugzeug mit der aktuellen Konfiguration der Landeklappen landen. Dies kann zu Landungen mit höheren Geschwindigkeiten führen. Um dies zu verhindern muss der Fehler robust erkannt werden.
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Die Architektur des betrachteten Hochauftriebssystems ist in 10 dargestellt. Sie zeichnet sich durch einen zentralen Antrieb aus, der mit zwei Landeklappen je Flugzeugseite über eine Transmission verbunden ist. Sensoren sind in schwarz, mechanische Komponenten in dunkelgrau und die Motoren / Steuerrechner in hellgrau dargestellt. Die beiden Steuerrechner (HLCC 1 + 2) beinhalten die Regelung / Steuerung und Monitore des Systems in einfach redundanter Form. STL steht für „System Torque Limiter“, KGB für „Kink Gear Box“. Für die normale Regelung / Steuerung werden die FPPU Signale verwendet. Die SPPU und TSSU Signale werden für Fehlererkennungen verwendet. Für den Antrieb gibt es zwei unabhängige Hydraulikmotoren mit variablen Schluckvolumen (VDHM 1 + 2). Das Differenzialgetriebe ist so konstruiert, dass die Geschwindigkeiten summiert werden. Mit dieser Lösung wird sichergestellt, dass das System auch mit nur einem Motor verfahren werden kann. Um die Lasten für den Motor zu reduzieren, haben die Aktuatoren (BSA 1–4) und das Differenzialgetriebe (DG) hohe Übersetzungsverhältnisse. Dadurch wird eine leichtere Bauweise der Transmission und der Motoren ermöglicht. Die Position der einzelnen Stationen wird durch lokale Sensoren (SPPU) bestimmt. Diese Sensoren werden auch von dem Aktuator-Anomalie-Monitor ausgewertet. Für die Arretierung des Systems gibt es mehrere Bremsen. Im Normalfall werden die sogenannten Power off Brakes (POB) zwischen dem DG und den VDHM verwendet. Diese Bremsen müssen zum Verfahren des Systems aktiv geöffnet werden. Bei Fehlerfällen werden zusätzlich die Wing Tip Brakes (WTB) aktiviert. Hierbei handelt es sich um zusätzliche Bremsen im Bereich der Transmission. Diese Bremsen ermöglichen es, dass die Landeklappen auch bei Unterbrechungen des Lastpfades zur (POB) gehalten werden können.
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Bei dem Ausführungsbeispiel handelt es sich um eine Interaktion des Hochauftriebssystems und der Struktur. Diese Interaktion ist mit einer klassischen Simulation nur schwer oder mit starken Vereinfachungen simulierbar. Dieser Monitor wird dementsprechend erst sehr spät im Entwicklungsprozess getestet. Die beschriebene Anforderung nach einer verlässlichen Erkennung von Fehlerfällen bedingt ein sehr robustes Design des Monitors. Mit Hilfe von gekoppelten Simulationen wäre auch ein besserer Vergleich für die Designdefinition möglich, falls alle benötigten Daten zu diesem Zeitpunkt schon bekannt sind. Die Frage nach dem Einfluss von Unsicherheiten auf das Gesamtsystemverhalten ist deswegen wertvoll, da sie bei der Bestimmung von Schwellwerten berücksichtigt werden müssen. Mit Hilfen von virtuellen Tests können gegenüber dem realen Test zusätzliche Effekte, wie beispielsweise der Einfluss von Flügelbiegungen, berücksichtigt werden. Weiterhin lassen sich die Tests an einem bestehenden Prüfstand leicht wiederholen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Gülzau, H.: Eine Methode zur Analyse von räumlichen Landeklappenmechanismen in Fehlerfällen, Schriftenreihe Flugzeug-Systemtechnik 6/2009, Dissertation, Hamburg, Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut für Flugzeugsystemtechnik, Shaker, 2009“ [0002]